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Amts- und Anzeigeblatt für den Bezirk des Amtsgerichts Eibenstock und dessen Umgebung : 02.05.1895
- Erscheinungsdatum
- 1895-05-02
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id426614763-189505024
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id426614763-18950502
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-426614763-18950502
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Amts- und Anzeigeblatt für den Bezirk des Amtsgerichts ...
-
Jahr
1895
-
Monat
1895-05
- Tag 1895-05-02
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Monat
1895-05
-
Jahr
1895
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die Beschlüsse der Kemmissionen aber habe der Gesetz-Entwurf eine dem ursprünglichen Zwecke derartig widersprechende Ge stalt erhalten, daß eine Zurückweisung al« unabweisbare Pflicht erscheine. De« Weitere» wird die Bereitwilligkeit der national liberalen Partei, die Regierung in ihren Bestrebungen, die bestehende staatliche und wirthschastliche Ordnung zu erhalten, unter Zurückweisung aller reaktionären und ultramontancn Bestrebungen, die Gesetzgebung ihren Parteizwecken dienstbar zu machen, betont. Zum Schlüsse heißt e«, daß die national liberale Partei sich .immer bewußt bleibe, daß Strafgesetze und andere Reprcssivmittel nicht «»«reichen, sondern daß unablässig kräftiger Gebrauch der geistigen Waffen und ein uneigennütziges Wirken für die allgemeine Wohlfahrt die Hauptmittel de« BürgerthumS sind, um den von den Um- sturzpartcien drohenden Gefahren zu begegnen. Die Resolution wurde einstimmig angenommen. — Metz. Die ehemaligen Angehörige» der zweiten Armee aus dem Kriege von 1870/7 l beabsichtigen ihrem Oberbefehlshaber Prinzen Friedrich Karl auf dem Schlachtfeld« des 16. August einen einfache» Denkstein zu setzen, nachdem ein solcher vom XVI. Armeekorps und der Garnison Metz im vergangenen Jahre an der Stelle gesetzt worden ist, von wo au« König Wilhelm I. die Schlacht von Gravclotte-St.-Privat geleitet hatte. Die Mitkämpfer von Vionville-Mars-la-Tour beabsichtigen diesen Gedenkstein, der au« Granit in unbearbeitetem Zustande oder al« Säule mit einer dem Zweck entsprechenden Inschrift bestehen soll, bis zum 16. August d. IS., als der 25jährigen Wiederkehr des SchlachttagcS, fertig stellen zu lassen. Als Inschrift ist nach der „Loihring. Ztg." in Aussicht genommen: „Errichtet von Angehörigen der zweiten Armee", unter näherem Hinweis der Bedeutung des Steines selbst. — Nach einer St. Petersburger Zuschrift der Wiener „Pol. Korr." ist die Rote, mit welcher der japanischen Regier ung die russischen Forderungen betreffs einer Re vision des chinesisch-japanischen Friedens-Ver trages bekannt gegeben wurden, in einem sehr entschiedenen Tone gehalten. Außerdem habe der Minister de« Aeußeren, Fürst Lobanow-Rostowsky, dem japanischen Gesandten, Herrn Risst, erklärt, daß Rußland, angesichts der wichtigen nationalen Interessen, welche durch den Vertrag von Shimonoscki berührt werden, keine Rücksicht auf die Befürchtungen der japanischen Regierung nehmen könne, daß in Japan ein Volksausstand entstehen könnte, falls das Kabinet von Tokio den von Ruß land, Frankreich und Deutschland erhobenen Forderungen entsprechen sollte. Ferner ergreife die russische Kricgsvcrwattung energische Maßregeln, um den seitens des St. Petersburger Kabinet« in Tokio erhobenen Protest wirksam zu unterstützen, fall« derselbe von der japanischen Regierung nicht berücksichtigt werden sollte. Man hege jedoch in der russischen Hauptstadt die ernste Hoffnung, daß die Angelegenheit eine friedliche Lösung finden werde. Was die Entente zwischen Rußland, Frankreich und Deutschland betreffe, so sc! man in St. Peters burg davon überzeugt, daß-dieselbe bi« zur Erreichung de« angcstrebten Ziele« unerschütterlich aufrecht bleiben werde. — Die in diesen Zeilen zum Ausdruck gebrachte Erwartung scheint deutscherseits insofern eine Bestätigung zu finden, al« die „Nordd. AUg. Ztg." in gesperrter Schrift erklärt: „Nach Len über den japanisch chinesischen FriedcnSschluß bisher be kannt gewordenen 'Nachrichten ist der Austausch der Ratifi kationen desselben aus den 8. Mai in Tschisu festgesetzt worden. Für die japanische Regierung dürste cS keinen Vorthcil bieten, aus der Einhaltung des RatifikalionSterniinS zu bestehen, da die Bedenken der drei Mächte gegen den Vertrag nach der Ratifikation dieselben bleiben werden wie vor diesem Schritte." — Die Frage bleibt nun, welche Bedenken diese Bedenken der drei Mächte den Japanern einflößcn. Von einer militär ischen Aktion gegen Japan könnte doch nur bei Rußland die Rede sein nnd ungeachtet des etwas bramarbasirenden Tones der russischen Note glauben wir nicht, da« Rußland zu einer solchen Aktion in naher Zeit bereit wäre. Locale und sächsische Nachrichten. — Eibenstock, 1. Mai. Nachdem gestern von einer größeren Anzahl hiesiger Dctaillisten und Gcwerbtreibendcn in Flcmmig'S Restaurant einstimmig der Beschluß gefaßt worden ist, an den hohen Reichstag eine Petition zu richten wegen des von der Regierung cingcbrachten und von der Reichstags- Kommission angenommenen 8 I der Gewerbe-Novelle, die Ein schränkung des DetailreisenS betreffend, werden sämmtliche Bcthciligte um ihre NamenSunterschrist in der in diesen Tagen circulirendcn Petition gebeten. — Dresden, 30. April. Die Elbe bringt wieder Hoch wasser, da« durch schwere Regengüsse in Böhmen verursacht ist. Nach einer Mittheilung des LandcSkulturratheS zu Prag ist für morgen, Mittwoch, früh in Dresden ein Wasserstand von 190 ein über Null, mäßig steigend, zu erwarten. Der Wasserstand betrug heute Vormittag um 8 Uhr in Dresden 150 em über Null. — Dresden. Dem Vernehmen nach wurde dem Mili tär der Besuch der Brauerei „Waldschlößchcn" und des „StadtwaldschlößchenS" untersagt. — Freiberg. Vor der Strafkammer des hiesigen Landgerichts hatte sich am 24. v. M. die HüttcnarbeitcrSehe- frau Marie Rosine Hübler geb. Kreidler wegen schwerer Körperverletzung zu verantworten. Die Angeschuldigte, die mit ihrem Ehcmanne seit dem 3. Juni 1894 verheirathel ist, hat seit ihrer Vcrhcirathung, ihrem eigenen Geständnisse zufolge, ihre fünf Stiefkinder saft täglich in unmenschlicher und da« Leben dieser Kinder gefährdender Weise und zwar unter Anwendung gefährlicher Werkzeuge — eine» Holzpan toffel«, eine« eisernen Ofenhakens, eines SpazicrstockeS :c. — mißhandelt. In einem Falle hat die Angeschuldigte einen Holzpantoffel, in einem anderen Falle den Spazicrstock ihre« Ehemannes an dem Kopfe ihre« SticssohneS Hugo Hübler zerschlagen, hat ihre sämmtliche» Stiefkinder zu oft wieder holten Malen an die Wand und an die Pfosten de« Bette« angeworfen, hat ihnen, wa« sic jedoch bei der Verhandlung leugnet, um ihnen da« Schreien zu verhindern, Lappen in den Mund gestopft und in einem Falle mit dem Stiele eine« Löffels ihrer Stieftochter, der Anna Minna Hübler, al« sie derselben trockene Kartoffeln zum Essen vorgesetzt hatte und da« Kind die Kartoffeln nicht schnell genug hinunterwürgen konnte, die Kartoffeln in den Hals hinunter gestoßen, sodaß da« bedauernSwerthe Kind heftig au« Mund und Hal« ge blutet hat. Dem entmenschten Weibe wurden fünf Jahre Gefängniß zucrkannt. — Glauchau. Ein im hiesigen Hotel „Stadt Ham burg" bekannter 63jähriger Handelsmann au« Bayern kam am Sonnabend Abend wieder nach dort und begehrte Nacht quartier, wurde aber abgewiesen, weil man annahm, daß er betrunken sei. Er wendete sich nach dem nächst gelegenen Hotel „Stadt Dresden", aber auch hier wurde er, da man da» Gleiche annahm, abgcwiesen und dem Hausdiener zum Trans port nach der Polizeiwache übergeben. Unterweg« versagten aber dem alten Mann die Beine, weshalb er auf einem Wagen geladen und 10 Minuten später der Polizei als — Leiche übergeben wurde. Der Aermste war plötzlich gestorben, zuvor auch nicht etwa betrunken, sondern nur so schwach, daß er nicht mehr im Stande war, seinen wirklichen Zustand zu schildern. — Annabcrg. Seit dem 1. Osterfeiertag ist von hier ein junger Kaufmann M. verschwunden, welcher al« Vertreter einer Gablonzer Perlenfirma ein Kommissionslager hielt. Bei einer Revision stellte sich heraus, daß M. als Kommis sionär zum Nachtheil seiner Firma größere Unterschlagungen verübt hat, welche die Summe von 2000 M. erreichen dürften. M. begab sich von hier weg unter der Angabe, daß er sich in Dresden das Leben nehmen wolle. Er hat diesen Vorsatz aber nicht ausgeführt, scheint vielmehr in das Ausland ge flüchtet zu sein. — Penig. Einen überraschenden Fund machten Ar beiter in der in der Feldflur an der Leipziger Straße liegenden Sandgrube de« Oekonomen Julius Hcinig hier. Beim TranSpor- tiren der Sandwagen sank da« Pferd plötzlich mit einem der Hinterbeine tief ein, ohne jedoch Schaden zu nehmen. Bei der sofort angestcllten Untersuchung der Erdstelle endeckte man in der Vertiefung eine koffcrartige eiserne Kriegskasse mit Inhalt, welche offenbar aus dem Befreiungskriege stammt. Jedenfalls haben die nach den heftigen Gefechten am 6., 7., 8. u. 9. October 1813 um unser Penig von hier vor den Truppen der Verbündeten nach Leipzig zu rciirirenden Franzosen diese Kriegskasse im Stiche lassen müssen, welche dann auf irgend welche Weise durch einschießcndc Sandmasse» verschüttet wor den ist. — Rach einer Mitthcilung des Herrn I)r. Chrysander wird sich Fürst Bismarck freuen, die Abordnung, von je zwei Vertretern der 72 sächsischen Städte mit revi- dirtcr Städteordnung, welche ihm das Ehrenbürgerrecht ver liehen haben, behufs Empfangnahme des Ehrenbürgerbrief« in FricdrichSruh, Mittwoch, den 8. Mai 1895, Mittag« zwischen 12 und 1 Uhr zu empfangen. Die Vertreter der Städte werden den 7. Mai Abcnvs in Hamburg an einem noch zu bestimmenden Orte sich versammeln und diesen Abend gemeinsam verleben. Die Fahrt nach FricdrichSruh erfolgt von Hamburg au« gcmeinschastlich Mittwoch Vormittag zwi schen 10 und 11 Uhr. 'Nach den, Empfang beim Fürsten Bismarck gemeinschaftliche Rückfahrt nach Hamburg, dort ge meinsame« MittagScssen. Der Ehrenbürgerbrief wird vom 4. bi« 6. Mai in der königl. Industrieschule zu Plauen, Bahnhofstraße, ausgestellt werden; übrigens ist eine mechanische Vervielfältigung des ganzen EhrenbürgcrbricseS vorgesehen. — Alljährlich ist die Thatsachc zu konstatircn, daß sich eine Anzahl der ausgehobenen Rekruten schon vor ihrer Einstellung zum aktiven Truppcnthcil verehelicht. Im Inter esse derselben sei wiederholt darauf ausmerksam gemacht, daß zu einer derartigen Vcrhcirathung unter allen Umständen die Genehmigung des zuständigen königlichen Bezirkskommandos nachzusuchen ist. Hervorzuheben ist dabei, daß weder die Ehefrau des betreffenden Rekruten, noch die aus der Ehe entsprossenen Kinder Anspruch aus Unterstützung durch den Staat oder die Gemeinden haben. Auch wird während der aktiven Dienstzeit keine Rücksicht auf die Vcrhcirathung ge nommen, sondern der Betreffende stet« als unverhcirathet betrachtet. Ein Anrecht aus vorzeitige Entlassung erwirbt derselbe dadurch ebenfalls nicht. — Die „Dr. Nachr." erhalten im Anschluß an da« zur Thatsache gewordene Petroleummonopol eine Zuschrift von einem Interessenten, die anregt, eine kritische Beleuchtung der deutsch-amerikanischen Petroleum-Gesellschaft vorzunehmen. Wir entnehmen der Zuschrift Folgende«: Die genannte Ge sellschaft ist ein Tochter-Institut der Standard Oil Eompany. Sic hat ihre Ceutralftellc in Bremen, außerdem größere Niederlassungen in Hamburg, Harburg, Stettin, Danzig, Königsberg, Breslau, Bromberg, Magdeburg, Roßlau, Geeste münde, Nordcnhcw, Mannheim, Straßburg, Hüningen, Basel, Duisburg, Kassel, Dortmund, sowie zahllose kleine Tankanlagen an Orten von wenigen Tausend Einwohnern. Wo Konkurrenz ist, wird diese nach dem amerikanischen Muster unterboten. Als Konkurrenten haben sich bi« jetzt nur zwei Firmen, die von den unabhängigen amerikanischen Raffineuren beziehen, zu behaupten vermocht: Philipp Poth in Mannheim und Rassow, Jung u. Co. in Bremen. Al« diese beiden Firmen im vorigen Jahre die Bearbeitung des ElbgebieteS aufnahmen, setzte die deutsch-amerikanische Petroleum-Gesellschaft die Preise für Petroleum um 25 Pfg. pro Centner im ganzen Elbgebiet herunter und trieb den Preis für leere Fässer um 75 Pfg. per Stück in die Höhe. Zur Erklärung des zweiten Kon kurrenzmanövers ist zu bemerken, daß da« eichene Faß im Petroleumhandcl trotz der Tanktransporte immer noch eine sehr wichtige Rolle spielt, namentlich in der Versorgung der kleinen Ortschaften, die für Tank« und Cisternenwagen keine genügende Verwendung bieten. Da aber bei dem Ueberwiegcn der Tanktransporte vcrhältnißmäßig nur wenig neue Fässer in den Handel kommen, so ist der Vorrath allmählich zusammen geschmolzen und die Konkurrenz beim Einkauf der leeren Barrel sehr heftig geworden. Nicht genug übrigen«, daß die Mono polisten den unabhängigen Firmen die Fässer vor der Nase wcgschnappen, brennen sie auch den einmal von ihnen benutzten Fässern ihren Firmenstempel in unzerstörbarer Form ein und verfolgen die Gegner, die sich solcher Fässer bedienen, wegen Verletzung de« Markcnschutzgcsctze«. So wird mit Beharr lichkeit von Seiten der deutsch-amerikanischen Petroleum-Ge sellschaft der Plan verfolgt, durch Abschneidcn de« Kleinhandel» die beiden Firmen in Mannheim und Bremen lahm zu legen und sic zum Eintritt in den Dienst der Standard Oil Com pany zu zwingen. ES ist daher Sache der Interessenten, die Bestrebungen der deutsch-amerikanischen Petroleum-Gesellschaft nicht zu unterstützen, sondern den Einfluß der noch bestehen den, obengenannten Konkurrenzfirmen zu stärken. Sobald die letzte Konkurrenzfirma von der Bildfläche verschwindet, wird auch die letzte Wirksamkeit der natürlichen Bestimmungsgründe des Petroleum« (Umfang der Produktion, Transportkosten) beseitigt und die Willkür der Monopolisten regiert allein. Für die Unsicherheit, die augenblicklich infolge der jüngsten Preis treiberei aus dem Petroleummarkte herrscht, ist da» Gerücht bezeichnend, daß auch die amerikanischen Outsider», d. h. die nicht dem Rockefcller'schen Ringe angehörigen Interessenten, plötzlich vor Nir. Rockcfcller's Allmacht kapitulirt hätten. — Infolge de« plötzlichen Steigen« der Petroleum preise auf dem Weltmärkte beginnt sich in Oesterreich eine lebhafte Petroleumausfuhr nach Deutschland und der Schweiz zu entwickeln. Probesendungen, die von Oesterreich nach Deutschland gekommen sind, sollen gut ausgefallen sein und den gewöhnlichen amerikanischen „stunckuick rvllite" in mancher Hinsicht übertreffen. Aus vergangener Zeit — für unser« Zeit. 1. Mai. (Nachdruck verboten.) Am I. Mai 1851 fand die Eröffnung der ersten Weltausstellung in London statt. In unserer Heil der Ausstellungen ist selbst eine Welt ausstellung nichts außerordentliches mehr; damals jedoch war diese Aus- stellung etwas Neues und Unerhörtes, das allgemeinstes Interesse be anspruchte. Die Ausstellung war zuerst als eine englisch nationale ge- dacht, wurde jedoch auf Anregung deS Prinz-Gemahls Albert zur Welt ausstellung erweitert. Sie hatte auf einem Flächenraum von 84,000 Quadratmetern 17,062 Aussteller, wurde von 6'/, Millionen Menschen besucht und hatte einen Ueberschuß von 3'/, Millionen Mark. Bekannt- lich halten spätere Ausstellungen einen viel größeren Umfang, aber kaum größeren materiellen Erfolg. 2. Mai. Der 2. Mai 1815 war es, der in dem Kriegsdrama der sogenannten „hundert Tage" dem König Murat von Neapel den Thron raubte. Es ist hier schon mehrfach gezeigt worden, wie dieser Schwager Napoleons unkluger Weise nicht die Zeit erwarten konnte, bis er mit Napoleon vereint vorgehen konnte, wie er vielmehr auf eigene Hand sich in den Krieg Mrzte, auf den Freiheitsdrang der Italiener rechnend. Er ver rechnete sich aber vollständig. Er wurde am genannten Tage von dem österreichischen Heere unter General Bianchi bei Tolentino geschlagen; das neapolitanische Heer löste sich in regelloser Flucht auf, Murat rettete sich nach Neapel. Keimgefunden. Historische Erzählung von Wilhelm Appell. (1. Forisetzung.) Nachdem Jakob den Juden scharf angeblickt, erbot er sich, ihn selbst dahin zu führen. Unter dem Weiterwandern erzählte dieser, daß er nach Italien wolle, wo er Verwandte habe ; innig endete er seine Rede: „In Tirol ist es gut zu wandern auf dem Lande, da es giebt hier nur ehrliche Menschen, denen ist heilig das Hab und Gut des Nächsten. Gott segne solch ein Volk!" Al« der Jude ausgesprochen hatte und emporblickte, schrie er entsetzt aus: „Gott meiner Väter, errette mich und lasse mir wer den Hilfe!" Mit gezücktem Messer stand Jakob vor dem Juden, und bevor dieser noch ein Wort weiter sprechen konnte, drang ihm schon der blanke Stahl in die Brust ; dann brach er verröchelnd zusammen, nur noch stammelnd: „Mein Blut komme über Dich und brenne unauslösch lich auf Deiner Seele!" Gleich darauf lag er bleich und stumm im Moose, die glanzlosen Augen starr auf Jakob gerichtet, welcher in unheim licher Scheu auf sein Opfer niederblickte. Erst die Habgier und seine verzweifelte Lage bewogen ihn dazu, den Ermordeten auch zu berauben. ES gab eine reiche Beute, denn der breite Ledergurt de« Juden war gefüllt mit Gold- und Jilbermünzcn. Aber auch eine prächtige Uhr mit Kette fand sich vor. Als er eben daran gehen wollte, die Leiche in einen nahen Ab grund zu schleudern, vernahm er die Stimmen herannahendcr Männer, weshalb ihm nicht« übrig blieb, al« zu entfliehen. In aller Stille löste er bei dem Wucherer in der Stadt die Schuldverschreibung ein, welcher auch dann nicht über da« vortheilhafte Geschäft sprach, da« er gemacht, al« Jakob ein gezogen wurde, wodurch dessen Angehörigen die kleine Wirth- schast erhalten blieb. Die geraubte Uhr, die er prahlend seinen WirthShauSkumpanen gezeigt, wurde zum Verräther an ihm. Da man auch noch einen großen Theil des Geldes bei ihm fand, gab c« eine kurze Gerichtsverhandlung, die mit seiner Vcruriheilung zu zwanzig Jahren schweren Kerker endete. Und nach dieser ihm so ewig lang gewordenen Zeit stand er abermals an der Stelle, an welcher er einst den Mord ver übt, und nun war e« ihm aus einmal, als wenn da« Fürchter liche gestern erst geschehen. Mit auf die Brust gesenktem Kopse schritt Jakob dann wieder dahin. Plötzlich sah er einen Mann von hoher, kräftiger Gestalt auf sich zukommcn. Derselbe hatte einen langen, bis auf die Brust reichenden Bart und ein freie«, offenes Gesicht, au« welchem Biederkeit und Herzensgüte sprachen. Er trug ein rothe« Wams, über dem sich ein breiter grüner Hosenträger befand, schwarze gemSlcderne Beinkleider, nebst rothen Strümpfen, einen Ledergürtel, auf dem sich die Buch staben A. und H. eingestickt befanden, einen kurzen grünen Rock ohne Knöpfe und einen runden, schwarzen Hut mit einem breiten Rande. Er mochte in dem gleichen Alter wie Jakob stehen, der glühenden Auge« in das vom vollen Mondenlichtc beschienene Gesicht de« Daherkommenden starrte. Dasselbe schien ihm so bekannt, und doch konnte er sich den langen Bart nicht zu demselben reimen. Als er noch einige Schritte von dem stattlichen Manne entfernt war, wandte auch dieser forschend seine Blicke aus Jakob, doch geschah e« mehr ängst lich prüfend, da dieser nicht die tiroler Landestracht, sondern die graue Sträflingskleidung trug, in welcher man ihn ent lassen. Scheu wollte Jakob rasch vorüber schreiten, als ihm ein freundlicher Gruß entgegen scholl, auf den er dankend erwidern mußte. „Wo geht die Reise hin, so ganz allein?" wurde ihm noch die Frage, woraus er antwortete: „In« Dors hinab!" ES schien, al« wenn der Langbärtige noch etwa« fragen wollte, denn er blieb einen Augenblick zweifelnd stehen; dann aber entfernte er sich mit einem stummen Gruße. Aber auch Jakob ging wieder weiter und zwar hoch erregt. Nach einer Weile drehte er sich um und sah dem stattlichen Mann prüfend nach; doch auch dieser hatte ein gleiche« gethan. Al« sich beider Blicke begegneten, nahmen sie rasch den Weg wieder aus. Während heiße Gluthwellen Jakobs Wangen überzogen, rief er wild vor sich hin: „Da« war der Andrea« au- dem SandwirthShause, der Andrea« Hofer war'«! Da« Gesicht hält' mich, de« langen Barte« wegen, täuschen können, die Stimme aber nie und nimmer! Wir sind zusammen ausgewachsen und waren treue Genossen, bi» — bi« ich eben meine eigenen Wege ging! Er hat mich so eigen angeschaut, und al» er endlich ersehen, wer ich bin, da ging er wieder weiter, ohne sich mehr um mich zu kümmern. Er verachtet mich, der Tugendspiegcl, aber auch alle Andern werden mich verachten, und da« ertrag ich nicht, denn da« brennt wie glühende« Feuer auf der Seele. Glaubt
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