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gcistcrung ausgenommene Hoch auf Se. Majestät den König aufgebracht wurde. Er folgten dann noch eine ganze Reihe oon Toasten, die sämmtlich beredte» Zeugniß ablegten von rem außerordentlich guten Einvernehmen, welche» schon immer zwischen der Firma und ihren Angestellten bestanden hat. Ein solenner Ball schloß sich dem Festessen an und hielt die Theilnehmcr, zu welchen auch die Familien der Chef» ge hörten, bi« in die frühen Morgenstunden in schönster Harmonie beisammen. Locale und sächsische Nachrichten. — Eibenstock. Der Export nach den Bereinigten Staaten von Nordamerika au« dem District der Consular- Agcntur Eibenstock betrug im 4. Quartal 1896: 160,574 Doll, (gegen 159,839 Doll, im 4. Quartal 1895) darunter Lederhandschuhe und Leder 86,310 Doll., Papier und Papier- waarcn 31,956 Doll., Klciderbesätze 36,693 Doll. — Eibenstock. Vom 1. Januar 1897 ab ist im Sprechverkehr zwischen Eibenstock und nachstehend ver zeichneten Orten die Gebühr für ein gewöhnliche» Gespräch bi» zur Dauer von 3 Minuten auf 25 Pfennige ermäßigt worven: Reichenbach (Bogtl.) Schwarzenberg (Sa.) Siegmar Stollberg (Erzgeb.) Treuen Werdau Zschopau bisher, 1 M.: Loschwitz Mügeln (DrcSd.) Niedersedlitz Oberlößnitz -Radebeul Pirna Potschappel Radeberg. Annaberg (Erzgeb.) Aue (Erzgeb.) Auerbach (Bogtl.) Buchholz (Sa.) Burgstädt Chemnitz Crimmitschau Glauchau Lengenfeld (Bgtl.) Plauen (Bogtl.) Lichtenstein-C. Limbach (Sa.) Lugau Markneukirchen Meerane (Sa.) Meinersdorf Mylau Mittweida Olbernhau Oschatz Waldheim Wurzen (Sa.) Deuben Dresden DreSden-Blasewitz Hohenstein-Ernstthal OelSnitz (Erzgeb.) Zwickau (Sa.). Kirchberg (Sa.) OelSnitz (Bogtl.) Klingenthal Penig Im Sprechverkehr zwischen Eibenstock und den nachstehen den Orten beträgt die Gebühr für ein gewöhnliches Gespräch bi» zur Dauer von 3 Minuten, wie "" Altenburg (S. A.) Colbitz Döbeln Frankenberg (Sa.) Grimma Leipzig Leisnig Markranstädt — Schönheide, 4. Jan. Sein 30jährige« Beamten- Jubiläum im Hause der Herren Fabrikbesitzer Ed. Flemming u. Co., Königl. Sachs. Hoflieferanten, beging am 2. dss. Mt«. Herr Prokurist Woldemar Schneider. Wie wir hören. hatte zu Ehren de« Tage» der Ches der Firma ein Festmahl in seiner Wohnung veranstaltet, bei welchem derselbe dem Jubilar nach einer herzlich gehaltenen Ansprache ein werth- volles Geschenk überreicht hat. Die Glückwünsche der Ge meinde überbrachte Herr Gemeindevorstand Haupt. Wir schließen diesen kurzen Bericht mit dem aufrichtigen Wunsche, daß es Hrn. Woldemar Schneider, welcher sich allgemeiner Achtung seiner Mitbürger erfreut und auch bereit» seit einer längeren Reihe von Jahren dem Gemcinderathe angehört, vergönnt sein möge, noch viele Jahre und bei bester Gesund heit seines Amte« zu walten. — Leipzig. Sonnabend Abend gegen 9 Uhr wollten drei bei der Sächsisch-thüringischen Industrie- und Gewerbe ausstellung beschäftigte Arbeiter den Kanal unfern der Aus stellung überschreiten. Hierbei brachen zwei der Arbeiter im Eise ein ; der dritte, welcher den Ertrinkenden zu Hilfe eilte, brach gleichfalls ein. Alle drei ertranken. — Zwickau. Die TyphuSepidcmie, welche vor einigen Wochen in ziemlich bedeutendem Maße unter den An gehörigen de» 133. Regiments ausgetreten war und leider auch ein Opfer gefordert hat, ist nunmehr al« erloschen an zusehen. Da« au« anderen Garnisonen durch di» Sanitäts- Direktion Dresden bi« jetzt zur Aushilfe hcrbeordert gewesene Sanitätspersonal konnte wieder zurückgeschickt werden. — Freiberg. Wie die Langenhennersdorf er beinahe ein Meteor gefangen hätten, sei der wissen schaftlichen Welt zum Frommen durch Wiedergabe folgender Zuschrift an den „Freib. An;." mitgetheilt: „Das in Nummer 301 de« „Freiberger Anzeiger«" erwähnte hellleuchtendc Meteor ist nicht, wie vermuthet, in der Richtung nach Brand oder im Tharandter Walde niedergegangen, sondern in Nieder- LangenhennerSdors. Am zweiten WeihnachtSseicrtag Abend« 8 Uhr wurde unser Niederdorf erst gelblich, dann 100 Se kunden grünbläulich hell erleuchtet. Ein Feucrklumpen, 30 bi» 40 r m im Durchmesser, mit etwa« Schweif fiel, von Süden kommend, dicht bei der 20 m vom Bretschneidcr'schen Gehöft entfernten Scheune de» Herrn Gutsbesitzer Barthel nieder. Beobachtende Männer eilten sogleich zum Fallorte in der Vermuthung, da» Barthel'sche Gut stehe in Flammen. Doch dort angekommen, erblickte man aus zwei 4 m von einander entfernten Stellen einen bi» '/, m langen Streifen noch leuchtender gallertartiger Masse, gleich gekochter bläulich grauer Stärke, besprengt mit funkelnden Pünktchen wie brennen der Schwefel, jedoch ohne Geruch. Die Masse war nicht fettig, auch nicht warm, trotzdem sie den Schnee geschmolzen hatte. Leider vergaß man, die Masse zu entfernen und auf- zubewahrcn, erst am nächsten Morgen suchte man danach, je doch vergeblich." — Daß man aber auch anderwärt» besagte« Meteor an allen vier Zipfeln zu haben glaubte, beweist fol gende Mitiheilung au» Bad-Elster, l. Januar: Da« am 26. Dezember Abend« 8 Uhr 1 Min. in allen Theilen Sachsen» und darüber hinaus beobachtete, anfang» bläulich und im Augenblicke de« Zerplatzens rothgelb leuchtende Meteor scheint thatjächlich im Vogtlande niedergcsallen zu sein. Ein hiesiger Einwohner, welcher die Flugbahn de« Meteorolithen genau verfolgte, fand am nächsten Morgen in einer Wiese unweit der „AgneSruh", etwa N, Meter tief in» Erdreich gedrungen, eine sleiuartige, >5 Pfund schwere Masse, au» Kieselerde, Eisenoxydul, Kalk und Kali bestehend, welche, nach der frischen Erdgrubc zu urtheilen, kurz vorher dort niedergefallen sein mußte. — Mittweida. Infolge Verwendung eine« wahrschein lich verdorbenen Eie» zur Suppe erkrankten in der Fa milie de» hiesigen Geschirrführer» W. zwei Kinder im Alter von zwei und drei Jahren. E» stellten sich alsbald Magen- und Darmleiden ein, denen da» zweijährige Kind nach drei Tagen erlag. Jetzt ist auch da» ältere der Geschwister nach sechzehntägigcm Leiden gestorben. — An die deutsche Turnerschast richtet der Aus schuß der Deutschen Turnerschast einen kernigen Aufruf zur Einleitung von Geldsammlungcn für den Fond«, au» welchem auf den Gefilden der Leipziger Völkerschlacht zu deren lOOjähr. Jubiläum im Jahre 1913 ein gewaltige» National- Dcnkmal zur Erinnerung an jene erhabene Zeit und ihre Helden errichtet werden soll. Schon insofern, al» die Namen de« Turnvaters Jahn, sowie de« tapferen jungen Friesen, der durch den Meuchelmord der französischen Bauern fiel, im Herzen jede« deutschen Turner« beim Gedenken an die große Zeit von 1813 einen freudigen Widerhall wachrufen, wird dieser Ruf de» Ausschüsse» der deutschen Turnerschaft überall in deutschen Gauen, wo man turnt, ein offene« HM und eine offene Hand finden. Sendungen, gleichviel ob groß oder klein, sind zu richten an den Geschäftsführer Pros. Ilr. Rühl, Stettin, Birkenallec 26. 1. Ziehung 1. Klaffe 131. Königl. Sachs. Landes-Lotterie gezogen am 4. Januar 1897. 25,080 Mark aus Nr. 22633. 5000 Mark aus Nr. 49359 65690. 3000 Mark auf Nr. l>9 16436 41512 4714». 1000 Mark auf Nr. 4010 8170 I2»77 12687 S1S14 34350 34857 SV2V0 60286 63S42 68677 84043 88281 82660 86687 88688. LOO Mark aus Nr. 3385 8918 11249 15086 18004 2S758 31854 42265 46778 66143 63778 69946 7I84I 76942 81686 82526 83821 85188 88019 94923 97035 98731.. ZOO Mark aus Nr. 4906 II348 15I3I 15738 17268 17948 20824 28261 22562 24583 26383 26653 28783 30551 31227 36905 39278 40II8 40368 41193 41496 41768 42861 43924 44667 46635 47594 47933 48803 51976 52637 »7310 59166 59638 60347 61587 63841 64857 64948 64862 65085 65998 66468 68293 69420 73235 73523 76415 77618 77631 78074 78761 79766 81168 82695 83732 84561 86410 87339 91983 99765. Der Aeichvogl von Tiefsiet. Eine Erzählung aus der Marsch von Th. Schmidt. <1. Fortsetzung.) Aber nicht weibliche Neugier, wie die meisten wähnten, hatte die Krautbäuerin an da« Fenster getrieben, sie wollte nur noch einmal een Mann ihrer ersten jungen Liebe sehen, bevor e« Gott gefiel, sie au» diesem Leben, da« ihr soviel Kummer und Sorgen auferlegt, abzurufen. Ihre Tage waren gezählt, das fühlte sie, und längst schon hatte sie dem Manne, der ihrem jungen Herzen einst so schwere Wunden zufügte, vergeben. Der flüchtige Blick in sein Antlitz hatte ihr leider gezeigt, daß der reiche und angesehene Deichbaucr von ihrem Anblick unangenehm berührt worden war, daß er sich zornig wegwandte, trotzdem in ihren alten Augen nur Thränen der Theilnahme glänzten um sein brave« Weib, um ihn, der trotz alle» RcichthumS und aller Würden und Aemter bi« heute nicht glücklich geworden war. Die alte Frau ahnte nicht den Grund, weshalb der Deichbaucr bei ihrem Erblicken sich finster abwandte, und sie wäre sicherlich in große Sorge und Unruhe versetzt worden, hätte sie ahnen können, welche düsteren Gedanken sich hinter der breiten, harten Stirn de« Manne« schon seit Wochen aufthürmten — Gedanken, die sich mit ihrem Abgott, ihrem Sohn Hajo, beschäftigten. . Hajo Lübben, der Sohn Margarethens, war vor etwa zwei Jahren au« weiter Ferne zurückgekehrt, gerade noch zur rechten Zeit, um die kleine väterliche Besitzung au« den Krallen eine» hartherzigen Gläubiger« zu retten. Bei dem leidenden Zustande der Mutter war es ja kein Wunder, daß auf dem kleinen Hause zuletzt mehr Schulden als Ziegel auf dem Dache lasteten. Hajo war lange Jahre fortgewesen; da» Schiff, dessen Capitän er war, hatte fast alle Meere durchfahren und kehrte mit reicher Ladung zurück. Da Hajo an dem gewinnreichen Schiffsunternehmen betheiligt war, so war c» erklärlich, wenn er ein ansehnliches Vermögen mit zu Hause brachte. Für die Mutter kamen nun bessere Tage; sie konnte sich pflegen, jeder Wunsch, den der Sohn ihr au« den Augen la», wurde erfüllt, und e» war ein rührender und herzerhebender Anblick, zu sehen, mit welcher sorgenden Liebe der feine, statt liche Mann, bei dessen Erscheinen die jungen Mädchen die Augen weit aufrissen und die Männer respektvoll grüßten, um die schlichte Leidende war, und wie erfrischend und bele bend seine Gegenwart aus da« alte Mütterchen, in dessen Augen ost Thränen der Freude glänzten, wirkte. Hajo war ihr Glück und Stolz, und jeden Abend flehte die Kranke zu Gott, daß er den heißen Herzenswunsch ihre« geliebten Soh ne», den er ihr kürzlich anvertraut hatte, erfüllen und in der entscheidenden Stunde da« harte Herz de» Deichbaucrn, de« Vaters seine» Mädchens, erweichen möge. Daß auch der Deichbauer bereit« Kenntniß von der Ab sicht des Capitän» aus die Hand seiner Tochter erlangt hatte, ahnte die Kranke nicht, denn sonst hätte sie seinen finsteren Blick und sein stolze» Wegwenden vorhin wohl begriffen. Daß der Sohn Margarethen» e» gewagt hatte, seine Augen zu der bildschönen Tochter de» reichen und gewissermaßen allmächtigen Deichbauern zu erheben, da» hatte diesen nicht allzusehr aufgeregt, da er davon überzeugt war, seine Tochter würde nur den Mann heirathen, den er ihr, altem Herge brachten gemäß, vorschlug; daß er aber in so verhältnißmätzig kurzer Zeit einen so mächtigen Einfluß in der Gemeinde er langen konnte, wie es thatsächlich der Fall war, da» ärgerte, ja beunruhigte ihn aus« Höchste. Mit Ingrimm hatte er erfahren, daß man sich im Geheimen in der Gemeinde bereit» mit der Frage beschäftigte, ob bei der nächsten Gemeindewahl nicht an Stelle de« bisherigen Vorsteher« der Capitän Lübben zu wählen sei. Der Deichbaucr war nicht überall beliebt. Sein Reich- thum, die verschiedenen Ehrenstellen, die Gunst de» LandeS- sürsten hatten den von Natur heftigen Mann zu einem stolzen, hochfahrenden Dorfdespotcn gemacht und ihn zu vielen Ueber- griffen in seinen amtlichen Stellungen verleitet. Man be schuldigte ihn — und nicht mit Unrecht —, daß er al» Ober-Deichgräse (Ober-Deichaufscher) in auffallender Weise die Deiche vernachlässige. Aus bescheidene Vorstellungen fei ten« der für ihr Hab und Gut besorgten Bauern gab er grobe Antworten oder höhnische Bescheide. „Die Deiche stehen Jahrzehnte, und c« ist noch kein Unglück hier passirt, sie wer den auch uns und unsere Kinder überdauern; wer da« nicht glaubt, versteht nicht« davon. Oder habt Ihr zu viel Geld, daß Ihr e« für überflüssige Dinge wegwerfen wollt?" so hatte er noch kürzlich einem ängstlichen Landwirthe geantwortet. In dieser Weise fertigte der Deichbauer die Beschwerde führenden ab, und Niemand wagte e«, einmal ernstlich gegen den mächtigen Mann zu opponiren. Erst al« eine ernste Gefahr für Hau» und Hof und Leib und Leben die Bauern au» ihrer sorglosen Ruhe aufrüttelte und sie energisch in ihn drangen, daß er die beschädigten Deiche au«beffern bezw. ver stärken lassen solle, entschloß sich der Deichbauer zu Zuge ständnissen. Leider war » aber bereit» zu einer gründlichen Verstärkung de» Deiche» wegen der vorgerückten Jahre«;eit zu spät. 2. An dem Leichcnbegängniß der Frau de« Deichbauern hatten sich fast alle erwachsenen Bewohner von Tiesfiel und viele Andere au» meilenweiter Ferne betheiligt, nur Hajo Lübben, der Capitän, befand sich nicht unter ihnen ; doch fiel da» bei der großen Anzahl Menschen kaum Jemand auf. Al» die Kirchen-Glocken den Moment ankündigten, wo der Zug da» Traucrhau» verließ, nahm er kurzen Abschied, von seiner Mutter und schritt dem etwa eine Viertelstunde entfernten Deiche zu, an dessen nach der Landseite gelegenen Böschung ein zweiter Weg in kurzem Bogen in« Dorf führte. Er wollte offenbar von den Leidtragenden nicht gesehen weiden. Der junge, hochgewachscne, überaus stattliche wetterge bräunte Mann, dessen blaue Augen ernst und sinnend über die weiten wogenden Fluren schweiften, mochte 32 Jahre alt sein. Sein hoher, kräftiger Wuchs, ein blonder Schnurr und ein spitzer Knebelbart und das gebräunte Antlitz gaben ihm ein männlich-schöne« Aeußere», da« selbst nicht durch den etwa» ichaukelnden Gang beeinträchtigt wurde, der nun ein mal bei allen Männern, welche jahrelang die Schiffsplankcn unter den Füßen gehabt haben, anzutreffen ist. Der Capitän hatte heute seine seit langer Zeit nicht mehr getragene SchiffS- capitän-Uniform, langer, blauer Schoßrock mit zwei Reihen gelber Knöpfe und ein gleichfarbiges, oben etwa» weite» Bein kleid, angelegt und dadurch bei seiner Mutter die Vermuthung erweckt, er werde sich an dem Leichcnbegängniß betheiligen. Dem war aber nicht so. Als der Capitän beim Dorse anlangte, bog er in einen Feldweg ein und schritt — offenbar wollte er von "Niemand ge sehen werden — unter dem Schutze eine» hohen Kornfeldes, dessen Halme ihn um mehrere Fuß Länge überragten, auf ' ein alleinstehende« große« Gehöft, e« war ter Deichhof, zu. Nachdem er sich überzeugt, daß ihn Niemand bemerkt hatte, ging er schnell am Hause entlang bi» zu einer kleinen Seitcn- thür, bei welcher sich in einem massiven Ausbau ein schmales Fenster befand, das einen Einblick in ein Zimmer des Hau se« gestaltete. Nur einen Moment blickte er in das große geräumige, mit einem für einen Landwirth auffallenden Luxu» auSgestattete Zimmer, in dem auf einem Sopha, da« Gesicht in ein Kissen gedrückt, ein junge« Mädchen lag. Die Gestalt de» Letzteren zuckte im tiefsten Weh, und ein krampfartiges Schluchzen drang an da» Ohr des ernst hinschauenden Capitän». Leise klinkte dieser die kleine Thür auf und schritt über die Schwelle in« Innere de» Hause», in dem e» noch nach abgebrannten Kerzen und duftenden Blumen roch. Am großen offenen Heerde mit seinen blinken den blauglasirtcn Kacheln hantirte eine schwarzgekleidete ältere Frau und blickte verwundert zu dem Ankommenden auf. Der Capitän kannte die Person; e« war eine Aufwär- terin, die bei allen Feierlichkeiten im Dorfe zur Aushilfe angenommen wurde. Er drückte ihr einen Thaler in die Hand. „ES braucht "Niemand zu erfahren, daß ich hier war, Mutter Brand — Sie verstehen mich," sagte der Capitän leise. Die Frau riß zwar ihre Augen groß auf, doch schien sie sofort zu ahnen, welche Bewandniß e« mit dem zu dieser Stunde gewiß ungewöhnlichen Besuch de« Capitän» im Hause de» Deichbauern hatte. Sie nickte verständnißinnig und zog sich discret zurück, während der Kapitän leise da« Wohnzimmer betrat und sich der schluchzenden Gestalt auf dem Sopha näherte. Die Schluchzende hatte den Eintritt de» Capitän» nicht gehört; einen Moment betrachtete dieser das schlanke, junge Mädchen, dessen schwere«, blonde« Haar aufgelöst über da» schwarze seidene Trauerkleid und den schlanken, runden, weißen Hal» herabfiel, dann berührte er leise die Schulter der in Schmerz Aufgelösten. Aber diese schien unempfindlich gegen Alle« in ihrer Umgebung zu sein. „Inka — mein süße» Lieb, laß mich theilnehmen an Deinem großen Schmerz" sagte der Capitän mit leicht vibri- render Stimme, denn auch ihm traten bei diesem Anblick die Thränen in die Augen. Die Stimme de» Capitän» wirkte wie ein elektrischer Funke auf die Gestalt. Ueberrascht, mit jähem Ruck erhob sich die Weinende und warf sich laut aufschluchzend in die Arme de« geliebten Manne». ES war ein schöne« Bild die beiden Liebenden! Er, der große, breitschultrige, kraftstrotzende Mann, und sie, die schlanke, blonde, thaufrische Tochter de» reichen Deichbauern, welche mit ihrem Ebenmaß der Formen alle anderen Mädchen in den Schatten stellte. „Verzeih, Inka, daß ich Deiner theuren Mutter nicht die letzte Ehre erwiesen," sagte der Capitän nach einer Weile, während welcher er seine Rührung über den tiefen Schmerz der Geliebten nicdergekämpft hatte. „Ich wollte Dir in dieser schweren Stunde nahe sein, Dich trösten und ausrichten. Sich, Herz, e« ist da« erste Mal, daß ich da« Hau» Deine« Vater« betrete, unaufgefordert betrete, ja — wie ein Dieb habe ich mich hergcschlichen, und nur Trauer empfängt mich. Wollte Gott, daß ich bald frei und offen hier au«- und eingehen darf und nur glückliche und zufriedene Gesichter anträse." (Fortsetzung folgt.) Vermischte Nachrichten. — Berlin. Eine KabinetlSordre ist am NeujahrStage zur Kenntniß der Armee gelangt, die eine sehr bedeutsame Ergänzung der EinsührungSordrc zu der Verordnung über die Ehrengerichte der Offiziere im preußischen Heere enthält. Ihr Zweck ist, den Zweikämpfen zwischen Offizieren vorzubeugen durch eine Erweiterung der Befugnisse der Ehrenräthe, die von jetzt an alle Streitigkeiten und Beleidig ungen von Offizieren untereinander und mit solchen Personen, die nicht dem Ehrengericht unterstehen, endgültig entscheiden. — Der größte Soldat der Berliner Garnison und wohl auch der größte Mann in Berlin selbst ist gegen wärtig der Gardist Fritz Lock, der al« rechter Flügelmann einem dortigen Regimentc zugctheilt wurde. Derselbe ist der Sohn eine« Zimmermeister« au« Zweibrücken in der Pfalz und mißt die stattliche Länge von 1,02 Meter. Bei einer kürzlich stattgehabten Besichtigung de» Regiment» durch Seine Majestät den Kaiser wurde der große Rekrut durch eine An sprache au-gezeichnet.