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Bischofswerda, Stolpen und Umgegend. Zur gemeinnützigen Unterhaltung für alle Stände. viele Leitschrist erscheint wöchentlich 2 Mal, Mittwoch« und Sonnabend«, und kostet vierteljährlich 12j R«r. ^^34.^ Souuabeud, den L«. April ^1856- Die Denkschrift des Grafen Cavour. Italien Ist ein in vieler Hinficht beklagenSwerthe» Land. Wenn gleich die ganze weitgestreckle Halbinsel von ein und demselben Volksstamme bewohnt wird, der ein und dieselbe Spracht spricht, so ist jene- Land doch noch schlimmer zerstückelt, wie Deutschland; eS besteht au» mehreren größern und noch mehr kleinern Staaten und Staatchen, welche nicht einmal wie Deutschland durch einen gemeinsamen Bund zu einem, wenn auch noch so losem Ganzen verbunden find. Kein Zollverein einigt die verschiedenen Länder, und an den vielfach ver schlungenen Grenzen hemmen Schlagbäume den freien Verkehr. Seit Jahrhunderten find wenige dieser Länder gut regiert worden, so daß die Bevölkerung moralisch zum großen Shell verkommen und verdorben ist; ja in der Thai e» ist die Sittlichkeit nirgend» schechter bestellt, al- in Italien. Meuchelmord, Banditenwesen, Räu berbanden find in keinem Staate, selbst in Spanien nicht, so an der Tagesordnung, wie hier. Wie weit di« religiöse Verfolgungssucht in jenem allerchristlichsten Lande geht, da» habm zahllose traurige Beispiele der Neuzeit be wiesen, wodurch sogar auswärtige Fürsten zur Fürbitte für die unschuldig Eingekerkerten aufgefordert worden find. So wurde vor einigen Jahren ein Ehepaar nur deshalb zu schwerem Kerker verurtheilt, weil «S die Bibel gelesen hatte. Die kirchliche Verfolgungssucht wir» nur noch übertroffen von der politischen Verfol- gungswuch, welche namentlich in Neapel so arg ist, daß selbst Napoleon III im Verein mit den Engländern drohte, gegen solch schaurige» Unwesen der Polizei ein- zuschreittn, wenn keine Aenderung erfolge. Wenn West europa von der Türkei Duldsamkeit gegen die Christen fordert, so möge man doch erst in Italien und noch andern Ländern Menschlichkeit der Christen gegen die Christen einsühren! Von der obigen Schilderung Italiens zeichnet stch da», lombardisch» venetianische Königreich vottheilhafter au»; aber die rühmlichste «»»nähme bildet das König reich Sardinien (Pitmout). Was sine gute und weise Regierung vermag, wie sehr ein Volk Mich und ökonomisch unter den Fittigen d»Frech«st «rnporblühen kann, da» zeig««!« Belgien, so namenüich Sardinien Eisler Jahrgang. unter der milden Regierung seine» vortrefflichen Königs Victor Emanuel. Um für sein unglückliche- Vaterland Italien etwa» zu thun, hat der Premierminister Sardiniens, Graf Cavour, dem Congreffe in Pari» eine Denkschrift ein gereicht, die wir kurz besprechen wollen. Napoleon soll gefragt haben: „Was läßt fich für Italien thun?" Und der sardinische Minister hat frri- müthig die Hauptübelstände Italien- aufgezählt. Im Vertrauen auf die gute Sache, die Sardinien verficht, hat fich dessen Minister entschlossen, mit edelm Frei- muthe die Gebrechen Italien» zu nennen. Dir, sardi nische Denkschrift nennt die Dinge beim rechten Namen. Die Denkschrift geht von dem Sätze au», daß in Europa auf lange Zeit ein Kampf zwischen dem liberalen und absolutistischen Prinzip» stattfinden werde. Oester reich wird nur al» «in vorübergehender und zufälliger Gegner dargestellt. Die Sardinier glauben, daß die Westmächtr wohl daran thun würden, wenn fie natio nale Unabhängigkeit und politische Freiheit in Italien in dem Grade herzustellen suchen, daß die verschiedenen Staaten ein gewisse» Ban» der Einigung erhalte». Dir Punkte de» Uebels, welche Sardinien hervorhebi , be ziehen stch auf jeden Theil Italien-, der meiste Nach druck wird aber auf di« traurigen Zustäyde des Kirchen staate» gelegt, wo Se. Heiligkeit selbst regieren. Es wird hervorgehoben, daß die weltliche Herr schaft der Geistlichkeit «in liebel sei, welche» die mensch liche Natur nicht länger ertragen könne;. daß selbst ein« Säbelherrschaft besser sei, al» dir Herrschaft der Geist lichkeit; daß der geistliche Beherrscher vhn drei Millionen nur durch fremde Truppen (die Franzosen und Oester reicher) auf seinem Throne erhalten werde und seine abermaligen Sturze» gewärtig sein müsse, wenn seine Unterthanen nur auf eine Woche von standen Druck befreit würden. Den Priestern wird geradezu Unfähig keit in Bezug auf Erfüllung weltlicher Regierungl- pfllchtr» vorgeworfen. Dann folgt di« praktische Seite der Frage. Di« Verbündeten werden eingeladen, die Neugestaltung der Regierung de- Kirchenstaate- in Sr- wägling zu ziehend Sardinien glaubt, e» sei für die Nristenheit bester, wenn der heilige Väter nur für die Kirche und geistlichenSachmünonicht für irdische Gstoälr «ad Macht zu sorge» habe. Die Denkschrsst Mist, e» sti vernünftiger, wenn die SardiMr nm