Volltext Seite (XML)
deutschen Stämme die Schmach de« heutigen ReichstagSbc- schlusse» als eine Beleidigung der nationalen Ehre und daß die« gerade in diesen, Jahre der sünsundzwanzigjährigen Er innerung geschehen konnte, mitten in den allgemeinen Festzu- rüstungen im ganzen Batcrlande, ist eine doppelte Wunde siir da« nationale Bewußtsein. — Berlin. Die Präsidentcnsrage beschäftigt die Parteien de« Reichstag« sehr lebhaft. In erster Linie steht die Absicht, Herrn von Levetzow wiederzuwählcn, namentlich da« Zentrum betreibt diese Aktion und will damit kund geben, daß sein Botum nicht gegen den bisherigen Präsidenten gerichtet gewesen sei. Bon dieser Seite wurde daher auch im Laufe der heutigen Sitzung versucht, Herr» von Levetzow zur aber maligen Uebernahmc de« Präsidiums zu bewegen. Herr von Levetzow hat diese« Ansinnen mit der entschiedenen Erklärung zurückgewiesen, daß er auf den Präsidenlcnpostcu sürder Ver zicht leiste. — Ein Erlaß de« Kaiser«, datirt vom 22. März, dem Geburtstage Kaiser Wilhelm« de« Ersten, regt eine Erweiter ung der Beihilfen für die Mitkämpfer au« den letzten Kriegen an, soweit solche bisher nach Lage der Gesetzgebung nicht berücksichtigt werden konnten. Die entsprechende Gesetz vorlage wird demnächst BundeSrath und Reichstag beschäftigen und hoffentlich eine befriedigende Erledigung finden. — Im badischen Eisenbahnrath theilte der Eisenbahn minister mit, daß zwischen den deutschen Regierungen die Vereinbarung getroffen sei, vom I. Mai d. ab aus allen deutschen Bahnen den Güterverkehr an Sonn- nnd Feiertagen einzn stell en, ausschließlich de« Vieh- und Eilgutverkehrs. — Vom ostasiatischen Kriegsschauplatz. Der „Standard" erfährt von gut unterrichteter Seite, Japan wünsche die chinesische Kriegsentschädigung weder in Silber, noch in Gold, noch auch in Form einer Gebietsab tretung, sondern in genügend gesicherten Schuldverschreibungen zu erhalten. Japan strebe hierdurch die Störung zu ver meiden, die die Anhäufung massenhaften ReichthumS über die Möglichkeit nutzbringender Verwendung hinaus für seine Finanzen und das Erwerbsleben im Gefolge haben könnte; auch möchte Japan lieber selbst an Stelle Europa« China znm Pfandschuldner haben. Locale und sächsische Nachrichten. — Eibenstock. Seine Majestät der König habenden Vorstand de« Amtsgerichts Eibenstock, Amtsrichter Kautzsch unter dem l. Mai d. I«. zum Amtsgerichtsrathc und Vor stände de« Amtsgerichts Glauchau sowie zum Vorsitzenden der Kammer für Handelssachen au« den AmtSgerichtSbezirkcn Glauchau, Crimmitschau, Werdau und Meerane zu ernennen geruht. Al« Nachfolger de« Genannten ist der Amtsrichter bei dem Amtsgerichte Stollbcrg Julius Clemens Ehrig zum Vorstande des Amtsgericht« Eibenstock bestimmt worden. — Eibenstock. (Eingesandt.) E« ist bereits vor einigen Wochen erwähnt worden, daß der 80. Geburtstag des Altreichskanzlers Fürsten von Bismarck auch hier gefeiert werden soll. Verschiedene hier bestehende Vereine haben sich zu diesem Zwecke zusammcngethan und ein sehr reichhaltiges Programm ausgestellt. Sie werde» in der nächsten Nummer diese« Blatte« öffentlich an die Bürgerschaft mit dem Ersuchen herantrctcn, an der Feier sich recht zahlreich zu bctheiligcn. Diese» Ersuchen wird voraussichtlich kein fruchtloses sein. Alldeutschland steht jetzt unter dem häßlichen Eindrücke de» Beschlüsse« einer geringen Mehrheit de« Reichstages, von einer osficiellen Beglückwünschung de« Einigers Deutschlands feiten des von ihm erst geschaffenen Volksvcrtrctungskörpers abzusehen. Auch hier hat dieser Beschluß auf allen Seiten abfällige Bcurtheilung gesunden. Was die Volksvertretung nicht kann, da« wird da« Volk selbst doppelt Ihun! — Eibenstock. Wie au« dem Jnseratentheile der heutigen Nummer zu ersehen, ist zur Zeit in Stadt Dresden das in Holz geschnitzte Kunstwerk der Kölner Dom aus gestellt. Es verlohnt wohl der Mühe, da« Ergcbniß der I4jährigen Thätigkcit eine» Manne« in Augenschein zu nehmen, der weder al« Tischler, Drechsler oder Holzschnitzer gelernt, dennoch das größte Werk deutscher Baukunst mit bewundernS- werther Naturtreue nachgcahmt hat. Das Kunstwerk bietet insofern noch besonderes Interesse, als auch das Innere des Domes mit seiner Ausstattung sichtbar ist und ein kleine« Orgelwerk in Betrieb gesetzt werden kann. — Eibenstock, 2b. März. Trotz de« vielen Schnee'«, der noch liegt, wagen sich doch schon die Kreuzottern heraus und zwar wurde heute eine 417- em lange und noch lebende Kreuzotter bei dem hies. Stadlrathe abgcliefcrt. — Eiben stock. Der Bicnenzüchtervcrcin für Schönheide und Umgegend hielt vergangenen Sonntag in der MeichSner- schen Conditorci seine Versammlung ab. Herr Gärtner Lehnert aus Schönheide, der Vorsitzende des Verein«, hatte sich das Thema gewählt. „Wie ist die normale Größe der Biene aufrechtzuerhalten?" Die Zuhörer folgten dem Vortragenden mit sichtlichem Interesse. Bemerkt sei, daß der harte Winter den Bienenständen bis jetzt in unsrer Gegend nur vereinzelt Schaden zugcfiigt hat. — Schönheide. Auch in unserer Gemeinde trifft man Veranstaltung, um den Fürsten Bismarck an seinem 80. Geburtstage zu ehren. In Aussicht ist genommen ein allgemeiner CommerS, unter Heranziehung der verschiedenen Vereine. Die Schule hält im Saale de« GambrinuS einen feierlichen Aktu« ab. Der Erzgebirgszweigverein wird auf dem Knock, in der Nähe des sogenannten Panoramas ein Freudenseuer abbrcnnen. — Der ErzgebirgSzweigvcrein hat beschlossen, den Prinz Georg-Thurm auf dem Kuhberg am I. Mai, wenn möglich schon zu Ostern zu eröffnen. Anzu erkennen ist, daß zur besseren Oricntirung an verschiedenen Stellen die Ausstellung von Wegweisern geplant ist. Für Ruhe bedürftige werden an geeigneten Punkten Bänke aufgerichtet werden. — Dresden, 22. März. In dem Hause Windmühlen straße 19 ist hcnte gegen Mittag ein gräßlicher Doppel mord verübt worden. Man fand die in einer Stube dort wohnende 78 Jahre alte Almosenempsängerin Frau Geißler, geb. Schlotte, sowie den bet ihr aufhältlichen 10 Jahre alten Pflegesohn Heinrich HauSwald mit starken Schnuren erwürgt vor. Die Geißler hatte außerdem noch Stichwunden im Kopfe und lag in einer Blutlache. Als Hausbewohner den Mord entdeckten, hielt sich der 18 Jahre alte Tapezirer Julius Theodor Ebert von hier, welcher in jener Gegend wohnt, an scheinend zufällig in dem fraglichen Grundstücke auf. Er wurde von irgend Jemandem veranlaßt, doch nach der Polizei- Wache zu gehen und den Vorgang zu melden. Ebert führte die» auch mit der größten Seelenruhe au». Im Polizei- Revier kannte man ihn jedoch schon als einen verbrecherischen Menschen, und da man außerdem an seinen Händen frische Kratzwunden fand, so fragte man ihn eindringlicher au« nnd behielt ihn auf der Wache zurück. Es ergab sich sehr bald, daß er in der elften Stunde in dem Logi« der Ermordeten gewesen war, die Verdachtsmomente häuften sich weiter gegen ihn, und »ach kurzer Zeit bekannte er, daß er den Doppel mord selbst verübt habe. Offenbar hat er die Alte berauben wollen, er soll auch einen geringen Geldbetrag mit weggenom- mcn haben. Der Knabe ist dazu gekommen, während Ebert nach Verübung der gräßlichen That noch in der Wohnung weilte, und hat um Hilfe gcschrieen, und so hat der Mörder auch diesen hcrgenommen und mit einer Schnur erdrosselt. Ebert gab al« Grund des Mordes an, daß e« ihm in der Straf- und Besserungsanstalt Sachsenburg, wo er bi« vor Kurzem internirt war, besser gefallen habe, al« in der Frei heit, wo er mehr arbeiten müsse und ein schlechtere« Leben habe. — Dresden. Die Königl. Wasserbaildirektion theilt Folgendes über den Wasserstand der Elbe mit: Nachdem vorgestern der Wasserstand von dem nm 9 Uhr Vormittags am hiesigen Elbpcgel erreichten Höchststand von 275 Cm. über Null bi« auf 270 Cm. über Null zurückgegangen war, ist der selbe seit vorgestern Abend 9 Uhr wiederum im Steigen und hat gestern Vormittag I I Uhr bereit« den Stand von 308 Cm. über Null erreicht. Jedenfalls haben im Gebirge noch größere Schnccmasse» gelagert, welche in Folge der reg nerischen und warmen Witterung rasch abschmelzen und die Zuflüsse in nicht vorauSzusehcnder Weise verstärken. Die gestern (Sonntag) gemeldeten Wasserstandsverhältnisse sind folgende: Dresden: 7 Uhr früh -i- 298 Cm., I I Uhr Vorm. -i- 308 Cm., 6 Uhr Nachm. -I- 323 Cm. Nach einer vom Landcskulturrath in Prag cingegangcncn Mittheilung ist hier für heute Abend voraussichtlich ein Höchststand von 350 Cm. über 'Null zu erwarten. — Chemnitz. Deutschland hat stet« allen Neuerungen die sorgfältigste Beachtung geschenkt. Den deutschen Offizieren sind die Resultate, welche durch die Verwendung von Ballon« im amerikanischen Bürgerkriege 1862 63 erzielt wurden, nicht entgangen. Solange sich indeß alle Mächte der Luftschifffahrts frage gegenüber passiv verhielten, gebot es bei uns die Spar samkeit, nicht allein mit kostspieligen Versuchen vorzugehen. Freilich rächte sich diese« Verfahren auch für uns im Feldzüge 1870/71 ziemlich bitter. In Frankreich leisteten die Luftschiffe! in der Zeit der Noth vortreffliche Dienste. Auf den Ruf kamen sie von alle» Seiten herbei, um dem bedrängten Vater lande beizustehen. Bei uns ertönte derselbe Ruf, aber Deutsch land hatte keine Lustschifser und hat in der That auch heute noch wenige. Die oberste Heeresleitung mußte daher mit vielen Mühen und großen Unkosten sich im Auslande um Aeronauten bewerben. Jedes patriotisch fühlende Herz muß die damalige Hülfslosigkcit unsere« Vaterlandes schmerzlich empfunden haben. Die Frage tritt nun heran: Woher kam da«? Die Beantwortung ist sehr einfach. Da« französische Volk hat die Luftschifffahrt stets gepflegt, unterstützt, gefördert, bei un« dagegen ist sie über die Achsel angesehen und verkannt worden. Seit dieser un« zur Warnung dienenden Zeit hat sich jedoch die Luftschifffahrt im Deutschen Reiche wesentlich gehoben und die in den größeren Städten de« Reiche« ge gründeten Vereine haben zugleich mit den Militärbehörden gewetteifert, die Luftschifffahrt auf die Stufe zu bringen, auf welcher sie sich in anderen Ländern bereit« befindet. Erfreu lich ist c« daher, daß auch in Sachsen sich beherzte Männer gefunden haben, sich mit der Luftschifffahrt näher zu befassen, jedoch kann ein solches Unternehmen nur dann von Erfolg fein, wenn es allerwärtS genügende Unterstützung findet. In Chemnitz hat sich, wie bereit« mitgetheilt wurde, eine Ver einigung von Männern gebildet, die beabsichtigt, für Sachsen die Luftschifffahrt zu fördern; dieselbe soll der Wissenschaft und auch dem Bat"rlaudc Dienste leisten, wenn dieselben ver langt werden. Mögen sich recht viele Freunde dieser Sache finden, möge das nicht leichte Unternehmen stet« von Glück begünstigt sein, damit auch die Chemnitzer Vereinigung als erste für Sachsen sich unseren Nachbarländern würdig zur Seite stellen kann. — Zwickau, 23. März. In heutiger Sitzung der dritten Strafkammer de« königl. Landgerichts wurde der Rechts anwalt Heinrich Reinhold Schrap« hier wegen Beleidigung von richterlichen Beamten zn einer Gefängnißstrafe von 6 Monaten und 1 Woche verurthcilt. — In Kappel stürzte am 2l. d. M. ein fünfjähriger Knabe, Namens ZicgenhalS, der kurz zuvor in'« Bett gebracht worden, aber heimlich wieder aufgestanden war, zum Fenster hinaus und drei Stock hoch auf die Straße herunter. Am anderen Morgen ist das bedauernswerthe Kind seinen Ver letzungen erlegen. — Sayda. Ein kaum glaubliches Vorkommniß hat sich am Dienstag auf der Straße bei Heidelbach zugetragcn. Da« 14jährige Mädchen Martha H. au« Einsiedel, da« sich auf dem Wege nach Neuhausen befand, wurde von einem plötzlich au« dem Walde hervorbrcchcnden starken Rehbock attaquirt. Mit Stößen und Umsichschlagen mußte sich da« zum Glück große und kräftige Mädchen gegen das Thier wehren, da« immer wieder auf dasselbe eindrang und ihm mehrere tiefe Löcher an den Beinen und unbedeutendere Wunden an den Armen beibrachte. Schließlich ließ da« Thier von dem sich ganz verzweifelt wehrenden Mädchen ab und trottete wieder in den Wald. Da« Mädchen kam ganz er schöpft bei ihren Verwandten an. — Nicht nur Verbrechen werden bestraft, auch die Unterlassung einer Anzeige von der Kenntniß eine« geplanten Verbrechen« unterliegt den Strafgesetzen. Die» mußte der Fabrikarbeiter Krönitz au« Ncu-Eulowitz erfahren. Derselbe hatte vorige« Jahr in der Nähe eine« Wegübcrgange« über die Großpostwitz-Cuncwalder Eisenbahn zwei Balken quer über die Schienen liegen sehen, durch die der Bahntransport in eine große Gefahr gesetzt wurde; er unterließ jedoch, davon rechtzeitig bei der Behörde Anzeige zu erstatten, für welche Unterlassung er vom Landgericht zu Bautzen zu 2 Monaten Gefängniß verurtheilt wurde. ««S vergangener Zeit — für unser« Zett. 2K. März. (Nachdruck verboten.) Nachdem vor achtzig Jahren die verbündeten Congreßmächte eine Achtserklärung gegen Napoleon erlassen hatten, in welcher sie ihn alS Feind und Störer der Ruhe des Erdballs außerhalb der Gesetze stellten und ibn dem „öffentlichen Strafgerichte" Preisgaben, erneuerten sie am 25. März 1815 den Vertrag von Ehaumont zum zweiten Male und faßten zugleich den Beschluß, eine sehr bedeutende Kriegsmacht nach Frankreich zu schicken, welche nicht eher wieder entlassen werden solle, als bis Napoleon gestürzt sei. England und Oesterreich traten diesen Beschlüssen nur mit dem Vorbehalt bei, daß sie sich dadurch nicht ver pflichtet haben wollten, den Franzosen eine bestimmte Regierung auf» zudrängen und Schweden erklärte sich überhaupt lür neutral. Ganz vergeblich beantwortete Napoleon die Achtserklärung mit Cirkularen und Vorstellungen, man traute ihm nicht mehr. Getrennt und verstoßen. Roman von Ed. Wagner. (»>. Fortsetzung.) „Ich will Sie mitnehme», Dora," versetzte der junge Mann bestimmt. „Wo Sie eine Zufluchtsstätte finde» werden, können wir später berathen. Glauben Sie, daß Sie mit meiner Hülfe den Ast besteigen und von diesem sich auf die Erde hiuablassen können?" „Leicht, Noel. Soll ich e« gleich versuchen?" „Ja. Reichen Sie mir die Hand, Dora." „Ich will erst meinen Hut aufsetzen." Sie holte ihren Hut und Ucberwurs und kehrte dann zum Fenster zurück. „Es ist Alle« ruhig im Hause," flüsterte sie; „sie sind noch unten. Gott steht un« bei." Sie ergriff Noel'« Hand und stieg auf die Fensterbank. „So, hierher, Dora," sprach der junge Mann zärtlich. „Stützen Sie sich fest auf mich." Aber Dora zögerte Plötzlich und zitterte vor Angst. Da« Geräusch eine« sich nähernden Wagen» hatte sie in ihrem Entschluß wankend gemacht. „Wie, wenn c« Warner wäre?" sprach sie kaum hörbar. „Zu dieser Stunde? Unmöglich! Doch wir können warten, bi« der Wagen vorbei ist." Der Wagen kam näher und hielt endlich vor der Black Cottage. „ES ist Warner," rief Dora ängstlich, al« ein laute« Klopfen an der Gartenpforte hörbar wurde. „ES ist zu spät, Noel, wir müssen warten." „Sie stieg von der Fensterbank herab in ihr Zimmer, und Noel zog sich in da« tiefste Dunkel des Baumes zurück. Kaum war die» geschehen, al« Mr«. Farr mit einer Laterne aus dem Hause kam, der Pforte zuschritt und den späten Ankömmling hereinließ. ES war, wie Dora vermuthete, Felix Warner. Bicrundzwanzigstes Kapitel. Gin« harte Prob«. Al« Mr«. Farr mit Warner in'S Hau« gegangen war, sprach Dora leise: „Was wollen wir nun thun, Noel?" „Wir müssen warten und sehen, was der Schurke will," versetzte der junge Mann. „Er wird mich doch nicht mehr spreche» wollen?" „Ich glaube, daß er noch zu Ihnen kommen wird." Dora schauderte; sie beugte sich au« dem Fenster, so daß Noel ihr bleiches Gesicht sehen konnte. „Könnte ich doch dieser Begegnung entgehen," mur melte sie. „Meine arme Dora," sprach der junge Squire, „fassen Sic Much. Bedenken Sie, daß ich in Ihrer Nähe und be reit bi», auf Ihren Rus Ihnen zu Hülse zu kommen. Und sobald er wieder fort ist, können wir entfliehen." Da» Mädchen wurde gefaßt und ruhig, sic legte ihren Hut und Mantel ab und trat dann wieder an « Fenster. Bald darauf wurde die Thür aufgeschlossen und Mr«. Farr trat mit einem Licht herein. „Bist Du schon zu Bett, Dora?" fragte sie, da« Licht hoch haltend und nach dem Bette stierend. Ach nein, da bist Du ja." Sie setzte da» Licht nieder und kam näher; Dora lößte die leichten Gardinen und breitete sie vor da» Fenster, dann ging sie der Frau einige Schritte entgegen. Diese musterte sie scharf. „Das wird sich machen," murmelte sie. „Mit diesen rothcn Fleckchen auf den Wangen sichst Du jetzt besser au«, al» sonst. ES ist Jemand gekommen." „Ich weiß cS," entgegnete Dora ruhig. „Ich sah ihn — Mr. Warner." „So? Ich habe nie einen Mann gesehen, der so sehr in ein Mädchen verliebt war, wie er in Dich verliebt ist. Er hat Dich hier aufgcfunden —" „Sie meinen," unterbrach sic Dora, „daß Sie ihm Nachricht von meinem Aufenthalt gegeben haben." Einen Augenblick sah die Frau Dora an, dann brach sie in ein höhnische« Lachen au«. „Du hältst Deine Augen offen, Dora," sprach sie. „Nun, ich leugne nicht, daß wir ihm mitgetheilt haben, wo er un» zu finden hat, denn einen freundlicheren, leutseligeren Mann kenne ich nicht. Nun ist er hier und wünscht Dich zu sehen. Willst Du hinunter gehen in da» Wohnzimmer oder willst Du ihn hier empfangen?" Dabei sah sie sich in dem Stübchen umher, um sich zu überzeugen, daß Alle« in Ordnung und geeignet sei, einen so hohen Besuch hier annehmen zu können. „Ich will ihn gar nicht sehen," erwiderte Dora bestimmt. „Ich hasse Mr. Warner und mag seine Beleidigungen nicht wieder anhören. Wenn Sie meine Mutter sind — wie Sie zu sein vorgebcn — werden Sie mich nicht mit der wider lichen Gegenwart diese« Manne- belästigen." Mr«. Farr'S Stirn runzelte sich. „Da» ist ein schöne» Geschwätz!" stieß sic hervor. „Du bist meine Tochter, bist minderjährig und hast mir zu gehorchen; und ich befehle Dir, Mr. Warner al» meinen Freund zu empfangen, wenn nicht al« Deinen eigenen. Da» würde eine schöne Wirthschaft werden, wenn Töchter, die von vornehmen Leuten angenommen, dann aber arm und hülflo« hinauSge- wiescn sind, ihren Eltern Vorschriften machen wollten. Du nimmst den Besuch Mr. Warner'» an, oder Du sollst e« be reuen. Nun weißt Du Bescheid!" Dora'» Wangen rötheten sich vor Entrüstung, doch be herrschte sie sich schnell. „Ich bin in Ihrer Gewalt, Mr». Farr!" sagte sie kalt. „Wenn ich gezwungen bin, den Besuch Ihre» Freunde» an zunehmen, will ich ihn hier empfangen." „Und ich rathe Dir, freundlich gegen ihn zu sein," sprach Mr». Farr drohend. „Du bist nur die Tochter armer Leute, und Deine Ladh-Würde paßt nicht mehr für Dich. Vergiß endlich, daß Squire Chefsom und seine Frau Dich angenommen und zu einer feinen Dame herangebildet haben, bedenke lieber, daß Du nur Dora Farr bist, und nicht« mehr."