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Amts- und Anzeigeblatt für den Bezirk des Amtsgerichts Eibenstock und dessen Umgebung : 30.05.1895
- Erscheinungsdatum
- 1895-05-30
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id426614763-189505304
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id426614763-18950530
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-426614763-18950530
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Amts- und Anzeigeblatt für den Bezirk des Amtsgerichts ...
-
Jahr
1895
-
Monat
1895-05
- Tag 1895-05-30
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Monat
1895-05
-
Jahr
1895
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— In dcutschcn diplomatischen Kreisen wird der Thal sache, daß die Insel Formosa sich zur Republik erklärt hat, eine besondere Bedeutung nicht bcigcmesscn; es wird viel mehr als sicher angenommen, daß eS Japan in vcrhältniß- mäßig kurzer Zeit gelingen wird, der aufständischen Bewegung aus dem von ihm ncucrworbcnen Gebiete Herr zu werden. Bon einem Bordringen russischer Truppen in die Mandschurei, wodurch die Rückzugslinie der japanische» Truppen bedroht werde, ist an zuständiger Stelle in Berlin nicht« bekannt. Localc unkt sächsische Nachrichten. — Eibenstock, 29. Mai. Am Montag Abend hielt der „Kaufmännische Verein" im Saale de« Feldschlößchen sein zweites StiftungSsest. Dasselbe verlief auch diesmal wieder in animirtestcr Weise, wozu die theatralischen und humoristischen Darbietungen de« Programms das Ihrige bei trugen. Ein flotter Tanz hielt die junge Welt bi« in die Morgenstunden beisammen und trennte man sich allerseits mit dem Bewußtsein, daß der Kaufm. Verein nach wie vor einen bcachtenSwerthen Anziehungspunkt für hiesige Gesellschafts kreise bilden wird. — Schönheide. Unser Kuhberg beginnt bereit« seine Anziehungskraft auSzuüben. Die herrlichen Maitagc hatten verschiedene Vereine au« der Ferne benutzt, demselben einen Besuch abzustattcu. Der hiesige ErzgebirgSzwcigvercin scheut aber auch keine Mühe, den Wünschen der Besucher gerecht zu werden. Seit dem 15. Mai ist ein Postbriefkasten er richtet. An verschiedenen Stellen sind neue Wegweiser an gebracht worden, die den Wanderer nach der Höhe führen. Desgleichen ist der Fahrweg verbreitert worden, so daß man bequem mit Geschirr an den Thurm gelangen kann. Herr Brückner, der rührige Wirth de« Berges, hat cS sich ange legen sein lassen, seinen Gästen den Aufenthalt so angenehm wie möglich zu machen. Zum Schutz vor Regen und Sonnen strahlen hat derselbe eine Veranda erbaut. Auch bietet der selbe einen guten und billigen Mittagstisch. — Die Extrazllge der Leipziger Bismarcksahrer sind wiederholt der Gefahr der Verunglückung ausgesetzt ge wesen. Auf der Fahrt brachen kurz vor Halle an einem Wagen 2. Klasse ein Achscngabelsteg und eine Zugstange, so daß der Wagen auSrangirt werden mußte. Ein zweiter Un fall ereignete sich hinter der Station CLthen; abermals brach eine Zugstange an einem Wagen, der in Folge dessen auS rangirt wurde. Ferner wurde der am HimmclfahrtStage Nach mittag« 9 Uhr von Fricdrichsruh nach Hamburg gehende erste Sondcrzug kurz vor der Einfahrt in den Berliner Bahn hof zu Hamburg von einem Unfälle betroffen. Es zerriß nämlich die Hauptkuppelung und in Folge dessen wurde die Rückwand eines glücklicher Weise leeren Wagens eingedrückt. Die Fahrt mußte auf einige Zeit unterbrochen werden und c« wurde eine Notbkuppclung vorgcnommen. Verletzt wurde Niemand. — Ehcmuitz. Am 24. Mai Nachmittag ist hier Herr Albert Voigt im Alter von t>6 Jahren nach schwerem Leiden gestorben. In ihm ist ein Mann aus dem Leben geschieden, der für die Stickerei-Industrie, als sic an einem bedenk lichen Wendepunkte angclangt war, von großer Bedeutung geworden ist. Ihm gelang e« im Jahre 1857, als die Hand stickerei durch die schweizerische Maschinenstickerei stark gefähr det war, die Maschinenstickerei nach Deutschland, und zwar. Dank den Bemühungen der Herren Schnorr und Steinhäuser, nach Plauen zu verpflanzen. Die ersten Maschinen kamen in Plauen mit Beginn de« Jahres 1858 in Gang. Herr Albert Voigt ist auch der Erste, der in Deutschland Stick maschinen gebaut hat. Er begann den Betrieb seiner Ma schinenbauwerkstätte zuerst in bescheidenem Umfange in Känd- lcr bei Limbach. Später wurde aus seinem Unternehmen die jetzt von einer Aktiengesellschaft bettiebene Sächsische Stick maschinenfabrik Kappel. — Zwickau. Am Sonnabend, den 25. Mai, trafen in der reich mit Fahnen geschmückten Schwancnstadt Zwickau zum Regiments-Fest der ehemaligen 104er zahlreiche Gäste ein, die von gastfreundlichen Bürgern gern und herz lich ausgenommen wurden. Der Fest-Kommers im Hotel zum „Dcutschcn Kaiser" war ungemein zahlreich besucht. Ansprachen hielten die Herren Oberstlieutenant Wittmer, Bczirkscommandeur Weinert, Obcrstlieutcnant v. Egidh und Oberlehrer Kunze. Letzterer schilderte namentlich die Erleb nisse des 104. Regiments im Jahre 1870/71 und erntete stürmischen Beifall. Ans ein von Herrn Hauptmann Klötzer- Bockwa abgesandtes Telegramm an Sc. König!. Hoheit Prinz Friedrich August ging im Laufe des Abends folgende Antwort ein: „Se. Königl. Hoheit dankt für den freundlichen Gruß und freut sich, den morgenden Tag init seinen Kameraden verleben zu können." Einen erhebenden Eindruck gewährte am Sonntag Vormittag 11 Uhr die dichtgcfülltc Marienkirche, in welcher sich die Festtheilnehmcr zu einem FcstgottcSdicnst cingcfundcn hatten. Auf Grund des Textes I. Petr. 2, 17 gab Herr Archid. Lindner die Fcstparole aus in dem Drei klange: „Habt die Brüder lieb, fürchtet Gott, ehret den König." Sc. Königl. Hoheit Prinz Friedrich August, der um 12 Uhr cintraf, nahm am Festmahle im Schwanenschloß theil. Hierbei toastete Herr Kreishauptmanu v. Welk auf Se. Maj. König Albert, Herr Hauptmann Klötzer auf Sc. Königl. Hoheit, den Rcgimcntschcf der 104cr und Se. Königl. Hoheit auf sein Regiment. Nachmittag 3 Uhr bewegte sich ein im posanter Fcstzug durch die von Zuschauern dicht gefüllten Straßen nach dem Marktplätze und nahm vor dem Prinzen Ausstellung. Bei der Begrüßung sprach Sc. Königl. Hoheit seine Freude aus über die zahlreiche Bethciligung namentlich seitens der älteren Kameraden und unterhielt sich beim Rund gang mit vielen, insbesondere nut dem eisernen Kreuze dcko- rirten Kameraden auf da« leutseligste. "Nach dem Festzuge vereinigten sich die Bataillone im Badcgartcn, Rcinhold'S Garten nnd Schwancnschloß und hatten die Kameraden auch hier die Ehre, Se. Königl. Hoheit unter sich zu haben. — Manches fröhliche Wiedersehn nach 25 jährigem Zeitraum wurde gefeiert und alle Bethciligten haben den Eindruck mit nach Hause gebracht, daß das Regimcntsfcst der I04er in allen seinen Theilen ein höchst gelungene« war. — Meerane, 24. Mai. Eine furchtbare Blutthat erregte heute die Gemächer der Bewohner unserer Stadt. Im sog. Klosterholze wurde heute Morgen die noch warme Leiche eines Mannes aufgefunden, welcher allem Anscheine nach das Opfer eines Raubmordes geworden ist. Das „Meer. Tageblatt" schreibt hierüber: Heute Morgen zwischen 5 und 6 Uhr begab sich ein Mann mit seinem Hunde durch da» Klosterholz nach Remse. Im genannten Wäldchen wurde jener Mann durch seinen Hund auf einen Reisighausen auf merksam gemacht, unter dem sich eine Leiche vorsand. Dem Ermordeten waren Rock, Geld und Uhr abgenommen, da« Portemonnaie lag, seines Inhaltes beraubt, neben dem Er schlagenen. Ma» will in demselben einen Reisenden wieder erkannt haben, der gestern Abend mit einer hiesigen Frauens person in mehreren Restaurant« gesehen worden ist. Inwieweit sich diese Gerüchte bestätigen, bleibt abzuwarten. — Au« dem Vogtlande. Da e« nicht jedem Dorf bewohner möglich ist, sich eine Kuh zu hatten, der vogtländi- schc Landwirth aber auf die Viehzucht und die Milchwirth- schast geradezu angewiesen ist, so ist man, wie bekannt, seit einigen Jahren darauf bedacht gewesen, billigere milcherzeu- gcnde Thicrc cinzusühren, und dadurch auf die Hebung der Ziegenzucht gekommen. Da nun aber die Schweizer Ziegen, welche mit beträchtlichem Kostenaufwande eingefllhrt wurden, sich nicht recht acclimatisiren wollen, so wird neuerdings da« oftfriesischc Milchschaf als für vogtländische landwirth- schaftliche Verhältnisse ganz besonder« geeignet empfohlen. Dasselbe zeichnet sich durch stattliche Größe, Milchcrgicbigkeit (jährlich 400—550 I), Wollreichthum und erhebliche Frucht barkeit aus, da die Mutterthiere bei geeigneter Haltung und guter Behandlung jährlich zwei bis drei Lämmer werfen. Da« ostfriesische Milchschaf bequemt sich unseren sächsischen Verhältnissen sehr leicht an, nur sind aus den Weiden und in den Ställen Salzlccken anzubringen, da in den heimath- lichen Küstenländern die chemische Zusammensetzung des Grün- futterS eine andere ist als bei uns. Amtliche Mittheilungen ans den Sitzungen des Stadtraths zu ASenltock. Sitzung vom 25. April 1895. Anwesend: 4 Rathsmitglicder. Vorsitzender: Bürger meister Itt. Körner. 1) Der Rath genehmigt den ncuaufgestellcn Brennkalender und soll vom I. Mai dsS. I«. vorbehältlich des Gehörs des BelcuchtungsauSschusscS darnach gebrannt werden. 2) Von den Stadlverordneten-Bcschlüsscn nimmt man Kenntniß. Den Beschlüssen, n. Verwendung des vom Fiskus wegen Unterhaltung des SchnittgcrinncS in der Hauptstraße gewährten einmaligen Beitrags bett., I). Zuführung de« aus den Brandschädigungsgcldcrn vom Fcucrlöschgcräthehauses verbliebenen Betrag« von 393 Mk. 47 Pf. zur Anleihe bett., e. Anstellung von Erörterungen über den Einfluß des Stadt- und Schulkasscnabschlusses auf die Anleihe bett., tritt man allenthalben bei. 3) Von der Rechnung« liebersicht der Sparkasse aus da« Jahr 1894 nimmt mau Keniitniß, dcsgl. 4) von der Uebersicht über die Biersteuereinnahme im letzten Vierteljahr. 5) Wegen Herstellung einer Straßenbahn mit Gasmotoren betrieb soll in Dessau und bei Kummer in DrcSden-Nie- dcrscdlitz angefragt werden. Außerdem kommen noch 17 innere Verwaltungsangc- legcnheiten zum Vortrag und zur Beschlußfassung, die de« allgemeinen Interesses en bchren, bez. zur Veröffentlichung nicht geeignet sind. Sitzung vom 2. Mai 1895. Anwesend: 5 Rathsmitglicder. Vorsitzender: Bürger meister I)r. Körner. 1) Auf die Kündigung des Lehrers Stcrnkopf und seinem Ge such um vorzeitige Entlassung aus dem Amte beschließt man, bevor nicht ein geeigneter Ersatz gewonnen ist, die vorzeitige Entlassung abzulehnen. 2) Von der Kässenübersicht der Sparkasse aus den Monat April erhält der Rath Kenntniß. 3) Der Vorschlag des BelcuchtungSauSschusscS, wonach im Messingwerk eine Laterne ausgestellt werden soll, wird zum Beschluß erhoben. 4) Dem Rath gehen gegen die Verlegung des Jahrmarktes zu Johanngeorgenstadt solange keine Bedenken bei, als nicht dieser Markt hier mit dem hier Montag und Dienstag nach Johannis stattfindenden Markte zusammcnfällt. 5) Der Herr Vorsitzende erstattet Bericht über den derzeit igen Stand der WasserleitungSangelcgcnheit und beschließt man hierzu: 1. die vom Fabrikbesitzer Gustav Bretschneidcr in WolsS- grün gemachten Vorbehalte zu dem Vertrage wegen Ucbernahmc des Wasserleitungsservitut zuzugcstehcn, 2. als Sachverständigen für die Flurschäden Oekonom Alban McichSner zu wählen, 3. mit den Bedingungen der Königlichen Aintshaupt- mannschaft Schwarzenberg wegen Einlegung der Rohre in die fiskalischen Straßen sich einverstanden zu erklären, 4. den vom verstorbenen Eommerzienrath Hirschbcrg seiner Zt. mit dem Fiskus abgeschlossenen Vertrag zu kündigen. Im Ucbrigen tritt man den Vorschlägen des WasscrleitungSauSschusse» allenthalben bei und soll die im Entwurf vorliegende Bekanntmachung erlassen werden, 5. von dem Ergebniß der Prüfung der Pensionskassen-, Biersteuer- und Feucrlöschkassenrechnung aus das Jahr 1894 nimmt man Kenntniß. Die Rechnungen sollen den Stadtverordneten zur Richtigsprechung übermittelt werden. Außcrdcni kommen noch 9 innere VerwattnngSangclegen- heitcn zum Vortrag und zur Beschlußfassung, die des allge meinen Interesses entbehren bez. zur Veröffentlichung nicht geignct sind. 18. Ziehung 5. Ak-fle 127. Königs. Sachs. Eandes-^atterie, gezogen am 27. Mai 1895. 5000 Mark auf Ar. 12555 95904. MW Mark aus Ar. IS3I «902 6135 8550 12232 I5I48 20238 24314 25780 27218 »2007 33341 34988 34918 3583» 39932 47312 49129 88813 71877 73408 73877 78408 77883 80080 88899 2280 8173 8074 22811 27092 41904 49981 82049 83202 589II 58702 59304 82208 82185 85890 78927 80300 92501 92575 93553 97953. 1000 Mar« aus Nr. 1238 1813 13514 28859 31884 33021 34758 37881 40124 43251 48887 55987 57232 88981 894II 72918 74251 77578 82803 7415 13781 14152 22577 24822 39989 4823« 50451 80875 88788 88857 70837 74734 78290 8I48I 87941 88488 905II "86500 a I? aus^Nr^ 2870 2125 2003 8895 8719 8048 9585 10033 14738 18487 18338 19444 23188 23912 28781 39872 42081 43577 44788 45591 48389 47345 47834 48994 48487 49808 50504 52391 52148 54354 54430 55233 57289 59339 80592 85328 70824 71888 72543 73479 74333 75931 27298 78703 81317 81225 84387 84987 84938 87831 89980 93335 94220. 300 Mar» aus Nr. 552 4390 4809 4921 8183 7817 7375 8747 9412 9847 10938 11285 11325 18823 17275 17828 21748 23834 28858 27203 28702 28001 29555 33201 34004 34890 35330 35508 40913 41074 41898 42145 43485 48920 48131 49239 49830 49290 60284 80153 81840 62042 82419 70108 70895 72045 75037 75884 77184 80782 81352 82879 83877 85838 85855 85795 88210 88270 92771 94395 94059 95223 98588 12508 13493 14988 14709 15438 23414 24878 24753 24I4I 26814 30681 31176 31028 32515 32888 38592 37995 38289 39838 40325 44017 44078 44828 45984 46091 49197 50N 9 51546 54283 59584 87136 69934 69702 69365 70454 75.342 76615 76069 76941 77130 83836 84303 85454 85223 85908 89945 89397 90115 90580 90050 98259 97859 99932. Aus vergangener Zeit — für unsere Zett. 29. Mai. (Nachdruck verboten.) Am 29. Mai 1840 ist der berühmte Maler Hans Makart geboren, dessen Werke s. Z. ungeheures Aufsehen erregten und auch heute noch erregen. Aus PilotyS Schule in München hervorgegangen, zeigten schon seine Erstlingswerke ein höchst ursprüngliches künstlerisches Naturell ; seine Farbenpracht, aber auch sein bizarres Wesen traten in den „Tod sünden" und „Abundantia" bereits hervor. Mit dem Gemälde „Catha rina Cornaro" trat Makart mit einem Schlage unter die ersten Künstler seiner Zeit, mit dem „Einzuge Karl V. in Antwerpen", einem gewaltigen Werke von berückender Farbenschönheit, eroberte er sich Weltruf, der ihm bis heute geblieben. Makart hat durch sein phänomenales Auf treten einen tiefgehenden Einfluß auf die Entwickelung der modernen deutschen Malerei auSgeübt. 30. Mai. Am 30. Mai 1876 wurde der türkische Sultan Abd ul Asis in Folge einer Palastrevolution in höchst einfacher Weise entthront. Er hatte seine totale Unfähigkeit, Ordnung in seinen Landen zu halten, insbesondere die in den Vasallenstaaten wohnenden Christen zu schützen, vollauf bewiesen und alle Welt war nut seiner Entfernung vom Throne einverstanden. Weniger mit der Gewaltthat, wie sie bislang allerdings auf alttürkischem Boden Sitte gewesen, wie man sie jedoch in neuerer Zeit denn doch nicht mehr erwartet hatte; denn sehr bald vernahm man, daß sich der entthronte Sultan mittels der üblichen Scheere selbst ent leibt habe; Niemand bezweifelte, was sich auch sehr bald als richtig Keimgefunden. Historische Erzählung von Wilhelm Appell. (12. Fortsetzung.) Wenige Tage nachher wurde Peter zum Tode vcrurtheitt, trotzdem der Baron Thurming auf Bitte» seiner beiden Züchten Auguste und Johanna Alle« ausgebotcn, ihn zu retten; er hatte nichts erreichen können, als daß die schimpfliche Strafe am Galgen in die des Erschießen« umgewandelt wurde. Al« man Peler gefragt, warum er sich selbst gestellt, hatte er an gegeben, daß er nicht gewollt, daß seinetwegen ein Andrer in« Unglück gerathe. Der Grund erschien den Betreffenden so edel und glaubwürdig, daß Keiner an der Wahrheit de« Gesagten zweifelte. Frei und kühn wie ein Held stand er vor dem Kriegs gerichte und ebenso frei und kühn sprach er auch. Als die Offiziere zur Urtheilsfällung schreiten wollten, wurde ihm noch im letzten Augenblick ein glühender Vcrtheiviger an dem ge wesenen Raubmörder Jakob Burgmaier, dein Andreas Hoser wenige Stunden vorher etwas Wichtiges mitgetheilt. Gewalt sam hatte er sich eingedrängt und ohne sich halten zu lassen, von der Ermordung seines Schwiegersohnes und dem schreck lichen Ende seiner Tochter zu erzählen begonnen. Als er damit fertig und die Offiziere ihn fragend anblickten, was seine Erzählung mit dem vorliegenden Falle zu ihun habe, rief er mit dröhnender Stimme, während er vor Aufregung am ganzen Körper zitterte: „Dieser Mörder, dem mein Schwiegersohn und meine arme unglückliche Tochter zum Opfer fielen, war der franzö sische Hauptmann Dorblcu. Und einen doppelten Mörder in dem Augenblicke zu tödten, wo er einen neuen Raub begehen will, kann nie und nimmer ein schweres Verbrechen sein. Ich bedaure nur, daß mich dieser brave Bursch dort um meine Rache gebracht, die eben so blutig geendigt haben würde! Ich habe einst einen Menschen umgcbracht und zwanzig Jahre schwer dafür gebüßt und zwar mit allem Recht, Dorbleu aber ist tausendmal schlechter al« ich gewesen, deshalb müßt Ihr ihn selbst nach seinem Tode noch verachten und Euch schämen, daß er Eurem Stande angehörte, und das Schicksal, das ihm geworden, nur als eine gerechte Strafe betrachten!" Die Offiziere hatten düster schweigend und peinlich be rührt von der Anschuldigung Jakobs, an deren Wahrheit sie nicht zweifelten, da sein Bericht zu überzeugend gewesen und sie auch DorbleuS Charakter hinlänglich gekannt, zugehört. Sie hatten den Erregten ruhig aussprechen lassen, Und ihn dann im Guten au« dem Saale zu entfernen gesucht, was nur schwer gelang. An Peters Schicksal änderte der Zwischenfall nicht das Geringste, er wurde trotzdem zum Tode verurtheilt. Eine Stunde vor seiner Hinrichtung kniete Lieschen an seiner Seite, während er auf einem rohgezimmerten Schemel an einem Tische saß, auf dem sich ein Kreuz befand, vor dem zwei Kerzen brannten. Er hatte seinen Arm um ihren Hals geschlungen und blickte ihr liebevoll in das thränenüberströmte, verhärmte Gesicht. Und als es geschah, da war es ihm, al« sitze er wieder mit ihr inmitten der hohen Berge vor ihrem Hause, umweht von duftgeschwängerter Frühlingslust, nicht aber mit Ketten beladen in kleiner, öder Kerkcrzclle. Mit bebender Stimme begann er endlich: „Lieschen, ich habe Dich ja so lieb, daß ich gar keine Worte dafür finde. Dir er auszusprechen! Nimm Dir meinen Tod nicht allzusehr zu Herzen und trachte wieder recht froh zu werden. Und wenn Du einst einen braven Burschen findest, dem Du gut sein könntest, so nimm ihn getrost zum Manne, wenn auch nur auf Augenblicke. Wenn cS abermals Frühling wird, so leg' ein Kränzlein Vergißmeinnicht auf mein Grab und denk dabei, daß ich Dich über Alles gern gehabt und daß ich so überglücklich durch Dich war!" Es war zu Ende mit seiner Kraft und schluchzend ließ er sein Gesicht aus dem ihren ruhen. Als man sic dann mit Gewalt au« seiner Zelle entfernen mußte, da war es ihm, al« er wieder allein war, als umwehten ihn bereit» die Grabesschauer. Noch einen schweren Augenblick gab es für ihn. Al» seine alte Mutter ihre dürren Hände so fest um seinen Hal» klammerte, da meinte er, der Abschied vom Leben sei weit leichter al« ein Abschied von so viel Liebe. Später schloß ihn auch Andrea« Hofer in die Arme, dem unaufhaltsam die Thränen in den langen Bart rannen. Tröstend sprach er mit bebender Stimme: „Blicke empor zum Himmel und denk', daß Gott Alle« sieht und lohnt! Stirb freudig, denn Du stirbst ja für» Vaterland, für da« in wenig Tagen Tausende verbluten werden!"
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