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Diese Zeitschrift «scheint wöchentlich 2 Mal, Mittwochs und So««abendS, und kostet vierteMrlich 12j Ngr: WWofsrverda, Stolpen nnv Umgegend. - " Zm gemeinnützigen Unterhaltung für all, Stände^ ^^97-^ Sonnabend, den H Deeember. ^1856 Wie stehts mit -er französisch-englischen Allianz? Wenn ein Journalist von dem, was er zu sagen weiß, nicht den besten Theil ungesagt sein lassen müßte, so könnte man jetzt allerlei Interessante- sagen. Aus den Spannungen der Cabinette schlüpfen die curiosesten Geheimnisse und aus einer Stunde plaudersüchtigen Ge zänk- ist mehr zu lernen, al- auS jahrelanger Freund schaft der Cabinette, die fich in di-crereS Schweigen hüllt. Man erinnert fich noch der Enthüllungen, welche die englischen Minister über die Politik de- Kaiser» Nicolau- kn Bezug auf den „kranken Mann" brachten, als zwischen Petersburg und England Spannung und Zerwürfniß ringetreten war. Weil Rußland und Eng land so verschiedener Ansichten über den Zustand deS „kranken ManneS" waren, so entzündete fich daran ein Licht, welche- die Petersburger Politik allen Leuten in Europa Heller beleuchtete, als früher selbst die Könige gesehen hatten. Vor mehreren Wochen kamen Frankreich und Eng land in Zwist. Die englische freie Presse fing an Sachen zu enthüllen, über die man in Paris nicht eben erbaut war. Zn seinem Unmuthe ging der „Moniteur" in Paris soweit, die gewaltige frei« Presse England- reglemen- tireu zu wollen. In kleinerem Maßstabe haben diese Zwistigkeiten gar merkwürdige und curiose Sachen über Pariser Zustände und Persönlichkeiten schauen lassen; selten find die englischen Zeitungen so inleressant ge wesen, Aber die Enthüllungen wurden nur erst halb gemacht, sie kamen nicht ganz über den Dämmerschein hinaus. Al- eben die letzte Hülle unter den Händen der erzürnten gewaltigen englischen Zeitung, der „Times", zum Einblick deS «staunten Publicum- fallen sollte, da lenkte man rasch in Pari- ein und kam schnell zur Verständigung. Die bedenklichen Blößen bedeckten fich wieder, jener große Mantel der Freundschaft und christ lichen Liebe hat fich wieder zugezogen. Di«. Differenz zwischen England und Frankreich ging diesmal bi» hart an den Riß; an allen Ecken und Enden merkte man ein Zerren an dem Freund schaftsbande Und wer zerrte? Die böse Welt sagt Rußland. Mil vollem Recht hat die „Time-" al» den Punct, von wo für die westliche Allianz Gefahr drohe, den Elfter Jahrgang. Aufenthalt deS französischen Grafen Mornh im heiligen Petersburg bezeichnet. Warum trat aber eine so entschiedene Spannung zwischen England und Frankreich ein? In Pari» hatte man fich vorgenommen, eine» zweiten Pariser Congreß, auf welchem der franzöfische Minister die Oberleitung haben sollte, um jeden Preis zu Stande zu bringen. Dadurch würde der dominirende Einfluß Frattkreich» sehr gewachsen sein. Um diese Licblingsidee eines zwei ten Pariser CongresseS durchzuführen, scheute man fich in Pari» nicht, Rußland einige Forderungen de» letztem Friedensschlüsse» zu erlassen, scheute man fich nicht, auf Oesterreich eine Pression auSzuüben, um die österrei chische Besatzung aus den Donaufürstenthümern herauS- zubringen. Diese neueste französische Politik ruhte hauptsächlich auf den Schult«» Morny'S. Aber indem man mit Petersburg eine geheime Verabredung traf hatte man fich , in Paris, fall» der Plan mißglückte' die Brücken zum Rückzüge in die sichre Festung der, englischen Allianz durchaus offen gehalten und die ent schlossene Geistesgegenwart, welche die englische Politik diesesmal entwickelte, war die Ursache, daß man in Paris den Rückzug in da» englische Bündniß antrat. Wir sprachen von Geistesgegenwart der englischen Politik; aber es fehlte dem englischen Ministerium schon vorher nicht an Warnung und Vorbereitung, man wußte, daß fich die franzöfische Politik zu Rußland hiuneige. Die Anfänge der so eben ausgeglichenen Krisis gehen bis in die Tage der russischen Kaiserkrö nung zurück. Schon damals wußten die Zeitungen, daß der englische Graf Granville viel kälter und zu rücksetzend« und der ftanzöstschr Graf Morny mit au ßerordentlicher Zuvorkommenheit ausgenommen worden war. Glücklicher Weise hat man in England auf die Zeichen der Zeit zu achten verstanden. Al» der fran zösische Gesandte seinen Coup in Constanttaopü auf führte und die Pforte zu der Forderung de» englisch französischen Rückzug» zu drängen hoffte, lag Lord Stratfort schon auf dem rechten Platze „und führte seine Klinge." Mit diesem kühnen entschiedene» Ma növer England» in Cvltstantinopel war die Entschei dung de» ganzen französtsch-rnglischrn Streit- entschie den: entweder mußte Frankreich die Sache zum offnen Bruch treiben, oder ganz in die englische Allianz zu» rücktreten. Frankreich hat r« für besser gefunden, da»