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Amts- und Anzeigeblatt für den Bezirk des Amtsgerichts Eibenstock und dessen Umgebung : 18.04.1895
- Erscheinungsdatum
- 1895-04-18
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id426614763-189504187
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id426614763-18950418
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-426614763-18950418
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Amts- und Anzeigeblatt für den Bezirk des Amtsgerichts ...
-
Jahr
1895
-
Monat
1895-04
- Tag 1895-04-18
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Monat
1895-04
-
Jahr
1895
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hiesiger Gegend herrschte, wurden die beiden Osterfeiertagc dem herrlichsten Frühlingswctter begrüßt. — Dresden. „Margarinkäse" ist das neueste Erzcug- niß der Margarinefabrikalien. Gesundheitlich ist, se schreiben die „Dresdner Nachr." gegen den Zusatz den Margarine rum Magerkäse nicht« einzuwcndcn, aber e« ist ein gerechtes Ver langen des Publikums, daß dieser Zusatz eines nicht aus Milch bereiteten Stesse« beim Käsevcrkaus erkenntlich werde. Wer Schwei',erläse kanst, will eben Käse au« Milch und nicht aus Margarine haben. Neuerdings bringt nun eine sich eines riesigen ZulausS erfreuende Buttcrhandlung selchen Margarinckäse als Schweizerkäse in den Handel ;-derselbe stammt aus der bekannten Margarincfabrik den Mehr in Altena. Der Umstand, daß der Bezeichnung „Schweizcrkäse" nech ein dergesctzl wird, ist effcnbar der WohlsahrtS- pelizci als nicht genügend erschienen, um da« Publikum der Schädigung zu behüten, und c« hat daher ein Einschreiten stattgcsundcn. — Leipzig, Ui. April. Aus Tanger traf hier die telegraphische Miltheilung ein, daß der Reisende einer Leip ziger Firma in Saffi (Marokkos de» Mauren überfallen und gctödtct werden sei. Diese Nachricht bestätigt sich. Der Reisende heißt Reckstreh, ist 26 Jahre alt und unvcrhci- rathet. Uni ihn trauern eine Mutter und Geschwister, die hier leben u. deren Kummer man sich denken kann. Reckstreh war im Nedember den seiner Firma Weickert u. Enke Hier selbst ans eine Geschäftsreise ins Ausland gesendet worden; er bereiste zunächst Spanien und sedann die Nordküstc den Afrika. Reckstreh war als ein heckst gewissenhafter und tüchtiger Kaufmann bekannt, der mehrere Sprachen, darunter auch das Arabische, beherrschte. — Beim deutschen BundeSkegclseste im verigen Jahre war der Beschluß gefaßt werden, in den Jahren, in denen kein Bundcskegeln stattfindet, Gau Kegelfestc zu veranstalten. Im Gau Sachsen wird nun in diesem Jahre und zwar in der 2. Hälfte des Juni, der Berband Chemnitz ein Gau- Kcgclfcst arrangircn, das drei Tage in Anspruch nehmen wird und nach den Projekten des rührigen Festvorstandcs manche Abwechselung zu bieten verspricht. — In Plauen beabsichtigen junge Damen einen „Damcu-Radfahter-Klub" zu gründen, der sich dem „Deutschen Radsahrerbunde" anschließcn will. Die Fahrer innen werden nicht die bisher übliche Kleidung tragen, sondern benützen das neue Reformkostüm, bestehend u. A. in weiten Beinkleidern und Blouse. — Falk en stein. Nachdem der Frühling wieder ins Land gezogen, beginnt sichö auch unter den Radlern zu regen. So wurde in einer am 3l. März s. e. tagenden Borstandssitzung der Südwestbczirke Sachsens vom S. Rad- fahrcrbunde zu Lcngenscld ün „Goldenen Löwen" beschlossen, Sonntag, den 19. Mai eine gemeinschaftliche Frühlings- Au ssahrt nach Lengenfeld zu unternehmen. Mittags 1 Uhr soll nach dorhcrgegangcnem Empsang der Bundeskameraden ein Commers im obengenannten Hotel stattfinden. Hieran schließt sich, behördliche Genehmigung vorausgesetzt, ein Corso mit Musik durch die Straßen der Stadt. Nach Beendigung desselben wird der Commers Fortsetzung erfahren. Zum Leiter des Ganzen habe» die Bezirke Auerbach, Plauen, OclS- niy, Neuß, Schwarzenberg u. Zwickau Hru. Lehrer Baumann- Grünbach erwählt. — Treuen, 13. April. Vergangene Nacht gegen I Uhr ging ans bislang noch unbekannter Ursache die in der Kirch gasse gelegene, dem Färber Maudrich gehörige Scheune in Flammen ans. Das entfesselte Clement verbreitete sich außer ordentlich schnell und ergriff alsbald auch die unmittelbar neben dem Entstehungsherd stehenden Häuser des Tischlers Blühcr und des Webers Wiukelmann. In beide» Häusern wohnten mehrere Familien, denen die Rettung ihrer Habe bei der Schnelligkeit der Brandentwickclung nur in recht ge ringem Maße gelang. Das Maudrich'schc Wohnhaus ist da gegen vom Feuer verschont geblieben. — Ein Fall, der eine ernste Mahnung zur Vorsick! in sich schließt, kam kürzlich vor dem kgl. Landgericht zu Plauen zur Verhandlung. Am l. 'November v. I. hatte der 28 Jahre alte Schuhmacher Emil Richard Gllnncl au« Jägersgrün sich gelegentlich eines Spazierganges hinter einer fiskalischen Torfstichscheunc seine Pfeife angczündet und das dazu benutzte Zündholz achtlos wcggcworscn. Das Unglück wollte eö jedoch, daß hierdurch das an jener Stelle anstehende dürre Waldgras in Brand gcricth, und da« Feuer griff mit solcher Heftigkeit um sich, daß trotz der sofortigen Löschversuchc des Günnel alsbald auch die aus Steinpfeilern stehende Scheune in Flammen aufging und sannnt Inhalt vollständig nicdcrbranntc. Günnel wurde infolgedessen wegen fahrlässiger Brandstiftung angeklagt und hat seine Unvorsichtigkeit mit vier Wochen Ge- fängniß zu büßen. — Wie nunmehr endgültig scststcht, findet in diesem Jahre bei der sächsischen Armee Korps Manöver statt und wird dasselbe nicht wie früher gemeldet worden ist, in der Gegend von Zwickau, Glauchau und Crimmitschau, sondern zwischen Dresden und Bautzen abgchaltcn werden. — Wie verlautet, finden auch in diesem Jahre sehr um fangreiche Ucbungcn der Mannschaften des Beur laub tenstandcS statt, und zwar werden cinbcrufen: Von der Reserve: Infanterie der Jahrgänge >888 und 1889 (Unteroffiziere auch 1890): Unteroffiziere der Grenadiere, Infanterie und Schützen während des Regimentsexerzirens aus 20, die Mannschaften derselben auf 14 Tage; außerdem noch Unterosfizire und Mannschaften des 2. Grenadier- und Schlltzcnrcgiment« auf 20 Tage während des Manövers. Oberjäger üben vom 20. April bis 1b Mai, Jäger voin 2. bi« Ib. Mai. Landlvehr: Unteroffiziere und Mannschaften der Jahrgänge 1883 bis 1885 vorgenannter Truppentheile werden zu einer 14tägigen, Fahrer der reitenden Abtheilung, Fahrer, Bedienungsmannschaften und Unteroffiziere der fah renden Batterien der Jahrgänge 1888 und 1889 zu einer 14-, bczw. lülägigen Ucbung hcrangczogen. Ferner werden aus 14 Tage cinberuscn: Unteroffiziere und Mannschaften der Fcldartillerie der Jahrgänge 1883 bi« 1885, Mannschaften der Pionirc der Jahrgänge 1888 und 1889 und 1883 bi« 1886, sowie Trainmannschaften der Jahrgänge 1888 u. 1889 und Trainunterossiziere u. Mannschaften der Jahrgänge 1883 bi« 1886. Zur Bildung eine« Sanitätsdctachcmcnts beim Trainbataillon Nr. 12 haben Krankenträger (Unteroffi ziere und Mannschaften) der ältesten Jahrgänge der Reserve und Landwehr 13, bczw. 12 Tage zu üben. Die Einberufung der Volksschullchrer der Jahrgänge 1888 bi« 1891 zur 1. (sechswöchcntlichcn) Uebung erfolgt am 24. Juni; die zur 2. lvierwöchcnllichcn) Uebung am 25. August. Die Hebung der Telegraphisten der Jahrgänge 1888 bis 1889 findet vom 27. September bi« 21. November und die der Jahrgänge 1889 bis 1891 vom 19. 'November 1895 bi« 13. Januar 1896 statt, während Kavalleristen des Jahrgang« 1888 zu den Hcrbstübungcn beim Gardereiterrcgiment, 2. Husarcnregi- ment 'Nr. 19 und 2. Ulanenregimcnt Nr. 18 cinberufen wexden. Aus vergangen«» Zeit — für unser« Zeit. 16. April. (Nachdruck verboten.) Im Jahre 1525 fiel das Osterfest auf einen der spätesten Termine, auf die es überhaupt fallen kann, auf den 16. April. Für die gute Stadt Weinsberg kam dieser Ostersonntag immer noch allzufrüh für das Leid, daS sie zu erdulden hatte. Es war in der Zeit der Bauernkriege und die KriegSfurie wüthete in Deutschland; die so lange vom Adel und großen (Grundbesitz schwer bedrückten und mißhandelten Bauern hatten sich erhoben und zogen mordend und sengend und brennend durch deutsche Lande. Der berechtigten Unzufriedenheit durch zeitgemäße und vernünftige Reformen die Spitze abzubrechen, dazu fehlte damals die Einsicht. In Weinsberg hauste der Graf Ludwig von Helfenstein. Mit seinen Rittern und einem Theil der Bürger vertheidigte er tapfer die feste Stadt; aber die Bauern-Uebermacht war zu groß, 6000—8600 Bauern erstürmten die Stadt am Ostersonntag und es begann ein blu tiges Morden. Graf Ludwig mit 14 Rittern und vielen Reisigen wurden getödtet. 17. April. Vor 21 Jahren, am 17. April 1874, fand im deutschen Reichstage radeso der heiße Kampf der Parteien tobte, wie das in späteren Jahren bei derartigen Vorlagen der Fall war. Die Reichsregierung verlangte eine Friedenspräsenz von 401,000 M..nn, während anfangs die Volks vertretung nur 360,000 Mann bewilligen wollte. In Folge eines Eom- promisses wurde die Ziffer der Regierung zunächst auf 7 Jahre ange nommen und zwar mit 214 gegen 123 Stimmen. In der Minderheit 18. April. Am 18. April 1417 wurde der Burggraf Friedrich VI. von Nürn berg vom deutschen Kaiser Siegismund feierlich mit dem Kurfürstenthum Brandenburg belehnt. Das geschah zu Constanz gelegentlich deS dortigen Conzils und war der kaiserliche Dank für die Unterstützung, welche Friedrich, nunmehr Kur- und Erzkämmerer, beständig in Treue geleistet hatte. Er gehörte zu den wenigen deutschen Männern,-welche in einem geeinigten Deutschland das Heil deS Reiches erblickten und für dieses Ziel hat er sein Lebelang gewirkt. ES ist bekannt, wie der Burggraf und Kurfürst schwere Kämpfe ge^en den unbändigen, an das Raub- und Fehdelcbcn gewohnten Adel zu führen hatte und wie er schließlich doch die Trotzigen, die Quitzvw's und Genossen, -u unterwerfen wußte. chetrennt und verkoken. (38. Fortsetzung./ Dreißigstes Kapitel. Sir Graham s Nachricht. Sir Graham Gallagher saß an einem Fenster und be trachtete den Garten und den See. Er stand auf, al« Lord Champnch cintrat, und ging diesem mit ausgestrecktcr Hand entgegen. Der Lord bewillkommnete ihn herzlich. „Es scheint ein halbes 'Menschenalter zu sein, seitdem ich Sie zum letzten Mal sah, mein lieber Sir Graham!" sagte er. „Es ist ein halbes Menschenalter!" erklärte der Doktor. „Wir habe» uns seit der denkwürdigen Krankheit der Ladh Champneh vor siebzehn Jahren nicht gesehen. Sie haben in dieser Zeit unserm Lande an einem auswärtigen Hofe ge dient und Ihren Namen mit Ehren überladen. Aus einem strebsamen, feurigen Jüngling — Sie waren damals wenig mehr — sind Sie zu einem ernsten, charakterfesten Manne geworden." Lord Champneh seufzte. „Und Sie," erwiderte er, „haben sich in gleicher Weise verändert. Sic haben Ihrem wohlbekannten Namen einen Titel hinzugefügt. Aber dennoch mag Ihnen das Leben schwer geworden sein, wie cs mir schwer geworden ist, denn Sic sehen ängstlich, gtdrückt aus —" „glicht meinetwegen," unterbrach ihn Sir Graham, welcher eine passende Gelegenheit suckle, um mit seiner Nachricht, die ihn hicrhergesührt hatte, hervorzurückcn. „Ich habe keine Ur sache, unzufrieden zu jein. Mein Hau« ist behaglich, meine Frau sorgsam und liebevoll und meine Kinder sind gut ver sorgt. Ich bin vollständig glücklich." „Sie haben den höchsten Preis in der großen Lebens lotterie gezogen," murmelte der Lord, „und ich — ich bekam eine Niete." Der alte Doktor blickte den Lord verwundert an. „Eine 'Niete!" wiederholte er, sich in dem eleganten Zimmer nmschcnd. „Eine 'Niete — mit einem solchen Haus! — mit einem solchen 'Namen! — mit der schönsten, erhaben sten Frau im ganzen Lande!" Es war etwas in dem Wesen de« alten Doktors, was de« Lords Herz berührte — etwas so Freundliches, Zutrau liches, daß c« ihn drängte, diesem seinen Kummer mitzuthcilcn. „Sic halten mich für bcncidcnswerth, Sir Graham," sagte er bitter; „aber ich bin der unglücklichste Mensch! Was nützt cs mir, daß mein Name in der ganzen diplomatische» Welt bekannt ist, daß ich im ganzen Königreich geachtet bin, während ich mich unzufrieden und unglücklich fühle, während Eifersucht, Haß, Groll und —Liebe an meinem Herzen nagen?" Aus Sir Graham'« Gesicht zeigte sich Uebcrraschung und innige Thcilnahme. „Ist e« möglich?" fragte er. „Ich wußte, daß Sic sich im AuSlandc aufhiellcn und Lady Champnch in Zurückge zogenheit auf ihrem Gute Saltair lebte; aber ich hatte keine Ahnung, daß die Sache so mit Ihnen stand. Ich dachte, daß die Gesundheit der Lady Ehampncy den Aufenthalt in der fremden Residenz nicht gestatte und daß Sie häufige Besuche bei ihr machten. Wa« kann die Ursache einer so unseligen Entfremdung sein, mein lieber Lord? Es giebt doch im ganzen Königreich keine reinere, tugendhaftere Dame, al« Ihre Frau; auch kann ich nicht annchmcn, daß Sic aufgehört haben, ein ander zu lieben." „Nein — ja," antwortete Lord Champnch verwirrt. „Verzeihen Sie, Sir Graham, aber gerade mit Ihnen kann ich nicht über diese Angelegenheit sprechen. ES mag Ihnen genügen, zu erfahren, daß ich meine Frau mehr liebe, al« in jenen Tagen, da Sie uns kennen lernten; und doch sind unsere Herzen getrennt. E» ist, wie Ladh Champnch am Tage meiner Rückkehr zu mir sagte, ein Grab zwischen un«!" „Ein Grab?" „Ja, da« Grab unsere« kleinen Kinde«. Sic begrub ihre Liebe zu mir mit jenem kleinen Geschöpf. Wie unmöglich eine Wiedervereinigung unserer Herzen ist, mögen Sic au» ihren eigenen Worten entnehmen, sie sagte, nur wenn ich ihr da» Kind zurückbrächte, könnte sic mir wieder da« sein, wa« sic mir gewesen ist." „Das sagte Ihre Lordschast?" fragte er hastig. „Ja! Kann aber Einer die Todten zurückbringen? Hier kann ich ihr da« Kind nicht zurückgcben, vielleicht aber im Jenseits. Sic weiß nicht, Sir Graham, daß auch ich um da« kleine Wesen getrauert habe, daß ein solcher Verlust den Vater ebenso sehr schmerzen kann, wie die Mutter. In meinen einsamen Stunden erscheint mir noch ihr kleine« Gesicht wie da« eine« Engels. Sie war mir mehr al« eine Tochter — sic war das Band, welche« mich mit meiner Frau verknüpfen sollte. Und sie starb unter Fremden und die Augen ihrer Mutter sahen sic nie." „Gott steh' mir bei!" rief der alte Doktor, aufspringend und im Zimmer auf- und abgehend. „So etwas habe ich nie erlebt. Hier quälen sich ein paar gesunde Menschen zu Tode wegen einer Kleinigkeit." „Eine Kleinigkeit, Sir Graham?" warf der Lord vor wurfsvoll ein. „Eine Kleinigkeit!" wiederholte Sir Graham bestimmt. „Ich will Ihnen sagen, iva« Sik zu thun haben, Mylord. Unterwerfen Sie sich meinen Anordnungen, und ich will Ihre häusliche Harmonie wieder Herstellen. Sie müssen Ladh Champnch den Gefallen thun und ihr ihre Tochter zurückgeben." Lord Champneh begann zu fürchten, daß sein Gast den Verstand verloren habe. „Giebt das Grab seine Tobten wieder her?" fragte er. „Nicht, daß ich wüßte - wenigstens nicht lebend. Aber es geht mitunter seltsam zu in der Welt, Mhlord. Diese Welt ist riesenhaft betrügerisch — wenigstens die Menschen darin. Sie haben keine Idee, was da Alles vorgeht. Gott steh' mir bei! Ich bin eben einer der seltsamsten Betrügereien, die ich je erlebt habe, auf die Spur gekommen. Sie werden erschrecken, wenn ich Ihnen davon erzähle; aber deshalb bin ich gerade zu Ihnen gekommen. Sind Sie vollständig gefaßt, Mhlord?" Lord Champneh's Meinung über den Zustand des alten Doktors wurde immer ungünstiger. Er beantwortete Sir Graham « Frage bejahend. Dieser setzte seine Promenade im Zimmer fort. Der Ausdruck seine« glühenden Gesichtes zeigte, daß er im Besitz eines wichtige» Geheimnisses war. „Es ist eine räthselhaftc Geschichte, wie ich, wenn ich nicht irre, bereits gesagt habe," begann er nach einer Pause. „Das ist es, womit sic beginnt: Gestern 'Nacht, es war gegen Mitternacht, als meine Familie sich schon zurückgezogen hatte, saß ich noch allein in meinem Studirzimmer, die Autoritäten in einer sehr interessanten Angelegenheit zu Rathe ziehend. Mitten in meiner Arbeit wurde ich durch einen schwachen Ruf gestört, und gleich darauf hörte ich etwas, als ob Jemand auf den Grasplatz niederste!. Ich trat hinaus, und wa« sah ich — ein junges Mädchen! Ich nahm es aus und trug es in das Hau«. Da ich Jemanden nach dem Mädchen rufen hörte und mir die Sache etwas geheimnißvoll erschien, ver schloß ich die Thür und ließ die Gardinen herunter; dann setzte ich meine Bemühung, das Mädchen zum Bewußtsein zurückzubringen, fort." „Nun?" fragte der Lord, als der Doktor einen Augen blick schwieg. „Was habe ich mit dieser Sache zu thun, wenn ich fragen darf, Sir Graham?" „Warten Sic!" befahl der erregte Doktor. „Haben Sic mir Geduld, Mhlord. Al« ich mich über das junge Mädchen beugte, siel ein abgerissene« Stück von dem Acrmel zurück uud ich sah am rechten Arme — merken Sie auf, Mhlord, am rechten Arme, und über dem Ellbogen — ein Maal! Es war ein kleines, unrcgclrccht gezeichnetes Kreuz —" „Diese« Zeichen war gleich dem auf dem Arme meiner kleinen todten Barbara!" unterbrach ihn der Lord überrascht. „Eine wunderbare Uebereinstimmung!" „Ja, das scheint mir auch so. Gott steh' mir bei! Eine sehr wunderbare Uebereinstimmung! 'Nun, das Mädchen er holte sich und erzählte mir seine ganze traurige Geschichte. Sie war so schön wie ein Engel uud der kleine bewegliche Kopf war über und über niit Locken bedeckt — gerade von der Farbe Ihres Haares, so wahr ich lebe!" polierte Sir Graham cinhaltend, um sich ein wenig zu erholen und die Wirkung seiner Erzählung auf den Lord zu beobachten. „ Sie war so schlank wie eine Tanne, hatte ein kindliches Gesicht und große, unschuldige Augen und einen bezaubernden Blick. Sie erinnerte mich, ich weiß nicht, wie es kani, an Sic. Ihr Kind, wenn es lebte, würde Ihr getreue« Ebenbild sein, Mhlord." „In der Thal!" sagte der Lord kühl, nicht sehr erbaut von dieser Schilderung. „Und wer war diese Nachtwandlerin — diese romantische junge Dame?" „Sie sagte, daß jene alte Hexe, welche ich hatte rufen hören, ihre Mutter sei. Sie sagte, daß diese Mutter sie als kleines Kind verkauft hatte an einen freundlichen alten Squire in Sussex, welcher sic wie seine Tochter erzogen und eine Dame aus ihr gemacht hatte." „Ein undankbares Geschäft von Seiten des Squires," bemerkte Lord Champneh. „Eine solche Erziehung von Leuten au« niederem Stande führt gewöhnlich zu den größten Un annehmlichkeiten. Dieser Umstand brachte das Mädchen auch wahrscheinlich zu seiner 'Mutter zurück." „Der Squire starb, ohne ein Testament gemacht zu haben und hinterließ da« Mädchen somit hülflos. Sein Sohn gab ihr etwas Geld und schickte sie fort zu ihrer Mutter. Diese nahm sic mit nach London, wo sie auch den Vater trafen. Denken Sie sich die Lage de« jungen Mädchens. Eine Dame, von Natur und Erziehung sein, gebildet, zart fühlend, edel und gut, mit diesen ihren Eltern — rohe, un geschliffene, vagabondirende, trunksüchtige Menschen, welche sie zu ihrer Unterhaltung auSnutzcn wollten, ehrlich oder unehr lich, wie es sich machte." Lord Champneh schauderte! „Armes Mädchen!" sagte er. „Sie haben Recht gcthan, zu mir zu kommen. Zeichnen Sic für mich jede nöthige Summe —" „Lassen Sic mich aussprechen," unterbrach ihn der Hof arzt. „Diese« Mädchen hat zwei Freier: Einer war ein Land- squire, ein Gentleman mit Universitätsbildung, der Andere ein feiner Stutzer au» der Cilh, welcher sich in Hor«ham aufhielt —" „Wie? Dort verweilte Felix — Felix Warner, Sie er- . innern sich seiner, Sir Graham? — so lange." „Der feine Stutzer besuchte sie in London," fuhr der Doktor fort, ohne de« Lord« Worte zu beachten, „und da er sah, daß sie keine Erbin mehr war und daß sie solche Ver wandte hatte, machte er ihr infame Anerbietungen!" „Dieser erbärmliche Wicht! Dieser miserable Schurke!"
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