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Amts- und Anzeigeblatt für den Bezirk des Amtsgerichts Eibenstock und dessen Umgebung : 23.01.1897
- Erscheinungsdatum
- 1897-01-23
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id426614763-189701233
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id426614763-18970123
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-426614763-18970123
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Amts- und Anzeigeblatt für den Bezirk des Amtsgerichts ...
-
Jahr
1897
-
Monat
1897-01
- Tag 1897-01-23
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Monat
1897-01
-
Jahr
1897
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Zeugnisse sein. Wir hoffen daher zuversichtlich aus eine Be iheiligung sämmtlicher Pflegestätten erziehlicher Knaben-Hand arbeit von ganz Mitteldeutschland." Mhere Auskunft ertheilt Direktor I)r. Götze, Leipzig, an der Pleiße 2o. l-« - Für Leipzig stehen Königttage nahe bevor. S«. Majestät der König Albert trifft am Abend de« 1. Februar dort ein. Verschiedene Vorlesungen sind für den allerhöchsten Besuch in Aussicht genommen, ebenso findet wiederum Pa radeaufstellung der Garnison statt. Tine Soiree beim General der Infanterie von Hodenberg wird der König mit seinem Besuche beehren, ebenso ist ein Besuch de« neuen Theater« vorgesehen. Am Dienstag, den 2. Februar, wird der Conccrt- saal im Kaufhause in Gegenwart Sr. Maj. de« König« Albert feierlich eingeweiht. Die Rückreise de« König« nach Dre«len erfolgt Donnerstag, den 4. Februar, Abend« nach Beendigung de« GewandhauSconcerte«. — In Chemnitz fand letzter Tage eine Versammlung sächsischer Buchdruckereibeisitzer und Zeitung«verleger statt, um Stellung gegen ein da« deutsche Zeitungswesen stark schädigende« Unternehmen zu nehmen. In Berlin hat sich nämlich eine Kommanditgesellschaft gebildet, um in Hunderten deutscher Städte Zeitungen zu gründen oder bestehende Zeitungen mit ihrem Unternehmen zu verschmelzen. Die Gesellschaft übernimmt auch den Druck und stellt kopflose Zeitungen in großen Mengen her durch Lieferung sertiger Platten. Hierdurch würde die deutsche ZeitungSpresse, da» Buchdruckgewerbe, aber auch da« Publikum selbst schwer ge schädigt werden. Die Generalredaktion in Berlin steht natür lich unter dem Einflüsse bestimmter politischer Parteien, und welcher Art derselbe sein wird, läßt sich leicht ermessen. Na türlich beabsichtigt die genannte Firma auch die Monopolisir- ung de« Anzeigcnwesen». Der Verein sächs. Buchdruckerei- besitzer und Zeitungsverleger hat sich durch Annahme einer entschiedenen Resolution gegen da« ganze Berliner Unternehmen ausgesprochen. Ueber diese Angelegen heit wird von anderer Seite ferner au« Chemnitz geschrieben: Die jüdische Kommanditgesellschaft Hachfcld, Schmitz u. Co. in Berlin, die beabsichtigt, durch Lieferung fertiger Satzplat ten die sächsische Provinzialpresse vollständig von sich abhängig zu machen und die öffentliche Mein ung zu unterjochen oder durch Gründung neuer Zeitungen an den betreffenden Orten den unabhängig bleibenden Zeit ungen eine scharf schädigende Konkurrenz zu bereiten, hat rasch selbst eine starke Konkurrenz erhalten. Die neue Beiliner Verlage anstatt von Aug. Krebs in Charlottcnburg-Berlin ofscrirt jetzt den sächsischen ZeilungSverlegern in der Provinz unter der verlockenden Anpreisung »Jährlicher Ersparniß" die Lieferung fertiger Satzplattcn für den Druck von Zeitungen. Jedenfalls ist den ZeilungSverlegern in der Provinz in ihrem eigenen Interesse dringend anzurathen, auf keines der beiden Angebote einzugchen, da durch die Benutzung der Satzplatten in größerem Umfange die Provinzzeitungen ihre Eigenart verlieren und verflachen würden, wodurch sie, statt in den Augen ihrer Leserschaft, die mehr al« in Großstädten geneigt ist, an dem Inhalt der Zeitung Kritik zu üben, zu gewinnen, entschieden an Einfluß verlieren würden. Gar bald würde da« Publikum merken, daß der meiste Inhalt »Mache" ist. E« ist ja auch gar nicht möglich, von einem Ccntralorte au» durch für Hunderte von Zeitungen gleichmäßig hergestelltc Satzplattcn ein Blatt so zu gestalten, daß es den lokalen Leserkreis so befriedigt, wie eine Zeitung, die von einem mit letzterem in steter Fühlung stehenden Redakteur in selbststän diger Weise hergestellt wird. — Annaberg. Die älteste Gesellschaft unserer Stadt, die Harmonische Gesellschaft der Fünfzehncr, die in den Januarlagen de« Jahre» 1797 gegründet wurde, feierte am 18. Januar ihr hundertjährige« Bestehen. Die Haupt aufgabe dieser höchst ehrcnwerthen Gesellschaft, deren 15 Mit glieder alljährlich einmal am Montag der dritten Januarwoche zu einem festlichen Mahle sich vereinigen, wobei ein Fasanen- braten stiflungögemäß niemals fehlen darf, besteht in stillem Wohlthun, wozu bei diesem Festmahle neue Beschlüsse gefaßt werden. Da die »Fünfzehncr" über die Zinsen bedeutender Stiftungskapitalien verfügen, die durch die Mildthätigkeit ihrer Mitglieder nicht unbeträchtliche Vergrößerungen erfahren, so haben sie bereit« viele Tausende Mark an nothleidende Familien mit scgcnreichem Erfolge in Verborgenheit gespendet. — Meerane. Der Stadtrath hatte aus Grund all gemeiner Klagen über die hiesigen Brodverhältnissc von vier stark beschäftigten Bäckern Brode und Mehlproben ent nehmen und durch den Vorstand der hhgieinischen Institut« in Würzburg, Professor l)r. Lehmann, untersuchen lassen. Au« diesem Gutachten waren die vorgefundenen hauptsächlichsten Mängel auszugsweise wörtlich in den amtlichen »Nachrichten" veröffentlicht worden. Außerdem war dem Vorstand der hies. Bäckerinnung auf Nachsuchcn eine Abschrift de« Gutachten» ertheilt worden, nachdem derselbe erklärt hatte, nunmehr auch seinerseits eine Untersuchung der hiesigen Brodverhältnissc vornehmen lassen zu wollen. Mit Rücksicht auf da« in Aus sicht stehende Gutachten unterließ e» der Rath, einen Abdruck oder eine Besprechung de« Lehmann'schen Gutachten«, wie sic bereit« ausgearbeitet vorlag, in die Oefsentlichkeit zu bringen. Da nun ohne Vorwisscn de« Rath» die Bäckerinnung im »Tageblatt" ein Gcgengutachlen de» >ii. Heselmann in Dresden veröffentlicht hat, beschloß der Rath, die Besprechung de« Lehmann'schen Gutachten« nunmehr zum Abdruck zu bringen, im Uebrigen aber da« Hefclmann'sche Gutachten dem ersten Begutachter zur weiteren Aussprache vorzulegen, um dadurch ein richtige« Bild über die hiesigen Brodverhältnissc zu er halten. — Falken st ein, 20. Jan. Gestern Abend kurz vor 9 Uhr brannte die an der Bahnhofstraße gelegene Scheune de« Kaufmann« Albert Bühring, vcrmuthlich infolge Brand stiftung, mit den darin aufgespeichertcn Hcuvorräthen voll ständig nieder. Da« Feuer entwickelte eine solche Gluth, daß die ganze Stadt tageihell erleuchtet war. Die Scheune stand inmitten schmucker Neubauten und gereichte der Bahnhofs vorstadt keineswegs mehr zur Zierde, sodaß ihr Verschwinden keinen Unwillen Hervorrufen dürfte. — Auf den sächsischen Staat-bahnen wird man, gutem Vernehmen nach, die sog. It-Züze künftig zu größerer Bedeutung kommen lassen. Man entspricht damit den Wünschen de« Publikum«, da» eine größere Fahrgeschwindigkeit auf den großen Durchgangslinien verlangt. Hierzu aber wird eine Ersetzung der jetzigen Schienen durch sog. Goliathschienen erforderlich sein. — Zu den Obliegenheiten der Landbr icftr äger gehört bekanntlich auch die Annahme von Postsendungen aus ihren Bestellungtgängen. Die Landbriefträger haben zu diesem Zwecke ein Annahmebuch bei sich zu führen, da« zur Eintragung der von ihnen unterweg« angenommenen Werth- und Einschreibsendungen, Postanweisungen, gewöhnlichen Packete und Nachnahmesendungen dient und nach jedem Beftellgange von einem Beamten der Postanstalt durchgesehen wird. Die Auflieferer können derartige Sendungen entweder selbst in da« Annahmebuch eintragcn, oder die Eintragung den Landbrief- trägern überlassen. Im letzteren Falle muß dem Absender auf Verlangen durch Vorlegung de» Buche« die Ucberzcuguna von der geschehenen Eintragung gewährt werden. Auf diese Weise ist Jedermann in den Stand gesetzt, bei Auflieferung einer Sendung — abgesehen von gewöhnlichen Briefen — durch Vermittelung de» Landbriefträger« deren richtige und pünktliche Weiterbeförderung von vornherein sicher zu stellen. Postanweisung-beträge nehmen die Landbriefträger übrigen« nur dann entgegen, wenn ihnen gleichzeitig da« ordnungsmäßig ausgefüllte Formular zur Postanweisung mit übergeben wird. — Genossenschaftlicher Gctreideabsatz in der Lausitz. Auf dem Wege zur genossenschaftlichen Organisir- ung de« Getreidcabsatze« ist wieder ein neuer Schritt zu ver zeichnen. Am 7. Januar fand in Löbau i. S. eine imposante Versammlung zur Besprechung über die Gründung einer Ge- treideverkaufsgenossenschast statt. Die Vertreter der staatlichen Behörde, der Stadt Löbau und eine überaus große Zahl von Landwirthen waren anwesend. Die Versammlung wurde durch eine feurige Ansprache de« Herrn Rittergutsbesitzer« von Heldreich auf Bellwitz eröffnet, welcher die Landwirthe mit eindringlichen Worten auf die Nothwendigkeit hinwie«, den Absatz ihrer Produkte durch genossenschaitlichen Zusammenschluß selbstständig in die Hand zu nehmen. Der Geschäftsführer de» Verbände« der landw. Genossenschaften im Königreich Sachsen, Herr i n . Wicdfelvt berichtete dann ausführlich über die bisher mit GetrcitcverkaufSgcnossenschaften erzielten Erfolge, über die Finanzirung, die Organisation und den Betrieb solcher großen Bezug»- und Absatzgenossenschaften. Der Plan fand eine unerwartet begeisterte Aufnahme, sodaß sofort 4834 Im zum Beitritt gezeichnet wurden. Bemißt inan,, wie in der Versammlung vorgeschlagen wurde, den GeichästSantheil für 2 im auf 5 M., die Haftsumme auf 50 M., so verfüg', die Genossknichaft schon jetzt über ein bare» Betriebskapital von 12,500 M. und eine durch Haftpflicht garantirke Summe von 125,000 M. Zur eingehenderen Berathung u. weiteren Förderung der Angelegenheit wurde eine I2gliedrige Kommis sion gewählt, in der möglichst alle Besitzkategorien vertreten sind, e» sind die« die Herren: Rittergutsbesitzer Hauptmann von Heldreich - Bcllwitz, Rittergut«-Besitzer, Oekonomierath Hähnel -Kuppritz, Rittergutsbesitzer Reichel - Oberstrahwalde, Gutsbesitzer Wündrich-CunnerSdorf, LehngutSbesitzer Zimmer- Kohlwesa, RittcrgutSpachtcr Roßberg-Nieder Sohland, Ritter- gutSpachtcr Zschuckc Wurschen, Gutsbesitzer Schmidt-All-Löbau, Gutsbesitzer Ullrich-Georgewitz, Gartennahrungsbesitzer Merka Bcllwitz, Gartennahrungsbesitzer Stübner-Zoblitz und Mühlen besitzer Naumann - Georgewitz. Die Stabt Löbau hat in richtiger Erkenntniß von der Bedeutung einer solchen Ge nossenschaft sich rem Unternehmen sreundlich gegenüber gestellt und wird eventuell zur Hergabe eine» Platze» für ein Lager haus bereit sein. — Greiz, 21. Januar. Die Fabrik von Schulz« u. Co. ist bi« auf die Umfassungsmauern niedergebrannt. 500 Webstühle wurden vernichtet und 250 Arbeiter sind brot los geworden. Einige Personen befanden sich in Gefahr und mußten dur-b die Fenster gerettet werden. Der Deichvogl von Mefstek. Eine Erzählung aus der Marsch von Th. Schmidt. (8. Fortsetzung). Nachdem er Tück aufgetragen, sogleich den Bericht über die Angelegenheit abzufassen und ihm denselben später sammt den Protocollen zur Unterschrift vorzulcgen, ging er in sein Wohnzimmer, um seiner Tochter da« wichtige Ereigniß mitzu- theilen und ihr zu sagen, wie sie ihm jetzt danken könne, daß er dem sauberen Capitän nicht sein Jawort zu einer Verbind ung mit ihr gegeben habe. Aber der Deichbauer mußte seine Neuigkeit vorläufig noch für sich behalten, denn seine Tochter war weder im Zimmer, noch im ganzen Hause auszufinden; auch du „Mutter Brand," welche noch immer zur Aushilfe im Hause weilte, wußte nicht« über den Verbleib Inka» zu sagen. So ging denn der Deichbauer zurück in sein Zimmer, und da er müde und abgespannt war, legte er sich auf« Sopha zum üblichen Nachmittagsschläfchen nieder. Um seine Tochter ängstigte er sich nicht weiter, die sollte jetzt schon von selbst Vernunft annehmen. — Wie schlecht kannte doch der Deich bauer seine Tochter! Ohne Zweifel hätte er nicht so ruhig geschlafen, hätte er gesehen, wie sich die Aermste geberdete. Am Mittage hatte sie von dem Anschläge gegen den Geliebten gehört, dann ge sehen, daß der Polizeidiener und zwei Arbeiter von ihrem Vater fort und zum Dorfe hinauSgingcn. Als dann gleichzeitig der Vater sich zu einem Gange fertig machte, wartete sie mit Un geduld aus dessen Fortgehen, um dann gleich nach ihm eilig da« Hau« zu verlassen. Damit sie nicht vom Vater gesehen werde, machte sie einen Umweg um das Dorf, dadurch verzögerte sich ihre Ankunft im Hause de» Capitän« um reichlich zehn Minuten, obschon sie athemlo» vorwärts eilte. Als sie endlich beim Hause de» Capitän» ankam und ihren Blick einen Moment über die Marschebene bi» zum Dorfe schweifen ließ, sah sie plötzlich die hohe Gestalt de» Geliebten in Begleitung der vorerwähnten drei Männer eben vom Kirchwcge in» Dorf einbiegen. Nur einige Minuten hielt sie sich bei der Mutter Hajo«, welche heftig schluchzend und bleich in ihrem Rollstuhl lag, auf, tröstete die Schwer geprüfte mit dem Hinweis aus die Barmherzigkeit de» gerechten Gotte», der sic auch über diese Klippe de» Leben« sicher hin- weggleitcn lassen werde,'dann hastete sie wieder zum Dorfe zurück, um dort an der Seite de» geliebten Manne» ihre» Vater« Herz durch Bitten und Thränen zu erweichen. Aber da« Schicksal schien sich heute gegen sie verschworen zu haben. Al« sie beim Gemeindehause anlangte, war da» Verhör längst beendet und Hajo wie ein gemeiner Verbrecher in die Arrest zelle gejperrt. Aber sehen, sprechen wollte, mußte sie ihn, so sagte sie zu dem Polizcidicner. Doch der alte Brüning war nicht zu einer Unterredung mit dem Arrestanten zu bewegen. Er be rief sich auf seine »gnstrckschon" von ihrem Vater, Niemand, wer e« auch fei, zu ihm zu lassen. Roch nie im Leben moch ten dem Alten die Pflichten feine« Dienste« so schwer gefallen sein, wie in dieser Stunde, wo er dem schönsten, reichsten und hochherzigsten Mädchen de« Ort« eine Bitte abschlagen mußte. In einer unbeschreiblichen Gemüth«verfassung verließ Ink endlich da« häßliche Gebäude, und al« sie wieder aus der Dorsstraße stand, da überkam sie ein Widerwillen gegen da» Elternhau«, gegen den Vater, daß sie am liebsten weit fort gegangen wäre. Wa« wollte sic noch im Elternh-use? Die Mutter, die gute, sanfte, war todt und der grausam harte Vater liebte sie nicht, wollte nicht ihr Glück! Kalten Blute« opferte er feiner Ehrsucht, seinem Haffe die Ehre de« hoch herzigsten Manne«. Doch nein — so wollte sie nicht vom Vaterhaus« scheiden, erst sollte der hartherzige Mann erfahren, daß er ihr heiligste» Empfinden schonungslos mit Füßen ge treten, daß er sie tief unglücklich gemacht habe. Langsam schritt sie zu Hause, und starr, mit marmorblaffem Antlitz betrat sie da« Wohnzimmer, in dem der Zerstörer ihre« Glück«, ihr Vater, ruhig schlafend lag, während ihr Herz von rasen der Ungeduld und herbstem Schmerz zermartert wurde. »Vater!" Der Deichbauer schlug beim Klange diese« Namen« die Augen auf und blickte schlaftrunken um sich. „Na da bist Du ja endlich. Wo hast Du denn gesteckt?" rief er, gähnend seine Füße in die Pantoffeln vor dem Sopha schiebend. »Vater, Du kannst schlafen, fest schlafen in dieser Stunde, in der Du einen Unschuldigen in« Gefängniß werfen ließest ? O Vater, hast Du noch nie gehört, daß unser Herrgott ost schon hier aus Erden Rechenschaft von dem Menschen über sein Thun und Handeln fordert? Sagt Dir Dein Gewissen nicht, wie schwer Du Dich an mir und dem Manne, dem ich angehöre, dem ich Treue bi« zum Grabe geschworen habe, versündigst?" »Na, Deern, wa« höre ich da für respectwivrige Reden und Belehrungen von Dir. Ich will doch nicht hoffen, daß Du da» im Ernst so meinst, wa« Du da herredest?" stieß der Deichbauer sich erhebend hervor. „Doch, Vater, e» ist mein Ernst! Gott weiß e», daß ich Dir immer eine gehorsame Tochter gewesen bin; jetzt miß brauchst Du aber Deine Rechte und — so schwer es mir wird — ich kann . . . ." »Was schwatzest Du da von Recht mißbrauchen?" fiel der DeiLbauer barsch ein. »Nennst Du da» sein väterliche« Recht mißbrauchen, wenn man sein unerfahrene» Kind vor einem Schwindler schützen will? Danke Golt, daß ich noch zur rechten Zeit entdeckte, zu welchen hinterlistigen Mitteln der Lump zu greisen im Stande ist, um mir zu schaden und sich bei den dummen Bauern al» Held und Retter aufzuspielen. Over weißt Du noch nicht von der Schandchat, die er gestern Abend verübte?" „Nein, von einer Schandthat Hajo Lübben« weiß ich nicht«, denn er ist zu einer solchen nicht fähig," antwortete Inka, tief entrüstet über die beleidigenden Worte de» Vater». „Eine Schandthat aber ist e«, ihn in« Gefängniß zu werfen, nur weil zwei verwahrloste Jungen und ein verkommene» Subjcct, da« ihn, den besten Mann der Welt, haßt, am Siel gesehen haben wollen." „Deern!" schrie der Dcichbauer verweisend auf, dabei krallten seine fleischigen Finger sich fest in Inka« weichen Arm, diesen heftig schüttelnd. „Jetzt ist'« aber genug! Noch ein solche« freches Wort und Tu sollst erfahren, was e« heißt, seinen alten Vater beschimpfen." Ruhig begegnete da« junge tieferblaßte Mädchen den wüthenden Blicken de« Vater«, und trotz de» heftigen Schmer ze«, den die nervige Hand de« Erbosten ihr verursachte, ver zog sic keine Miene. „Du kannst mich tödten, Vater, aber den Glauben an die Unschuld Hajo» nicht au» meinem Herzen reißen! Ihm vertraue ich, mit ihm werde ich leben oder sterben." Wüthend riß jetzt der Deichbauer den Arm seiner Toch ter in die Höhe und stieß ihr denselben mit solcher Wucht gegen die Brust, daß sie zurücktaumelte und ihr Kopf an die scharfe Kante eine« alten geschnitzten Eichenschrank« schlug. Dabei stieß der Wüthende die Worte hervor: „UngcratheneS Kind, willst Du Deinen Vater verhöhnen und ihm nicht mehr folgen; ist Dir der hergelaufene Wicht, der Sohn eine» Bcttelweibe«, mehr werth al» Dein Vater, so gehe zu ihm, zu meinem Feinde, und mein Fluch begleite Dich!" (Fortsetzung folgt.) Vermischte Nachrichten. — Nürnberg, 16. Jan. Beim Schöffengericht fand heute auf Grund de» NahrungSm ittelge setze» eine sehr interessante Verhandlung gegen sech» hiesige Metzger meister statt. E» ist nämlich im Metzgergewerbe gebräuch lich, dem zum Handverkauf hergestelltcn sogenannten Hackfleisch Conservensalzc beizumischen, welche die Eigenschaft haben, einem Fleisch, da» durch Liegen an der Luft seine rothe Farbe ver loren hat und deshalb nicht mehr al» Hackfleisch abgesetzt wer den kann, wieder die frühere Farbe zu verleihen, beziehung«- weise von vornherein zu erhalten und auch ein Fleisch, da» mit einem schwachen Fäulnißgcruch behaftet ist, wieder geruchlo» zu machen. E» war nun den Angeklagten zur Last gelegt, solche Conservensalzc verwendet zu haben, wobei zwei Angeklagten nachgcwiesen ist, daß da» von ihnen hergestellte Hackfleisch derart reichlich mit Salz vermischt war, daß jeden- sall» für kranke oder in der Reconvale-cenz begriffene Per sonen ein schädigender Gehalt von Salzsäure vorhanden war. Da» Urtheil lautete für zwei Angeklagte auf je 40 Mk., für einen Angeklagten auf 20 Mk., für zwei Angeklagte auf je 15 Mk. und für den sechsten auf 5 Mk. Geldstrafe. Im Urtheil wird bemerkt, daß den Angeklagten nicht bewiesen werden konnte, daß sie die Conservensalzc an verdorbenem Fleische angcwendet haben. E» liege aber schon eine Verfälschung durch die Beifügung der Salze überhaupt vor, da da» Hack fleisch kaufende Publikum nicht auch Chemikalien hierbei mit einkausen wolle. E» sei somit eine Täuschung im Sinne dc« Gesetze» gegeben. Beim Strafausmaß wurde berücksichtigt, daß nach den in der heutigen Verhandlung erfolgten Mittheil ungen die Anwendung der Salze im Metzgergewerbe lehr ge bräuchlich sei und daher die AngeNagtcn gewissermaßen die Sündenböcke ihrer GewerbSgcnoffen seien. — Fürstenwalde. Daß Schuhmacher barfuß gehen, hat man wohl schon ost gehört, — ebenso, daß Mediziner Rezepte verschreiben, die sic sclbst niemals gebrauchen, — daß aber ein Schlächter mitsammt seiner Familie «»»schließlich vegeta rische Kost genießt, dürste doch neu fein! Ein solcher Fall ist in unserer Stadt zu verzeichnen — und da» hat der Natur-
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