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U mit ganz EMM die Rede auf die Unzulänglichkeit unserer Polizei. Da heißt eS denn u. A.: Früher ist rie Polizei nicht sonderlich gewesen, aber jetzt ist sie noch schlechter und kostbarer denn je. Ihr Chef hat die Tänzerin —r zur Maitreffe, die verausgabt jährlich zwischen 40— 60,000 R. S., und das könne ungefähr das Budget der Po lizei sein; natürlich lebe der Rest der Beamten nur von den Revenuen, die steauS dem Publikum bezögen. Sonst wären die Subalternen nur im gewöhnlichen Costüme gewesen, jetzt trügen sie aber Leutnant- Uni form, und wenn man ihned früher 1 R. S. gegeben hätte, so müßte man ihnen jetzt 5 R. S. geben; Und so geht eS denn in dem Briefe fort — immer offen und ehrlich! Der Ober-Post-Ches hört dieser Epistel sehr andächtig zu, und als die interessante Vorlesung beendet ist, eröffnet er dem Fremden, daß er ihn nun mehr verhaften müsse. Nach einigen Reklamationen fügt sich dieser schließlich, und Beide fahren Nach der dritten Sektion zu Herrn Timaschew. Der Verhaftete, übrigens einer unserer vornehmsten Herren, giebt hier zu Protokoll, er sei ein guter Patriot, ihm blute aber daS Herz, wenn er die Wirthschaft in seinem Vater lande betrachte; er habe deshalb an Hertzcn geschrie ben, weil er wisse, daß dteS der einzige Weg sei, den Unfug zur Kunde deS Kaisers zu bringen; er wolle sich jeder Strafe unterziehen, wenn ein Wort seines Berichtes unwahr wäre; andernfalls aber würde er nicht nachgeben und auf dir Absendung deS Briefes dringen, selbst wenn er bis zum Kaiser gehen sollte. Bei so bewandten Verhältnissen und den Rücksichten, dir man dem Stande des BriefschreiberS schuldig ist- bleibt nun nicht- weiter übrig, alS: man meldet die Sache dem Kaiser. Der Verhaftete wird sofort auf direkten kaiserlichen Befehl in Freiheit gesetzt und die weitere Entscheidung Vorbehalten. So steht die Sache jetzt, und alle Welk ist auf den AuSgang in hohen» Grade gespannt. „Don vnsereck Ehef/ „Daß ist mlt ganz um. Seit wann eristirt für die russische Post ha« Gesetz, PoAff» nähme eines Briefes nur um der ,Adresse willen zu verweigern? Ich bitte, fübrru Sie wich zu Ihr«». Chef/ Das geschieht, und derHhrf bestätigt, daß ei» Brief an Herrn Hertzen nicht befördert werben könne, Nfeil eS der Ches des gesamwten Poftwefentz fy befoh len habe. Der Correspondent de« Herrn Hertzen ge hört aber zu den zähen Naturen. Er erklärt, daß er sich an derartige Privat-Bestimmungen der Post-Be hörden Nicht kehren könne und auf der Annahme urH Beförderung des Briefes bestehen müsse, so langt ihm; nicht «in Gesetz, eine kaiserliche Verordnung oder etwa- Derartiges gezeigt würde, wonach die Weigerung der Poft begründet erscheine. Er wird also zum Chef deS gesammten PostweseiiS geführt, und dieser erklärt ihm denn nach vielen ausweichenden Antworten, daß er wohl allenfalls die Beförderung deS Briefes veranlas sen wolle, doch müsse der Ueberdringer ihm zuvor den schr Polizei-Minister an dir Intendanten fÄgestdeS, VÜU 31. December datirteS Rundschreiben rßchtete r ^MZntlendänt! Obgleich sich in Folge der vorstch» Men «ft« väterlichen Fürsorge der k. Regierung die öffentliche Ordnung ungestört stn ganzen Königreiche erhält, so sircht doch eine eben so radikale wie ohnmäch tige Partei mittelst heimlicher Schriften und dreifar biger Cvtarden die große Masse der Bevölkerung zu veWhren, die sich unserem vielgeliebten Monarchen ergebener als je zuvor zeigt. Diese Umsturz-Partei «stacht- je mehr sie ihre gottlosen und verihierten Hoff nungen schwinden steht — denn sie merkt sehr wohl, Vast, däS beklägenSwerthe Drama, daS andere Länder ist Verwirrung setzt, zu Ende geht ! —, verzweifelte Anstrengungen mir Hilfsmitteln, die sich nicht recht fertigen lassen; kennst« find so abgeschmackt, wie gott los. Daher ist eS nörhig geworden, inftrnalischenUm- trikben durchaus ein Ziel zu setzen, indem denStaatS- deMten z« erkennen gegeben wird, wie es ihre Pflicht .... ist, eine unaufhörliche und wohlüberlegte Wachsamkeit Inhalt vorlesen. Dies geschieht mit größer Bereit- zu üben und ohne rgS mindeste Bedenken zur Verhaft Willigkeit. Zunächst ist in dem Schreiben die gegen- tlütg eines Jed n zu schreiten, der Elemente der Schuld wärtige Finanznoth geschildett und dann kommt bietet, und selbst auf bloßen Verdacht hin. Ich halte ' .... .. . wich überzeugt, daß Sie obigen Vorschriften und einem Befehle, welcher der k. Regierung so schr am Herzen liegt, streng Folge leisten werden, und envarte von Ihnen, daß Sie mir durch Thaten beweisen, wie sehr Sie von der Wichtigkeit dieser Befehle durchdrungen sind/ Neber den Verlauf der neapolitanischen Mi- ntsterkrisiS verlautet noch nichts: daS Reich ist faktisch ohne Cabinet, die Camarilla (Geheimherr- schast) regiert allein durch Pojizeimaßregeln. , Spanien. Die Niederlage der marokkanischen Armee ist voll ständig. 800 Zelte, die Artillerie, Kameele und daS Kriegsmaterial sind in den Händen der Spanier ge blieben. Die span. Truppen haben den Platz und die FortS inne. Rußland. Au« Petersburg schreibt man der„K. Z." vom 27. Jan. r Auf das in London unter dem Titel: „Kollokol" (deutsch: „die Glocke"), erscheinende russische Journal, welches mit unerbittlicher Kritik die Schären Rußland- aufdeckt und dabei keine, auch noch so hoch- gestellte, Persönlichkeit schont, wirtz natürlich hier zu Lande mir der äußersten Strenge gefahndet, und jeder Privatmann, der in dem Besitze desselben betroffen wird, setzt sich bedeutenden Fährlichkeiten auS. DaS. hindert nun aber nicht, daß r- als Schmugglerwaare in Taufenden von Eremplaren im Lande gelesen'wird. Namentlich liest eS unser aufgeklärter Kaiser mit gro ßem Interesse und erfährt dadurch natürlich Vieles, wovon er sonst wohl schwerlich unterrichtet werden möchte. Unter solchen Umständen gehört schon ein gewisser Grad von Muth dazu, mit einem Briefe an den Redakteur deS „Kollokol", Herrn Hertzen, auf das hiesige Postamt zu gehen. Doch der muthigr Mann hat sich wirklich gesunden. Eines TageS tritt derselbe