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Amts- und Anzeigeblatt für den Bezirk des Amtsgerichts Eibenstock und dessen Umgebung : 07.05.1895
- Erscheinungsdatum
- 1895-05-07
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id426614763-189505074
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id426614763-18950507
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-426614763-18950507
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Amts- und Anzeigeblatt für den Bezirk des Amtsgerichts ...
-
Jahr
1895
-
Monat
1895-05
- Tag 1895-05-07
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Monat
1895-05
-
Jahr
1895
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hältnisse insofern anders, al» der japanisch-chinesische Friedens vertrag vertragsmäßige Rechte der europäischen Machte nicht antastete. - Berlin, 4. Mai. Die gestrige Interpellation im Reichstage wegen der seit einigen Wecken betriebenen Preis steigerungen de« Petroleums durch den amerikanischen Ring hat zwar keine Ausschlüsse darüber gebracht, ivaS sür Maßregeln man zur Abstellung des Ucbcls von Seiten der Rcichdrcgierung zu erwarten hat, aber wenigstens die tröstliche Gewißheit geliefert, daß überhaupt das Mögliche gethan werben soll, um dieser unlauteren Spekulation zu begegnen. Große Erwartungen freilich wird man auf dies Eingreifen nickt setzen dürfen. Gegenüber den Manöver« einer Ber einigung von außerordentlich schlauen amerikanischen Geschäfts leutcn, die c« durch ihre Unermüdlichkeit und ihr kapitalistisches Ucbcrgewicht dahin gebracht haben, den gesammten Petroleum handel der Welt — Rußland ausgenommen — unter ihre Macht zu beugen, also nahezu ein Wclimonopol für diesen Zweig zu erobern, ist die staatliche Gewalt in dem Falle, wie dem vorliegenden, so gut wie machtlos. Die Preissteigerung wirkt um so empfindlicher, als die Preise in den Jahren 1884—1892 zwischen >5,7 und l l,7 Mark für IM Kgr. un verzollt schwankten und im Jahre UM sogar bis auf»,» sanken. Jetzt notirt man für die gleiche Quantität 21 — 22 Mark, wahrend im April der Preis sogar bis auf 32 Mark hinaus schnellte. ES ist sehr bcmcrkenöivcrlh, daß diese abnorme Steigerung auch aus Seiten der maßgebende» Kreise, wie die Acußerungen des Staatssekretärs von Bötticher bekunden, lediglich al« eine Folge der amerikanischen Ringbildung auf gefaßt werden, woran früher »Rancher noch zu zweifeln ge neigt war. Rach obiger neueren Mitthcilung-sind die Pc- trolcumpreisc also wieder gefallen. Ob dies noch weiter ge schieht, bis dasselbe den normalen Preis erreicht hat, ist vor läufig noch nicht abzusehcn. — Berlin. In der ersten Sitzung des Reichstages nach den Osterferien ist ein Gegenstand zur Beschlußfassung ge langt, der wichtig genug erscheint, um ihm die Auftncrksamkeit weiterer Kreise zuzulcnkcn. Auf Grund eines Antrages der Herren von Stumm-Haibcrg nnd Möller-Dortmund hat der Reichstag beschlossen, daß in Zukunft zollpflichtige Waarcn, die aus Staaten hcrstammen, welche deutsche Schisse oder deutsche Waarcn ungünstiger behandeln als diejenigen anderer Staaten, mit einem Zuschläge von 100 pEt. deS bisherigen Zolles sollen belegt werden können und daß ferner auch solche Waaren, die bisher zollfrei entgingen, zur Verzollung herangczogen werden dürfen, lieber die Maximal höhe der letzteren wird sich der Reichstag in der dritten Lesung' schlüssig machen. — Diese Maßnahme, zu der der BundcSrath durch den Staatssekretär des Rcichsschatzamts bereits in der fraglichen Sitzung seine Zustimmung erklärte, ist von außerordentlich einschneidender Bedeutung. Hätte der BundcSrath bereits zur Zeil der Acnderung der bisherigen handelspolitischen Verhältnisse zu andern »ändern sie an wenden dürfen, so würden wir voraussichtlich zu besseren Er gebnissen beim Abschluß der Handelsverträge gelangt sein. Mindestens hätten wir gegenüber der rigorosen Tarispolitik der Vereinigten Staaten, die durch den Rainen Mac Kinlch bezeichnet wirb, ein wirksames Mittel besessen, um unsere Industrie vor Schädigungen wenigstens znm Thcil zu behüten, an denen sie immer noch laborirt, obwohl der Tarif inzwischen wesentlich milder gestaltet worden ist. Das Gleiche gilt auch von den Verhandlungen mit Rußland. — Die Veranlassung zu dieser Acnderung des Zollgesetzes vom Jahre 1885, das nur einen üOproz. Zollaufschlag gestattet, die zollfreien Waaren aber überhaupt nickt in Betracht nimmt, ist der seit dem 10. Mai vorigen Jahres bestehende Zollkrieg mit Spanien. Einstweilen will cs nicht so scheinen, als ob die bisherige Erhöhung der Zölle auf die wichtigsten Importartikel um die Hälfte den Eindruck auf die spanische Regierung gemacht hätte, um dieselbe zu einem größeren Entgegenkommen gegen Deutsch land zu bestimmen. ES wird also schärferer Zwangsmittel bedürfen, nm sic mürbe zu machen. Im Reichstage hat man aus politischen KlughcitSrücksichten gegen die Auffassung Ver wahrung eingelegt, als ob sich die Spitze dieser Rcucrnng gegen Spanien richte, Ihalsächlich unterliegt es aber wohl keinem Zweifel, daß ihr nächster Zweck eine wirksamere Führ ung des Zollkrieges mit dicjcm Lande bildet. Erst dann, wenn die aus Spanien bisher zollfrei in Deutschland cingcführtcn Produkte nicht mehr Einlaß finden und wenn die Haupl- handelSartikel, wie Kork, Weine, Fische, Apfelsinen, Zitronen, Korinthen, Pfeffer, Olivenöl, noch um die Hälfte höher ver zollt werden müssen, wird man in Spanien andere Saiten aufziehen. Anderen 'Rationen gegenüber bildet diese Be- sugniß des BundcSratheS jvon deren Anwendung übrigens dem Reichstage schleunigst Mitthcilung gemacht werden muß und die erlischt, sobald er sie nicht gutheißt) eine werthvolle Handhabe, um sür den Fall von Anwanbelungcn zu Zoll plackereien einen Gegendruck auSzuüben. Sic setzt freilich eine wohlwollende und einsichtige Anwendung voraus, wenn sie nicht zu einer Waffe werden soll, die sich gegen ihren Be sitzer richtet. Indessen hat der ReichSschatzsckretär in dieser Hinsicht zufriedenstellende Erklärungen gegeben, die namentlich so lange auSrcichen dürften, als die Leitung der RcichSgeschäfte in erfahrenen Händen liegt. — Dem Vernehmen nach hat die Reichsjustizvcrwaltung ihre Absicht dahin zu erkennen gegeben, daß, falls die Justiz novelle in dieser Frühjahrstagung unerledigt bleibt, dem Reichstag im Herbst dieselbe Novelle wieder vorgelcgt werden soll. Damit bleibt wenigstens die sichere Aussicht gegeben, daß die Frage der Entschädigung unschuldig Ver- urtheilter in Verbindung mit der Frage des Wieder aufnahmeverfahrens bezw. der Berufung in Straf sachen so wie jetzt vorgeschlagen war, ihre Lösung finden kann, und bekanntlich entspricht eine Lösung in diesem Zusammen hang der Materien dem Wunsche der weitesten Kreise. — Die württembergischc Zweite Kammer hat mit 56 gegen 24 Stimmen den Antrag der demokratischen Partei gegen die Umsturzvorlage angenommen. Gegen den Antrag stimmten die Zentrumfraktion und vier Mitglieder der Rittcrbank. Ministerpräsident Freiherr v. Mittnacht erklärte: Die Regierung könne sich bezüglich ihrer künftigen Abstimm ung im BundcSrathe nicht öffentlich binden; sic verhehle aber nicht ihre schwersten Bedenken, wenn der Reichstag die Vor lage in der KommtssionSsorm annehme. — Zuverlässige Mittheilungen von allen Seiten, so schreibt die ,Frankfurter Zeitung", versetzen uns in die Lage, mit- theilen zu können, daß auch innerhalb der deutschen Diplo matie die Ansicht über die Zweckmäßigkeit der Theil- nahme Deutschland« an der Intervention in Ost- asien gethcilt sind. .Sehr hervorragende Staatsmänner haben sich entschieden gegen die Intervention ausgesprochen, während andere sic durch Gründe der hohen europäischen Politik zu rechtfertigen versuchen. Diese Gründe lassen sich etwa folgendermaßen zusammenfassen: Alle europäischen Mächte, also auch Deutschland, haben ein Interesse daran, die Staaten im serncn Osten nicht zu stark werden zu lassen, da hierdurch ihre eigenen wirthschastlichcn Interessen bedroht werden; Deutschland hat besonderen Anlaß, gegenüber Rußland liebenswürdig zu sein, gewissermaßen al« Ent schädigung für da« Unrecht, da« Rußland durch Deutschland aus dem Berliner Kongreß erlitten zu haben behaupte, wenn diese Behauptung auch unbegründet sei; ferner liege e« im Interesse Deutschlands, einen Keil in die russisch-französische Allianz zu treiben, und daß dies gelungen sei, beweise die Mißstimmung der sranzösischen Presse; schließlich werde die Intervention eine Art Belastungsprobe für diese Allianz bilden, da sie zeigen müsse, wie weit Frankreich mit Rußland zu gehen gedenke. Man geht wohl nicht fehl, wenn man an- nimutt, daß ähnliche Erwägungen auch die deutsche Negierung zu ihrein Vorgehen mit Japan veranlaßt haben." — Die Lage in Ostasien ist noch wenig geklärt. Doch sind die Vermittelungsverhandlungen schon im Gange, und zwar werden dieselben anscheinend in Berlin geführt. Nach der .Köln. Ztg." ist der japanische Gesandte in Berlin, Vicomte Aoki, Mittwoch und Donnerstag vom Staatssekretär Frhrn. v. Marschall empfangen worden und ebenso Donnerstag Vormittag der chinesische Geschäftsträger. Zugleich meldet die „Hamb. Korresp.", eS scheine sich zu bestätigen, daß Japan zu Verhandlungen auf Grund der Vorschläge der Großmächte bereit sei. Locale und sächsische Nachrichten. — Eibenstock. Da« furchtbare Unglück, welches mit dem Erdbeben in Laibach und dessen näherer und weiterer Umgebung über die dortige Bevölkerung herein gebrochen ist, hat so weiten Umfang angenommen, daß zur Veranstaltung einer auf da« ganze sächsische Vaterland zu erstreckenden Sammlung milder Beiträge für die Nothlcidendcn in Dresden ein Ausschuß zusamnicngctrctcn ist, welcher einen össcntlichcn Ausruf zur Veranstaltung von Sammlungen er lassen hat. Durch die Katastrophe ist in der blühenden, ver kehrsreichen Stadt fast kein Hans ohne ernstliche Besckädig- ung geblieben. Viele Gebäude sind völlig zerstört nnd zu- sannnengcstllrzt, vielen droht der Zusammenbruch. Ein großer Thcil der dortigen Einwohnerschaft ist infolgedessen des Ob daches beraubt nnd durch den Einsturz der Gebäude gefährdet. Zu Tausenden sind hierdurch die Bewohner genöthigt, ihre Wohnungen zu verlassen und in kümmerlichen Zelten und Holzbaracken, zum Thcil auf freiem Felde, ohne Schutz gegen die Unbilden der Witterung Aufenthalt zu suchen. Insbe sondere die ärmere Bevölkerung, welche bei dem Zusammen bruche der Häuser ost nicht nur ihr Obdach, sondern auch ihr ganzes Besitzthnm verloren hat, ist hiermit in bittere Roth gekommen, die nock dnrch fortdauerndes Regenwetter und die Gefährdung der Gesundheit, namentlich der Kinder wesentlich erhöht wird. Die Größe de« Unglücks, welches bei dem An- danern der Erdersckütterungen immer weiteren Umfang an- zunehmen droht, ist unermeßlich. Der Verlust vieler Men schenleben, welche dein Unglück zum Opfer gefallen sind, ist zu beklagen. Der an Gebäuden u. s. iv. angerichtetc Schaden wird schon jetzt auf Millionen Gulden geschätzt. Es scheint erwünscht, daß auch in hiesiger Stadt Sammlungen sür diesen Zweck veranstaltet werden und ist die Expedition des Amts blattes gern bereit, milde Gaben zur Weiterbeförderung an zunehmen. — Dresden. Eine junge Dame aus Meißen sand im vorigen Sommer bei einem Spaziergang im Großen Garten eine Geldbörse mit etwa 2tX> Ms. Inhalt. Die Finderin gab ihren Funo unter Angabe ihrer Adresse an Polizeistelle ab und erhielt ichon am nächsten Tage mit dein gesetzlichen Finderlohn die Mittheilung, daß sich der Verlustträgcr ge meldet habe. Kurze Zeit daraus erhielt da« Mädchen noch ein Dankschreiben von dem Eigenthümer der Börse, deni eine Granatbroschc al« Geschenk beigefügt war. Hierdurch erfuhr da« Mädchen die Adresse de« Absenders und ihrem Briefe, in welchem sie erklärte, daß sie da« Geschenk dankend annehme, solgtc bald ein zweiter von Seiten des Herrn, in welchem dieser nm Fortsetzung der Korrespondenz bat, da er allein in der Welt stehe und gern mit Jemandem in vertraulichem, wenn auch nur schriftlichem Verkehr stehen möchte. Dieser schriftliche Gedankenaustausch dauerte bis Weihnachten, wo unter dem Wcihnachtsbaume die erste Begegnung der beiden Leutchen stattfand. Da man aneinander Gefallen fand, so >var die nächste Folge eine Verlobung, und vor einigen Tagen wurde da« durch eine verlorene Geldbörse zusammengesührte Paar für immer verbunden. — Leipzig. 45,000 Mitglieder zählt jetzt der „Deutsche Patriotcnbund zur Errichtung eines Völkerschlacht-Denkmal« bei Leipzig". Dieselben sind über ganz Deutschland verbreitet, jedoch finden sich solche auch in fast allen anderen Ländern. Die in dem erst zehnmonatlichcn Bestehen de« Bunde« zum größten Thcil durch die 50 Pfg.-MitglicdSbeiträgc bi« jetzt gesammelten 20,000 Mark sind bei dem Rathe der Stadt Leipzig dcponirt, und der Denkmalfonds beträgt sonach ein schließlich der von früher her vorhandenen Gelder zur Zeit 44,000 Mark. — Bautzen. Um sich der Erfüllung der Militär- dienstp sticht zu entziehen, wendete der Dienstknecht Richter inchrere, aus Täuschung der am 18. vor. Mt«. in Bautzen zusammcngetrctenen Aushebungskommission berechnete Mittel an. Durch Einträufelung von Atropin in da« rechte Auge hatte er eine bedeutende, da« Sehvermögen auf diesem Auge säst aufhebende Erweiterung der Pupille, durch fortgesetzte» Reiben beider Augen mit den Fingern aber einen hochgradigen Bindehaut-Katarrh hervorgerufen, so daß beim Vertreten de« Manne« der betreffende Stabs-Arzt zunächst ein schwere« Augenleiden vermuthete, welchen Eindruck Richter durch die Versicherung „seine Augen wären immer so", noch zu ver stärken sich bemühte. Der Arzt erkannte jedoch sehr schnell bei der Untersuchung die Ursache jener Krankheitserscheinungen und durch zweitägige Beobachtung des Manne« im Kranken hause wurde der Verdacht der absichtlichen Täuschung zur Gewißheit erhoben. Trotzdem leugnete Richter den Schwindel lange Zeit beharrlich, während er in der Hauptverhandlung ein Geständniß ablegte und erklärte, er habe sich vor dem Militärdienste gefürchtet. ES wurde ihm eine Gcfängnißstrafc von 6 Monaten auserlegt. — Au« Altenburg wird berichtet: Das stärkste Musikcorp« in der deutschen Armee hat da« 7. Thüringische Infanterie-Regiment Nr. »6, weil e« drei rcsp. vier Eontingent- hcrren hat, nämlich Se. Hoheit den Herzog von Sachsen- Altenburg, die Fürsten Reuß jüngerer und älterer Linie und den Fürsten von Schwarzburg-Rudolstadt. E« stehen beim I. Bataillon in Altenburg 42 Hautboisten, beim 2. Bataillon in Gera 28, beim Bataillon in Rudolstadt 22, zusammen 92 Hantboisten. Aus vergangener Zeit — sür unser« Zett. tt. Mai. (Nachdruck verboten.) Am tt. Mai 18KU starb der weltberühmte deutsche Naturforscher Alexander von Humboldt, der tiekste Kenner und wirksamste Förderer der Naturwissenschaften, der Aristoteles des IS. Jahrhunderts, in Berlin. Ausgerüstet mit einer seltsanien Fülle und Bielseitigkeit der Kennt nisse, denen fast kein Gebiet des menschlichen Wissens fremd geblieben, eine hochangesehene Persönlichkeit am preußischen Hofe, wußte Humboldt durch persönliches Wirken, wie durch die Schrift weiteste Kreise der Bevölkerung mit Interesse für die Naturwissenschaft zu erfüllen. Das Streben Humboldt-, die Resultate der Naturforschung nicht blos den Fachgelehrten, sondern allen Gebildeten zugänglich zu machen, ist vielfach ein erfolgreiches gewesen. Sein „Kosmos" und die „Ansichten der Natur" gehören der deutschen Familienbibliothek an. 7. Mai. Als am 7. Mai 1870, vor 25 Jahren, das deutsche Zollparlament an einen Krieg dachte, am wenigsten aber an jenen gewaltigen Krieg, der wenige Monate später zum Ausbruch kam. Jenes Zollparlament, das eine reine Friedensarbeit verrichtete u. doch als vorbereitende Station für die spätere Einigung Deutschlands gelten kann, schloß ungefähr um dieselbe Zeit, da Napoleon in Frankreich seinen wankenden Thron durch allerlei kleine u. große Mittel zu stützen suchte, zu der Zeit, da der Gedanke, durch einen Krieg den Tyron zu festigen, wahrscheinlich schon in Frank reich erwogen wurde. Keimgefunden. Historische Erzählung von Wilhelm Appel t. iS. Forlsrtzung.) 3. Wenige Tuge nachher saß Johanna ganz allein in ihrem traulichen Stübchen, mit einer seinen Handarbeit beschäftigt, welche sie jedoch oft ruhen ließ, um unschlüssig ihren Ge danken nachzuhängen. Als sie noch so sann, legten sich plötzlich zwei Hände fest über ihre Augen, während e« ihr zugleich mit verstellter Stimme cutgegcnscholl: „Jetzt rach' einmal!" Aber da« Rathen nutzte nichts, denn immer hieß c«: „Fchlgeschlagen!" Endlich wurden unter fröhlichem Lachen die Hände von ihren Augen wcggezogen und al« sie sich umwandte, sah sic ein bildhübsches Tiroler Bauernmädchen vor sich stehen, dessen braune Augen ihr schelmisch und traulich entgcgenblitzten, während cs schäkernd fragte: „Bist Dn mir böS, Hainichen, daß ich mir mit meiner vornehmen Freundin einen solchen Spaß erlaubt?" „Geh, Lieschen, wie kannst Du so sprechen, bist Du denn nicht meine Milchschwcster und haben wir uns nicht lieb wie wirkliche Geschwister? Warum kommst Dn aber selten von Deinen Bergen zu mir herab?" 'Rach diesen Worten schlang Johanna ihren Arm um das Bauernmädchen und zog cs an ihr Herz, das Mädchen zärtlich küssend. Lieschen« Mutter war, bevor sie einen wenig bemittelten Bauer gcheirathct, aus dem Schlosse bedienstet gewesen und nach der Geburt ihrer Tochter die Amme Johanna« geworden, die zu gleicher Zeit das Licht der Welt erblickt hatte. Die beiden Milchschwestcrn blieben in ununterbrochenem herzlichen Verkehr; aber auch Auguste brachte als Dritte im Bunde dem lustigen Lieschen aufrichtige Zuneigung entgegen. Diese halte nun unendlich viel zu erzählen und sprang dabei von dem Einen aufs Andere. Endlich holte sic tief Athem und mit flammender Röthe auf den Wangen begann sie: „Jetzt schau einmal zum Fenster hinaus, Hainichen, denn ich habe Dir etwas Wichtiges mitzuthcilen." Gehorsam that Johanna, wie ihr geheißen worden. Kaum war c« geschehen, so flüsterte Lieschen befangen: „Denke Dir nur, mein gutes Hannchen, ich bin verliebt!" „Ei der Tausend!" rief Johanna fröhlich, dann blickte sie ihrer Freundin zärtlich in das verschämte Gesicht, die hierauf weiter berichtete, daß ihr Schatz der Peter Lichtner au« der Bergmühle sei, dessen Eltern ganz zufrieden mit seiner Wahl seien, trotzdem sie nur ein arme« Mädchen, er aber der reichste Bursch im ganzen Ort sei. „Und schön ist er Dir," fuhr Lieschen fort, „schön, wie kaum ein Zweiter im ganzen Lande, und so groß und stark, daß er Bäume ausreißen könnt', und eine Stimme hat er, wie ein Bär; wenn er zu schreien anfängt, könnt' man vor Angst schier des Todes werden. Aber ich fürcht' mich nicht, denn er thut nur so als ob er beißen wollte; wie ein kleine« Hundert folgt er mir und da« Folgen macht ihm Freude. Nur einen Fehler hat er, der mir aber ganz genehm: er ist eifersüchtig! Und wenn er « ist, da wird er wirklich wild wie ein Teufel! Aber ich brauch' ihn nur freundlich anzulächeln, so ist er gleich wieder ein sanfte- Lamm!" Da entgegnete Johanna innig, aber doch auch ernst: „Mögest Du recht glücklich werden durch Deine Liebe; aber laß die Eifersucht au« dem Spiele, denn die brennt wie glühendes Feuer und hat schon entsetzliches Unheil angerichtet!" Schelmisch fragte Lieschen: „Geh, Hannchen, woher kennst Du denn so gut die Eifer sucht?" Innig fuhr sic dann fort: „Und wann wirst Du meinem Beispiel folgen? Sei versichert, die Liebe ist'« Höchste, was dem Menschen werden kann!" Glühende Röthe überzog Johanna» Wangen und befangen schaute sie zu Boden, eifrig bemüht, Lieschen« forschenden Blicken auSzuwcichen, welche zaghaft wcitersprach: „Ich meinte, als wir vorige» Jahr mit dem Freiherrn Erwin von Arnstein, welcher schon zu Lebzeiten Deiner guten Ellern oft zu Gaste bei Euch im Schlosse war. Berg und Thal durchstreiften, es habe für Dich die Stunde de« Glück geschlagen, Hannchen, Du hast Augen, weit schöner noch al» wie der blaue Himmel, aber so schön wie damal» habe ich sic nie leuchten sehen! — Er ist ein stattlicher Mann, der Frei herr von Arnstein, dem man schon au« dem Gesichte lesen kann, daß er herzensgut ist. Ich habe gemerkt, daß Du ihm mehr al» da« Leben galtest; aber auch Du schienst ihm gewogen!" In namenlosem Schmerz starrte Johanna vor sich hin, gewaltsam die Thräncn zurückdrängend. Lieschen blickte voll innigster Theilnahme nach ihr, dann fragte sic, wo Erwin von Arnstein sich jetzt befinde. „Ich weiß e» nicht, vielleicht in Frankreich!" lautete bitter die Antwort.
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