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Amts- und Anzeigeblatt für den Bezirk des Amtsgerichts Eibenstock und dessen Umgebung : 21.01.1897
- Erscheinungsdatum
- 1897-01-21
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id426614763-189701213
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id426614763-18970121
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-426614763-18970121
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Amts- und Anzeigeblatt für den Bezirk des Amtsgerichts ...
-
Jahr
1897
-
Monat
1897-01
- Tag 1897-01-21
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Monat
1897-01
-
Jahr
1897
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Wirsing in Schwarzenberg an hiesiger RaihSexpediiionSsteUe die »»verweile Verpflichtung der Genannten statt. In welch hohem Grade sie sich unausgesetzt de« Vertrauen« und der Hochachtung ihrer Mitbürger erfreuen, geht darau» hervor, daß nunmehr Herr Leistner 34 Jahre, Herr Oschatz aber 28 Jahre ununterbrochen dem Gemeinderathe angehören. — Johanngeorgenstadt. In voriger Woche fand hier eine Ikonserenz von Vertretern de« K. S. Finanzministe rium«, der Generaldirektion der 8. S. StaatSeiscnbahnen, der betheiligten K S. Verwaltungsbehörden einerseits, sowie von Vertretern der k. k. österreichischen Behörden u. de« Komitee« der Eisenbahnlinie Johanngeorgenstadt-Karlsbad andererseits statt. Dem Vernehmen nach ist in derselben in den einzelnen Fragen ein allseitige» Einvernehmen erzielt worden, sodaß der Eröffnung Le« Baues auf allen Punkten im Frühjahr nicht« mehr im Wege steht. — Dresden, 16. Januar, «ine Gesellschaft, die sich »Dresdener Lcsegescllschaft Museum" nennt, übcr- giebt heute ihre Leseräume, in denen 100 politische TageS- blätter und 250 Zeitschriften au« den Gebieten der Wissen schaft, Kunst und Unterhaltung auflicgen werden, der Oesfcnt- lichkeit. Man kann diese Lescräumc sowohl an einzelnen Tagen gegen Tageskarten zu 50 Pfennig wie auch öftere« gegen Ent nahme von Wochen-, Monat« u. s. w. bi» zu Jahreskarten für 20 Mark benützen. Da auch Restauration«- und Gesell schaftsräume mit den geschmackvoll eingerichteten Lesesälen verbunden sind, so wird das neue Museum sicherlich viel be nutzt werden. — Dresden, 17. Jan. Ein tief bedauerlicher Un glückssall, welcher in mehrere Familien große« Herzeleid brachte, ereignete sich am Freitag Nachmittag auf dem Wege von Ober- nach Niederpestcrwitz. Fünf siimmllich noch nicht schulpflichtige Kinder wurden durch einen umstürzenden Wagen mehr oder minder schwer verletzt. Die Kinder ver gnügten sich mit Schlittenfahren an dortiger Stelle, al« drei Wagen de« KammrrguIS Roßthal den ziemlich steilen Weg herabkamen. Während sich die Kinder in cinen Hos geflüchtet hatten, zerbrach am letzten Wagen, der in» Rutschen gcrieih, ein Rad, derselbe stürzte um und die Mauer, resp. die Ein- sricdigungssäulen umreißend, auf die Kinder. Der Knabe König wurde mit eingedrücktem Brustkorb unter einer Säule vorgezogen und ist gestern früh gestorben. Dem Mädchen Holfert schlug die Wagcnachse die Zehen ab. Zwei Mädchen Dietrich sowie der Knabe Strehle sind, soweit c« sich bi« jetzt beurtheilen läßt, leichter verletzt. Aerztliche Hilfe war balv in ausreichendem Maße zur Stelle gewesen. Einige der Kinder mußten nach der Kinderheilanstalt gebracht werden. Die Schuld an dem Unglücke ist unbedingt nur einem Zu sammentreffen von unglücklichen Umständen zuzuschreiben. — Dresden, 10. Jan. Zwei Motorwagen rann ten gestern morgen in der Nähe de« AmtSgerichisgebäude« zusammen. Der eine der Wagen erhielt hierbei einen der artigen Flankcnstoß, daß er au« den Schienen gestoßen und neben da« Trottoir gesetzt wurde. Glücklicherweise wurde Nie mand verletzt. — Leipzig. Die Ankündigung der Verhängung einer GejchäftSsperre ist vom hiesigen Landgerichte al« Versuch einer Erpressung betrachtet und mit Gefängniß in der Dauer von 10 Tagen bcstrast worden. In Frage kam ein Vorkommniß beim vorjährigen Buchbinderstreik, wo der Vorsitzende der Lohncommission, Kloth, einem Prinzipal miitheilte, daß über seine Offizin die Sperre verhängt würde, fall« die streikenden Arbeitskräfte nicht vollzählich wieder eingestellt und die Streik brecher entlassen würden. — Leipzig. In dem städtischen Kaushause, daß an der Stelle de« alten Gewandhauses steht und zu dem Zwecke errichtet worden ist, um Meßlager zu beschaffen, befindet sich auch ein großer Saal, der etwa 1000 Personen faßt und nur zu Concertcn bestimmt sein soll, wie der alte Gewand haussaal, in dem die berühmten GewandhauSconcerte IM Jahre lang abgehaltcn wurden. Dieser neue, prächtig auS- gestaltcle Saal ist jetzt fertig; doch soll er erst durch ein Con- cert geweiht werden, da« bei Gelegenheit der Anwesenheit Sr. Majestät de« König« Albert veranstaltet werden wird. — Rochlitz, 16. Jan. Dem hiesigen „Wochenblatt" wird berichtet: Ein unerwartetes Ende fand in Lunzenau ein inhastirter armer Reisender. Derselbe hängte in der Arrestzelle seinen jedenfalls durchnäßten Rock an den Ofen. Da« Kleidungsstück fing an zu glimmen und durch den sich entwickelnden Qualm erstickte der Arme. — Schellender g. Kürzlich ging durch die Zeitungen die Meldung, daß Mäuse die Margarine nicht berühren und unfehlbar von derselben Butter zu unterscheiden wissen. Al« Seitenstück hierzu berichtet ein hiesiger Einwohner folgende wahre Geschichte, die kürzlich in seinem Haushalt geschehen ist. Lassen wir ihn selbst erzählen: „Unser Dienstmädchen hatte sich in einem Laden mit Margarinekäse anschmieren lassen und kam mit diesen! gräßlichen Zeug nach Hause. Wir rochen sofort, daß e« Margarinekäse war, und da selbstver ständlich Niemand von un« davon essen wollte, faßten wir den Entschluß, Fip«, unfern Spitz, damit zu beglücken. Dieser kleine Feinschmecker hat eine besondere Liebhaberei für Käse, und wir glaubten nicht, mit dem Thierschutzverein in Konflikt zu kommen, wenn wir ihm auch die Oeltalgspcise vorsetzten. Der Margarinekäse wurde also in kleine Stücke zerschnitten auf einem Teller dem von uns draußen zu diesem FeslschmauS herbeigcruscnen Fips vorgesetzt. Aber als ob er ein Gerücht Taranteln verzehren sollte, so benahm sich der kluge Hund. Mit eingeknifsenem Schwanz machte er spornstreiw« Kehrt und floh unter da« Bett, um sich vor neuen Beleidigungen seine» Geschmack» und Geruch« zu sichern! Der arme Fip«! Seine ganze Unbefangenheit ist dem Käse gegenüber verloren gegangen. Jetzt prüft er jede« Stückchen, da« man ihm giebt, sehr genau mit seiner Nase, ehe er er verzehrt." — Waldenburg, 18. Januar. Wegen massenhafter Erkrankung der Schüler an Influenza mußte heute auf Anordnung de« königl. BezirkSarztc« in Glauchau, I)r. Han- ker, da« hiesige Lehrerseminar bi« zum 31 Januar d. I. ge schlossen werden. In wenigen Tagen erkrankten mehr al« 100 Schüler. — Bernstadt, 18. Jan. Seit Anfang diese« Jahre« haben in der nächsten Umgebung der Stadt elf Feuers brünste statlgesunden. Man hat e« offenbar mit einer Brandstistcrbande zu Ihun. Ein kurz nach dem Au«bruch eine» Brande» in der Nähe der Brandstätte bemerkte« ver dächtige« Individuum au« Altbern-dorf ist jetzt in Kemnitz festgenommen worden. Dasselbe hat eine Anzahl der betreffen den Brandstiftungen eingcstanden und ist an da« Landgericht Bautzen abgeliefert worden. — Au« Hainewalde, 18. Jan., wird gemeldet: In die größte Aufregung ist unser Ort und die hiesige Umgegend durch ein an ter beim hiesigen Kemeindevorstand im Dienst befindlichen Marie Gärtner, gebürtig au» dem benachbarten Herwig«dorf, verüble« scheußliche« Verbrechen versetzt worden. Am vergangenen Dienstag Nachm. 2 Uhr schickte ihre Herrschaft da« Mädchen auftrag-weise zu ihrer in Spitz- kunner«dorf verheiratheten Tochter. Dort ist die Gärtner aber nicht angekommen. Man vermmhete sofort ein Ver brechen, leider aber wurde trotz eifrigst und nachhaltig be- lri ben n Suchen« eine Spur de« vermißten Mädchen« nicht aufgefunden, da der gefallene frische Schnee alle Spuren ver wischte oder undeutlich machte. Gestern Morgen machte sich aus« Neue eine große Menge Ortsbewohner planmäßig auf die Suche. Hierbei wurde halb 10 Uhr die Leiche 'de« bc- daucrnSwerthen, allgemein al« ehrenwerth und zuverlässig be kannten Mädchens in hiesiger Rittergut-Waldung, abseil» von dem gewöhnlich von der Gärtner begangenen Fußwege, dem sogenannten Tischerraine, im Sträuchcrgebnsch, zu Füßen zweier größerer Birken gefunden. Die Gärtner lag lang bingestreckt auf dem Rücken, die Arme unter demselben, die Brust halb entblößt, da« Gesicht mit Kratzern bedeckt, die Lippen fest zuiammengepreßt. Alle Anzeichen lassen auf einen scheußlichen Lustmord schließen, zumal sämmtliche« Eigenlhum der Ermordeten sich vorfand. Da« bcdauernSwerthc Mädchen war mit einem strickartig zusammengewundenen HalStuche er würgt worden. Al« der Thal dringend verdächtig wurde der derzeitige RittergutS-Reviersörstcr Alwin Theodor Horn ver haftet. Der Verhaftete ist ein älterer Mann, der Frau und Kinder hat. Er hat in der ganzen Gegend einen schlimmen Leumund. — Eine stattliche Anzahl den Landwirthcn au« dem oberen und niederen Voztlandc vereinigte sich am Sonnabend Nachmittag im allen BahnhosSrcstaurant zu Neumark, um Stellung zu nehmen zu der bevorstehenden LaudeSkuttur- rathswahl. Nach längerem Meinungsaustausch grlangte man zu dem einstimmigen Beschluß, Herrn Gutsbesitzer Her mann Oschatz in Mark Sahnau bei Crimmitschau die Kan didatur für den XII. Wahlkreis anzubieten und im zusagen den Fall für ressen Wahl einzutreten. Auf Veranlassung der mitanwesenden Herren Gutsbesitzer und Gemeindevorstand Paul-BrierSdorf, Rittergutspachter Eckardt -Brunn, Ritter- gutSpachter Reuther-Leubnitz und Gutsbesitzer Müller-Alt- rottmannSdorf konstituirte sich ein Wahlkomitee, dem da« Weitere übertragen wurde. Gutem Vernehmen nach Hal Herr Oichatz sich auch bereit erklärt, die Kandidatur anzunchmen. — Der Militärdienst der sächsischen Volksfchul- lehrer ist nach einer Geueralverorrnung dahin geregelt wor den, daß sie voni Jahre 1900 an verpflichtet sind, ein Jahr zu dienen. Sic verlieren also da« bisherige Sonderrecht der kurzen UebungSzeit von lo Wochen. Die Seminaristen er langen mit dem Bestehen der Abgangsprüfung die Berechtig ung zum einjährig-freiwilligen Militärdienst. Sic können sich aber selbst entscheiden, in welcher Form sie der Fahne dienen wollen, entweder als „Soldat aus ein Jahr" oder al« „Ein jähriger". Bi« zu dem Jahre 1900 steht den jungen Lehrern die Wahl unter allen drei angegebenen Formen frei. — Der Zeitung« träger, der stet« eilig hat, weil seine Abonnenten nie früh genug in den Besitz ihre« Blatte« kommen können, hat die Gewohnheit, sich seiner Blätter auch so schnell wie möglich zu »ntledigen, um seinen Abonnenten kreis rasch zu bedienen. So wird denn, wenn ein Bries- und Zeitungskasten an der Wohnung nicht angebracht ist, das Blatt auf irgend cinen im Vorsaai stehenden Schrank, auf einen Sim», auf den Thürklopser oder gar vor die Vorsaal- thürc gelegt, wo c« dann von den rechtmäßigen Abonnenten weggenommen wird. Da« Wegnehmen einer Zeitung aber von der Flurthür von anderen Personen, die ein Recht an die betreffende Zei'ung nicht haben, wird oft al» eine unbedeutende Kleinigkeit betrachtet; nicht so vom Gericht. Von diesem ist jüngst eine Arbeitersehesrau, welche ihrem Flurnachbar eine» Morgens die Zeitungsnummer, die vor seine Thür gelegt war, entwendet hatte, wegen Diebstahls zu einem Tage Gefängniß verurtheilt worden. Pie Uek in Indien. Au« Bombay wird der „Köln. Ztg." über die Pest, die augenblicklich dort so große Verheerungen anrichtet, und die Gefahr der Einschleppung dieser Seuche nach Europa Folgen der geschrieben: „Als im August vergangenen Jahres in dem hiesigen Stadtrath ein eingeborener Arzt die Behörde daraus aufmerk sam machte, daß er Fälle von Pest unter seinen Kranken ent deckt habe, und bat, daß man die nöthigen Vorkehrungen treffe, damit die Krankheit sich nicht verbreite, fand diese rechtzeitige Warnung weder Gehör noch Glauben. Eine Unter suchung wurde nicht angestellt und erst fünf Wochen später, als sich die Fälle vermehrten und ein europäischer Arzt, der während der Pest in Bagdad thätig gewesen war und deren Erscheinungen kannte,- die hier auSgcbrochene Krankheit al- wahre Beulenpest bezeichnete, da begannen die städtischen und Sanitätsbehörden der Krankheit ein wenig Aufmerksamkeit zu schenken. Aber ivie immer,Erklärte man durch die Presse, e» sei keine wirkliche Pest, sondern eine „pestähnlichc", ungefähr liche, sehr mild auftretende Krankheit, der man den neuen Namen: bubonische« Fieber gab. ;Auch 1892 betrogen ge wisse amtliche Nachrichtenstellen einiger Länder die Welt mit einer „cholcraähnlichen" Krankheit. > Beschwichtigend wurde ferner erklärt, daß diese« Fieber bisher nur in einem Bezirk, dem von Mandvie, dem sumpfigsten von alle», aufgetreten sei; durch ein wenig Reinigung würde die Krankheit in kurzer Zeil auSgerottet sein. Zuverlässige Berichte über den Stand der Erkrankung«- und Todesfälle wurden nicht veröffentlicht, und man suchte so viel wie möglich die Sache vor der Oeffent- lichkeit zu vertuschen, weil sonst Kosten entstanden, keine Frem den mehr hier angckommen und Bombay wohl unter Quaran täne gestellt worden wäre. Al« e» sich dann aber herausstellte, daß die Krankheit nicht so harmlos war, die Todesfälle täglich zunahmen und die Bewohner de« Bezirk» ängstlich wurden und sich davon machten, ward die Bevölkerung ungeduldig; da» bedeutende hiesige Blatt, die „Time» os Jndia", trug da« ihrige dazu hei, und nun wollte man mit einem Male der Seuche ein Ende machen. E« war leider zu spät. Die Behörden sandten Aerzte und Beamte aus Erkundigungen au». Die Dampfspritzen wurden ausgebotcn, um eine gründliche, wohl die erste, Reinigung vorzunehmen, und zwar sowohl in den Häusern selbst al» in den Kanälen und sonstigen Abflüssen. Da stellten sich nun die Behörden und Zeitungen erstaunt über die ungeheure Menge de» aufgesammelten Schmutze«. In einer schmalen Sackgasse wurden an einem Tage 1500 To. Unrath gefördert. Man hätte doch wissen können, daß e« in allen Eingeborenen-Vierteln genau so auSsieh« und daß die Eingeborenen die liebliche Gewohnheit haben, alles und jede« zum Fenster hinaus auf die Straße zu werfen, ohne Rücksicht auf die Vorübergehenden. Aber die Behörden in Indien haben von ihren beiden Augen immer dasjenige geschlossen, da« den Eingehorenen-Vierteln zugekehrt ist . . . Erst jetzt, wo die Todesfälle sich täglich auf etwa 200 belaufen, fängt man an, einzusehen, daß unverbesserliche Fehler begangen worden sind, und wegen der verkehrten Sparsamkeit muß jetzt Bombay Millionen einbüßen. Aber noch immer liest man in den öffentlichen Berichten nur von 50—60 neuen Fällen täglich, wogegen die Wochenstatistik der Sterbe- sälle deren 800—1000 über den Durchschnitt ergiebt. Uni dem Auslande Sand in die Augen zu streuen und der Quaran täne zu entgehen, werden die meisten Todesfälle als Malaria bezeichnet. Auf den BerbrennungSplätzen der Kinder müssen die Leichen ein bis zwei Tage warten, bi» die Reihe an sie kommt. Der Schrecken unter den Eingeborenen ist jetzt allgemein. Wer Geld hat, flieht von hier: über 300,000 Menschen haben die Stadt verlassen und tragen die Krankheit in da« Innere de« Lander. Schon kommen Nachrichten au» einzelnen Plätzen, die da« Auftreten der Pest durch Einschleppung auzeigen. Die Behörden sollten jetzt wenigsten» darauf achten, daß Bombay abgeschlossen würde, bi« die Krankheit erloschen ist. Jetzt sind die Häuser leer, und man kann leichter Herr über die Seuche werden; gestattet man jedoch den Flüchtlingen, vor Beendigung der Seuche zurückzukehren, dann wird man der letzter» sobald nicht Herr werden. Handel und Gewerbe sind natürlich lahmgelegt, haben doch die Baumwollhändler und sonstige größere Geschäfte beschlossen, für 14 Tage zu schließen. Die Gefahr der Uebertragung nach Europa ist nicht zu unterschätzen. Sind doch in London bereit« zwei Pest-TodeS- fälle, die von Bombay eingeschleppt waren, vorgekommen. In dem Mandviebezirk befinden sich fast alle Lagerhäuser der Ausfuhrgeschäfte, namentlich der deutschen Firmen. Von den Kulis, die dort arbeiten, sind Hunderte gestorben. Besonders Hamburg, da« eine traurige Erinnerung an die Cholerazcit hat, sollte doppelt vorsichtig sein, und wenn die Gesundheits behörden vielleicht eine Quarantäne nicht für nothwendig er achten, so sollten die Behörden darauf sehen, daß alle indischen Maaren gehörig deSinfizirt werden, ebenso die Bemannung der Schisse; eine Vorsichtsmaßregel nach dieser Richtung kann keinesfalls etwa« schaden. Per Peichvogt von Hiefstel. Eine Erzählung aus der Marsch von Th. Schmidt. (7. Fortsetzung). „Was kann ich dagegen Ihun, Mutter? Nicht«! Ich überlasse es der Zeit, den Sinn de« Manne« zu ändern; wir haben ja keine Eile," meinte der Capitän gelassen. Dann stand er auf, um in feinem auf der andern Seite de« Flure gelegenen Zimmer die übliche „Pfeife nach Tisch" zu rauchen. Eben hatte er einige Züge au« einer kostbaren türkischen Tschibucke gethan, da hörte er schwere Männertrittc auf der Hausflur. Man klopfte an seine Thür, und auf sein laute» „Herein!" traten einer nach dem anderen drei Männer ein, von denen der eine der alte Polizeidiencr de« Ort« in Uni form war. „Sind Sie der SchiffScapitän Hajo Lübben?" fragte der Mann der Ordnung mit dumm-wichtiger Miene den erstaun ten Insassen de« Zimmer«. „Was soll da«, Brüning? Sie kennen mich doch schon seit meiner Geburt," fragte der Capitän unwirsch. Der alte Polizeidiencr zog die Schultern in die Höhe. „Ich gehe nach meiner Jnstrekschon. Sind Sie der Genannte?" „Zum Teufel, ja, wa» soll denn da» bedeuten?" „ So verhafte ich Sic kraft diese» obrigkeitlichen Befehl»," sagte der Alte in einem Tone, al» wäre er ein dressirtcr Papagei. Gleichzeitig zeigte er einen mit dem Namen de» OrtSvorstcher» unterzeichneten und mit zwei amtlichen Sie geln bedruckten BerhastSbefchl vor. Da» eine Siegel war da- de» Ober-Deichaufseher«, da« andere da» Gemeindesiegel. „Wa» ... mich verhaften!" stieß der Capitän erbleichend au». „Sind Sie toll geworden! Wa» liegt gegen mich vor, Brüning?" Wiederum zog der Polizeidiencr seine Schultern in die Höhe und zeigte stumm auf seinen schriftlichen Befehl, den ihn jetzt der Capitän hastig au» der Hand riß. „Da« ist stark! Nein .. ein himmelschreiende« Unrecht!" platzte der Capitän wild heraus, al» er hastig da» Schriftstück überflogen. Die beiden Männer, offenbar Kanal- oder Dcicharbeilcr im Solde de« Deichbauern, traten jetzt dicht an den furchtbar erregten Capitän heran, gleichzeitig zog auch der Polizeidiener au« seinem alten schäbigen Soldatenmantcl ein Paar Hand schellen. Bei dem Erblicken dieser trat der Capitän bebend vor Zorn cinen Schritt zurück und richtete sich zu seiner ganzen stattlichen Höhe ouf; seine sonst so freundlichen blauen Augen leuchteten blitzartig. „Zurück, elende Schergen! Wagt e» nicht, mich anzurüh ren, wenn Euch Euer Leben lieb ist! Ich folge Euch freiwillig, Brüning, aber geschlossen, wie einen gemeinen Verbrecher, lasse ich mich nicht absühren," rief er, mit eisiger Ruhe und durchbohrenden Blick die beiden Männer fixirend. Der Polizeidiener kratzte sich einen Moment verlegen hinter den Ohren und überlegte, ob er den erhaltenen Befehl unter diesen Umständen werde auSsührcn können. Dann wechselte er mit den beiden Arbeitern einen kurzen Blick und ließ danach die Handschellen wieder in seiner Manteltasche ver schwinden. „Dann machen Sic sich schnell fertig, Herr Capitän, 'S ist für mich wahrhaftig nicht angenehm. Sie verhaften zu müssen. Sic wissen, ich gehorche nur dem Befehl," meinte Brüning verlegen werdend. .Da» weiß ich!" Ruhig schritt jetzt der Capitän in da» Zimmer seiner Mutter. Die ihn bi« auf die Hausflur fol genden Männer hörten gleich daraus einen lauten Aufschrei und danach heftige« Schluchzen der Gelähmten und dazwischen die ruhige Versicherung de» Capitän«, daß hier ein Jrrthum — an Bosheit und niedere Rachsucht wollte er noch nicht
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