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schuldig gemacht, indem er an zwei verschiedenen Tagen heim lich grobe« Roggenmehl unter da« Weizenmehl mengte und dadurch je MO Brödchcn und Semmeln verdarb. — Oel«nitz. Der Königl. Bezirkssteucrinspektor Karl Oskar Wols hierselbst wurde von der 2. Strafkammer de« Landgerichts Plauen wegen Unterschlagung in zwei Fällen zu zwei Jahren Gesängniß und dreijährigem Ehrcnrcchtsverlust verurtheilr. Wolf hatte im Herbste v. I., um Schulden zu decken, einmal 100 Mk. und einmal lOOO Mk. der Kasse ent nommen; bei einer unerwarteten Revision wurde die Unter schlagung entdeckt und Wolf verhaftet. — Auerbach, 13. März. In der bei Morgcnrothc gelegenen Ansiedelung Zeughaus wurde am Sonntag Abend Scheune und BorrathSraum des Wcrkführer« Ernst Seidel vollständig eingcäschcrt. Wagen und Ackergeräthe, sowie be trächtliche Futicrvorräthc konnten bei dem schnellen Umsich greifen de« Feuer« nicht gerettet werden und fiele» den Flammen zum Opfer. Versichert war der Inhalt de« Ge bäude« nicht. Eine der Brandstiftung verdächtige Person wurde verfolgt, entkam jedoch im Dunkel der Nacht. Referat« über Gemeinderaths-Sitzungen zu Schönheide. Sitzung vom 20. Februar 1895. 1. Die von der Braugenossenschast mit erworbenen Jn- ventaricn beschließt man im Lause Le« Monats April ver steigern zu lassen und als AuktionStag vorläufig deu dritten Ostcrfciertag in Aussicht zu nehmen. 2. Da« Gesuch de« Bürstcnfabrikantcn Männel in Franken berg um Errichtung einer Maner vor seinem Hause Nr. 1708 hiesigen Brb.-Cat. wird bedingungsweise genehmigt. 3. Zum Abschluß der definitiven Verträge wegen Er richtung und Verpachtung de« projcktirtcn Elektrizitätswerke« mit einer der beiden concurrirenden Gesellschaften wird eine Deputation, bestehend aus den Herren Fried. Oschatz, F. L. Lenk und dem Gcmcindcvorstand gewählt. 4. Die Mitbenutzung der Ortsstraße bei Herstellung der ZweigglciSaulage der Firma Ed. Flemming u. Co. wird auf Grund der vorgclcgten Pläne vorbchältlich des Widerrufs rechtes gestattet. 5. Der Antrag auf theilweise Einziehung des bei der Flemming'schen Scheune abzwcigcndcn, hinter dem Fiemming- schcn Garten in südlicher Richtung führenden Fußwege« soll zu nächst dem BauauSschusse zur Begutachtung überwiesen werden. Sitzung vom 6. März 1895. Der Gemcinderath genehmigt I. die 1895er Haushalt pläne nach deu vorgelegtcn Entwürfen, 2. die bereit« erfolgte Verthcilung der Zinsen der Schenkung der Erben der Frau Ursula vcrw. Lcistncr, nimmt 3. Kcnntniß von einer Verord nung der Königlichen Kreishauptmannschaft, die Anlegung erhöh ter Fußwege bei 'Neubauten betr., sowie 4. davon, daß die Ver träge wegen Errichtung und Verpachtung der elektrischen Cen trale mit der Aktiengesellschaft vorm. W. Lahmeyer u. Co. nunmehr definitiv zum Abschluß gekommen sind und genehmigt 5. den vorliegenden Vertrag mit den Herren Edlen von Qucr- furth wegen Anschlusses des Eisenwerks Schönheidcrhammcr an das Leitungsnetz de« Elektrizitätswerkes. Einige andere Bcralhungsgcgcnständc eignen sich, bezw. zur Zeit nicht zur Veröffentlichung. Aus vergangcner Zeit — für unsere Zeit. 1k». März. (Nachdruck verboten.) Am 15. März 1830 ist der deutsche Dichter Paul Heyse geboren. Er ist ausgezeichnet als Epiker und Novellist, während er als Dra matiker große und dauernde Erfolge nicht zu erringen vermochte. Unter seinen Dramen sind zu nennen: Hans Lange, Kolberg, Ehre um Ehre. Sehr berühmt geworden sind seine Romane „Die Kinder der Welt" und „Im Paradiese" und in seinen Novellen, die vielfach auf italienischem Boden spielen, ist die Schilderung und Charakteristik so meisterhaft, daß der Dichter hierin kaum von einem Zeitgenossen übertroffen wird. Zweifellos gehört Paul Hevse zu den gelesensten deutschen Schriftstellern der Jetztzeit. 18. März. Unter den Staaten, welche am meisten unter der Gewaltherrschaft eines Napoleon zu leiden hatten, befanden sich auch die Niederlande ; sie gehörten aber auch zu den Staaten, welche zuerst wieder in geordnete Zustände zurückkehrten, nachdem die Macht deS Corsen gebrochen war. Am 16. März 1815, also vor 80 Jahren, wurde die Freiheit der Nieder lande und als ihr souveräner Fürst Wilhelm von Nassau-Oranien, als König Wilhelm 1., proklamirt. Nachdem Napoleon endgiltig besiegt war, bot auch die Anerkennung des Königreiches und seines Königs durch die Mächte keine Schwierigkeiten mehr. 17. März. Seinen 70. Geburtstag feiert am 17. März der 1825 geborene württembergische Minister H. v. Mittnacht, ein Mann, der sich im poli tischen Leben Deutschlands einen Namen erworben. Er gehörte der konservativen Partei an, wurde 1867 württembergischer Justizminister, trat im August 1870 an Varnbülers Stelle an die Spitze des Kabinets und leitete die Verhandlungen über Württembergs Anschluß an das deutsche Reich. 1873 wurde er Minister des königlichen Hauses, des Auswärtigen und der Verkehrsanstalten und erwarb sich als Mitylied des Bundesrathes um Schaffung eine- einheitlichen deutschen Reiches Getrennt und verstoßen. Roman von Ed. Wagner. <S8. Fortsetzung.) Warner brach das Schweigen, welches eine Weile herrschte, indem er fragte: „Deine Tochter würde nun siebzehn Jahre alt sein, wenn sie lebte, Sidney?" Lord Champney bejahte es. „Hast Du jemals daran gedacht, wie sie jetzt ausschen würde?" „Ja," erwiderte der Lord, „ich habe oft daran gedacht. Sic würde sanfte, blaue Augen haben, ein unschuldiges, süßes Gesicht, erhaben durch ihre edle Seele, einen lieblichen Mund, umstrahlt von einem beständigen Lächeln. Sie wäre zärtlich, heiter und schön — meine arme kleine Barbara!" „Ich habe ein solche« Gesicht gesehen," sprach Warner, unwillkürlich an Dora denkend. Ich kenne ein solche« Wesen, wie Du e« ausmälst." „Wo ist sie? Wer ist sie?" Warner blickte erschreckt aus, er hatte ohne Gedanken gesprochen. Da« Blut stieg ihm zu Kopf und röthete sein Gesicht. „Ich sprach von dem jungen Mädchen, welche« ich zu heirathcn gedenke," antwortete er. „Du mußt entschuldigen, wenn ein Mann seine Geliebte für einen Engel hält." Lord Champney lächelte. Warner ergriff die Gelegenheit geschickt, die Unterhaltung von diesem Gegenstand abzulenkcn, und entfernte sich bald darauf unter den, Vorwand, seine be stäubten Reisckleidcr zu wechsel». Al« er in seinem Zimmer angekommen war, brach die so lange niedergedrückte Erreg ung mit voller Gewalt au«. „Ich muß sogleich nach London zurück," murmelte er, unruhig im Zimmer aus- und abgehend. „Großer Gott! Ich habe den Diamanten von mir geworfen, weil ich ihn für einen Kieselstein hielt. Da« Mädchen liebte mich, ich weiß c«. Hat sie aufgehört, mich zu lieben, seitdem ich sie beleidigte? Ist sic Lord Champney « Tochter? Ich muß e« wissen. Ich will ihre» Arin sehen. Bei allen Heiligen, ich will sie hcirathen, nnd wenn ich sie dazu zwingen soll. Ich tappte in einem geheimnißvollcn Dunkel umher; aber e« be ginnt nun zu tagen. Ich kann da« Spiel der Farr« nicht begreifen, aber ich glaube, daß Dora die Erbin Champney'« ist, und darum muß ich ihr meine ganze Aufmerksamkeit zü rnenden, anstatt die Zeit an ihren Eltern zu verschwenden. Als Gatte der reichen Erbin Champney « habe ich nicht nöthig, auf Sidney'« Tod zu lauern. Die wichtigste Frage ist jetzt für mich die: Ist Dora die Tochter Lord Champney'«?" ZweiundzwanzigstcS Kapitel. Lady Barbara versucht ein« Versöhnung. Am nächsten Morgen, nach einer weitere» Unterredung mit seinem Cousin, welche zur Folge hatte, daß seine Eifer sucht und all seine bitteren Gefühle in erhöhtem Maße wieder in ihm erwachten, sandte Lord Champney zu Lady Barbara und ließ sie zu sich bitten. Er war vollständig «»gekleidet und saß in einem Lehnstuhl, aber sein Gesicht war noch bleich und er sah sehr angegriffen aus. Bei Lady Barbara'« Eintritt verklärte sich sein Gesicht ; sie war ihm nie so schön erschienen, wie in diesem Augen blicke. Ungeachtet seines AcrgcrS und seines Verdachts er schien sie ihm als ein Engel. Um ihre bleichen Lippen schwebte ein sanftes Lächeln, ihre Augen blickten hell und klar; cs war, al« sci Lady Barbara in dcr Hoffnung gekommcu, daß diesc Confcrcnz dic vollständigc Versöhnung mit ihrem Gatten her- bcisühren werde. Sie näherte sich Lord Champney langsam, fast mit der Zaghaftigkeit eines jungen Mädchens, und streckte ihm ihre Hand entgegen. Der Lord stand auf, ging ihr einige Schritte entgegen und ergriff die dargebotenc Hand; in seinem Innern kämpfte die plötzlich anfflannncndc leidenschaftliche Liebe mit seiner Eifersucht. „Du siehst sehr leidend au«, Sidney," sagte Lady Bar bara mit dem Ausdruck der lebhaftesten Bcsorgniß. „Du hättest im Bett bleiben sollen." „Ich bin auch ein wenig schwach," erwiderte dcr Lord. „Solche Erfahrungen, wie ich sic gemacht habe, wirken nicht Vortheilhaft aus dic Kräfte ein. Ich bin unruhig, eine Ver änderung thut mir Nvth. Da« Leben zu Saltair ist mir zuwider!" Lady Barbara wurde noch bleicher. „Saltair ist langweilig," sagte sie, „Du mußt cS un erträglich finden »ach einem so langen Aufenthalte in einer lebhaften Residenz, in den Freuden des Hoflebens." „ES ist nicht das," fiel der Lord rasch ein. „Ich begehre keine Freuden, nur Ruhe. Dic Aufregung erschöpft mich, an meinem Herzen nagt etwas wie ein Wurm, und dennoch glaube ich, daß ich die ersehnte Ruhe und den Frieden nur im Grabe finden werde." Lady Barbara'« Hand, welche ihr Gatte noch immer in der seinigeu hielt, zitterte. Er ließ die Hand gleiten, da er jetzt erst daran daebte, raß Barbara noch stand. „ Setze Dich, Barbara," sagte er mit veränderter Stimme. „Du scheinst müde zu sein." Er wollte ihr seinen Stuhl zuschieben, Lady Barbara lehnte dies ab, indem sic sich schnell auf einen in dcr Nähe stehenden Stuhl zurückzog. „Barbara," sprach er, indem er sich ebenfalls setzte und seinen Kopf auf oie Hand stützte, „ich ließ Dich nicht zu mir bitten, um Dir Vorwürfe zu mache», sondern um ruhig und vernünftig mit Dir zu sprechen. Bist Du zu einer ruhigen, freundschaftlichen Unterhaltung geneigt?" „Sage, was Du willst, Sidney," erwiderte Lady Bar bara, und ihre Stimme zitterte trotz ihrer Bemühung, sich zu beherrschen. „Bin ich wieder im Verhör?" „Im Verhör? Nein! Ich bin nicht Dein Richter, Bar bara," sagte er schmerzlich. „Mein Herz scheint in diesem Augenblick todt zu sein. Meine Leidenschaften haben sich end lich selbst verzehrt, sic haben genug gestürmt; und doch ist dieses Entschlummern nur eine Folge physischer Schwäche. ES ist möglich, daß ich morgen wieder ebenso eifersüchtig, so reizbar bin, wie sonst. Wir haben einen großen Fehler ge macht, Barbara!" „Einen Fehler, Sidney?" „Ja — durch unsere Hcirath. Wir harmonirtcn nie zusammen; Du warst zu stolz, ich zu eifersüchtig uud gewissen haft. Aber Gott weiß, daß ich Dich geliebt habe, mehr al« meine eigene Seele!" Lady Barbara rückte ihren Stuhl ein wenig näher. „Und ich liebe Dich noch," fuhr der Lord mit bewegter Stimme fort. „Ich liebe Dich heftig, fast wahnsinnig wahnsinnig, weil meine Liebe so hoffnungslos und so unver dient ist. Ich habe mein Herz zu Deinen Füßen gelegt und Du hast mich zurückgestoßen, als Deiner unwürdig. Viel leicht," fuhr er mit bitterem Lächeln fort, „erschöpfte sich damit eine reiche, glühende Natur, welche nun," fügte er traurig hinzu, „unter dem Schult einer großen Verwüstung begraben zu sein scheint." Lady Barbara schwieg, aber der ergreifende Ton seiner Stimme, der wchmüthigc Ausdruck seines Gesicht« erfüllte sie mit Schmerz. „Ich vereinigte Alle« in mir," fuhr Lord Champney fort, „was ein Mensch zur Glückseligkeit bedarf. Doch mein Leben ist ein elendes Wrack, und Du bist die Klippe, welche mich scheitern ließ!" „Sage lieber, daß Deine eigenen Leidenschaften Deinen Ruin herbeigesührt haben," sagte Barbara erröthend. „Ich bin Dir eine treue Gattin gewesen, Sidney, und unser Un glück ist Deinen Fehlern zuzuschreiben." Lord Champney bedeckte sein Gesicht mit den Händen; nach einer Weile richtete er sich auf und sagte mit seltsamer Hast: „Es war nicht meine Absicht, daß diese Unterredung zu gegenseitigen Anklagen ausarten und zu Aergerniß Veranlassung geben sollte. Ich wollte nur sagen, daß wir durch unsere Hcirath einen Fehler begangen haben und daß wir unfern Kummer so gut zu tragen snchen müssen, al« wir können. Mir gefällt e» zu Saltair nicht, deshalb will ich sortgchen." „Wieder nach Deutschland?" fragte Barbara leise. „Nein; nach meinem Gute Champney — nach dem alten Hause, wo wir die erste Zeit nach unserer Berheirathung lebten. Ich bin seit unserer Trennung nur selten dort ge wesen und will nun den Rest meine« Leben« dort zubringen. Willst Du mit mir gehen?" Lady Barbara erschrak. „Ich nach dem Gute Champney gehen?" fragte sie ver wundert. „Nur um die Leute zu täuschen und sie an unser Glück glauben zu machen," erwiderte Lord Champney mit Bitterkeit. „'Nur um mit einer blendenden Außenseite da« Elend unserer Herzen zu bedecken. Ich wünsche, daß Du mitgehst, damit 'Niemand unser mißliche« Verhältniß errathe; ich wünsche, daß Du mitgchst, weil ich fern von Dir nicht glücklich sein kann, und ich wünsche e«, weil ich meinen Namen unbefleckt erhalte» will, und die Leute spreche» bereit« von Efsiughani'« Liebe zu.Dir. Ilm Deiner selbst willen, sowie auch meinetwegen bitte ich Dich, mit mir zu gehen." Lady Barbara überlegte. Hier bot sich die Gelegenheit, den Verfolgungen Effingham'« zu entgehen, und vielleicht, dachte sie, würde c« ihr zu Champney, wo sic dic glücklichsten Tage verlebt hatte, gelingen, da« Vertrauen ihre« Gatten wieder zu gewinnen. „Ich gehe mit Dir!" antwortete sie, indem sie sich erhob und in ein kleines, an das Zimmer stoßendes Gewächshaus trat. Lord Champney folgte ihr langsam, und als er an die Thür kam, erheiterte sich sein Gesicht und eine leichte Röthe trat aus seine Wangen. Barbara stand mit gefalteten Händen vor ihm und blickte ihn mit ihren großen treuen Augen an — e« war ein Blick unaussprechlicher Liebe. „Ich danke Dir, Barbara," sagte er. „Kannst Du bald gehen — diese Woche?" „Sogleich, wenn Du es wünschest. Ada kann zu ihrer Tante Estway nach London gehen, wie sie schon früher beab sichtigte. Die Hochzeit findet im September hier statt, zu welcher Feier Du zurückkehrcn wirst?" „Ja," erwiderte der Lord. „Wird es Dir schwer, mit mir zu gchcu, Barbara? Du kannst dort Deine abgesonderten Zimmer bekommen, wie Du sie hier hast, und ich werde die selben nicht mehr betreten, als ich es hier gethan habe. Du sollst Herrin des Hause« sein, und ich will mich bemühen, Dich in jeder Weise zufrieden zu stellen. Ich würde sterben, wenn ich Dich dadurch glücklich machen könnte," fügte er leidenschaftlich hinzu, „denn ich liebe Dich, Barbara, liebe Dich trotz Deiner Falschheit, Grausamkeit nnd Vcrräthcrci! Oh, Barbara, mein Weib!" Ein unterdrücktes Schluchzen erstickte seine Stimme. (Fortsetzung folgt.: Vermischte Nachrichten. — Eisläufen oder Tanzen. Dic Frage, wa« besser sei, Eisläufen oder Tanzen beantwortet das Wiener hygicinische Blatt folgendermaßen: Hier das Hasten und Stoßen in einem überfüllten, überhitzten, von Staub und Dunst durchzogenen Saal mit Opferung der nächtlichen Ruhe; dort da« leichte Dahinglciten, dic Ucbung der Geschicklichkeit und der Muskel kraft in einer köstlichen frischen, reinen Luft, eine wahre Ver- jüngungskur für die städtischen Kohlenstaublungcn. Man ver gleiche nur ein Paar, da« vom Balle kommt mit einem anderen, welches dic Eisbahn verläßt! Man kann ruhig sagen, die Ersteren haben ein Stück Gesundheit geopfert, dic Letzteren wieder erobert. Dic kräftige Anregung des Athems in reiner Luft hat das Eisläufen mit dem Bergsteigen, die Steigerung dcr Muskelkraft und Gelenkigkeit mit dem Turnen, die Ent wickelung de« Sinnes für anmuthige Bewegungen mit dem Tanzen gemein. Dcr Unistand, daß gerade der Winter zum Stubcnhocken uud KasfcehauSlcbcu verleitet, verleiht dem solche Gewohnheiten durchbrechenden Eislauf einen besonderen Werth und die günstige Wirkung auf leibliche und geistige Funktionen gelangt so unmittelbar zur Wahrnehmung, daß selbst Personen, denen die jugendliche Schwungkraft bereits lange abhanden gekommen ist, vielfach noch mit großem Eifer ihre Linien auf dem Eise ziehen. -- Ein Berg, der marschirt, findet sich, nach der „Revue Universelle" vom 20. November 1894, in Amerika, dem „Lande der Phänomene". Derselbe erhebt sich in der Nachbarschaft der Wasserfälle des Columbia, wo er von Jahr zu Jahr bemerkbar vorwärts schreitet. Er besteht au« einer gewaltigen Masse Basalt von etwa 600 Metern Höhe und rückt gegen den Fluß so vor, daß er denselben schließlich ver- barrikadiren uud zu einem großen See umwandeln muß. Da« Herabgleiten des Berges erklärt sich durch Gewässer, die eine unter dem Basalte liegende Sandschicht durchbringen und so ihrer Festigkeit berauben. — Der Fall dürfte nicht allein dastchcn, da mehr oder weniger, allen größeren Berg stürzen wahrscheinlich ähnliche« vorausging. — Dic vielen neuerdings ausgetauchten Wunderdoktoren und heilkräftigen Schäfer erinnern den „Hann. Cour." an folgende Geschichte au« dem Leben de« letzten Herzogs von Celle. Der Herzog liebte es, allein un erkannt weite Spaziergänge in die Haide zu unternehmen. Einstmals traf er dort einen Schäfer, der, auf seinen Stab sich lehnend den Schafen zusah. Der Herzog redete ihn an und sagte, er könne al« verständiger Mann doch auch wa« Andere« thun, al« so dazustehcn und zu faulenzen. — „Ick hew aber nix anuers lehrt." — „Ihr müßt doktern." — „Dat kann ick nich." — „Ich will c« Euch lehren; Ihr müßt Euch über den Kranken beugen und murmelnd sprechen: „Helpt et nich, so schabt ok nich!" Damit ging der Herzog fort, ohne weiter an diesen Scherz zu denken. Acht Jahre danach wurde der Herzog sehr schwer krank und keiner der Aerzte in Celle konnte ihm helfen. Da hörte die Herzogin von einem Wunderdoktor in einem benachbarten Orte, der große Erfolge habe. In ihrer Angst ließ sie ihn kommen und zu ihrem Gemahl führen, der allerdings erst von dem Schäserhoku»- poku« nicht« wissen wollte. Allein endlich willigte er mit Rücksicht auf seine Gemahlin ein. Mit wichtiger, todternster Miene trat nun dcr Wunderdoktor an da« Bett, neigte sich über den Kranken und sprach mit auSgebreiteten Händen dreimal mit kaum verständlicher Stimme: „Helpt et nich, so schabt ok nich." Der Herzog horchte auf und sah sich den Mann genauer an und merkte nun, daß er hier jenen Hirten vor sich habe, den er vor acht Jahren gerathen, Doktor zu werden. Darüber, daß dieser Schäfer ihn nun selbst kurircn wollte, mußte dcr Herzog so krampfhaft lachen, daß seine Natur einen Stoß erhielt und er gesund wurde. Der biedere Schäfer aber hat weiter „doktorn" dürfen.