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Amts- und Anzeigeblatt für den Bezirk des Amtsgerichts Eibenstock und dessen Umgebung : 23.03.1895
- Erscheinungsdatum
- 1895-03-23
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id426614763-189503234
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id426614763-18950323
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-426614763-18950323
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Amts- und Anzeigeblatt für den Bezirk des Amtsgerichts ...
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Jahr
1895
-
Monat
1895-03
- Tag 1895-03-23
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Monat
1895-03
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Jahr
1895
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zur Erinnerung an die Thaten de« Heere«, als Denkmäler für die Gefallenen errichtet; viele Millionen sind sicher in den letzten Jahren ausgegeben worden, doch den Beschauer dieser Denkmäler, der in jener großen Zeit mitgekämpft hat, durchzuckt der bittere Gedanke, daß wir die Hinterbliebenen jener Tapfere» seit 25 Jahren haben hungern lassen. Steine gab man für die Todtcn, anstatt des Brotes für die Gebenden." — In der Debatte des Reichstags vom 12. März über den Postetat machte Staatssekretär Di. von Stephan folgende Mitthcilungen, die auch für weitere Kreise von Inter esse sein dürsten: „In Berlin sind täglich zu bestellen rund 5(10,000 Briefe, und zwar in 2IM1 Häusern. — Unter diese» 500,000 Briefen sind Briefe mit mangelhaften Aufschriften täglich im Durchschnitt eingcgangen 24,600 Stück. Diese Bestellungen konnten also wegen fehlender WohnungSangabe nicht gleich bei dem ersten Austragungsgange erfolgen, weil Adreßbücher eingcschen werden müssen. ES haben nur Briese an hochgestellte Personen und bedeutende Firmen bei der ersten Bestellung bestellt werden können. Bon diesen wurden 15,977 ohne erhebliche Verspätung den Empfängern zugeführt, da dem betreffenden Sortircr die zu treffende Bcstellpostanstalt bekannt war; bei den übrigen 8713 mußte die Ermittelung der Empfänger zunächst durch Rach schlagen im Adreßbuch gesucht werden. Bei 2993 von diesen Briefen — die tägliche Zahl — fanden sich die Namen der Empfänger nicht einmal im Adreßbuch. Durchsicht der Stu- dentcnverzcichnissc, des Literaturkalendcr«, Befragung des Einwohnermeldeamts war erforderlich. Endgiltig unbestellbar waren immer noch >711 Briefe! bei denen ungeachtet aller Mühe die Ermittelung der Empfänger nicht gelungen ist. Diese Briefe sind als unbestellbar nach dem Aufgabeort zu- rückgesandt worden." Täglich! Besser können die üblen Folgen der immer noch mangelhaften Adrcssirung der Briese durch die Absender und die schwere Mühe, welche der Post daraus erwächst, nicht illustrirt werden. — Der regierende Fürst zur Lippe-Detmold ist Mittwoch morgen 6' Uhr am Herzschlag verstorben. Fürst Günther Friedrich Woldemar zur Lippe war am 18. April 1824 als Sohn des am I. Januar 1851 verstorbenen Fürsten Leopold und dessen Gemahlin Emilie, geborene Prin zessin von Schwarzburg-Rudolstadt, geboren und folgte seinem älteren Bruder, dem Fürsten Leopold, am 8. Dezember 1875 in der Regierung. Am 9. "November 1858 vermählte sich Fürst Woldemar zu Karlsruhe mit der am 7. August 1844 geborenen Prinzessin Sophie von Baden, die ihn al« Wiltwe betrauert. Da die Ehe kinderlos blieb und nur Schwestern den Fürsten Woldemar überleben, ist mit seinem Ableben das Haus im Manucsstamme erloschen. In der Armee be kleidete Fürst Woldemar den Rang eines königlich preußischen Generals der Kavallerie und war Ehef de« Infanterieregi ments Graf Bülow von Dennewitz (6. Wcstsäl.) "Nr. 55, sowie Ritter des hohen Ordens vom Schwarzen Adler. Der Fürst hat, wie verlautet, mit Rücksicht aus die bestehenden Differenzen über die Thronfolge im Fürstenihum bis zu deren Erledigung lctztwillig eine Regentschaft eingesetzt, an deren Spitze der Prinz Adolf von Schaumburg-Lippe, Schwager Sr. Majestät de« Kaisers, treten wird. — Vom ostasiatischen Kriegsschauplatz. Nach einer Meldung des Reuterschen Bureau« aus Shimonoscki vom 21. d. nehme» die Friedensvcrhandlungcn zwischen Japan und China heute dort ihren Anfang. Li-Hung-Tschang hat in einem Gebäude an der Küste Wohnung genommen. — Die militärischen Operationen gehen indeß ungehindert fort, wie au« Hongkong drahtlich berichtet wird, haben die Japaner Tamsui auf Formosa blockirt. — Auch auf den anderen Theilen de« Kriegstheaters wird der Vormarsch der Japaner fortgesetzt, wie aus folgendem Drahtbcrichl hcrvorgcht: London, 21. März. Wie die „Times" au« Shanghai vom 19. d. M. meldet, berichten chinesische Plänkler, sie seien 12 Meilen östlich von Kinschu einer vorgeschobenen Abthciiung japanischer Trup pen begegnet, General Liukunhi beabsichtige am Dschatflusse Widerstand zu leisten. Locale und sächsische Nachrichten. — Eibenstock, 21. März. In der gestrigen Sitzung des KirchcnvorstandeS ist Herr Rcalschuloberlehrcr Paul Rudolph in Reichenbach i. V. einstimmig zum DiakonuS gewählt worden. Die Ordination und Einweisung desselben wird voraussichtlich erst »ach dem Osterfeste erfolgen. — Dresden. Die Königl. Wasserbaudircktion theilt über die Hochwasser und Eisfahrten der Elbe unterm 20. dS. M. Abends mit: Nach den bisher eingegangenen Nachrichten ist der Wasserstand der Elbe und deren Neben flüsse in Böhmen von gestern zu heute an den einzelnen Stationen mehr oder weniger gestiegen, wodurch der Aufbruch und theilweise Abgang de« Eises hcrvorgcrufen worden ist. Bisher ist nur ein Theil der von Schöna aufwärts stehenden Eisdecke hier durchgcgangen. Nach Mittheilungen aus Nieder grund hatte sich daselbst da« au« der oberen Stromstrecke abge gangene Ei» wieder festgesetzt und ist dasselbe erst heute Vor mittag wieder in Bewegung gekommen. Diese» Ei» geht gegenwärtig bei einem Wasserstande von 22 Cmtr. über Null hier durch. Infolge der auch in Böhmen eingetretencn regner ischen Witterung, welche in den kleineren Zuflüssen der Elbe, Moldau und Eger theilweise nicht unbedeutende Anschwellungen verursacht hat, ist weitere« Steigen der Elbe zu gewärtigen, wenn auch zur Zeit eine Befürchtung größerer Hochwasser gefahr nicht vorliegt. Von Mclnik und Leitmeritz sind heule folgende Nachrichten eingegangen: Melnik, 20. März 7 Uhr Vorm. 132 Cmtr. über "Null, 4 Uhr Nachm. 160 Cmtr. über Skull, Eisgang. Leitmeritz, 20. März, 8 Uhr Vorm. 60 Cmtr. über Null, 2 Uhr Nachm. 186 Cmtr. über Null, Eisgang. — Chemnitz, 18. März. Bekanntlich war in der NeujahrSnacht 1894 an der fünfjährigen Tochter de« Restau rateur« Kalitzkh hier ein abscheuliches Verbrechen verübt worden, wegen dessen der Bruder de« Letzteren seinerzeit zu 1b Jahren Zuchthaus verurtheilt worden war. Jetzt ist nun der Appreteur Haustein von hier, welcher vor nicht zu langer Zeit wegen Sittlichkeit-Verbrechen mit tödtlichem Aus gange zu lebenslänglichem Zuchthaus verurtheilt wurde, mit der ungeheuerlichen Behauptung ausgetreten, er sei wegen de« letzteren Verbrechen« unschuldig verurtheilt worden, dagegen habe er den Mordversuch an der kleinen Kalitzkh verübt. Haustein ist bereit« von Waldheim wieder nach Chemnitz tranSportirt worden und e« haben bereit« neue Vernehmungen der in dem Kalitzky'schen Prozesse ausgetretenen Zeugen vor dem Untersuchungsrichter stattgefunden. Ob die Haustein'schen Angaben aus Wahrheit beruhen, wird ja jedenfalls die Unter suchung ergeben. Bemerkt sei noch, daß Kalitzkh ein Geständ- niß nicht abgelegt hat und seine Vcrurtheilung lediglich durch Jndicienbewcisc erfolgte. — Chemnitz. Wie in mehreren großen Städten des Deutschen Reiche«, so hat sich auch in Chemnitz eine Bereinig ung von Männern gebildet, welche bezweckt, die Luftschiff fahrt in Sachsen zu fördern und auch der Wissenschaft Dienste zu leisten. Die Vereinigung hat zunächst durch Herrn Richard Feller in Leipzig einen Ballon von solch' großen Dimensionen neu anfcrtigen lassen, wie ein solcher hier wohl noch nicht gesehen worden ist. Dieser Ballon faßt 1500 «bin Leuchtgas, ist also 1'/, Mal größer wie die früheren von Herrn Feller benutzten Ballons. Vier Personen, können mit diesem Ballon bequem mehrere Stunden in die Lüfte getragen werden. Da« königl. meteorologische Institut in Chemnitz, vertreten durch Herrn Professor Di. Schreiber, hat dem auf solidester Basis gegründeten Unternehmen seine Sympathien entgegen gebracht, und wahrscheinlich werden sich bei den Aussahrtcn hin und wieder die Beamten diese« Institut» bc- theiligen, um sich dabei Notizen zu machen. Späterhin ist in Aussicht genommen, über die gestimmten Erfahrungen während der Ballonfahrten ein Werk herauszugeben; auch sollen dein Vatcrlande Dienste geleistet werden, wenn dieselben verlangt werden. — Zwickau. Bor etwa l4 Tagen wurde da« Ritter gut Weißensand in öffentlicher Auktion versteigert. Hierbei wurden nur zwei Drittel der Gcbäudcbrandkasse al« Preis erzielt; die 300 Acker Feld, Wiese und Wald wurden einfach zugegeben. — Freiberg. Bäckermeister Oehme hier, in dessen Backwaaren am 14. Dezember v. I. Arsenik gefunden wor den war, wodurch zahlreiche Erkrankungen herbcigefllhrt wurden, ist von der gegen ihn erhobenen Anklage wegen Fahrlässigkeit kostenlos freigcsprochcn worden. Elsterberg. Vom Besuch einer auswärts ver- heirathcten Tochter zurückkehrend, traf auf dem Wege vom Bahnhose Elsterberg nach ihrer Wohnung ein Herzschlag die Frau verw. Fuchs aus Elsterberg. Lautlos stürzte die rüstige Frau auf der Elsterbrücke zusammen; sie wurde sofort in ein nahe« Hau« getragen und Wiederbelebungsversuche vorgc- nommen, aber vergeblich, — die Frau blieb todt. — In Niederhaßlau ist, wie der „Pirn. Anz." be richtet, die Leiche eine« kleinen Kinde« von Ratten aus eine entsetzliche Weise zugerichtet worden, indem das Fleisch von Gesicht, Hal» und Brust bis auf die Knochen abgefressen worden ist. — Eine GutsbesitzerSehcfrau au« Neu wiese zog sich beim Melken einer Kuh kleine wässernde Pusteln an beiden Händen zu, die schnell einen bösartigen Charakter annahmen. Der hinzugerusene Arzt konstatirte Milzbrandfleckcn- Vergiftung, welche sich so schlimm gestaltete, daß die Ver letzte sofort dem KrciSkrankenslifte Zwickau zugeführt werden mußte. — lieber die Resultate, welche bei der neulichen probe weisen kriegsmäßigen Verbreitung der GestellungSordrcs durch Radfahrer in Döbeln erzielt worden sind, verlautet, daß dieselben sehr günstig ausgefallen sind. Die Fahrten wurden bei denkbar schlechtestem Weg unternommen, stellen weise hinderten fußhoher Schnecschlickcr und hohe Schnee wehen aus den Landstraßen (besonder« in der Gegend von Präbschütz, Prüfern, Dreißig u. s. w., weiter in der Gegend von Marbach, sowie zwischen Töpeln, Westewitz und Hoch weitzschen) das weitere Fortkommen mit dem Fahrrade, so daß größere strecken zu Fuß zurückgelegt oder gar Geschirr (in zwei Fällen) angenommen werden mußte. Trotzdem war der erste Radfahrer von der früh V-10 Uhr angctretenen Tour schon Mittags '/^1 Uhr, der letzte (von der ungünstigsten Tour) um 5 Uhr zurück. Aus vergangener Zeit — für unsere Zeit. 2«. März. (Nachdruck Verboten.- Wennschon vor achtzig Jahren innerhalb der IVO Tage, welche die neue Napoleonische Herrschaft währte, dem von Elba zurrickgekchrten Imperator da« Heer und Bolt zufielen, so war doch die Lage Napoleons von vornherein eine mißliche. Er mußte in sein am 22. März 181b eingesetztes Ministerium Männer wie Foucho und Carnot ausnehmen, von denen der erstere direkt gegen Napoleon arbeitete. Unter den Fürsten stand Napoleon ganz vereinzelt da; denn direkt zu ihm stand Niemand, auch niest die durch ihn erhobenen Fürsten und sein Schwager Murat, selben Tage, da er mit seinem Heere in den Kirchenstaat einrückte, daß die von ihm erstrebte Einigung Italiens denn doch nicht so leicht sei. So ging "Napoleon schweren Tagen entgegen. 23. März. Vor lo Jahren, am 23. März 188b, wurde vom Reichstag die ostasiatisch-australische Dampserlinie genehmigt. Von diesem Zeitpunkte an waren deutscher Handel und überseeischer Verkehr nicht mehr aus englische Vermittelung angewiesen und die außerordentlich starke Be nutzung der Dampferlinien, auch zur Personenbeförderung, zu der sich selbst die Ausländer start drängten, hat gezeigt, daß man mit dem Be schlüsse das Richtig« getroffen. So ist denn auch die deutsche Flagge aus dem weiten Meere zu Ehren gekommen und die deutschen Schiffe gehören mit Recht mit zu den besten und sichersten. 24. Mürz. Nicht wenig überrascht wurde die Welt, und nicht blo« die politische, vor 35 Jahren durch den Vertrag zwischen dem Kaiser Napoleon ljl. und dem König von Sardinien Viktor Emanuel. In diesem Vertrage vom 24. Mär, 1800 wurde Savoyen und Nizza tjene« 177 Quadrat meilen mit 580.000, diese« «0 Quadratmeilen mit 230,000 Seelen) an Frankreich abgetreten. Der Handel, der längere Zeit zurückdadirte, war der Dank für die unleugbar guten Dienste, welche Napoleon dem Könige von Sardinien Oesterreich gegenüber und dei dessen italienischen Einig- k-ilsbestrebungen geleistet halte. Alle Großmächte waren zwar höchst ungehalten über di- Abtretung, die allen srühcren Verträgen zuwider lies, allein zum Kriege schien der Fall doch nicht angethan. Napoleon aber triumphirte und hatte zur Erhöhung seiner Macht wieder beigetragen. Vermischte Nachrichten. — Schnelle Stillung de« Blute«. ES giebt kaum einen Arbeiter, dem e« bei seiner Beschäftigung nicht vorkommen könnte, daß er sich verletzt und irgend ein Glied stark zu bluten beginnt. Im ersten Augenblick herrscht in solchen Fällen meist arge Kopflosigkeit. Ist nicht gleich ein Arzt zur Stelle, weiß man in der Regel nicht, wie man die heftige Blutung stillen soll. Für solche Fälle möge sich jeder Handwerker und Arbeiter da» folgende einfache aber sichere Verfahren merken. Man nimmt ein Bäuschchen Watte, taucht e» in heiße«, natür lich aber ganz reine« Wasser und legt e« aus die Verletzung. Der Erfolg ist überraschend; selbst bei Verletzung der Pulsadern hört die Blutung aus. Blo« Watte auflegen, oder solche in kalte« Wasser getaucht, äußert nicht eine solche Wirkung. — Warum e« im Jahre 1887 nicht zum Kriege zwischen Rußland und Deutschland kam. Bon einer Seite, „deren Mittheilung unanfechtbar ist," hat der „Hann. Cour.", wie er schreibt, Aufschluß erhalten, durch welche Um stände der Krieg im Jahre 1887, al« Frankreich seine Ba- rackenbaulen an unserer Grenze schon beendet hatte, im letzten Augenblick verhütet wurde. Zar Alexander III. war kein Freund Deutschlands. Er war in der Hand seiner Rathgebcr, die sich hauptsächlich in der Person de« Shnodalobcrsten Pobe- donoSzefs als de« Vertreter« der panslavistischen Partei, und in der Person de« jetzt verstorbenen Ministers der auswärtigen Angelegenheiten Giers, als de» Verirrter« der Freunde Deutsch land«, verkörperten. Nach der Audienz von PobedonoSzefs war Zar Alexander für den Krieg gegen Deutschland, nach der Audienz von Giers erklärte er sich dagegen. Je nach dem Maß von Einflüssen, die diese beiden Männer aus den Alleinherrscher Rußland« ausübten, war die Stimmung in St. Petersburg bald für Frankreich, bald für Deutschland. Aber die Hetzereien der panslavistischen Partei, der fast alle Minister angchörten, in Verbindung mit dem Liebeswerben der französischen Politiker, hatten doch schließlich die Oberhand behalten, und deshalb war Alexander III. im Jahre 1887 fest entschlossen, gegen Deutschland und Oesterreich den Krieg zu beginnen. In Frankreich gingen dann die Gewehre gegen uns von selbst lo«. Die kritische Lage, worin wir un» da mals befanden, al« die Auflösung de« Reichstages angeordnet und ein neuer berufen wurde, uni die verweigerten Mittel für die militärischen Forderungen der kaiserlichen Regierung zu bewilligen, wird Jedermann noch in frischer Erinnerung sein. Da man in St. Petersburg jeden Tag den Befehl zum Beginn der kriegerischen Ereignisse erwartete und die dortige deutsche Botschaft hiervon vollständig unterrichtet Ivar, so hatte da« gesammte Personal der Botschaft auch bereit« alle Ein richtungen und Vorbereitungen zu seiner Abreise getroffen. Vor den entscheidendsten Anordnungen berief Zar Alexander III. schließlich noch den KriegSminister und den Marineminister zu sich. Der Marincminister erklärte, daß die Rüstung der Marine nicht vollständig sei; der KriegSminister sagte, daß auch die Landtruppcn nicht kriegsbereit seien. Diese Eröffnung berührte den Zaren höchst unangenehm, denn er wollte durch aus loSschlagcn, und er stellte die Frage, auf welche Weise hier Abhilfe zu schaffen sei. Nach gründlichen Erwägungen antwortclc der KriegSminister, e« sei möglich, die fehlende Vollständigkeit der Kriegsbereitschaft durch eine besondere Dis position zu ersetzen. „Und die wäre?" fragte der Zar. „Wenn Ew. Majestät Sich Selber an die Spitze der Landarmee stellten und den Oberbesehl in höchsteigner Person führten," antwortete der KriegSminister. Da« lehnte Zar Alexander ganz entschieden ab, und damit war der KriegSplan beseitigt. Der Frieden hing an einem Fädchen, das sehr leicht zerreißen konnte. Die schon gepackten Koffer de« gesummten deutschen Botschaftspersonal» wurden wieder entleert. ES war wieder Frieden geworden, nicht au« Liebe zum Frieden, sondern au« Impotenz. Deutschland dagegen war im Jahre 1887 gerüstet und hätte Rußland und Frankreich gegenüber Stand gehalten. Acht Tage nach diesem Ereigniß mußte die große südwestliche Eiscnbahnstrecke von Moskau nach Wien auf Anordnung ihrer Direktion auf 7 Tage ihre Fahrten wegen Mangels an Kohlen cinstcllcn und konnte darauf erst allmählich wieder mit einigen wenigen Zügen beginnen, ein Beweis, wie wenig vorbereitet man in Rußland auf einen Krieg mit Deutschland und Oester reich war. — Die New-Iorker Polizei hat seit einiger Zeit einen Hund als Detektiv in Dienst gestellt. Derselbe hört auf den Namen ShingleS und ist seiner Rasse nach eine Buldogge. Dieser vierfüßige Detektiv dringt selbst an Orte vor, die kein zweifüßiger Kollege zu betreten wagt und seine Spürnase ist denen der letzteren weit überlegen. Wenn ShingleS einen Verbrecher bei den Beinkleidern erfaßt, so hütet er sich dem Dienstrcglcmcnt zufolge dieselben zu be schädigen. Er hält sie bloS fest, bis seine zweifüßigen Kollegen sich des Verbrecher» bemächtigt haben. — Die Sorgen de« Kaisers von China. Wäh rend die Japaner rasch gegen Peking vorrücken und jeden Tag ein andere« chinesische« Heer in die Flucht schlagen, läßt sich der „Sohn de« Himmel«" tagelang in dem prachtvollen Schlitten spazieren fahren, den er sich in Wien hat anfertigen lassen. Der Kaiser in China bewohnt bekanntlich einen Pa last, der den Mittelpunkt einer Stadt bildet; sie wird „Ver botene Stadt" genannt und ist von den Wohnungen der Hofbeamten und der zum persönlichen Dienste de« Herrscher« gehörenden Personen umgeben. Der kaiserliche Schlitten durchquert nun die mit Ei« bedeckten, sehr ausgedehnten Wiesen, die zu den Gärten der Königsstadt gehören, und während seine Generale davonlaufen oder sich da« Leben nehmen, amüsirt sich der Kaiser „königlich". — Wa« die Männer nicht können. Ein Mann kann au« rohen Stämmen ein Hau« bauen, er vermag wilde Thiere zu zähmen, Löwen zu tödten, von Wien nach Berlin zu Fuß zu gehen ; er kann Eisenbahnen bauen und ganze Welt- thcile erobern, aber er kann sich keinen Knopf gut annähen. — Wa« die Damen nicht können. Eine Frau kann au« demselben Fleisch Suppen und Braten erzeugen, sie macht au« einer alten Hose einen neuen Paletot für den Buben, sie bringt au« einer Toilette mittelst einiger Bänder und etwa« Tüll fünf verschiedene Roben hervor, sie kann zugleich da« Babh beruhigen, die Torte rühren und da« Mädchen au«- zanken, au» einer rohen Kiste und etwa« altem Stoff einen herrlichen Toilettentisch erzeugen, aber sie kann — ihr Alter nicht richtig angeben. — Ein Menschenfreund. Sie (zum Dienstmädchen): „Lina, stecken Sie diese Korrespondenzkarte in den nächsten Brief kasten!" — Er: „Aber Frau, Du wirst doch da« arme Mäd chen wegen einer Korrespondenzkarte nicht die drei Stockwerk hinunter sprengen! . . . Bringen Sie mir wenigstens ein Maß Bier mit, Lina!" — Spekulativ. „ Siehst«, mein Sohn, da« da i« der Lorelehfelsen!" — „Vaterlebcn, laß mer hinaufklettern zur Loreleh." — „Nü, wa« willste da oben, de Jungfrau i» doch »ich mehr da." — „Weiß ich, Vater, aber vielleicht hat se lassen liegen ihren goldenen Kamm." — Wirksame Drohung. Ein Vagabund wird bei strenger Kälte von einem Gendarm abgcfaßt und die Er wartung, in ein warme« Logi» zu kommen, stimmt ihn so heiter, daß er zu pfeifen anfängt. — „Sie, Männeken," sagt der Gendarm zu seinem Arrestanten, „wenn Sie sich nicht ruhig verhalten, lasse ich Sie gleich wieder laufen!" — Anmaßung. LandbaderSsrau (zumLehrling): „Den Spucknaps hab' ich für die Sunden angeschafft und nicht für Dich, LauSbub', elendiger! Du spuckst in d' Stub'n!"
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