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Beilage zu Nr. 26 des „Amts- und Anzeigeblattes". Eibenstock, den 29. Februar 1896. Schloß KaMrink. Krimmal-Erzählung von Bruno Köhler. <«. Fortsetzung.) Der größere der beiden jungen Leute fiel durch seine muskulöse, kräftige Gestalt auf. Er trug eine hellgraue Joppe und hohe Stulpenstiefel, somit die in dortiger Gegend allge mein beliebte Kleidung der Gutsverwalter, weshalb ich keinen Augenblick zweifelte, in ihm den vom Baron oft genannten Herrn Ewald Drossen zu vermuthen. Seine frischen, hübschen GesichtSzüge, die von der scharfen Lust lebhaft geröthet, sein elastischer und dabei doch fester Gang »erriethen männliche Entschlossenheit und Unternehmungsgeist. Dabei blitzte aus seinen Augen eine Willensstärke Thatkraft, die da« Lob de« Schloßherrn über seine« Verwalter« Tüchtigkeit nicht Lügen strafte. Der zweite der Männer war von kleiner, schmächtiger Gestalt. Ein kleine«, schwarze«, runde« Hütchen saß auf seinem etwa» vornüberhängenden Kopf, her in einer hohen, steisgeslärkten Halsbinde steckte. Auf der langen, spitzen Nase de« kleinen Herrn, die in seinem schmalen, bartlosen Gesicht da« einzig Charakteristische war, weil sie eine gewisse Spitz findigkeit bei dem Eigenthümer derselben voraussetzte, saß eine gewaltige Brille, durch deren große, runde Gläser ein Paar wasserblaue, verschwommene Augen guckten. E« machte den Eindruck, als ob der junge Mann beständig etwa« am Boden suche, seine Gedanken aber währenddem mit ganz anderen Dingen beschäftigt seien. Indem ich mir noch den Kopf darüber zerbrach, weshalb Fräulein von Hasselbrink beim Anblick der beiden jungen Leute die Flucht ergriffen, waren diese beim Portal angelangt. Tief anfathmend unv nach Luft schnappend, trat der kleine Herr zuerst in« Schloß. Man sah es ihm an, daß es ihm große Mühe gemacht hatte, mit seinem kräftigeren Begleiter Schritt zu hallen. Dieser setzte jetzt ebenfalls seinen Fuß über die Schwelle, doch ich hatte deutlich bemerkt, daß er noch zuvor einen flüchtigen Blick nach jener Terrasse hinübergeworsen, aus der die Tauben noch immer die Rückkehr des Fräuleins von Hasselbrink erwarteten. Ich trat in mein Zimmer zurück. Ohne noch selbst vorgestellt zu sein, hatte ich bereit« die Bekanntschaft dreier Schloßbewohner gemacht. Bei der kleinen Zahl derselben ging ich auch diesmal nicht fehl, wenn ich den kleinen, spitz nasigen Herrn für den Schreiber Klaus Weber hielt. Die grüne Bolanisirtrommcl aus seinem Rücken wäre allein sein Verräther gewesen. Somit blieben von den Hauptpersonen, die ich kennen zu lernen hatte, nur noch die Frau Baronin und deren Sohn übrig. Die erstere sei noch leidend, hatte mir der Baron gesagt, und würde mich au« diesem Grunde nicht empfangen können, der letztere sei aber speziell zu meiner Begrüßung au« der Nachbarschaft herbeigeeilt. Das Vergnügen, ihn zu sehen, sollte mir bald zu Theil werden, denn ein Diener meldete, daß da« Diner servirt sei. Ich trat in Begleitung de» Barons, der mich unten im Erdgeschoß erwartet hatte, nm mich persönlich zur Tafel zu geleiten, in den mit schwerem Eichengetäsel ausgelegten Speise saal. Statt des großen, langen Tisches, der quer vor dem Kamin stand, war heute eine kleinere Tafel hergerichtet worden, die ihren Platz in einer weiten Fensternische gefunden hatte. Hier entbehrte man da« Licht de« Kronleuchter«. Der bleiche Schein der Herbstsonnc fiel voll auf da« kostbare, blinkende Tafelservice. Bei meinem Eintritt gewahrte ich sogleich den jetzt mit einem modischen Anzug bekleideten Herrn Verwalter. Er stand mit einem jungen Manne am Fenster, der, halb in Gedanken versunken, in die Herbst-Landschaft hinausstarrte. Herr Ewald Drossen, der sich in dem eleganten Salon-Anzug noch weit vortheilhaster präsentirte, wie in der etwa« plumpen Joppe, schien gerade seinem Gegenüber eine amüsante Begeben heit mitgetheilt zu haben, denn er wie« lachend seine prächtigen weißen Zähne und strich sich keck den dunklen Schnurrbart in die Höhe. Mein Erscheinen lenkte sogleich seine Aufmerksamkeit von seinem Nachbar ab. Er sah zu mir herüber. Ein plötzliche» Erstaunen huschte über sein Gesicht. Im gleichen Augenblick hatte er sich zu dem jungen Mann an seiner Seite gewandt, ihm blitzschnell eine Bemerkung in die Ohren flüsternd. Der so au« seinem stummen Hinträumen Aufgescheuchtc drehte sich rasch nach mir herum. Ich la« lebhafte« Erschrecken in seinen Zügen. Auch auf meinem Antlitz mußte sich einen Moment ein Ausdruck de« Erstaunen« bemerkbar gemacht haben, denn der Baron wandte sich sogleich mit der Frage an mich, ob ich vielleicht schon früher, bei irgend einer Gelegenheit die Be kanntschaft seine« Sohne« gemacht hätte. Während der junge Mann hastig zu un« herantrat, traf mich ein bittender Blick au« seinen Augen. Ich that, al« bemerkte ich diesen, beinahe zu deutlichen Wink nicht, und beantwortete die Frage de» Baron« mit einem ruhigen Nein. — Und doch kannte ich den jungen Baron Paul recht gut. Vor einem halben Jahr hatte ich ihn in S. kennen gelernt. Ich war damals einem älteren Kollegen beigeordnct, dem die Aufgabe zufiel, in jener Garnisonstadt eine Spiel hölle aufzuheben. Ein heruntergekommener Hotelwirth hatte in seinem Hause eine förmliche Bank etablirt. Meine Be theiligung bei dem Koup, die Spieler auf frischer That zu ertappen, halte sich darauf beschränkt, da« hinter dem Spiel zimmer belegene, al« Durchgang benutzte Gemach zu obscr- viren. Dabei fand ich denn Gelegenheit, einige Herren, die durch die Fenster entfliehen wollten, zurückzudrängen. Der junge Baron gehörte zu diesen Flüchtlingen. Und, wahrhaftig, ich täuschte mich nicht — auch den Herrn Verwalter hatte ich an seiner Seite bemerkt. Ja, ja, von diesem kräftigen Burschen wäre ich beinahe über den Haufen gerannt worden, wenn mir nicht noch zur rechten Zeit ein paar Wachtleute zu Hilfe gekommen wären. Sogleich stand mir wieder der ganze Verlaus de« Prozesse« vor Augen. Die Spieler waren viermal mit Konfitzirung ihrer Einsätze davongekommen, wäh rend den Arrangeur der Spielabend«, jenen Hotelwirth, eine empfindlich« Strafe traf. Er «ar erwiesenermaßen der al leinige Anstifter zu den nächtlichen Zusammenkünften gewesen und hatte zudem noch mit falschen Karten operirt. Ich fand damals nicht Zeit, einen genauen Einblick in die Akten zu thun, da ich noch an demselben Abend die Weisung erhielt, einen berüchtigten Hochstapler nach London zu verfolgen. Vielleicht konnte jetzt die Durchsicht der Verhandlungen jene« Spielerprozesse« für mich von Wichtigkeit sein. Ich war in Versuchung, sogleich in mein Zimmer hinaufzueilen, und ein darauf bezügliche« Schreiben an da« Polizeiamt in S. zu richten. Doch sah ich ein, daß ich wohl oder übel meine Ungeduld noch zügeln mußte. Herr von Hasselbrink stellte mich seinem Sohne und dem Verwalter vor. Wir wechselten einige höfliche Redens arten, ohne auch nur mit einem Wort den heiklen, tiefernsten Zweck meiner Anwesenheit auf Schloß Hasselbrink zu erwähnen. Die sichtliche Verlegenheit de« jungen Baron« schwand all mählich, da ich e« vermied, auf unsere frühere Begegnung hinzuweisen. Auch der Herr Verwalter war seiner Ueberrasch- ung Herr geworden. Er hatte den lebhaften, intelligenten GesichlSauSbruck wieder gewonnen, der ihn so gut kleidete. Er erzählte und plauderte so unterhaltend, daß man seinen Worten mit Vergnügen lauschte. »Darf ich Sie mit meiner Tochter Ellen bekannt machen?" Mit diesem Ausspruch trat jetzt der Baron zu mir heran. Ich hatte während meine- Gespräches mit den beiden Herren nicht darauf geachtet, daß die junge Dame, die ich vorhin in Gesellschaft ihrer Tauben gesehen, durch eine Seitenthür in den Saal getreten war. Mit einer leichten Verbeugung ihre« schönen Kopfe« hieß mich Fräulein Ellen willkommen, dann ließ sie sich von ihrem Herrn Papa zur Tafel geleiten. Der Baron nahm am oberen Ende de« Tisches Platz. Der Lehn sessel ihm gegenüber, in dem sonst seine Gemahlin zu sitzen pflegte, blieb leer. Recht« vom Baron saß ich; mir zur Seite Herr Drossen. Als vis-ü-vis war mir Fräulein Ellen zu- ertheilt; neben der jungen Dame ließ sich ihr Bruder nieder. Während des Mahle« stockte die Unterhaltung auffällig. Nur der Baron nahm verschiedentlich den Anlauf, die sein ganzes Innere erfüllenden Ereignisse auf Hasselbrink wieder und wieder zur Sprache zu bringen. Der junge Baron durch kreuzte dabei oft seine Auseinandersetzungen mit einer Bemerk ung, welche Zeugniß davon ablegte, daß er, Baron Paul, der Meinung sei, die vermeintlichen Verbrechen seien alle nur auf seltsame Zufälle zurückzuführen. Al« ob es noch nicht vorgekommen wäre, daß eine Sägemühle abgebrannt sei und ein Vorwerk dazu. Daß die Feime vom Blitz entzündet worden sei, schien er fest behaupten zu wollen. Während dieser mit seiner eigenen Ansicht in Widerspruch stehenden Auslegung der Vorkommnisse auf Hasselbrink saß der Schloßherr in nervöser Gereiztheit da. Er befürchtete augenscheinlich, ich könnte durch die Behauptungen seine« Sohnes in meinem Forschungseifer beirrt werden. Einen heftigen und beredten Gegner fand indessen der junge Baron in Herrn Drossen. Dieser erklärte mit der ihm eigenen klaren, bestimmten Ausführlichkeit, daß die vielbesprochenen Ereignisse nothwendigerweise als ein Akt de« fanatischsten Hasse« eine» Bauern gegen den Gutsherrn zu betrachten seien. Die ganze Art der Verbrechen, alle näheren Umstände derselben ließen deutlich erkennen, daß hier ein systematischer Kampf gegen den Baron zu Tage träte. Dann bemerkte er, daß auf seine Veranlassung jetzt ein Nachtdienst während der Nachtstunden in den zum Gut gehörenden Vorwerken, in der Schneidemühle und dem Schloß selbst eingerichtet sei, der zu versichtlich volle Sicherheit gegen eine fernere Brandstiftung biete. Er erklärte dann alle näheren Detail« derselben, die eine« gewiegten Kriminalisten würdig waren und meinen vollen Beifall fanden. Indem ich den mit volltönendem Organ vorgebrachten Erörterungen de« Verwalter« folgte, hatte ich Muße, mein schöne» Gegenüber zu beobachten. Fräulein Ellen schien e« absichtlich zu vermeiden, mich anzublicken. Vielleicht nur — wie ich zu glauben geneigt war — weil sie dadurch auch ge zwungen gewesen wäre, meinem Nachbar einen Blick zu schenken. Sie betheiligle sich mit keinem Wort an dem Gespräch der Männer, und doch bemerkte ich, daß ihr Ohr jeder Ausführ ung genau folgte. Mitunter schien e« mir sogar — beson ders bei den Behauptungen ihre« Bruder«, als ob sie eine Gegenrede dazwischen werfen wollte. Doch in demselben Moment preßte sie auch wieder die Lippen zusammen, al« hege sie Sorge, ihre eigenen Gedanken über die beregte An gelegenheit preiszugeben. Al« ein Zeichen ihrer inneren Unruhe galt mir die be ständige Geschäftigkeit ihrer schmalen, weißen Hände, die sich ununterbrochen mit den kleinen, silbernen Messcrständern zu schaffen machten. Jetzt, blickte sie einen Moment flüchtig auf. Sie hatte am Fenster den Flügelschlag eine« ihrer befieder ten Lieblinge vernommen. Ihr Gesicht zeigte in diesem Augen blick wieder den bestrickenden, liebenswürdigen Ausdruck, den ich von meinem Zimmer au« wahrgenommen hatte und den ich doppelt an ihr vermißte, seit sie in den Saal getreten war. Kalt und stolz blickte ihr Auge, und mit fast ängstlicher Scheu suchte sie e» zu vermeiden, daß mein Nachbar, Herr Drossen, ihr beim Scrvircn einer Speise dienlich war. Die Gewißheit, daß ihre Flucht vorhin nur dem Herrn Verwalter gegolten hatte, war mir dadurch gegeben. — Und doch be mühte sich Herr Drossen sichtlich, die Aufmerksamkeit und Beachtung Fräulein Ellen« zu erlangen. Jede Fiber in seinem Körper schien zu zucken, jeder Blutstropfen in ihm zu pulstren, wenn er seinen Blick zu ihr hinübergleiten ließ. Der Baron gab da» Zeichen zur Aufhebung der Tafel. Fräulein Ellen war die erste, die sich von ihrem Platz erhob. Offenbar hatte sie schon lange auf da« Signal zum Auf bruch gewartet. Mit einer leichten Verbeugung verabschie dete sie sich von ihrem Vater und den jungen Männern und trat zu mir Hera». Ich war beinahe erstaunt, al« sie mir ihre kleine Hand entgegenstreckte und mit halbunterdrückter, weicher Stimme sprach: »Mein Herr, ich heiße Sie herzlich willkommen. Wie mein Papa, habe auch ich Ihre Ankunft ersehnt. Gott gebe, daß Ihr Kommen un« den Frieden bringt; daß Ihre Bemühungen, jenem unheimlichen Verbrechen auf die Spur zu komme», von Erfolg gekrönt sind." Damit wandte sie sich schnell um und schritt zum Saal hinaus. Auch der Baron zog sich zurück, al« ich mich zum Gehen anschickte. Schon an der Saalthür angelangt, fühlte ich eine Hand auf meiner Schulter. Baron Paul war mir gefolgt. »Ich bitte Sie, mir noch eine Minute zu schenken!" redete er mich an, wobei seine Stimme unter dem Druck einer verhaltenen Erregung vibrirte. »Sie sehen mich in Verlegen heit, wie ich Ihnen meinen Dank »»«drücken soll, daß Sie mir vor meinem Vater da» beschämende Zugeständniß er sparten, daß ich Sic bereit« einmal, in einer für mich höchst unwürdigen Situation, kennen lernte. Ich bin Ihnen doppelt verpflichtet, daß Sie die beinahe vernarbte Wunde, die ich durch meine unglückselige Leidenschaft meinem Vater schlug, nicht auf« Neue mit rauher Hand berührten. Ich habe c« ihm und einem anderen Wesen gelobt, Herr de« Teufel« in mir zu werden — und bin meinem Worte nicht untreu ge worden. Seit jenem Tage hat meine Hand keine Karte wieder berührt. Ich hoffe derhalb, daß Sie auch ferner mit keiner Silbe diese weit hinter mir liegende Begebenheit be rühren werden. Sic würden sonst einen fast Ertrunkenen, der das feste Land mühsam erreichte, unbarmherzig in da» ver derbliche Element wieder zurückstoßen." Au« de» jungen Manne« blassen Zügen, die noch ziemlich deutlich von seiner früheren lockeren Lebensweise Zeugniß ablegten, sprach bei den letzten Worten so viel aufrichtige Reue und seelischer Schmerz, daß ich, ohne mich zu bedenken, ihm meine Hand entgegenstreckte zum Zeichen, daß ich seiner Bitte unbedingt Folge geben würde. Mit einigen noch darauf bezüglichen Worten wollte ich den Saal verlassen, al« e« mir einfiel, mich nochmal« nach Herrn Ewald Drossen umzu wenden, der inzwischen wieder seinen Platz in der Fenster nische eingenommen hatte. E« war mir plötzlich der Gedanke gekommen, der Herr Verwalter möchte sich dem Glauben hin geben, daß ich sein Gesicht nicht wieder erkannt habe, und diese« Mißverständniß wollte ich doch, zur Wahrung de« An sehen« meine« guten Gedächtnisse», nicht bestehen lassen. Ich sah, daß der junge Mann mich mit seinen lebhaften Augen voller Aufmerksamkeit musterte und rief ihm deshalb in halb scherzendem Ton die Worte zu: »Herr Drossen, Sie wünschen doch auch, daß ich über unsere Begegnung von damal« eben falls Schweigen beobachte?" Eine Helle Röthe flammte über de« Verwalter« Antlitz. Er hatte diesen plötzlichen Zuruf nicht vermuthet. Doch ließ er sich auch nicht durch ihn in Verlegenheit bringen. Sein heitere« Lachen sprach dafür. Er antwortete mir schnell: „Wenn ich bitten darf, mein Herr, so verleugnen Sie auch meine Bekanntschaft! — Im Interesse de« jungen Herrn Baron«!" fügte er sogleich hinzu, »da e» dessen Herrn Vater bekannt ist, daß ich an jenem Abend in S-, im Spielzimmer de« Hotel« V. bei der Verhaftung de« Besitzers zugegen war. Wenn Sie nun eine Bemerkung darüber fallen ließen, daß Sie mich damals kennen lernten, so würde der Schloßherr auch sogleich wissen, daß Ihre vorige Antwort auf seine Frage, worin Sie die Bekanntschaft mit seinem Herrn Sohn in Ab rede stellten, nur eine erheuchelte gewesen ist. Die loben«- werlhe Absicht, die Sie damit verbanden, und die darin be stand, ihn zu schonen, würde doppelt zu Tage treten und da her auch doppelt kränkend sein!" Seltsam, auf diese Antwort war ich nicht gefaßt. Draußen aus dem Korridor angelangt, zog ich meine Brieftasche her vor, in die ich meine Erhebungen und Notizen über den Schloßherrn von Hasselbrink und seine Familienverhältnisse ausgezeichnet hatte. Hier fand ich gewissermaßen eine Er klärung für die immerhin befremdlich klingende» Aeußerungen de« Herrn Verwalters, daß der Schloßherr oon seiner Be theiligung an dem Spiel-Abend in S. unterrichtet sei, ihn aber darüber durchaus nicht zur Rechenschaft ziehen würde, mein Schweigen also nur für den jungen Baron von Be deutung sei. Nach meinen Auszeichnungen sollte der Verwalter Drossen, der da» ganze Vertrauen seine« Herrn besaß, von diesem ge wissermassen dazu auScrsehen worden sein, den jungen Baron Paul auf seinen Ausflügen nach I. zu begleiten, um dessen Leidenschaft für da« Spiel sorgsam zu überwachen. Wie e« schien, mußte aber der Herr Verwalter an jenem Tage seiner Hüterrolle wenig entsprochen haben. Statt dem jungen leichtsinnigen Herrn Baron von jenem Spielerhau« fern zu halten, war er mit ihm dorthin geeilt. Oder hatte er nur dem Ungestüm seine« Schutzbefohlenen nachgcgebcn; glaubte er diesen noch am Kartentisch vor jeder größeren Ge fahr zu warnen? Der Schloßherr wisse, daß er an dem für die Spieler so unangenehm endenden Abend in jenem Hotel gewesen sei, hatte mir Herr Ewald Drossen zugerufcn. Ich hatte Ursache, diesen Worten keinen Glauben zu schenken; die angsterfüllten Züge de« jungen Baron« sprachen laut da für, daß der Schloßherr just von diesem Abend keine Silbe erfahren hatte und erfahren durste. Kaum in meinem Zimmer angelangt, setzte ich mich an de» Schreibtisch und ersuchte brieflich meinen damaligen Vor gesetzten um sofortige Auskunft, in welcher Weise sich an jenem Abend Baron Paul v. Hasselbrink und der Verwalter Ewald Drossen am Spiel betheiligt hatten. Nachdem da« Schreiben couvertirt, beschloß ich, dasselbe sogleich selbst zur Poststation unten im Dorf zu befördern. Ich konnte mich bei dieser Gelegenheit ein wenig umsehen, meine Ort-kenntniß vermehren und mich mit den Bauern in unauffälliger Weise bekannt machen. ^Fortsetzung folgt.) Gedankensplitter. Zum Fortkommen in der Welt gehört viel Beherztheit und noch mehr Herzlosigkeit. Fiir nicht« ist die Welt so dankbar, al« wenn mau ste lachen macht. Such« Deine Bildung möglichst tief und vielseitig zu gestalten, denn Du bist gezwungen, den größten Theil der Lebenszeit in Deiner eig nen Besellschaft zuzubringen. Di« schmerzlichste Abhärtung ist di« de« Herzen«.