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Amts- und Anzeigeblatt für den Bezirk des Amtsgerichts Eibenstock und dessen Umgebung : 12.01.1895
- Erscheinungsdatum
- 1895-01-12
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id426614763-189501122
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id426614763-18950112
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-426614763-18950112
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Amts- und Anzeigeblatt für den Bezirk des Amtsgerichts ...
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Jahr
1895
-
Monat
1895-01
- Tag 1895-01-12
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Monat
1895-01
-
Jahr
1895
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— Berlin. Se. Majestät der Kaiser hatte zu einem parlamentarischen Herrenabend am Dienstag Abend eine auserlesene Gesellschaft von 30 Personen nach dem Neuen Palai» befohlen, lieber den Verlaus desselben erfahren wir, daß der Monarch seinen Gästen einen vollständig abgerundeten, längeren Vortrag hielt, in dem er einen votlständigen lieber blick über die Geschichte der Entwickelung unserer Flotte gab, diese mit den Flotten der andern Mächte verglich und da neben auch Vergleiche mit dem pandheere anstellte. Der Kaiser verglich die Marinen der einzelnen Staaten und be leuchtete speziell da« Verhältniß der Krieg«- und der Handels flotten. In Deutschland sei die Handelsflotte in einem großen Mißvcrhältniß zur Kriegsflotte gewachsen. Se. Majestät schloß seine Ausführungen ungefähr mit den Worten: »Machen Sie dem Fürsten Bismarck, dem Begründer unserer Kolonialpolitik, zu seinem 80. Geburtstage die Freude, die für die Flotte ge forderten »othwendigen Summen zu bewilligen!" Der Gegen stand der Verhandlung war im Saale durch Karten veran schaulicht. — Die Deutsch-Amerikaner werden zum Geburts tage des Alt-Reichskanzlers auch nach Friedrichsruh kommen. ES begicbt sich dorthin eine Deputation von 80 Herren, die den Feldzug von >870/71 mitgcmacht haben und sich im Besitz von KriegSehrenzcichcn befinden, um dem Fürsten Bismarck ein Ehrengeschenk der Deutsch-Amerikaner zu über reichen. Dasselbe besteht aus einem massiv silbernen Obelisk, der eine Hohe von >,?« in hat und auf dessen Spitze sich ein Adler befindet, der in seinen Krallen die deutsche Fahne und das amerikanische Banner hält. Von der Spitze des Obelisk bis zum Fuße desselben windet sich eine Eichenlaub- guirlande; die Blätter derselben sind ans Silber, während auf jeder der Eicheln, die aus mattem Golde getrieben sind, der Name einer Stadt steht, die einen Verein von Deutsch- Amerikanern auszuweisen hat. Im Ganzen sind achtzig Städtename» zu zählen. — Um die Ausfuhr deutscher Maschinen, nament lich nach überseeischen Länder», der Leistungsfähigkeit der deut schen Maschincnindustrie entsprechend zu heben und in der möglichsten Erweiterung des Absatzgebietes die Grundbedingung für die aus Herstellung von Spezialitäten gerichtete Entwickel ung dieser Industrie zu gewinnen, tritt immer mehr die Noth- wendigkeit hervor, dem Beispiele anderer Rationen darin zu folgen, daß die für aufnahmefähig gehaltenen Gebiete durch dazu geeignete und geschulte Ingenieure zur Anknüpfung von Geschäftsverbindungen bereist werden. Bisher ist dies nur selten geschehen, nicht etwa weil das Mittel an sich zur Ge winnung neuen Absatzes nicht für wirksam gehalten wurde, sondern weil die damit verbundenen bedeutenden Koste» den einzelnen Fabrikanten zurückschrccktcn. Diesen, Mangel abzu helfen, ist das Bestreben des bi« jetzt i>0 Firmen mit ins- gcsammt 27,000 Arbeitern umfassenden Vereins deutscher Maschinenbau-Anstalten, der eine besondere AuSsuhr Abtheilung errichtet hat und beabsichtigt, die gestimmten deutschen Maschinen- JndustricUen oder doch einzelne Gruppen derselben zur Ent sendung von Ingenieuren ins Ausland zu vereinigen, und dadurch die Lasten aus viele Schultern zu vcrtheilen. Vor läufig haben aber erst 24 Firmen mit etwa 8lI00 Arbeitern ihre Zustimmung erklärt. Ein Ingenieur ist im Juni >804 nach Chile und Peru abgercist und ein zweiter wird die südafrikanische Republik «Transvaal! besuchen; andere sollen, fall« die erforderlichen Mittel aufgebracht werden, Brasilien und die La Plata-Staaten bereisen. — Minden, 7. Januar. Durch Truppen der hiesigen Garnison sollen in den nächsten Tagen, wie in allen anderen Korpsbezirken auch, Versuche angcstellt werden, ob die neue Zeltausrüstung sich auch bei Frostwetter bewährt. Zu diesem Zweck soll morgen früh eine kriegsstarke Kompagnie, au« dem >5. Infanterie-Regiment zusammengesetzt, bestehend aus einem Hauptmann, Lieutenants, l Arzt, 20 Unteroffizieren und 231 Gemeinen, vom SimconSplatz aus in der Richtung Bergkirchen (über das Wiehcngebirgc) -Haus Beek-Löhne marschiren, um in der folgenden Rächt ein Biivak bei Löhne abzuhaltcn. Am Mittwoch wird der Bkarsch fortgesetzt und findet in der 'Rächt zum Donnerstag ein zweites Biwak bei Bünde statt. Die Kompagnie biwakirt unter den mitgefübrtcn Zelten; cs soll fcstgestellt werden, ob die Truppen bei der jetzigen kalten Witterung genügende Nachtruhe genießen können und ob sie für den Dienst de« nächsten Tages genug gekräftigt werden. Am Donnerstag wird von Bünde aus der Rück marsch angctrcten. — Auf dem ostasiatischen Kriegsschauplatz ist neuerdings ein aller Voraussicht nach nur kurzer Stillstand eingetrcten. Der Vormarsch aus Mulden wird einstweilen nicht fortgesetzt werden, bis die beiden südwestlich von Haitscheng befindlichen chinesischen Heere besiegt sind. Anfang der näch sten Woche wird c« wahrscheinlich zu einer neuen Schlacht kommen. — In Peking ist eine kaiserliche Verfügung er lassen worden, die den Vicekönig Li-Hung-Tschang für die Fehler und das schlechte Benehmen dreier benannter Generale verantwortlich macht und den Vicekönig aufsordert, die Frevler ausfindig zu machen, sic zu verhaften und dem Strafanit ein- zuliefern. Diese Generale und andere Offiziere halten sich nämlich versteckt! Locale und sächsische Nachrichten. — Schönheide. Der aus Donnerstag Abends im Hotel RathhauS angcsctztc 2. Wintervortrag im gemeinnützigen Verein: „eine RordlandSrcise", gehalten von Herrn Schuldirektor Tittel, hatte eine Menge Zuhörer angclockt. Der geschätzte Redner hatte vor Jahren eine Reise nach Norwegen unter nommen, deren Eindrücke und Erlebnisse er der Versammlung schilderte. Derselbe behandelte: >. die Fahrt von Hamburg nach Bergen, insbesondere die Westküste von 'Norwegen, 2. eine Wanderung Lurch« Land und die Besteigung de« Hochgebirges Jotunheim, 3. Christiania und die Rückreise. Zur Veranschaulichung de« Dargebotenen trugen besonder größere photographische Aufnahmen bei. Der Vortrag wurde mit allgemeinem Beifall ausgenommen und mag in Manchem den Wunsch erweck« haben, diese« herrliche Land und seine Bewohner mit eigenen Auge» zu schauen. — Dre«den,0. Januar. Zum Nachfolger Sr. Exzellenz de« Wirkt. Geheimen Rathc«, Oberhofmeister« Ihrer Majestät der Königin und Königl. Kämmerer» v. Watzdorf, welchem vom April diese« Jahre- an da« Departement der Finanzen übertragen wird, wurde von Sr. Majestät dem König der Kommandeur de« 5. Infanterie-Regimentes „Prinz Friedrich Angust" Nr. >04 in Chemnitz, Herr Oberst Baron v. Malortie, ernannt. Dresden. Daß Männer ihre Frauen mißhandeln, kommt leider nicht selten vor, allein auch der umgekehrte Fall passirt zuweilen, wie ein Vorgang beweist, der sich kürz lich in Striesen zutrug. Dort wohnt ein vcrheiratheter Maurer, welcher jetzt brustleidend und deshalb außer Stande ist, etwa« zu verdienen. Seine Ehehälfte ist darüber auf gebracht und hat den kranken, schwachen Mann schon wieder holt mit den schlimmsten Drohungen und Schimpsworten überhäuft. Dieser Tage stellte sie sich mit dem Küchenmesser in der Hand vor ihn hin und drohte, daß sic ihn noch erstechen wolle, und wenn sie auf da« Schaffet käme. Der Maurer, dessen Körperkräfte denen seiner Frau nicht mehr gewachsen sind, mußte schließlich die Hilfe der Behörde anrufen, um sich Ruhe zu verschaffen. — Leipzig. Der deutsche Patriotenbund zur Er richtung eine« Völkerschlacht-Denkmale« bei Leipzig zählte am 20. Dezember 32,084 Mitglieder. Diesen hohen Bestand in kaum 8 Monaten erreicht zu haben, ist ein Zeichen dafür, daß die Ziele des Bunde« allseitig im deutschen Vatcrlande Anerkennung finden. Bi« in die kleinsten Ortschaften drang der Ruf de« deutschen Patriotenbunde« zur Errichtung eine« Völkerschlacht-Denkmale« und Hoch und Niedrig ist bemüht, die alte Ehrenschuld de« deutschen Volke« abzutragen. Die Leipziger Schützengesellschast, die seit einigen Jahren die alten beliebten Volksfeste wieder aufleben läßt, wird einen Theil der Erträgnisse aus denselben dem „Deutschen Patriotenbunde zur Errichtung eines Völkerschlacht-Denkmal« bei Leipzig" zuweisen. — Leipzig. Da« Rundgcmälde der Völker schlacht bei Leipzig, welches Herr Tietsch in dem bekannten Panorama Prachtgebäude am Roßplatz in Leipzig von Maler Otto Sinding neu Herstellen läßt, wird bestimmt vom l. März >80k> ab der Besichtigung zugänglich sein. Zur Eröffnung beabsichtigt Herr Tietsch die noch lebenden 29 Veteranen aus den Freiheitskriegen nach Leipzig einzuladen. Es dürfte dies ein Festtag für die ganze Stadt werden. Die Kosten der Verpflegung, der Umfahrt durch die Stadt nach den Schlacht feldern :c. übernimmt genannter Herr. — Hierzu.wird von anderer Seite bemerkt, daß nicht mehr 29 Kämpfer aus den Freiheitskriegen, sondern nur noch 0 der alten Herren am Leben sind, deren Körpcrkonstitution leider eine Reise nach Leipzig nicht nichr gestattet. — Leipzig. Die bereits vor >'/, Jahren im Stadt- innern vollzogene unterirdische Legung der Telegraphen- und Tclephondrähtc ist jetzt auch aus die Westvororte, für die da« Postanit Plagwitz Mittelpunkt des Fernsprechverkehrs ist, ausgedehnt worden. Die Zahl der oberirdischen Drähte war so groß geworden, daß sic schwer anzubringcn waren. — Auch die Leipziger Pscrdbahngcsellschaft gedenkt jetzt auf ihren sämmt- lichen Linien elektrischen Betrieb einzuführen. Die Elektrizi- tätsgesellschaft „Union" in Berlin wird den Betrieb einrichten und hat bereits bei deni Stadtrath uni die Genehmigung dazu nachgesucht. — Zwickau, 8. Januar. Zum vorigen Wcihnachtsfcste erhielt bekanntlich ein hiesiger Kaufmann >200 Mk. anonym aus Königsberg übermittelt als „Zachänsgeld", Sühne für ein erlittenes Unrecht. Wie bekannt geworden ist, wurde noch einem zweiten hiesigen Kaufmann aus demselben Orte anonym ein Geldbetrag als „ZachäuSgeld" zugesandt. — Plauen, 9. Januar. Ein erschütternder Un glücksfall hat sich gestern Nachmittag hier ereignet. Der bei der Firma Gebrüder Uebel seit 15 Jahren bedienstete Kutscher Dürfcld hatte am Nachmittag seinen I3jährigen John beerdigt; um den Schmerz über den Verlust de« Sohnes zu vergessen, nahm der Mann sofort nach beendeter Beerdigung seine Thätigkcit wieder auf. Er war damit beschäftigt eine schweres Faß Petroleum in den Keller zu bringen, da« Faß kam aber in'S Rollen, ein mitbchilflicher Arbeiter konnte da« Faß nicht erhalten, und so wurde der Unglückliche von dem Fasse an Kopf und Brust derart schwer verletzt, daß er nach kurzer Zeit verstarb — drei Stunden nach der Beerdigung seines Kindes! Der Bedaucrnswcrthc hinterläßt Frau und vier schulpflichtige Kinder, denen nun der Segen der staatlichen Unfallversicherung zu Gute kommt. — Adorf, 8. Januar. Die ohnehin niedrigen Brotprcisc haben im neuen Jahre im Vogtlande aber mals einen Rückgang erfahren, es wird gegenwärtig vorzüg liche« Landbrot zum Preise von 15 Pf. da« Kilogramm verkauft. Auch die Kartoffeln behalten den billigen Preis (50 kA 2 M.) bei, obwohl durch das Schwarzwerden und Faulen der Spcifekartosseln in den Kellern die Kartoffcl- vorräthc bedenklich zusammcngcjchmolzcn sind. — Treuen. Nach hierher gelangter Nachricht befindet sich der seit Beginn der WcihnachtSferien vcrniißtc Kandidat des höheren Lehramts Hofmann in Leipzig in einer Klinik für Nervenkranke. Der junge Lehrer ist muthmaßlich, da er sich krank fühlte, aus eigenem Antriebe und ohne andere Personen von seinem Vorhaben in Kenntniß zu sehe», dorthin gefahren. — In Berliner Blättern wird die Haltung der säch sischen Regierung gegenüber den Bergarbeitern an erkannt. Während die preußische Regierung im Saarkohlen- rcvier noch immer jene 3000 Bergleute, die auf Zeil abgelegt wurden, nicht beschäftigt, weil die Geschäftslage keine günstige ist, habe die sächsische Regierung in einem ähnlichen Falle de» wirthschaftlichcn und sozialen Interessen weit mehr Rech nung getragen, indem sie, als die Demonetisirung de« Silbers eintrat und damit der Silberbergbau bis zur Unterbilanz herabsank, von Privatleuten für schwere« Geld Jilbcrberg- wcrke angckauft habe, und zwar lediglich aus dem Grunde, um den betreffenden Bergleuten Arbeit und Verdienst zu sichern. Noch während des letzten EtatSjahrcs hat die sächsische Regierung bei diesem Geschäft mehrere Millionen zugesetzt und werde das auch in künftigen Jahren thun, so lange das Silber mindcrwerthig bleibt. Der preußische Vergfisku« — wenigsten« der Saarbrücker — scheine diese volkswirthschaft- lichen Anschauungen nicht zu theilen! Deshalb herrsche unter den nicht wieder angelegten Bergleuten viel Sorge und Roth. Aus vergangener Zeit — für «ns?»« Zett. 1>. Januar. (Nachdruck verboten.) Wenn wir bisher wiederholt Gelegenheit hatten, auf die schmachvolle Art und Weise hinzuweisen, mit welcher in der Zeit von Deutschlands tiefster Erniedrigung preußische Com- mandantcn die ihnen vom Könige übergebenen Festungen im Stiche ließen, sobald sich die Franzosen blicken ließen, so sei auch eines Falle» gedacht, wo sich die altpreußische Tapferkeit bewährte. Am >1. Januar >807 erschien der französische General Vandamme, der gesürchtctste von 'Napoleons Gene ralen, vor der starken Festung Schweidnitz und forderte deren Uebergabe. In derselben befehligten ein Herr von Haak und ein Herr von Humbold, welche im Einverständniß mit der patriotischen Bevölkerung diese« Ansinnen energisch zurück wiesen. Erst der äußersten Roth gehorchend und ohne jede Hilfe gelassen, mußte sich später die Festung ergeben. 12. Januar. Das Programm, welche« vor 25 Jahren, am >2. Januar >870, der französische Unglücksminister Ollivier in der fran zösischen Kammer entwickelte, enthielt schöne, wohlgesetzte Worte von einer gemeinsamen Strömung von Freiheit, Auf richtigkeit und Ehrlichkeit. „Aus diese Weise können wir Alle zusammen da« herrlichste Werk, welches von politischen Män nern geschaffen werden kann, Herstellen, nämlich Fortschritt ohne Äcwaltthätigkeite», Freiheit ohne Umsturz". So redete der damalige Leiter des Staates. Aber schon konnte der aufmerksame Beobachter da» Grollen des Donners vernehmen. Trotzig sprach sich Gambctta gegen die neue Regierung au« und von JuleS Favre fiel da« damals um so gefährlichere Wort, daß das allgemeine Stimmrecht über jedem geschriebe nen Wort stehe. Wer Verständniß für die Lage hatte, mußte erkennen, daß die Opposition keine Versöhnung wollte, daß sie da« Chaos wünschte, um die verhaßte Dynastie zu stürzen. >3. Januar. Zehn Jahre sind seit jenem aufsehenerregendem Ercigniß in Frankfurt a. Main vergangen, das wie mit einem Blitze die Situation erhellte und den Politikern, wie überhaupt jedem Staatsbürger reichlichen Stofs zuni Nachdenken gab. Am >3. Januar 1885 wurde in Frankfurt a. Main der Polizeirath Rumpff ermordet. Diese That war ein Werk der Anarchisten, dieser außerhalb Gesetz und Ordnung stehenden Umsturzgesellschast, die zur „Propaganda der That" überge- gangcn war. Damals besser und leichter, wie heute, hätte man mit einem Umsturzgesetze hervortretcn und jene Geister unschädlich machen sollen, welche vor Mord nicht zurück schrecken. Getrennt und verstoßen. Roman von Ed. Wagner. (S. Fortsetzung.) „Bleiben Sie so lange hier, bis Sic von mir hören werden," sagte Dora, sich bemühend, weniger kalt zu erscheinen, als vorher. „Ich will heute Abend mit Papa sprechen, und morgen sollen Sie Nachricht haben. Wenn das, was Sie sagen, wahr ist, werden Sic gewiß versorgt werden; aber c« wird in ihrem eigenen Interesse liegen, vorläufig zu Nieman dem über diese Angelegenheit zu sprechen." MrS. Farr versicherte, daß sie seit ihrer Anwesenheit hier zu Niemandem etwas gesagt habe, was ihre Verwandtschaft zu Miß Chessom vcrrathen könnte, und daß sie auch ferner das tiefste Schweigen beobachten würde. „Ich will keinen Skandal verursachen," sagte sic. „Ich habe ein mühevolle« Leben geführt, und Alles, was ich mir nun wünsche, ist Ruhe. Ich beabsichtige nicht. Dich von den Chcssom'S wegzunchmen, wenn das irgend vermieden werden kann. Ich habe 'Niemanden mehr, der für mich sorgt, daher erwarte ich, daß Du es thun wirst. Wenn der Squire mir so viel geben will, daß ich ohne Sorgen leben kann, werde ich ferner dasselbe Schweigen beobachten, wie bisher." Diese Worte machten Dora schaudern, denn sie verriethen keine Spur von mütterlicher Liebe, sondern zeigten nur zu deutlich die Geldgier der Fran. „Ich erkenne Ihre Ansprüche aus das Kind, welches Sie für Geld verkauften, nicht an," erwiderte sie. „Wie Papa denk«, weiß ich nicht; aber was er in dieser Sache auch thun mag, wird recht und gerecht sein. Und nun noch Eins," fügte sie bestimmt hinzu. „Sie können mich nicht von den Chcssom'S wegnehmcn, nie! Der, welcher mich gepflegt und für mich gesorgt hat mein Leben lang und welcher mich liebt, hat die größten Ansprüche auf mich, und ich werde ihn nicht ver lassen um einer Fremden willen, und wenn diese Fremde auch meine Mutter wäre. Der Zufall der Geburt ist nicht« gegen die unendliche Liebe und Güte, welche er mir erwiesen hat." Ein zorniger Blick schoß aus Mrs. Farr's Augen. „Es war nicht« Schriftliches sestgestcllt, als ich Dich weggab," eiferte sie. „Du bist erst siebzehn Jahre alt, und deshalb habe ich, al« Deine Mutter, die rechtmäßige Vormund schaft über Dich. ES wird für Dich selbst besser sein, wenn Du nicht so stolz mit mir verfährst. Du bereitest Deiner Mutter einen angenehmen Empfang! Ich kam zu Dir mit blutendem Herzen, aber Du bist kalt wie Ei« und hart wie Stein. Du spottest über meine Liebe, aber es wird Dir ver gehen, über mein Recht zu spotten." „Da« Alle« kann erörtert werden, nachdem ich mit meinem Vater gesprochen habe," entgegnete Dora ruhig. „Wie ich gesagt habe, werden Sie ohne Zweifel morgen von uns hören." Damit verbeugte sie sich kalt, öffnete die Thür und ging hinaus. In der nächsten Minute befand sie sich unten im Garten. Sic fühlte sich ungewöhnlich schwach und müde; sie setzte sich in eine schattige Laube, um ihre Kräfte und Gedanken wieder zu sammeln. „Diese Frau meine Mutter!" dachte sie. „Und ihr Mann, der davongclaufene Betrüger und Trunkenbold, mein Vater! O, Himmel! Und ich bin so stolz gewesen auf meine ehrenwerthe Abkunft! Und Papa — mein lieber Papa — nicht mein wirklicher Vater! Wie soll ich da» ertragen?" Ein Strom von Thränen machte ihrem gepreßten Herzen Luft, und erleichtert stand sic endlich auf, um den Garten zu verlassen, da sic in der Nähe Tritte hörte und nicht wünschte, hier länger gesehen zu werden. Al« sie eine kleine Strecke gegangen war, hörte sic hinter sich die Husschläge eine« Pferde« und bald daraus rief eine frische, angenehme Stimme ihren Namen. Viertes Kapitel. Drohende Aussichten. Lord Champney begab sich nach den ihm zu Saltair an gewiesenen Zimmern, wo er etwa eine Stunde verweilte; dann ging er hinunter und überzeugte sich, daß der Bote mit dem Telegramm an Mr. Felix Warner nach Norwich abgcgangen war, worauf er sein Pferd satteln ließ und dann im wilden Trabe davonritt auf der Straße nach Harmouth. Er war mehrere Stunden abwesend und kehrte erst am Nachmittage zurück. Die Gäste, zum Mittagessen bereit, waren auf dem Platze vor dem Hause versammelt und saßen auf den
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