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Bischofswerda, Stolpen und Umgegend > Zur gemeinnützigen Unterhaltung Mr alle Stände. - - ? Diese Zeitschrift erscheint wöchentlich 2 Mal, Mittwochs und Sonnabends, und kostet vierteljährlich 12tz Ngr. , , — — , > - 12.^ Sonnabend, de« A. Februar ^1856 Zeitbetrachtung. Am 1. Febr. d. I. sind in Wien von den Ver tretern der kriegführenden Mächte und Oesterreichs die Präliminarien zu den FriedenSverhandlungen unterzeichnet worden und der Friedenskongreß wird allem Anschein nach zur großen Genugthuung deS CäsarS L. Napoleon in Paris fiattfinden. So ist also daS Ansehen Napoleons HI., der einst viel Mühe hatte, in die europäische Staatenfamilie ausgenommen zu werden, so gestiegen, daß unter seinem Schutze die Welt plötzlich Frieden erhalten soll, ob einen gesunden, dauernden oder einen faulen und unbeständigen muffen wir abwarten. Welch' ein Umschwung der Dinge hat sich in Frankreich seit Kurzem vollendet! Vor wenig Wochen noch sprachen die dortigen Tageblätter, erbittert von Fortsetzung deS Kampfes und jetzt stimmen alle, wie auf ein gegebenes Signal die Friedenspfeife an. Man sagt, daS Ministerium habe den Journalen die Wei-, sung gegeben, mit größter Zuversicht von der Rückkehr deS nahen Friedens zu sprechen, damit die neu aufzu nehmende Staatsanleihe zu recht hohem Course Käu fer finde. Rußland, daS früher arg angcfeindete, wird jetzt mit einem Mal mit großer Auszeichnung und Rücksicht in der französische» Presse gefeiert. DaS find Gegensätze, welche nur aus dem Charakter deS wankel- müthigen französischen Volkes erklärbar find. Die Gegenstände der französischen Begeisterung ha ben seit einem Menschenalter ungemein gewechselt. Frankreich hat einzelne seiner Regenten vergöttert und dann ins Exil geschickt und lächerlich gemacht; es hat aus seiner Geschichte eine Mode, aus seinen Kriegen ehrgeizigen Ruhm, auS dem Kriege wie auS plötzlichem Frieden eine Ueberraschung Europas gemacht. 3n einem Staate, wo nach den Lehren der Ge schichte Niemand ahnen, geschweige denn berechnen kann, was der morgende Tag bringt, benutzt man daS Heute, so gut es eben geht. 3n Frankreich klatscht mau jedem Wechsel Beifall, grämt sich nicht über die Vergangenheit, macht sich über die Zukunft keine groß« Sorge. Man freut sich, wenn ein flüchtiger Fried« urplötzlich di« Welt ebenso überrascht , als früher der Kriy. Die böse Welt behauptet, »ach dem geschloffenen flüchtigen Frieden, welcher Rußland groß und angriffs fähig läßt, werde Frankreich ein Bündniß mit Rußland eingehen, mit demselben Rußland, zu dessen Bekämpfung man so viele Tausend Menschen geopfert Wir glauben daS nicht; aber wer kann wagen > so etwas für unmöglich in einem Lande zu halten, wo Aller so rasch wechselt, und von woher die Welt schon so oft überrascht worden ist? Mittlerweile ist am 31. 3an. die englische Thron rede gelesen worden. Hier begegnen wir einem festen« Bestand der Grundsätze. Käme r- auf diesen Staat in erster Reihe an, die Welt würde nicht mit einem ungenügenden, vielleicht nur kurz andauernden Frieden über rascht werden. Nach den ungeheuer» Opfern, welche an Menschen und Geld und an Einbuße deS Handel gebracht sind, haben wir nicht Ursache, unS eines «n» sichern Frieden- zu freuen, bei dem die Welt nicht zum Bewußtsein der Ruhe kommt, bei dem Europa nicht in großem Maßstabe entwaffnen kann; ein „fauler" Friede kann an dem Mark Europa- mehr zehren, alt noch ein 3ahr Krieg, wodurch Rußland für lauge Zeit Mittel und Lust benommen worden wäre, Eurova über Kurz oder Lang wieder in Krieg zu stürzen. Die eng lische Thronrede sagt: „Bei Führung der Friedensun- terhandlungen werde ich sorgfältig darauf achten, die Zwecke, um deren Willen der Krieg unter nommen wurde, nicht auS den Augen zu ver lieren; ich werde eS für recht halten, in meinen Rü stungen zur See und zu Lande um keinen Grad nach- zulaffen, bis ein befriedigender Frieden-trartat abgeschlossen sein wird." Sodann enthält die englische Thronrede noch einen Passus, der von der Presse wenig hervorgehvben wor den ist und der doch eine große Bedeutung enthält. Diese Stelle lautet: „Obwohl der Krieg, in wel chen ich verwickel» bin, durch Ereignisse im Süden Europa- herbeigeführt worden ist, habe ich meine Auf merksamkeit von den Verhältnissen de» Norden-nicht äbgewandt und im Verein mit dem Kaiser der Fran zosen einen Vertrag mit dem Könige von Schweden, und Norwegen abgeschlossen, welcher Verpflichtun gen w«gen der Dertheidkgung Lkr Länder desselben feststeift und dazu bestimmt ist; da- Gleichgewicht d«r Elfter Jahrgang.