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Amts- und Anzeigeblatt für den Bezirk des Amtsgerichts Eibenstock und dessen Umgebung : 18.03.1897
- Erscheinungsdatum
- 1897-03-18
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id426614763-189703184
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id426614763-18970318
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-426614763-18970318
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Amts- und Anzeigeblatt für den Bezirk des Amtsgerichts ...
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Jahr
1897
-
Monat
1897-03
- Tag 1897-03-18
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Monat
1897-03
-
Jahr
1897
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Hebung der deutschen Kreditverhällnisse." — Bei diesen schön klingenden Sätzen ist c« aber verblieben und nach wie vor übt da« Borgsystem seine lähmenden Einflüsse aus alle wirlh- schastlichen Kräfte, weil man über die Mittel und Wege zu seiner Abschaffung sich nicht hat einigen können. Vielfach, ja sogar in den meisten Fällen trägt der Mangel an Muth und Charakterstärke aus Seilen der Verkäufer die Schuld, denn da« Gewähren von Kredit erfolgt ost ohne, zuweilen sogar gegen den Wunsch der Empfänger. Mancher Kaufmann oder Handwerker wagt e« nicht, die Rechnung sofort präsentircn zu lassen, weil er den Sunden dadurch zu ärgern und ihn zu verlieren fürchtet. In zahlreichen andern Fällen liegt da« Nebel auch in mangelhafter Buchführung und in der eigenen Nachlässigkeit oder in Zeitmangel zum rechtzeitigen Aurschreiben der Rechnungen. Ganz gewiß sind also sowohl Verkäufer al« Abnehmer in gleichem Maße für da« Ueberhandnehmen dieser verderblichen wirthschastlichen Unsitte verantwortlich zu machen. Die Fälle, in denen da« Entnehmen von Maaren aus Kredit al« da» einzige Mittel gilt, um eine gefährdete Existenz über Wasser zu halten, mögen recht zahlreich sein, aber sicher ist e«, daß weit mehr au« übler Gewohnheit, Indolen; und Nach lässigkeit in dieser Hinsicht gesündigt wird. — Griechenland. Nach den heute vorliegenden Athener Meldungen scheint die griechische Regierung — für den Fall, daß die Mächte mit den schon so lange an gedrohten Zwang«maßregeln wirklich Ernst machen sollten, diese mit der Eröffnung der Feindseligkeiten gegen die an der Grenze angesammelten türkischen Truppen beant worten zu wollen. In Athen herrscht eine rege militärische Thätigkeit, täglich rücken neue Truppen nach der Grenze ab und nach einem Athener Telegramm der »Köln. Zig." sollen die Truppen in Thessalien jetzt die Stärke von sechs Regi mentern Infanterie, fünf Jäger-Bataillonen, zwei Kavallerie- Regimentern und 72 Geschützen, im ganzen einschließlich der in Bildung begriffenen Reservesormationen 40,000 Mann be tragen. Englischen Berichten au« Thessalien zusolge hält man den Ausbruch de« Krieges dort für sicher und thatsächlich wird durch die fortwährende Zunahme der an der Grenze angesammeltcn griechischen und türkischen Streitkräfte die Lage immer kritischer. — Neber einen schweren Unglücksfall, der am Montag die russische Marine vor Kreta betreffen, liegen folgende telegraphische Meldungen vor: Kanea, 15. März, l l Uhr 45 Min. Abd«. An Bord de« russischen Panzer schiffe« »Sessoi Welikij" ereignete sich eine furchtbare Explo sion. Sie erfolgte heute Nachmittag 2 Uhr zwischen Reiimo und der Suda-Bai bei einer Schießübung. Der letzte Schuß sollte abgegeben werden; da« Geschoß wurde in da« Geschütz de« Panzcrlhurm» eingesetzt; in demselben Augenblick erfolgte die Explosion und die Bedachung de« Panzerthurme» im Ge wicht von 6000 Kilogramm flog in die Luft. Die eine Hälfte fiel in« Meer, die andere flog über die Lausbrückc hinweg auf die Kommandobrücke und zerschmetterte fünfzehn Mann. In dem Panzcrlhurm wurden weitere fünfzehn Mann durch da« Bodenstück de« Geschütze« schwer verwundet. Unter den Getödteten befinden sich neun Offiziere. Von dem Kriegs schiff »Admiral Charmer" war alsbald Hilfe zur Stelle; von allen Schiffen wurden Acrzte zur Pflege der Verwundeten abgesandt. Die Verunglückten sind bis zur Unkenntlichkeit entstellt. Die Todten werden in Suda beerdigt werden. Eine neuere Meldung besagt: Die Folgen der unheil vollen Katastrophe auf dem russischen Kriegsschiffe „Sessoi Welikij" stellen sich zum Glück nach den neuesten Meldungen al« erheblich geringere dar, e» sind l Osfizier und 13 Mann getödtet sowie l Offizier und 16 Mann verwundet. Locale und sächsische Nachrichten. — Eibenstock, 18. März. Erhängt ausgesunden wurde gestern Nachmittag in der 2. Stunde im hiesigen Friedhöfe an dem eisernen Gitter eine« Erbbegräbnisse« ein 56 Jahre alter Fabrikarbeiter von hier. Lebensüberdruß soll der Grund zu dem Selbstmord gewesen sein. — Eibenstock. Nach dem bereit« veröffentlichten Pro gramm, betr. die 100jährige Geburtstagsfeier Sr. Majestät de» hochseligen Kaiser« Wilhelm I., ist für den Sonn tag Abend auch eine allgemeine Illumination vor gesehen. Um dieselbe auf unfern öffentlichen Plätzen und be sonder« am Kriegerdenkmal recht wirkungsvoll zu gestalten, sollen verschiedene Gasdekorationen aufgestellt werden, deren Beschaffung au» freiwilligen Beiträgen erfolgt. Wir möchten der Bitte de» Stadtrathe», sich allgemein an der Illumination zu betheiligen, hiermit auch unsererseits noch Ausdruck geben, damit sie in demselben Glanze wie zur Luthcrseier erstrahlen möchte. ES dürfte sich vielleicht empfehlen, mit der Beleucht ung der Häuser gleich bei Beginn der Dunkelheit vorzugchen, damit Diejenigen, welche der Feslfcier im Militär-Verein beizuwohnen beabsichtigen, Gelegenheit haben, vorher die be leuchtete Stadt in Augenschein zu nehmen. — Schönheide. In Anerkennung seiner 3jährigen, regelmäßigen Besuches der kirchlichen Unterredungen mit der konfirmirten Jugend wurde auf Beschluß de« Kirchenvorstande« dem Fortbildungsschüler Paul Richard Tuchscherer am vergangenen Sonntage nach dem HauptgottcSdienste in der Sakristei da» herrliche Werk von Weitbrecht »Heilig ist die Jugendzeit" überreicht. — Schönheide. Da» Programm zur 100jährigen Geburtstagsfeier Sr. Maj. Kaiser Wilhelm I. ist Folgende»: Sonntag FestgotteSdienst mit Kirchenparade de» Militärverein», Abend» Zapfenstreich mit Fackelzug, allgcm. Commer» im Gambrinu», Montag früh Reveille, Vormittags Schulactu», am Abend patriotische» Concert de» Männergesangverein». — Johanngeorgenstadt, 16. März. Ende voriger Woche hielt ter selbstständige Erzgebirgsverein im Holel de Saxe hier seine ordentliche Generalversammlung ab, welche von zahlreichen Mitgliedern besucht war. Der vom Schrift führer erstattete Jahresbericht wie» eine sehr umfangreiche Thätigkeit de» Verein» im vorigen Jahre nach. Der Kassen bericht ergab eine Einnahme von 870 M. 19 Pf. und eine Au»gabe von 860 M. 63 Pf., demnach einen Uebcrschuß von 9 M. 56 Pf. Der Reservefonds betrug 533 M. 72 Pf., da» Gesammtvermögen 1989 M. 91 Pf. Zu einer lebhaften Aus sprache führte die Berathung über eine Beisteuer zu dem geplanten AuSsichtSplakat vom Erzgebirge. Die Versammlung bewilligte 100 M. unter der Voraussetzung, daß einige Wünsche de« Verein« erfüllt werden möchten. In Bezug aus die Wiedererrichtung eine« Bauwerk« an Stelle de« früheren Au«ficht»thurme« zog der Antragsteller seinen Antrag wieder zurück und sprach den Wunsch au«, daß der Verein dem Pro jekte eine« Stadtparke« näher treten möchte. Ebenso soll dem hier zu errichtenden Bürgerheim eine laufende Unterstützung in Aussicht gestellt werden. Ueber die Verleihung de« im vorigen Jahre vom Vereine angeschafften Fernrohr« ist ein Regulativ ausgestellt worden, welche» einstimmig genehmigt wurde. — Leipzig. Der Vorstand de« deutschen Patrioten bunde« zur Errichtung eine« Völkerschlachtdenkmal« bei Leipzig erläßt folgenden Ausruf an da« deutsche Volk: Deut sche« Volk! In erhebender Freude feierst du da« Gedächtniß de« 100. Geburtstage« Seiner hochseligen Majestät Kaiser Wilhelm» de« Großen. Angesicht« dieser Gedenkfeier laß dich wiederholt ernstlich an eine alte, heilige Ehrenpflicht gemahnen! Die Urnen deiner Heldenvätcr, die dereinst mit Kaiser Wilhelm I. da» Vaterland au« der schmachvollen Knechtschaft de« fränkischen Tyrannen befreiten, um die Grundlage neuer Reich«- u. Kaiserherrlichkeit zu schaffen, sind noch ungeschmückl! Soll den Großthaten deiner Väter in den Befreiungskriegen der RuhmeSkranz für immer fehlen? Niemals! Deutsche« Volk, du glücklicher Erbe aller der gewaltigen Errungenschaften au« den Ehrenzeiicn von 1813 und 1870, den Zeiten der Befreiung und Einigung de» heißgeliebten Vaterlandes, komm und hilf in der Würdigung großer Thatcn und in dem Pflicht bewußtsein, schwer Errungene» zu erhalten, auch diesen Kranz mit winden! Erhebe dich darum zu opferfreudiger Begeister ung für ein Völkerschlacht National-Denkmal bei Leipzig! Beiträge werden entgegengenommen von dem Vorsitzenden de« Deutschen Patriotenbunde», Clemens Thieme, Leipzig, An der Pleiße 12. — Chemnitz. Wegen Zeugenmeineide- wurden vom hiesigen Schwurgericht der Bohrer Bruno Arnold au« Kappel und wegen Anstiftung zu diesem Verbrechen ter Fabrikarbeiter Ernst Paul Herold au« Schönau bei Chemnitz zu fünf Jahren Zuchthaus und zehnjährigem Ehrverlust verurtheilt. Herold lebte von seiner Ehefrau getrennt und hatte Arnold beauftragt, dieselbe zu verführen, um einen Scheidegrund zu gewinnen. Al» die« aber nicht gelang, beschwor Arnold auf Bitten Herold «, daß er mit dessen Ehefrau ein strafbare« Verhält- niß gehabt habe und Herold erzielte dadurch die gerichtliche Scheidung von seiner Frau. — Da» ist wahrhaftig der Gipfel der Niedertracht. — Zwickau, 13. März. Zweite Strafkammer. Auf der Anklagebank befinden sich die Schuiknaben Paul Robert Dünger, 13 Jahre alt, und Carl Hermann Götz, 12 Jahre alt, au» CarlSseld. Diese waren geständig, am 28. Dezember 1896 in CarlSseld einem Materialwaarenhändlcr je ein Paar Handschuhe entwendet und diesen Diebstahl unter erschwerenden Umständen verübt zu haben. Auf Grund von H 243 Ziffer 2 des Reichsstrafgesetzbuch« wurden die Angeklagten unter Annahme mildernder Umstände und zwar Dünger zu 7, sowie Götz zu 5 Tagen Gefängniß verurtheilt. — Freiberg, 16. März. Gestern Mittag 2'/, Uhr fand in der Dynamitfabrik in Hilbersdorf eine Explo sion statt, bei der fün' Arbeiter getödtet und einer schwer verletzt wurde. Der Materialschaden ist sehr bedeutend. Sämmtliche verunglückte Arbeiter sind verheirathet u. Familien väter. Die Katastrophe ereignete sich in einer sogen. Ocl- Mischbude, in welcher Sprengstoss-Oele gemischt wurden. Auf welche Weise sich da« Unglück ereignete, wird niemals bekannt werden. Der Ort der Katastrophe bietet ein Bild grauen hafter Verwüstung. Von den Todten sind an dem Unglücks orte kaum noch Spuren vorhanden. Kleine Körpertheile wurden außerhalb der Umplankung der UnglückSstclle auf den Wiesen und im Gehölz gefunden. Wie gewaltig die Explosion gewesen sein muß, davon zeugen die Verwüstungen, die in der Nähe der zunächst liegenden Mischbuden angerichtet wurden. Die Holzbauten daselbst sind total zerstört und bilden ein wüstes Chaos. Im Direktionsgebäude und im Beamtenhause sind die Dächer gleichfalls demolirt, e« sind kaum noch un beschädigte Fensterscheiben vorhanden. Der Direktor, der sich zur Zeil des Unglück« in seiner Wohnung befand, wurde durch Gla«splitter am Kopse verletzt. Aerzlliche Hilfe war rasch zur Stelle. Der Bahnverkehr der in der Nähe vorüber fahrenden Linie Dre«den-Freiberg erlitt keinerlei Unterbrechung. — Adorf. Im benachbarten JugelSburg ist bei einer dem Wirthschaft«besitzcr Adolf Heberlcin gehörigen Kuh am Donnerstag eine Mißgeburt zu Tage gefördert worden, die einem Schweine oder Hund ähnelt. Der Kopf hat Aehnlich- keit mit einem Hundekopf (Boxer), der Körper, der vollständig unbehaart ist, ähnelt einem Schweine. Amtliche Mittheilungen aus der 3. öffentliche«» Sitzung des Stadtverordneten-tzollegiums vom 11. März 1897, Abend« 8 Uhr. Vorsitzender: Herr Vorsteher Hannebohn. Anwesend . 17 Herren, entschuldigt: 2, unentschuldigt: 2. Der Rath ist vertreten durch Herrn Bürgermeister Hesse. 1) Das Collegium tritt dem Rathsbeschlusse bei, wonach 4000 Mark vorläufig verfügbar^ Gelder der Wasserwerks-Anleihe sparkassenmäßig angelegt werden sollen. 2) Der Rath hat beschlossen, die Nachtschutzleute vom Laternenwärterdienst zu entbinden, und zwei Laternenwärler anzustellen. Herr Bürger« meister legt dar, daß die Nachtschutzleute im Winter von 5 Uhr Nachmittags bis 5 Uhr früh im Dienst wären und auch noch am Tage Besorgungen aller Art, sowie das Putzen der Laternen auszu führen hätten. Durcb Abnahme des Laternendienstes würden die Nachtschutzleute wesentlich erleichtert, während die Durchführung des Dienstes gewönne. Auch die GaSbeleuchtungs - Aktien«Gesellschaft könne nur dann erwarten, daß das Putzen und Aufthauen der La ternen stets rechtzeitig und mit gehöriger Gründlichkeit auSgeführt werde, wenn hiermit andere Personen beauftragt würden. Sicher werde dieselbe zu den geringen Kosten beitragen. Herr Schlegel erklärt sich gegen die Vorlage und schlägt vor, die Sache zunächst erst einmal zur weiteren Erörterung an den Feuer« löschauSschuß abzugeben. Herr Rudolph tritt für die Vorlage ein. Herr Bürgermeister vertritt die Vorlage nochmals in einer näheren Erläuterung der besonderen Verhältnisse. Herr Diersch fragt an, ob eS nicht anginge, oaß die Nachtschutz leute vom Tagesdienst überhaupt befreit werden könnten, worauf Herr Bürgermeister erwidert, daß der Tagesdienst in der Hauptsache im Laternenputzen, Aufthauen und Anzünden bestände, daß bei der geringen Zahl von Schutzleuten und deren Verwendung außerhalb deS PolizeidiensteS, z. B. als Rathsvollzieher, Bauführer und Boten, auch hin und wieder die Nachtschutzleute am Tage im Bestell- oder Polizeidienst Verwendung finden müßten. Nachdem noch die Herren Schlegel, Männel, Hirschberg und Schu mann zur Sache gesprochen hatten, wurde über den Rathsbeschluß f abgestimmt, wonach alsdann gegen 8 Stimmen dem stadträthlichen Beschluß beigetreten wurde. Die Gasaktien-Gesellschaft soll ersucht werden, zum Lohne der Laternenwärter beizutragen. 3) Die Schulgelder-Rechnung soll zunächst zur Nachprüfung an Herrn Rudolph, der sich dazu bereit erklärt, abgegeben werden. 4) Von dem Schreiben der Kgl. Forstrevierverwaltung Eibenstock, die Gewährung einer Beihilfe zur ordnungsmäßigen Unterhaltung deS Eibenstock'Rautenkranzer Wege- betr., und K) von der Verordnung die Bestätigung deS Regulativs über die Fleisch beschau und de- Statuts über die Freibank betr., nimmt man Kenntniß. 6) Herr Unger schlägt nach Erledigung der Tagesordnung vor, die Sache wegen Bepflanzung der Grundstücke in der Hinteren Rehme in Erwägung zu ziehen, da bis jetzt doch wenig Pacht von den Grundstücken erzielt worden sei. Herr Bürgermeister erklärt hieraus, daß er die Frage bereit» dem Rathe vorgelegt, daß man aber die Befürchtung gehabt habe, daß vielleicht die Anpflanzung für die Wasserleitung Nachtheile haben könnte, sodaß er zunächst wertere Erörterungen durch Zuzrehung von Sachverständigen anstellen wolle. Herr Oberforstmeister Schumann erklärt sodann, daß er die An pflanzung der Wiesen, wenn der Pachtertrag weiter zurückgehen sollte, der Rentabilität halber empfehle, zur Waffererhaltung dagegen nicht empfehlen könnte. Herr Unger faßt hierbei Beruhigung. Herr Bürgermeister giebt sodann bekannt, daß Herr Oberforft« meister Schumann 100 M. der Stadt geschenkt habe, um die Be schaffung von Anlagen anzuregen. Herr Vorsteher Hannebohn spricht Herrn Oberforstmeister den Dank des Collegiums hierfür aus. Kaus und Welt. Novelle von Gustav Höcker. (S. Fortsetzung;. Von dem Ertrage der Versteigerung war den Schwestern nach Bezahlung der Schulden blutwenig übrig geblieben, die Pension, welche sie bezogen, reichte kaum zum nolhdürstigen Lebensunterhalt au«, und so mußte Martha trotz ihrer Braut schaft nach wie vor daraus bedacht sein, sich nach einem Brod- erwerb umzusehen. Sie hatte schon öfter an den Oberstlieutc- nant Lagrange gedacht, der infolge seiner «»«gebreiteten Bekanntschaften und Verbindungen jedenfalls in der Lage ge wesen wäre, ihr irgendwo ein angemessene» Unterkommen zu verschaffen, und sich, al« ehemaliger Freund de« Hause«, ge wiß eine Ehre darau« gemacht hätte. Endlich fand sie einen geschickten Vorwand zu einem Besuche, sie la« zufällig in der Zeitung, daß auf dem Teiegraphenbureau die Stelle einer Telegraphistin zu vergeben sei, und obwohl sic natürlich nicht daran dachte, sich ernstlich um einen solchen Posten zu bewer ben, so wollte sie doch den Oberstlieutenant um seine Ver wendung bei dem ihm befreundeten Tclegraphendirektor bitten. E» konnte dann nicht auSbleiben, daß der ehemalige Freund de« Vater» einen so verzweifelten Entschluß mißbilligen und, einmal von ihrer Lage unterrichtet, alle Hebel in Bewegung setzen werde, die verwaiste Hofrath-tochter in einer höheren Familie glänzend unterzubringen. Der Oberstlicutenant hörte sie sehr theilnchmend an, al« sie ihm ihr Anliegen vortrug. Aber in seinen Zügen vcrrieth sich keine Spur schmerzlichen Erstaunen«, daß ein Honoratioren kind, ja eine Freundin seiner Frau sich zum Tclegraphendienst herabwürdigcn wollte. Im Gegcntheil, er fand ihr Vorhaben nur natürlich, sagte ihr mit großer Bereitwilligkeit seine wärmste Verwendung beim Telegraphenvorstand zu und drückte seine Freude au», etwa« für die Tochter seine« verstorbenen Freunde thun zu können. Der Oberstlieutcnant hielt Wort und Martha, abermal» um eine Erfahrung reicher, machte au» der Roth eine Tugend und trat schon nach wenigen Tagen da« so unverhofft gefun dene Amt im Teiegraphenbureau an. Valentine blieb nun ebenfalls nicht länger müßig. Sie durchforschte fleißig die Zeitungen nach offenen Gouvernanten stellen. Eine solche sand sich auch wirklich sür sie bei einer auswärtigen Familie, und so reiste sie eine« Tage« mit ihrer beweglichen Habe nach dem Orte ihrer neuen Bestimmung ab. An demselben Tage hatte vor sech« Wochen der Vater die Augen zugethan — und heute schon wohnten Fremde in den Räumen, wo er gestorben, die langjährigen stummen Zeu gen einer prunkvollen Häuslichkeit waren überall hin zerstreut und die Schwestern getrennt, um in fremdem Dienste ihr Brod zu essen. Nirgend« aus Erden hat der Mensch ein Dasein, dessen er froh werden dürfte, wenn er e» nicht in seiner eigenen Brust trägt. IV. Valentine und Martha wechselten fleißig Briese, und wir glauben, un« weder einer Indiskretion, noch einer Ab schweifung von unserer Geschichte schuldig zu machen, wenn wir in der Korrespondenz der Schwestern ein wenig zu blättern und au« der ansehnlichen Reihe von Briefen, welche sich im Laufe von anderthalb bi« zwei Jahren anhäuften, diejenigen herau«greifen, deren Inhalt mehr oder minder in Zusammen hang mit den Begebenheiten unserer Erzählung tritt. .Meine liebe Martha! Hoffentlich wirst Du Dich über Guido« Mißgeschick nicht allzusehr betrüben. E« gehört durchaus nicht zu den Seltenheiten, daß ein junger Mann im Staatsexamen da« erste Mal durchfällt. Vielleicht hat ihn die Angst besangen gemacht, obgleich mich die» gerade bei ihm Wunder nehmen sollte; oder man hat ihn unglücklicherweise über Gegenstände befragt, in denen er weniger taktfest war. Ein Examinand ist ja den kleinsten Zufällen unterworfen. Bei der nächsten Prüfung wird e« schon besser gehen, und dann besteht Euer ganze» Unglück darin, daß Ihr ein halbe» Jahr verloren habt. Sech« Monate lassen sich in Deinen Verhältnissen leichter ertragen, liebe Martha, al« in den meinigen, so anstrengend auch der Dienst im Teiegraphenbureau und besonder» der un angenehme Nachtdienst sein mag. Du kannst Dir nämlich keinen Begriff machen, wa« für ein traurige» Ding e« um eine Gouvernante ist, vollend», wenn man c« so unglücklich trifft, wie ich. Stelle Dir El tern vor, die geradezu in ihre Kinder vernarrt sind und jede noch so grobe Ungezogenheit auf Rechnung ihrer Jugend schreiben. Erst gestern, al« ich mich über einen dieser Rangen beklagte, gab mir die Gnädige zur Antwort: ich sei ja auch einmal jung gewesen. Solche Sottisen muß man sich in« Gesicht sagen lassen, in Gegenwart der Kinder, die man bil den, die man erziehen soll, und da wundern die Eltern sich auch noch, daß man sich nicht genug in Respekt zu setzen weiß. Wo soll denn da nur der Respekt Herkommen? Ich vergieße hier in einem Tage oft mehr Thränen, al« sonst in Jahren, und ich mag diese» Leben nicht länger ertra gen. Daher habe ich mich auch schon nach einer anderen Stelle umgethan und warte schnlichst auf Antwort, die hoffent lich günstig ausfällt. Also Frau Oberstlieutenant Lagrange ist gestorben! Ei, ei! die wird ungern au« dem Leben geschieden sein, denn e« fehlte ihr an nicht«. Wie wird denn der Oberstlieutenant den Verlust ertragen, denn sie lebten wie zwei Turteltauben. Unter solchen Umständen wird sein Avancement zum Oberst
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