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Die Mission des Fürsten Gortschakoff in Wien. Der Fürst Gortschakoff hat von seinem kaiserlichen Gebieter den Auftrag, am Wiener Hofe dahin zu wir ken, hast Oesterreich von einem Bündnisse mit den Westmachten absteht und nicht feindlich gegen Rußland auftritt. Nun läßt fich nicht leugnen, daß diese Mis sten doch einigen Schein des Gelingens für fich hat. Die russische Diplomatie hat nämlich zwei Höfe, an denen sie operiren kann; verliert fie auch an einem derselben ihr' Spiel, so ist fie deshalb noch nicht ge schlagen, sobald fie an dem andern Hofe fiegt, da beide Höfe Wchund Lrogr-phische Lage, so verbun den find;. daß fie nur gemeinsam, aber nicht gegen einander handeln können. Aber bei alledem glauben mir doch, daß die gegen wärtige Misfion des vielgewaudten Fürsten Gortscha- köff eine verfthlte sein werde; denn eS ist seit der Enchüügng de? englischen „Blaubuch-" und der ^ehei- «e» ihrrespondenz» zu viel Tag hinter die Couliffen derrD^chkriMW gefallep, Pas Licht der Oeffent- WWEoyurusttKraffm ein« Mzahl Menschen MÜrMk viel« Deutsche, die VätkKiiüia üiÄ »och weniger enragen können, — Auf dem Mßi war di« Zahl der Unglücksfälle im vorigen größer als je zuvor. Durch Auffahren auf . mpf« verunglückten 16 Dampfschiffe, gegen 66 Menschen verlorm dabei das Leden; 6 Dampfer «rplohtrtry, wobei 76 Menschen getödtet wurden; 14 «al rannten Schiffe aneinander und 9 Menschen büßten dabei das Leben ein; 18 Boote wurden durch Feuer zerstört und gegen 250 Personen ertranken oder «urheu verbrannt; andere Schiffe stießen aus Felsen oder litten durchs EiS. Wie gefahrvoll demnach eine Flußreisr dort ist, steht man hieraus sehr deutlich.—In San FrcmciSro (Californien) gehen die Geschäfte schlecht; das Geld ist rar, trotz der Goldgruben, die während der am 16. Mai d. I. beendeten 12 Monate die ungeheure Summe von 53,700,000 Dollars zur Verschiffung lieferten. — In New-Dock ist unlängst eine ungeheuere Betrügerei entdeckt worden. Ein ge wisser Robert Schuyter, Präsident der New-Dorker und New-Haver Eisenbahn, hat nicht weniger als für 1,900M0 Dollars falsche Aktien ausgegeben und ver- trieben. Diele große Häuser haben durch diesen Be trug bedeutende Verluste erlitten und viele Privaten ihr ganzes Vermögen eingebüßt. Bei der großen Beliebtheit, denen fich amerikanische Eiscnbahnpapiere in Europa, namentlich in Deutschland erfreuten, liegt die Besorgniß nahe, daß man auch hier die Folge dieseg schmählichen Schwindels schmerzlich empfinden werde. Schuyler ist spurlos verschwunden. Derselbe war der ältere Theilhaber eines höchst angesehenen, unbeschränktes Vertrauen genießenden Handelshau ses; sein Großvater war im Unabhängigkeitskriege General der Revolution. gedrungen,- ftitdeßV^M ... dem erstaunten Europa ein ganz auSgetikdeteS Mine, shst«m,'das de», 8tatus quo der WeMdpuag m»tiv> höhlte, ^blo» gelegt hat; und doch glebt stch die rus sische DiAömatte iin Vertrauen auf ihre ftüherm Er folge det- Hoffnung hin, fie könne noch nach den Vorgänge« der letzten 12 Monate eine Regierung, welch« vom Muth und dem Ernste der Situation durchdruo- gen ist, durch die sammetweichen Reden ihrer Hofleut« von der Bahn ablenken, welche Ehre, Pflicht und In teresse mit glckchem Nachdruck« ihr vorzeichnen; dir rus- . fische Diplomatie glaubt, feste und länge erwogene Ent- schließungeck der österreichischen Regierung durch allge meine Versicherung friedfertiger Gestnnung und unbe stimmte Vergleichsausfichten wankend zu machen. Der Erfolg mußsiedeS Werk krönen. Wir müssen erst ab warten, ob »md welchen Erfolg die Sendung des Für sten Gortschakdff hat, ehe wir ein Urtheil darüber fäl len können. Siegt die russische Diplomatie diesmal, so zeigt fie eine 4leberlegenheit und Meisterschaft, wie fie die neueste Geschichte weiter nicht kennt"; unterliegt sie, so beweist fie einen Mangel an Erkenntniß der thalsächlichen Verhältnisse und eine Verblendung über die Lage der Dinge, daß fie ihre abergläubische Ver ehrung, die sie seither im AuSlande genossen, in Ge fahr ist, zu verlieren. Vor einem Jahre, vor 6 Monaten vielleicht noch, würden die Karren, welche man jetzt ausspielt, die Wir kung von Trümpfen gehabt haben; im gegenwärtigen Augenblick dienen fie aber nur dazu, die Schwäche deS Spielers zu verrathen. Rußland scheint ganz vergessen zu haben, daß jetzt eine andere Farbe Trumpf ist, als zur Zeit seiner früheren diplomatischen Erfolge. Ruß land übersteht nämlich den kleinen, aber bedeutungs vollen Umstand, daß alle Welt genau die Abfichten kennt, welche man in Petersburg verfolgt, und daß alle Welt für gebieterische Nvthwendigkeit' hält, diese Absichten zu vereiteln. Rußland bedenkt nicht, daß der Wiener Hof gegenwärtig nicht mehr von einem An schlüsse an die Westmächte abzuhalten ist, wie zur Zeit der Orloffschen Sendung, sondern daß man fich in Wien jetzt anschickt, gegen Rußland aufzutreten, und daß nur die Haltung Preußens die Politik Oesterreichs etivas unsicher macht. Ein Friedensschluß auf Grundlage der Zustände vor der Besetzung der Donaufürstenthümer, wäre nach dem, waS vorgefallen ist, für Oesterreich noch weit be denklicher, als für die andern becheiligten Staaten, da Oesterreich an die Donauprovinzen grenzt und die Do nau sein Hauptstrom ist. Die russischen Zusagen find sehr gering. DaS Höchste, was man als möglich« Concesfion durchblicken läßt, ist die Räumung der Wa lachei, die Stromlinie aber, welche die Moldau, Wala chei und die nördlichen Provinzen der Türkei beherrscht, soll nach wie vor von dem ZnvastonSheere behauptet, daS Donaugebiet nach wie vor in russische Fesseln mit Knutenzugabe geschlagen bleiben. Durch Vermittelung der deutschen Großmächte will Rußland nur kostbare Zeit gewinnen; «S will seine strategischen Stellungen verbessern und eine