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Bischofswerda, Stolpen und Umgegend. Amtsblatt -es Königl. Gerichtsamtes und -es -Sta-trathes z« Pifchofsmerda. I186V, Touuabeud, deu 8. December Virk Seitschrtft erscheint wöchentlich 2 Mal, Mittw ockS und SouuabrudS, und koket vierteljährlich >2j Ng». Inserat» wrrden die gespalten» Seile oder deren «au« mit S Pf., dergl. unter vier Seilen mit 2j Sigr. br«ch»et. ZMS7.I " Die neue parlamentarische Freiheit in Frankreich. . ES ist ein merkwürdiges Kennzeichen der Zeit, daß Pariser Corrrspondentea ernstlich die Behauptung aus« gtßmochnr, eS habe die Erweiterung der Rechte der fratizöfischen National-Bertretung nur den Zweck, den «akfionären Plänen Louis Napoleons Vorschub zu tristen. E« ist diese Thatjache «in Kennzeichen für die stUtitlud Weise, wie die Menschen einmal gewöhnt find, hinter Allem, was Louis Napoleon lhut , da« Gegen» thril von dem zu suchen , waS «S eigentlich scheinen vM: . Diese Lhatsache ist charakteristisch für Frankreichs Spielen mit der Wahrheit! Wir hoffen, daß unsere Leser, rmS nicht al« Schwärmer für LouiS Napoleon anfehen werden; wir find aber auch nicht so schwär- wWifch, zu glauben, daß darum Alles, wa» LouiS Na» chAeon thut, Täuschung sein müsse. Wir meinen viel- mehr, daß er, wo eS seinem Vorchell gilt, sehr un parteiisch in seinen Sympathien ist und nöthigenfallS nicht bloS etwa« KlugeS, sondern auch etwas Gute- und Wahres thun kann. In diesem Sinne glauben Wit, daß die Erweiterung der Rechte der französtschen National-Vertretung von LouiS Napoleon ernstlich im Sinne de- nationalen Fortschritt- gemeint ist, nicht weil er ein begeisterter Schwärmer für die parlamentarischen Kirche in Frankreich sich benommen hat, al- fie sich dem Imperator zu Füßen legte, um von ihm gehuldigt zu werden, so ist fie doch noch in den Wurzeln deS GemütheS stark genug, um selbst allen Künsten der Präfectenmaßregeln Widerstand zu leisten. Im Dienst« der Ultramontanen befindet sich noch eine Schaar hart gesottener Charaktere mit zum Märtyrerthum geeigneter Schwärmerei, denen die Soidpresse in ihrem scheuß lichen und verächtlichen Charakter weder an Talent noch an Muth gewachsen ist. Den feilen Granier de Caf» sagnac'S gegenüber, die Alle- schreiben, wa« befohlen wird, find in der That die Montalemben'S charakterfest» Freiheits- und WahrheitShelden, auch wo fie irren: Den Kampf gegen Rom werden die Solrdiener de- ZmpcraiorS nicht siegreich durchfechten. 3st e- aber richtig, daß dieser Kampf in Frankreich durchgefochten werden muß, so folgt daraus, daß da- System de- jetzigen Imperators einen Umschwung erleiden mußte. Frankreich ist nicht arm an Geistern und an freien, heldenkühnen Männern. ES ist vielmehr der Geist zeither niedergedrückt worden durch die niederträchtigen Soldknechte, bedrückt, aber nicht unterdrückt. Di« fran» zöfische Nation ist begabt und ihre Begabung ist nicht ausgestorben; aber unter einem Regiment, da- Geist und Talent zur Lohndirne der Macht erniedrigte, ist die natürliche Begabung momentan verstummt. Zn ihrem Rechte der Nation ist, sondern weil er dieser Rechte al-, Stich«»bedarf, wenn er nicht in den Consequenzen seiner zeithcrigen Politik stecken bleiben will! Diese EpNftqqrnzen find folgende: Die Bedeutung der jetzigen Lag» sehen wir . darin, daß LouiS Napoleon bald ge» nvchigt sein wird, di» ehrliche und wirkliche öffentliche Meinung Frankreichs für. fich herauSzufordern, statt sich IM der unlautern und bezahlten fortan noch bedienen zmlaffen! Schon jetzt beginnt der süße Frömmlerton, qstt welchem man den Papst einzuschläsern gedacht, seine Macht zu verlieren. Rom versteht die Sprache und> lisß fie fich gefallen, so lange fie im treuen Liebesdienst deS heiligen Stuhle- Petri die Welt blendete; sobald man aber nicht dem heiligen Stuhle dienen, sondern ihn meistern will, dann zeigt Rom sein wahre- Gesicht und zwingt den Gegner, mit der Wahrheit auszutreten. Louis Napoleon wird eS bald gewahr werden, daß Rom trotz seines quSgehöhlten Systems noch Anhänger zählt, welche subjectiv aus wirklicher Ueberzeugung seine Macht und . seine Rechte vertreten. Wie feige auch die römische Verstummen ist — wa« sollen wir es leugnen — auch halb Europa mit in eine Dumpfheit versenkt worden, die viel der Lüge und der Täuschung hervorbrachte. Wir werden eS zuversichtlich bald erleben, daß die Noth- wendigkeit Napoleon zwingen wird, den schlummernden Geist der Nation ernstlich zu wecken, um durch ihn mit neuem LebenSgeist, den man seit langer Zeit in Frankreich vermißt hat, ein neue- Regiment im neuen Kampf zu beginnen und zu beenden, um Rom- Anhang und dem Ausland« gewachsen zu sein. Db fich die freien, charaktervollen Geister schnell sttm^ mein werden, mag fraglich sein. Wahrscheinlich wird der Prinz Napoleon dazu die Hand bieten, der zu die ser Rolle schon von 1852 an aufbewahrt und auS- ersehen ist. Nur das können wir jetzt schon sagen, daß die allgemeine Amnestie die Einleitnng des Umschwung war und der rege und leichte Sinn der Franzosen ein langes Schmollen der Geister nicht vorauSsehen läßt. DaS aber — das zut Nvihwendigkeit werdende Er», wecken und zuversichtlich erfolgend« Erwachen «imr Fünfzehnter Jahrgang.