Suche löschen...
Amts- und Anzeigeblatt für den Bezirk des Amtsgerichts Eibenstock und dessen Umgebung : 13.08.1896
- Erscheinungsdatum
- 1896-08-13
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id426614763-189608131
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id426614763-18960813
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-426614763-18960813
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Amts- und Anzeigeblatt für den Bezirk des Amtsgerichts ...
-
Jahr
1896
-
Monat
1896-08
- Tag 1896-08-13
-
Monat
1896-08
-
Jahr
1896
- Links
- Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
sich große Gehälter zahlen u. s. w. Die .Sozialdemokraten spckuliren nur aus deinen Geldbeutel," ruft Lorentzen dem Arbeiter zu. .Ihre Forderungen, soweit sie berechtigt sind, schon in diesem Staate zu erfüllen", fällt ihnen da gegen nicht ein; .nicht« ist ihnen mehr zuwider, al« wenn der jetzige Staat auf ihre Forderungen eingeht." Ihr Ver halten zu dem städtischen Arbeit«nachwei» und zur Arbeiter versicherung, diesem »Schatz, um den un« die Arbeiter aller Staaten der ganzen Erde bi« jetzt beneiden", beweist da«. Wa« hat Krupp nicht alle« für seine Arbeiter gethan! .kann", so fragt der Verfasser, .die Sozialdemokratie auf ähnliche Wohl- sahrt»einrichtungcn seilen« ihrer Freunde Hinweisen?" Und neben Krupp stehen Stumm, Brandt« und andere hochherzige Männer. Al» Arbeiterpartei wollen die Sozialdemokraten gelten. Und doch entsandten sie keinen einzigen Arbeiter, son dern Budiker, Zigarrenhändler und Expedienten sozialdemokrati scher Blätter in die Berliner Stadtverordnetenversammlung. Da« gleiche Wahlrecht wollen sic .zum Spielball für halb reife Burschen und Frauenzimmer herabwürdigen", aber den bürgerlichen Parteien bestreiten sie da« Recht, eine Reform durch Abstufung de« Stimmrecht« bei allgemeinem Wahlrecht anzustrcben. .Ist da« recht", fragt der Verfasser, »daß ein Mann, der den ganzen Tag vielleicht betrunken und infolge seiner Verkommenheit gar nicht im Stande ist, sich mit öffent lichen Angelegenheiten zu beschäftigen, dasselbe Wahlrecht au«- übcn darf wie jeder anständige und gebildete Bürger?" An dem Tage aber, »wo die Sozialdemokratie zur Herrschaft ge langt, hört da« allgemeine Wahlrecht überhaupt auf; denn die Sozialdemokratie bestreitet jeder andern Partei da» Exi stenzrecht" .... Der Verfasser, der sich anderntheil» auch Pfarrer Naumann und Genossen — »Schwärmer, die die Sozialdemokratie niemals überwinden werden, sondern von derselben überwunden worden sind" — entgegenstell«, kommt zu folgendem Schlußergebniß: »Die Sozialdemokraten ver langen von un», daß wir die Religion, die Familie, die Eltern- und Kinderliebe, da» freie Eigenlhum, die persönliche Freiheit in der Wahl der Arbeit und die Vaterlandsliebe ausgeben." Und wa» bietet die Sozialdemokratie dafür? .Für Religion, für Familie, für Eltern- und Kindesliebe kann sie un» über haupt keine» Ersatz bieten; für die persönliche Freiheit und Vaterlandsliebe giebt sie un» Sklavcnketten de» sozialen Zu- kunf«»staateS." — Italien. Die abessynischc Frage scheint von 'Neuem einen drohenden Charakter anzunehmcn. Au» Rom wird von verschiedenen Seiten gleichmäßig berichtet, daß der Negu» Negcsti Mcnelik wieder einen Feldzug gegen Italien vorbereite. Allerdings wurde vor einigen Tagen gemeldet, der Herrscher von Aethiopien habe sich an den Kaiser von Rußland mit dem Ersuchen gewendet, den Frieden»schluß zwischen Abessynien und Italien zu vermitteln; aber man braucht die», auch wenn e» sich bestätigen sollte, bei dem Charakter der Abessynier kaum für Ernst zu nehmen. Die 'Nachricht von den Kriegsvorbereitungen verdient dagegen au» mehreren Gründen vollste Aufmerksamkeit. Zunächst ist ein solcher Plan schon deshalb nicht unwahrscheinlich, weil der Negu» durch seine Siege im Frühjahr wie durch den Rückzug der Italiener au» den im vorigen Jahre eingenommenen Provinzen in seinem Selbstbewußtsein nicht wenig bestärkt worden ist und seinen früheren Plan, die Italiener gänzlich au» den Ländern am Rothen Meer zu vertreiben, wohl jetzt für nicht allzu schwer ausführbar hält. Nicht ohne Zusammen hang damit scheint die jetzt wiederholte Ankündigung zu sein, daß General Baldissera in nächster Zeit wieder nach Eritrea zurückkehrcn werde. Allem Anscheine nach hat die italienische Regierung schon bestimmte Mittheilung von den Absichten Menelik« erhalten. Sollte der Negu» von Abesshnien wirklich den Kamps von Neuem aufnehmen, so stände Italien gewisser maßen fast aus demselben Standpunkte wie vor einem Jahre, al« General Baratieri von Rom au» nach Eritrea zurück reiste. Der verrätherische Ra» Mangascha war mehrere Male geschlagen worden, hinter ihm erschien der Negu» Menelik. Au« unabweisbaren Gründen war man in Rom zu der Ueber- zeugung gelangt, daß mit den Abesshniern kein dauernder Friede zu schließen wäre, nur eine volle Unterwerfung de» Negu» und ganz Abesshnien» könne wirkliche Ruhe verschaffen. Alle diese Hoffnungen, die damal« wohl begründet erschienen, weil General Baratieri lauter Waffenersolge ohne jedes Miß geschick auszuweisen hatte, wurden durch die Schlacht von Adua am 1. März vollkommen vernichtet und Italien glaubte sich Helsen zu können, indem e« sich aus das eigentliche Eritrea, nördlich vom Marcb, zurückzog. Nun würde e» sich zeigen, daß man sich hierin wahrscheinlich geirrt hat ; der unzuver lässige Menelik ist in seinem Siegesgefühl noch weniger ge neigt al» früher, irgend welche Abmachungen einzuhalten. Italien wäre sonach nun wieder vor die Alternative gestellt, entweder Eritrea ganz aufzugeben oder von Neuem angriffs weise mit größeren Truppcnmengcn gegen die Abesshnier vor- zugehcn. Einen besonderen Beigeschmack erhält da« Vorgehen Menelik» dadurch, daß er über den französischen Hafen Dschi- buli an der Somalilüste wiederum mit reichlichen Waffen und Munition versehen worden sein soll. Aus diese Weise ist seine KriegSlust noch mehr angeregt worden. Locale und sächsische Nachrichten. — Dresden, lO. August. Ihre Majestäten der Kö nig und die Königin sind am gestrigen Sonntage Nach mittag» l Uhr 5 Min. nach Rehcfeld abgereist. — Se. Maje stät der König gedenkt nächsten Mittwoch Nachmittag» im Königl. Sommerschlosse Pillnitz wieder einzutreffen. Ihre Majestät die Königin verbleibt bi» aus Weitere» ununter brochen im Jagdhause zu Rehefeld. — Dresden. Vor einigen Tagen wurden auf einem Neubaue in Löbtau mehrere dort beschästigtc Maurer von einem Trupp anderer Arbeiter mit Gewalt von ihrer Arbeit vertrieben, weil die Sozialdemokraten eine längere al« zehn stündige Arbeitszeit nicht gestatten. Nachdem vorerst die sechs Rädelsführer dem Gerichte überliefert worden waren, sind nunmehr sämmtlichc 15 Maurer, welche bei dem Ueberfall betheiligt waren, verhaftet worden. Am 5. d. M. Abend« ist auf einem in der Lindcnstraße in Dresden befindlichen Neu baue in Löbtau ebenfall» ein Trupp von 2b Maurern cinge- drungen und hat die daselbst beschäftigten Arbeiter vertrieben. Bei diesem Exzeß wurde ein Ofen demolirt und andere Sach beschädigung verübt. Auch hier wurden die Rädelsführer dem Gericht überliefert. Die durch die sozialdemokratischen Agi tatoren verführten Arbeiter wissen offenbar nicht, wa» ihnen bevorstehl, wenn sic sich zu solchen Gcwaltthätigkeiten hinreißen lassen. Der VandfriedenSbruch wird nach H 125 de« Reich»- strafgesctzbuchc« mit Gefängniß nicht unter drei Monaten, unter Umständen aber mit Zuchthaut bi« zu zehn Jahren bestraft. — Leipzig, 9. August. Zu einem bedauerlichen Kon flikt ist e» in Leipzig gekommen. Der HauprauSschuß für da« Sedanfcst hielt am vergangenen Donnerstag eine Sitzung ab, zu welcher auch die Vertreter der bi«her bei der Sedan feier betheiligten Vereine eingcladcn worden waren. Nachdem der Vorsitzende bekannt gegeben hatte, daß der Rath den Festzug endgültig nicht genehmigt, entspann sich ein längerer Meinung«au«tausch, der zu dem Resultate führte, daß ein stimmig der Beschluß gefaßt wurde, von weiteren Ansuchen an den Rath bezüglich der Sedanseicr abzusehen. Da nun mehr durch Wegfall de« Festzuge» eine Durchführung der Feier in der bisherigen Bedeutung nicht zu erwarten war, glaubte ferner der Hauptausschuß nicht in der Lage zu sein, die diesjährige Feier vorbereiten zu können, und legte deshalb sein Mandat vertrauensvoll in die Hände de» Rathe» zurück. Da» „Leipz. Tagebl." bemerkt dazu: »Wir sprechen, sicherlich im Einversländniß mit der gesammten vaterland»treuen Be völkerung unserer Stadt, den dringenden Wunsch au», daß der .Konflikt" möglichst bald behoben werde, damit Leipzig, dessen Sedanseier bisher mit vollem Rechte in allen deutschen Landen gerühmt wurde, nicht etwa, den Feinden im eigenen Hause zum Spotte, den 2. September 1896 ungefeiert vor übergehen läßt." — Leipzig. Man schreibt dem ,8. T.": Am 8. August vereinigten sich die Abgeordneten der Turnvereine und de« SpieiauSschusse» für Alt- und Neu-Leipzig zur Besprechung über eine volkSthümliche Sedanseicr der Leipziger Turnvereine. Man befürwortetcallseitig ein einheitliche« Zusammenwirken, um durch gemeinsame» Turnen u. Spielen ein schöne» Bild der Zusammengehörigkeit zu geben und da durch eine einfache, aber der edlen Sache würdige Feier unsere« vaterländischen Gedenktage» herbeizuführen. E» wurde be schlossen, in diesem Jahre dazu Sonntag, den 3t). August, in Aussicht zu nehmen, in Zukunft aber vielleicht den ersten Sonntag im September in Erwägung zu ziehen. Sollten andere vaterländische Vereine, besonders die Krieger, die Sänger und die Schützen, sich einer solchen Feier anschlicßcn wollen, so würde man gern mit ihnen in Verbindung treten. — Leipzig. Der Plan zur Errichtung eines Denk mal» für die Völkerschlacht ist durch den deutschen Pa- triotcnbund so günstig gefördert worden, daß uian au« fast allen Staaten und Städten Beiträge dafür eingesandt hat. Gegenwärtig sind 133,000 M. vorhanden; e« fehlen also zu den 800,000 M. noch 667,000 M. Die Leiter de» Bunde« hoffen, das fehlende in fünf Jahren zusammenzubringcn. In zwischen läßt die Stadt bereit» den Platz Herstellen, der zur Aufnahme de» Denkmal« bestimmt ist. E» soll zwischen den Napoleonstein und dem Monarchenhügel kommen, also mitten auf da« Schlachtfeld de» 18. Oktober« 1813. Der an und für sich schon erhöhte Punkt, von dem au» man einen großen Theil der Ebene überschauen kann, aus der in den Oktober tagen 1813 der gewaltige Entscheidungskampf zwischen den Verbündeten und dem Bedrücker Deutschland« tobte, wird durch tägliche Zufuhr von Schutt noch künstlich erhöht. — Zwickau, 8. August. Zweite Ferienstraskammer. Die Anklagebank hatte heute der am 9. Juli 1863 zu Eibenstock geborene, zuletzt in Schedewitz wohnhafte Provision»- reisende Alban Friedrich Schlegel inne. Derselbe wurde nach den Ergebnissen der Beweisaufnahme wegen Betrug« in sieben Fallen für schuldig erklärt und demgemäß zu 1 Jahr 6 Mouaicn Gefängniß verurtheilt und der bürgerlichen Ehren rechte auf die Dauer von 5 Jahren für verlustig erklärt, auch wurde seine Inhaftnahme wegen Fluchtverdacht» beschlossen. — Zwickau schließt ein Hau», da» vor 28 Jahren, im Jahre 1868, erbaut wurde, in sich, in welchem bi» zum 4. August d». I». noch keine Geburt erfolgte. Am Mittwoch kam ein Töchterchen in diesem Hause zur Welt. Aber e» ist in diesem Hause auch noch kein Todesfall zu verzeichnen, trotz dem der frühere Besitzer, welcher später verzog, 12 Jahre lang seinen fertigen Sarg auf dem Boden stehen hatte. — Planitz b. Zwickau. Vorigen Sonntag früh gegen 4 Uhr wurde in der zum hiesigen Rittergute gehörigen Wohn ung de» Obcrschweizcr« B. ein äußerst frecher Raub au»- geführt. Al» B. um gedachte Zeit sich au« seiner im Schloß park gelegenen Wohnung in die Stallräumc begeben hatte, drangen zwei Strolche mit herabgezogener Hutkrempe, sowie mit dicken Shawltüchern versehen in dessen Wohnung ein und hießen etwa 600 M. mitgehen. Bi» zur Ausfindung de« Gelder wußte der eine Complice die noch ruhende und sehr geängstigte Frau B. durch Würgen am Halse, sowie durch gefährliche Drohungen und Vorhalten eine« Revolver» zum Schweigen zu bringen. Ob mit der Verhaftung einer der Thal verdächtigen Person Licht in die Sache kommt, wird die weitere Untersuchung ergeben. — Reichenbach i. B., 10. August. Ein in Netzschkau aufgegriffener Handarbeiter, der im Verdachte steht, den Raub anfall auf Winkler ausgeführt zu haben, hat bereit« zwei mal einen Fluchtversuch gemacht, zunächst einmal in Netzsch kau und heute, Montag, noch einmal hier. Derselbe war von zwei Netzschkauer Schutzleuten heute Vormittag gegen 10 Uhr an da» hiesige Amtsgericht abgeliefert worden, aus dem Weg au» dem ersten Geschoß de» Amtsgericht« nach dem Erdgeschoß desselben zum Gefängniß entfloh er zum zweiten Male, nahm seinen Weg durch den Hof de» Gasthofe» „zum goldenen An ker" und nach dem Roßplatz, wo ihm die im Gang befindlichen städtischen Kanalisation»arbeiten den beabsichtigten Weg nach der AmtmannSgasse und Landstraße abschnitten. Der Ge fangene wurde von zwei Gericht»dienern und dem an der Verfolgung betheiligt gewesenen GefangenhauSinspektor wieder in sicheren Gewahrsam gebracht. Auch die beiden Netzschkauer Schutzleute, welche bereit» da» Amtsgericht wieder verlassen hatten, haben sich an der Verfolgung betheiligt. In Netzschkau ist der Gefangene Winkler gegenüber gestellt worden, derselbe hat jedoch den Mann nicht wieder erkannt. Der Gefangene bleibt vorläufig wegen Landstrcichen» in Haft. — Grimma. Infolge der Brustseuche, die seit längerer Zeil schon unter den Pferden der Garnison herrscht, rückt da« gesammte Königinhufarenrcgiment zu den die»jährigen Herbstübungen nicht mit au». — Meißen. Einer in der Wettinstraße wohnenden Mutter wurde dieser Tage ihr kleiner dreijähriger Knabe total betrunken in die Wohnung gebracht. Dem Knaben war von mehreren Männern, welche in einem Restaurant an der Hirsch berger Straße gesessen hatten, Schnap« und Bier in so großer Menge verabreicht worden, daß er sinnlo« betrunken wurde. Daß bei einem so kleinen Kinde eine derartige Alkoholver giftung eine dauernde Schädigung der Gesundheft herbetführen kann, haben sich Menschen, welchen e« nur um einen „Jux" zu tbun war, wohl nicht überlegt. — Schandau, 8. August, lieber den Umfang der Ver wüstungen, die da» Unwetter angerichtet hat, welche« in den Abendstunden de« 1. August von '/,8 bi« gegen 10 Uhr sich im Gebiete de« Großen Winierberge« entladen hat und namentlich da« in dem schluchtartigen Jlmethalc am südwest lichen Fuße de» genannten Berge« gelegene kleine, zumeist von unbemittelten Wald- und Stcinbruch«arbeitern, sowie Schiffern bewohnte Dörfchen Schmilka so arg heimsuchte, läßt sich erst jetzt, nachdem der schmale Zugang zum Dorf wenigsten« für Fußgänger — der Verkehr für Wagen dürfte erst nach einigen Wochen wieder hergestellt sein — wieder leidlich passirbar ist, nähere« berichten. Der unter einem außerordentlich heftigen Gewitter und Hagelschlag niederge- gangene Wolkenbruch entlud sich oberhalb Schmilka vorwiegend über dem sogenannten Erl- und Schustergrunde, sowie am Bcrgsteig in unmittelbarer Nähe de« Kipphorn. Die Wasser stürzten, wie da« „Dresdner Journal" berichtet, kurz vor 8 Uhr plötzlich in außerordentlichen Mengen nieder; die um die angegebene Zeit in dem „Gasthau« zur Mühle" im Schank zimmer de« Erdgeschosse« weilenden 20 Sommergäste, zumeist Damen und Kinder, flüchteten vor den durch die Thürcn hereinfluthendcn Wassermassen nach dem im ersten Oberstock befindlichen Tanzsaal, stiegen von hier au« durch ein Fenster in« Freie, um unter einem nahen Felsenvorsprung Schutz zu suchen, weil man bei dem furchtbaren Andrang der von den steilen Höhen zugleich mit den losenden Fluchen herabkommen den Steinblöcke jeden Augenblick den Einsturz de« in allen seinen Fugen erzitternden Gebäude» fürchtete. Diese Be fürchtung trat jedoch glücklicherweise nicht ein; da« betreffende Gasthau« war erst im vorigen Jahre neu und massiv auf gebaut worden und hatte sich gerade bei diesem Unwetter al» Schutz für die im Niederdorfe befindlichen kleineren Häuser tresflich bewährt; freilich sind die Hinteren Baulichkeiten de» Gasthauses gleichwie der Garten schwer beschädigt worden. Die eine Rückwand de» Gasthause-, an der sich Vorraths räume, sowie die Küche befinden, ist eingedrückt worden und bedeutende Mengen von Brot, Fleisch, Schinken, Butter rc. wurden sortgeschwcmmt. Ein großer Schrank, in welchem sich außer Gläsern, Stcingutsachen und allerhand anderen Hau»- und WirthschaslSgeräthen auch viel Meißner Porzellangeschirr befand, ist sammt Inhalt durch einen hcranrollenden schweren Sandsteinblock zertrümmert worden, und selbst au» dem höher gelegenen Gastzimmer, in welchem da» Wasser 1^ »i hoch stand, find Tische und Stühle ic. au»gehoben worden ; auch ging die Alter»rentenkasse, welche der Wirth Hering al» Gemeindevorstand führt, verloren; im Keller wurden mit Spirituosen gefüllte Fässer und Flaschen zerschlagen. Men schenleben sind, da die Katastrophe noch vor Einbruch der Nacht eintrat, glücklicherweise nicht zu beklagen gewesen. E« möge hierbei noch der mulhigen That de» Kutscher» Mann gedacht sein, welcher unter eigener Lebensgefahr den acht Kindern der beiden im Häuschen Nr. 16 wohnenden Wittwcn Hempel und Hering da« Leben rettete, indem er erstere au» der überschwemmten Wohnung trug und in Sicherheit brachte. Mit dankbarer Anerkennung sprechen die Bewohner Schmilka» von der Hilfsbereitschaft der au» Pirna herbeigeeilten Artillerie mannschaft. Eine weitere Folge der Katastrophe ist auch die jetzt dort herrschende Wasserkalamität. Seit acht Tagen muffen die Bewohner de» Dorfe» da» Trinkwasser mühsam au» den kleinen Bergquellen der angrenzenden Wälder herzuholen, da die Zuleitung von der Jlme verschüttet ist und die beiden Dorfbrunnen versandet sind. Einen traurigen Anblick bieten die entwurzelten und umgestürzten mächtigen Pappeln, welche an der Elbe in unmittelbarer Nähe der Dampfschiffhaltestelle gestanden haben. Die, wie schon erwähnt, meist arme Be völkerung von Schmilka ist durch diese Katastrophe in schwere Noch gerathen. — Mhlau,8.August. Der Maurer Kohlau» Nieder planitz hatte mit dem Dienstmädchen Martha Döhling seit längerer Zeit ein Verhältniß unterhalten, da» au« irgend einem Grunde seiner Auflösung entgegenging. Da» schien dem Kohl so zu Herzen zu gehen, daß er in einem am 6. August geschriebenen Bries an die Döhling ihr bereit« seinen nicht« Gute« in sich begreifenden Entschluß mittheilte. Zu fälligerweise traf nun Kohl gestern Abend da» Mädchen, welche» im Auftrage ihrer Herrschaft einen Weg zu besorgen hatte. Er lud sie ein, mit ihm einen anderen nahe an der Stadt gelegenen Weg zu gehen, und dabei ist der Döhling ausgefallen, daß Kohl in immer ängstlicherer Weise sich be wegte, bi» ihr schließlich auf die Frage, wa» ihm denn fehle, die Antwort zuthcil ward: „Ich will Dir sagen, wa» mir fehlt, unsere Stunde hat geschlagen!" Daraus zog Kohl einen sech«läufigen Revolver, den er der Döhling auf die Brust setzte, um erst sic, dann sich selbst zu erschießen. Selbstver ständlich wehrte sich die Angegriffene, e» entstand ein Hand gemenge, bei welcher Gelegenheit die Gefährdete dem Kohl auch einmal den Revolver au» der Hand gewunden hatte, bi« sich ihr schließlich die günstige Gelegenheit bot, die Flucht zu ergreifen. Kaum hatte sie sich dem Angreifer entwunden, so sandte er ihr mit dem Revolver drei Schüsse nach, wovon einer die linke Seite, ein zweiter die linke Hand streifte, wäh rend der dritte fehlging; aus ihrer Flucht warf die Verletzte den von ihr geführten Handkorb weg und begab sich dann sofort nach Hause. Kohl soll nun, wie die Döhling gehört haben will, noch zwei Schüsse abgegeben haben, wonach anzu nehmen war, daß er sich selbst erschossen habe. Die« letztere war jedoch nicht der Fall, wie auch die daraufhin sofort Nacht« von der Polizei vorqenommcncn Nachsuchungen ergeben haben. Er hat sich vielmehr die ganze Nacht hindurch in der Stadt bewegt, ist sogar in der im Dachraume belcgenen Schlaskammer de» Dienstmädchen« gewesen, wa« die Fußstapsen bewiesen, hat die Gesuchte aber nicht gesunden, da dieselbe von ihrer Herrschaft in den eigenen Schlasräumen nacht«über behalten worden war; sicherlich würde er sie bei ihrem An treffen in der Schlafkammer noch erschossen haben. Den Hand korb hatte er an dem am Hinteren Thcile de« Hause« befind lichen Gartenzaun aufgehängt. Morgen« hat er sich dann nach Hause begeben und sich auf dem Spitzboden seiner Wohn ung selbst erschossen, nachdem er sich in ganz aufgeregtem Zu stande bewegt hatte. — Au« dem Erzgebirge. Im böhmischen Erzgebirge macht sich seit längerer Zeit ein Mangel an katholischen Geist lichen recht bemerkbar. Die nicht wett von der Landc«grenze gelegene Ortschaft Seifen entbehrt z. B. schon lange de«
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)