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Amts- und Anzeigeblatt für den Bezirk des Amtsgerichts Eibenstock und dessen Umgebung : 16.01.1897
- Erscheinungsdatum
- 1897-01-16
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id426614763-189701164
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id426614763-18970116
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-426614763-18970116
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Amts- und Anzeigeblatt für den Bezirk des Amtsgerichts ...
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Jahr
1897
-
Monat
1897-01
- Tag 1897-01-16
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Monat
1897-01
-
Jahr
1897
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— Wie maßlo« die Sprache der Börsenspeku- lan len ist, zeigt die folgende Erklärung, welche die »Vereinig ung der Berliner Getreidehänbler" veröffentlicht: »l. Die Freie Vereinigung betreibt, unbekümmert »um de» Pöbel- Geschrei', da« legitime Waarengeschäst in Getreide, loco und aus Lieferung, nach wie vor weiter. 2. Die Freie Bereinig ung überwacht (!) aus da« Strengste die Befolgung (!) de« neuen Börsengesetze», insofern sie keinerlei Umgehung, geschweige denn Verletzung desselben gestattet und nur solche Geschäfte zuläßt, welche auch heute gesetzlich erlaubt sind. 3. Die Freie Vereinigung ist aber entschlossen, dafür einzulreten, daß an Stelle de« Aussicht-recht« de« Handel-Minister« und der Nette sten nicht da« Aufsicht«recht von Landwirthen gesetzt wird, und daß die unaurführbaren Vorschriften der oktrohirtcn Börsen-Ordnung für die amtliche Notiz ganz beseitigt werden.' Dazu bemerkt die »Konservative Korrespondenz': Wenn Per sonen, welche die ganze deutsche nicht »börscnmäßige" Bevölker ung al« »Pöbel' bezeichnen, sich in ihrer „Ehre" gekränkt sehen, weil der Spekulationsschwindel durch da« Gesetz wenig sten« erschwert werden soll, so macht da« einen „eigenartigen" Eindruck. Wenn die Herrschaften aber versichern, daß sie die „Befolgung de« neuen Börsengesetze« auf da« Strengste überwachen", dann aber indirekt erklären, daß sie entschlossen seien, diesem Gesetze passiven Widerstand entgegcnzusetzen, so ist e» Sache der Behörde, der Angelegenheit näher zu treten. — Hamburg, 13. Januar. In 13 stark besuchten Versammlungen der Ausständigen wurde ein von den Führern auSgearbeitcter Beschlußantrag vorgeschlagcn, der in der vcm Arbeitgeberverband dem Senat vorgeschlagenen An stellung eines HafeninspektorS eine Erledigung der Streitfrage nicht erblickt, weil die Machtbefugnisse eine« solchen Inspektor« sich auf Lohn- und Arbeitsbedingung der Arbeiter nicht er strecke. Eine bedingungslose Aufnahme der Arbeit bleibe eine Demllthigung für die Arbeiter und sei deren Ehre zuwider. Die Arbeiter wollten auch nicht ihre Arbeitgeber durch die Forderung einer bedingungslosen Unterwerfung demüthigen. Ein dauernder Friede könne nur herbeizesührt werden, wenn der die Vaterstadt schwer schädigende Ausstand einen ver söhnenden, keine der beiden Parteien verletzenden Abschluß finde. Hierzu bieten die Arbeiter die Hand. Nachdem alle bisherigen VermittelungSvcrsuche durch nicht unmittelbar be- Ihciligte Personen vergeblich waren, beauftragen wir 7 Ver treter verschiedener Branchen, sich sofort mit dem Arbeitgeber verband in Verbindung zu setzen, und sind überzeugt, daß bei gleichem Entgegenkommen unserer Arbeitgeber e« gelingen wird, einen beide Theile befriedigenden Modus zur Beendigung de« Ausstande« zu finden. Dieser Antrag wurde nach ein gehender Begründung durch die Führer in allen 13 Versamm lungen angenommen. — Frankreich. Der »Voss. Zig." wird au« Pari« gemeldet: Der bekannte Artillerieoberst Bange giebt einem Mitarbeiter de» „Echo de l'Armee" gegenüber eine verblüffend eigenartige Lesart der neuen Pläne zur Umgestaltung der Feldgeschütze. Da» System Deport, versichert Bange, taugt nicht«; da» gegenwärtige Dienstgeschütz ist besser als da« neue Deportsche; Deutschland sucht Zweifel an der Tüch tigkeit de» französischen Material« zu erwecken, um da« Ver trauen de« Heere« zu seiner Artillerie zu erschüttern, Frank reich zu Neuanschaffungen zu bestimmen, die c» während einer mehrjährigen UebergangSzeit nahezu entwaffnen, und ihm eine Auslage von etwa einer Milliarde aufzubürdcn. Da« einzig Vernünftige wäre, beim jetzigen Geschütz zu bleiben. Locale und sächsische Nachrichten. — Eibenstock, 14. Januar. Vergangenen Dienstag hielt der hiesige GabclSberger Stenographenvcrein seine diesjährige Generalversammlung im Vereinslokal ab. Nach Begrüßung der Anwesenden verlas Herr Vorstand Sparkassen- kassirer Kirchner sür den nach Radeberg übergesiedclten bis herigen Schriftführer, Herrn Registrator Graupner, den von diesem verfaßten Jahresbericht. In diesem waren in Kürze die Thätigkeit de« Verein« und seine Erfolge geschildert, ins besondere war hervorgehoben, daß der Verein binnen Jahres frist zu sehr günstigen Resultaten gekommen, daß er von vielen Seiten Beweise von Gewogenheit erhalten und auch Ver- ständniß für da« von ihm erstrebte wissenschaftliche Ziel ge funden habe. E» war weiter ausgeführt, daß die Gründung de« Verein« sür Eibenstock geradezu eine Notwendigkeit ge wesen ist, da die Kenntniß der schönen nützlichen Schnellschreib kunst bei Kaufleuten und Beamten ein Erforderniß der Zeit sei und, wenn die Stenographie einmal eingebürgert sein werde, sie auch die Würdigung finden werde, die ihr gebühre, und die sie zur Zeit ja auch schon bei Kennern finde. Hieran schloß sich der Bericht de» Kassenwart«. Nach daraus erfolgter Aufnahme neuer Mitglieder wurde sodann die Neuwahl de« gesummten Vorstande» vorgenommen. An diese schloß sich die Besprechung verschiedener anderer Angelegenheiten an und wurde auch Beschluß dahin gefaßt, den Geburtstag de» be rühmten Altmeister» Gabel»berger (9. Februar 1789) durch eine kleine Feier zu begehen. Denn solche Männer muß da deutsche Volk, da» mit Recht da» Volk der Denker genannt wird, hochhalten. Kein andere» Volk kann sich rühmen, au» sich einen Mann erstehen gesehen zu haben, der Jedermann, ob gebildet oder ungebildet, ein Mittel an die Hand gab, dem geflügelten Wort wie durch einen Zauber eine sichtbare Ge stalt zu geben. Diese» Problem hat aber GabclSberger» Genie gelöst. Da» lebendige Wort braucht nicht mehr darauf zu warten, wie e» wohl werde fixirt werden. Raum und Zeit sind soweit überwunden, daß jede» Wort, sowie c» gesprochen, auch festgehalten ist. Die stenographische Schrift ist die höchste Errungenschaft, sie ist die letzte Form der Schrift, sie kann verbessert, aber nicht mehr durch eine andere ersetzt werden. Die» wird auch allgemein anerkannt, und Sachsen ist der erste Staat, der ein Institut sür Gabel»bergerschc Stenographie gegründet hat. In allen Kreisen sängt die Stenographie an, ihre gerechte Würdigung zu finden. Schon wird die Kenntniß der Kunst gewünscht, ja sehr ost verlangt, und e» ist vielleicht der Zeitpunkt nicht mehr fern, wo Jeder, der den redlichen Willen hat, etwa« Tüchtige« zu leisten, stenographircn können muß. Darum kann nur allen Strebsamen an» Herz gelegt werden: Lernt stenographiren. — Eibenstock. In dem gestrigen Vortragsabend de« »Kaufmänn. Verein»" entrollte Herr Hendel»schuldirektor Pfeifer in I'/,stündiger fließender Rede ein sehr anregen de» Bild echt mittelalterlichen Handel« und Wandel» au» der »Hansazeit," Entstehung, Entwickelung und Verfall dieser einst so blühenden Handelrvereinigung. Hcrvorgegangen au» den Bedürfnissen ihrer Zeit, ohne feste Organisation, ohne Staat»gesüge war die Hansa Jahrhunderte lang der Mittel punkt de« europäischen Norden» nicht allein für friedlichen Waarenau»tausch, sondern sie wußte auch durch ihr Macht wort der „Berhansung" sogar Fürsten und ganze Völler ihrem Willen im Interesse de» Handel» zu unterwerfen, ja sic wußte sogar nach dem Au»spruch eine« ihrer Führer, de« kühnen Lübecker Bürgermeister«, mit der »eisernen Elle" zu messen. Die markigen Figuren der au« der Hansazeit her vorragenden nordischen Recken, wie Wittenborg, Jürgen Wullcnwcber zeichnete der Herr Vortragende in kernigen treffenden Worten, wie überhaupt der ganze Vortrag von Kraft und Leben durchdrungen war. — Die alten Zeiten der Hansa sind vorbei, eine neue Zeit ist angebrochen. Da» deutsche Volk ist — so schloß der Herr Redner mit gehobener Stimme seinen Vortrag — wieder geeint durch den politischen Scharfblick, durch die Thatkraft de« unsterblichen Einsiedler« im Sachsen walde; da» deutsche Volk ist auf dem Wege, sich zum ersten Handelsvolk der Erde empor zu arbeiten. Wir alle aber wollen treu zusammenhallen, Einer sür Alle, Alle für Einen: Deutschland, Deutschland über Alle«! — Lang anhaltender Beifall lohnte den Redner für seinen ausgezeichneten Vortrag. — Leipzig, 12. Januar. Da» Projekt einer elek trischen Spurbahn von Leipzig über Grimma nach Dresden ist nebst Plänen und Beschreibungen nicht nur den Stadträthcn der genannten Städte übermittelt worben, son dern wird auch von dem Unternehmer, Herrn Ingenieur Witte au« Weißenfels, anderweitig energisch betrieben. Gestern hatten sich auf Einladung de» Bürgermeister» Lobcck etwa 170 Vertreter von betheiligten Gemeinden auf dem Rathhause zu Grimma eingefunden, um mit Herrn Witte sich darüber zu verständigen, wie da» Unternehmen am besten zu fördern sei. Nachdem Herr Witte mannigfache Erläuterungen zu seinem gedruckt vorliegenden Projekt gegeben und insbesondere erklärt hatte, daß die finanzielle Seite de» Unternehmens durch größere Banken in Leipzig und Dresden in Verbindung mit einer Aktiengesellschaft für elektrische Anlagen völlig ge sichert sei, wählte man einen Ausschuß von 20 Personen, der unter dem Vorsitz de» Herrn Bürgermeister Lobeck alle zur Durchführung de« Unternehmen» dienlichen Schritte einleitcn soll. Die Aussichten sind keineswegs ungünstige. Während früher die Anlage derartiger elektrischer Bahnen zu den Un möglichkeiten gehörte, da die Staatsregierung ein Gegner derselben war, hat seit einigen Jahren eine andere Auffassung platzgegriffen. In einer DeputationSsitzung de» letzten Land tag» erklärte ein hinzugczogener Vertreter der Regierung, daß die StaatSregierung nicht mehr auf dem Standpunkt stehe, au« Konkurrenzrücksichten auf die SlaatSbahn grundsätzlich die Anlegung von elektrischen Straßenbahnen zur Erschließung weiterer Landslrecken zu versagen. Sie würde sich vielmehr in derartigen Fällen mit der Forderung einer entsprechenden Abgabe begnügen. Der Wandel in der Auffassung der Re gierung kommt auch dadurch zum Ausdruck, daß sie selbst die Durchführung zweier Projekte mit elektrischem Betriebe vor- zunehmcn beabsichtigt und zwar einer Spurbahn von Dresden nach der Lößnitz und einer ebensolchen in der Nähe von Zwickau. — Leipzig, 13. Januar. Wie verlautet, hat der Rath in seiner heute abgehalicnen Plenarsitzung die Bedingungen sür den Abbruch der Plcißenburg nach den Vorschlägen de» Hochbauamte» und der RathhauSneubau-Deputation ge nehmigt. Mit dem Abbruch der Baulichkeiten wird, sobald die Verhältnisse e» gestatten, begonnen werden. Der Thurm der Pleißenburg bleibt vorläufig noch stehen. — Zwickau, 13. Jan. Zweite Strafkammer. Der au« Gängerhof in Bayern gebürtige, zuletzt in Schönheide wohnhafte Maurer Wenzl Bachmann wurde nach den Er gebnissen der Verhandlung sür schuldig befunden, denjenigen Brand durch Fahrlässigkeit verursacht zu haben, welcher in der 'Nacht vom 21. zum 22. Novbr. 1896 in dem Fabrikgebäude von Franz Loui« Lenk in Schönheide stattfand. Da» Urtheil lautet auf 8 Monate Gefängniß, unter Anrechnung von 1 Monat Unlersuchung»hast. — Hierauf hatte sich der früher bei dem Fabrikant Paul Heckel in Eibenstock al« Commi» in Stellung gewesene Kaufmann Rudolf Richard Schreiter au« Chemnitz wegen gewinnsüchtiger Privaturkundensälschung, vollendeten und versuchten Betrugs und Diebstahl» in zwei Fällen zu verantworten. Nach erfolgter Beweisaufnahme wurde er nur wegen vollendeten und versuchten Betrug« zum Nachtheilc seine» ehemaligen Prinzipal« und wegen Dieb stahls in einem Falle zum Nachtheilc eine« Schuhmacher« in Chemnitz für schuldig erklärt und demgemäß zu 2 Monaten und 1 Woche Gefängniß verurtheilt. — Plauen. Am 7. Januar fand, wie da« »Lcipz. Tgbl." mittheilt, im „Wettiner Hof" hier unter dem Vorsitz de« Präsidenten der Handelskammer Plauen, de« Herrn Geh. Kommerzienrath Georgi-Mylau, eine Versammlung statt, an der 33 Industrielle theilnahmen. Nach eingehender Mittheil ung über Plan und Ziel der Reise nach China und Japan seitens de« an dieser Expedition Iheilnehmenden Herrn Moritz Schanz au« Chcmnitz theilten ihm die anwesenden Industriellen verschiedene Wünsche mit, welche Herr Schanz bei der Er forschung neuer Absatzgebiete für deutsche Erzeugnisse berück sichtigen möchte. Auch wurde beschlossen, durch Vermittelung de» Bureau« der Handels- und Gewcrbckammer Plauen Herrn Schanz noch weitere Wünsche der Fabrikanten in Form von Fragebogen zuzustellcn. — Adorf, 12. Januar. Der von einer Hochzeitsfeier au» Bad Elster kommende Buchhändler und Stadtverordneten vorsteher Robert Dölling ist in der Nacht zum Montag oberhalb der Schink'schen Scheune an der Elsterstraße in den Mühlgraben gestürzt und todt aufgefundcn worden. Man nimmt an, daß Herr Dölling verunglückt ist, anderseits glaubt man auch daran, daß ein Verbrechen vorltegt. E» sollen 900 Mark Geld fehlen, die Herr Dölling in Hundertmark scheinen besessen hat. Thatsache ist, daß sich Herr Dölling am Freitag Nachmittag in der hiesigen Sparkaffe gegen Klein geld sechs Einhundertmarkscheinc eingelöst hat. Am Sonn abend und Sonntag soll Dölling mit der hiesigen Post Geld nicht weggeschickt haben. D. war verheirathet. — Zittau, 11. Jan. Ein schrecklicher Unglücksfall ereignete sich am Sonnabend in Heinersdorf bei Rcichenberg. Dortsclbst vergnügten sich Nachmittag» mehrere Schullinder mit Schlittenfahren, unter ihnen auch der I3jährige Knabe Franz Wenzel au» Lubokai, wohnhaft in Heinersdorf. Einige andere Kinder hielten den mit aller Wucht den Abhang her unterfahrenden Knaben Aestc vor, um sie zu necken oder au» ihrer Fahrrichtung zu bringen. Al« nun der Knabe Franz Wenzel den Abhang herunterfuhr, hielt man auch ihm einen Ast entgegen. Der Knabe, der bei der rasenden Fahrt seinen Schlitten nicht schnell genug auf die Seite lenken konnte, fuhr gerade auf den Ast lo«, der sich lies in den Unterleib de« Knaben hineinbohrte, worauf er schließlich abbrach. Man schickte sofort nach dem DistriklSarztc, der aber nicht zu Hause war und erst gegen 6 Uhr Abend« eintraf. Der Knabe hatte mittlerweile fürchterliche Schmerzen auszustehen gehabt. Ur. Kolter mußte den Ast mit einer Zange au» dem Untcrlcibe de« unglücklichen Knaben herauSziehen. Der Knabe wurde in da» StesanShospital nach Rcichenberg übergeführt. — Ueber die Gewinne der Dresdner AuSstcllungS- Lotteric scheinen, wie au» Zittau gemeldet wird, jetzt be hördlicherseits Erhebungen angestellt zu werden. Ein dortiger Einwohner hatte einen Kasten mit Wäscheschablonen gewonnen, der einen Werth von 10 Mk. repräscntircn sollte, nach dem Urtheil Sachverständiger aber höchsten« 2 Mk. welch ist. Dieser Gewinn ist auf Veranlassung der vorgesetzten Dresdner Behörde von ter Zittauer Polizei cingefordert worden. Da bekanntlich seiner Zeit noch weitere Beschwerden über die Ge winne der obigen Lotterie laut geworden sind, so ist, nach einer Miltheilung der „N. N.', anzunehmen, daß sich die Untersuchung auch auf die anderen Fälle erstrecken wird. — Ein empfindlicher Ma ngel an Fünfmarkscheinen dem auch durch die Reichsbank, bei der die 'Nachfrage nach Fünfmarkscheinen beständig größer al» der Vorrath sei, nicht abgeholfen werden könne, soll augenblicklich im Verkehr herr schen. Die Ausgabe von ReichSkassenscheinen wurde bekannt lich durch da« Gesetz vom 30. April 1874 auf inSgesammt 120 Millionen Mark beschränkt, entsprechend dem Betrage der im JuliuSthurm zu Spandau festgelegten Goldmünzen. Bei Erlaß de« Gesetze« hatte die Summe von 120 Millionen etwa 3 Mark auf den Kopf der damaligen Bevölkerung von ca. 40 Millionen ausgemacht. Die letztere Zahl ist aber seitdem auf mehr al» 50 Millionen gestiegen. Der Deichvogl von Hiefstel. Eine Erzählung aus der Marsch von Th. Schmidt. zk. Fortsetzung». Aber die prallen reihen Backen und vollen, runden, bloßen Arme Stincn» schienen plötzlich eine magnetische Anziehungs kraft auf den vergeblich nach Liebe seufzenden Tück auszuüben, denn in der nächsten Minute stand er mitten im Kuhstalle und kneipte der Magd in die rothen Wangen. Obschon diese sich da« nun entschieden verbat, so wurde Tück dadurch nur noch kühner gemacht. Er unternahm ohne weitere Vorbereit ung plötzlich einen Sturm auf StinenS pralle rothe Lippen. Aber eben so schnell wie er sein Attentat vollführt, folgte auch die Strafe aus dem Fuße nach. Zuerst flog die Kuhstallthür polternd auf, dann schoß ein langer Gänsekiel auf die Diele und hinter diesem her, beinahe zu einer Kugel geformt, kollerte Johann Caspar Gustav Tück über die Schwelle. Zum Ueber- fluß kam auch gleich daraus noch ein dummer Besen hinter ihm her, dessen langer Stiel wunderbarer Weise mit einem Hinteren Theil seine» Piper« schnell dreimal hörbar in Con- tact gerieth, und zwar begleitet von den Worten StinenS: „Du vermuckte Schriewerbengel, kumm Du mi mal wedder in 'n Kohstall!" Während sich die« aus der HauSdiele abspielte, stand der Deichbauer, die wiederholte Bitte de« CapitänS, sich zu setzen, nicht beachtend, aufrecht an seinem Schreibtische und hörte mi« finsterer, umwölkter Stirn den Worten jene» zu. »Wie gesagt, Herr Oberdeichgräfe,' schloß der Capitän, in diesem Augenblicke, „ich habe niemals die Absicht gehabt, bei einer auf mich fallenden Wahl, irgend eine» ihrer Aemter anzunehmen. Die Theilhaberschaft an einem größeren SchiffS- unternehmen bringt e» mit sich, daß ich ost wochenlang von Hause abwesend bin; schon au« diesem einen Grunde müßte ich also die Wahl ablehnen. ES lhut mir aufrichtig leid, daß Sie, der Sie dreißig Jahre an der Spitze der Gemeinde stehen, von einem Theil derselben plötzlich al« ungeeignet für ihre verschiedenen Aemter gehalten werden. Wie e« scheint . . . .' „Und wem habe ich da» zu verdanken," fiel jetzt der Deichbauer kirschroth vor Aerger ein. »Euch — nur Euren neuen Ideen, aus welche die Leute im Kruge, wenn Schnaps und Wein ihre Sinne verwirrt haben, cingehen. Ich will Euch 'wa« sagen: Ihr mögt reden, wa» Ihr wollt, ich glaube kein Wort von Allem, wa» Ihr sagt. Eure Vorschläge, die Ihr in der Gemeindeversammlung diesen Sommer wegen der Wege und Deiche machtet, sind keinen Pfennig werth. Nur wer keine Ahnung von den Verhältnissen in den Marschen hat, nur so Einer von der Geest" — betonte der Deich bauer verächtlich — »kann so über Dinge reden, über welche sich alte, erfahrene Leute schon ost den Kopf zerbrachen. So nun wißt Ihr, wa» ich von Euch und Euren »Verbesserungen" Halle," sagte der Deichbauer wüthend, riß die große Hornbrille von seiner breitrückigcn, kurzen Nase und schleuderte sic erregt auf den Tisch. »Sic regen sich unnützer Weise auf," antwortete der Capitän, sich gewaltsam bei den beleidigenden Worten de» Dcichbauern beherrschend, »und scheinen e« nicht zu fühlen, daß Sie auf ruhige, sachliche Worte meinerseits mit Grob heiten antworten. Ich wiederhole e» noch einmal: nicht die Aussicht, durch meine BerbcsserungSvorschlägc einst an die Spitze der Gemeinde zu kommen, hat mich reden lassen, son dern die Thatsache, daß etwa« zur besseren Sicherung der Deiche geschehen muß, soll nicht unsägliche» Elend über die Gemeinde hercinbrechen. Daß ich da« Richtige getroffen, mußte Ihnen doch die fast einstimmige Anerkennung der Ver sammlung beweisen. Ihre abweichende Ansicht kann ich mir sehr wohl erklären. Wer täglich in der Gefahr lebt, wird zuletzt dagegen abgestumpft. Daß Sie anderer Meinung sind al» ich, da« respectire ich, denn die Verbesserungen der Wege und die Erhöhung de» Deiche« kosten Geld — viel Geld sogar. Kann da» gespart werden, dann würde ich der Erste sein, der sich in diesen Fragen aus Ihre Seite stellte. Ihre Be hauptung, daß »einer von der Geest" von den hiesigen Ver hältnissen nicht» verstehe, darf ich wohl nicht ernst nehmen. Sie wissen doch, daß ich sozusagen auf dem Deiche groß ge worden bin und die Tücke de« Wasser» im Allgemeinen und die Gefährlichkeit de» Wasser» der Nordsee im Besonderen mindesten« ebenso gut kenne wie Sie, denn ich habe lange Jahre nur den Himmel über mir und da» unendliche Meer unter meinen Füßen gehabt und ein Stück von der Welt ge sehen. Wenn Sie ferner von alledem, wa« ich sage, nicht« glauben und mir da» in« Gesicht sagen, so werden Sie auch.
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