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Jer treue Hübet. Eine kleine Sylvester-Geschichte, »Um Ueberlieferungm nacherzählt von Eugen Rahden. Die kleine Stadt B.... an der Oder in Schlesien weist eine ganze Anzahl von Merkwürdigkeiten auf, an die sich oft recht sonderbare, märchenhaft klingende, aber, wie die Ueber- liefcrung meldet, wahre Geschichten knüpfen. Viele dieser Ge schichten sind nicht einmal niedergeschrieben, sie vererben sich aber im Volkimunde von Geschlecht zu Geschlecht und eine solche Geschichte sei hier in Kürze mttgetheilt. Wenn man in die alte Kirche tritt und sich bis zum Mittelpunkt derselben begieb«, und dann die Augen gegen die Decke richtet, so findet man hoch oben, gerade in der Mitte der Deckmalereien, da« Bild eine« großen, schönen Pudel«, der den Beschauer stet« ansieht, gleichviel, von welcher Seite man da« Thier betrachtet. Mit dieser absonderlichen Malerei hat e« seine besondere Bewandniß und die meisten alten Ein wohner der Stadt werden die Begebenheit, die sich an diese« Pudelbild knüpft, Wohl so zu erzählen wissen, wie sie nach stehend wiedcrgegeben sei. Vor etwa zweihundert Jahren, al« die Kirche fertig und bereits in Gebrauch war, handelte e« sich nun auch um die Ausschmückung de« Gotteshauses. Die Gemeinde war aber keineswegs so reich, daß sie einen großen Künstler, der die Kirche mit Malereien, sei e« auch nur mit mehr oder minder guten Kopien der großen Meister schmücken sollte, bezahlen konnte. So war e« denn ein wahre« Glück, da« der Himmel den braven Bewohnern der Stadt B.... bcscheert hatte, daß sich urplötzlich au« Böhmen drüben ein junger Maler — Stephanus nannte er sich und wurde mit diesem Vornamen allgemein genannt, weil die deutsche Zunge den slavischen Familiennamen nicht behalten konnte, — meldete, der nur um Gottes Lohn die Kirche mit den schönsten Malereien zu schmücken sich vermaß. Die guten B.... er griffen natürlich mit beiden Händen zu und sehr bald wurden sie inne, daß der Maler nicht eben zu den Geringsten gehörte und sein Fach mehr als gut verstand. Sie waren auch nicht wenig stolz auf „ihren Künstler" und in der Stadt und Umgegend gab« bald keinen Menschen mehr, der dem fleißigen und tüch tigen Maler, der nebenbei auch noch ein netter, junger Kerl war, nicht herzlich zugethan war und quasi für ihn durchs Feuer ging. Mit dem „um Gottes Lohn" Arbeiten de« jungen Künst ler« war e» nun allerdings solch eine Sache: da« hatten die guten Bürger der Stadt sehr bald und vor ihnen die Bürger innen noch bälder herau«. War da nämlich de« Stadtschreibers Töchterlein, ein gar liebreizendes Kind, da« nach längerer Zeit aus Wien in die Heimath zurückgekehrt war und nun die Kenntnisse, die e« bei der Frau Tante in der Residenz erworben, in de« Vater« Hause verwerthete und wacker der durch den Tod der Mutter verwaisten Wirthschaft Vorstand. In aller Zucht und in Ehren hatte sich die Liebschaft zwischen Stadtschreiber« Gertrude und Stephanus in Wien angc- sponnen, aber Papa Stadtschreiber glaubte nicht recht an des Künstlers Berus und hatte kurzweg sein Veto eingelegt. Da war e« denn unserem Stephan»« ein gefundener Handel, dem Alten durch die That zu beweisen, was er könne und so war er nach B.... gekommen und malte wacker seine Bilder in der Kirche. Die B.... er waren damal« wahrscheinlich noch sehr gute Leute; denn sie gönnten den beiden jungen Menschenkindern nicht blo« ihr Liebesglück, sondern suchten e« sogar zu fördern, indem sie den Papa sozusagen „breit schlugen". Schließlich sträubte sich der Stadtschreiber nur noch pro korina und als die Malereien in der Kirche ihrer Vollendung entgegengingen, gab er denn auch endlich seine Zustimmung und am Sylvesterabend sollte die Verlobung ge feiert werden. Nur Einer in der Stadt war mit dem Laufe der Dinge nichts weniger al« einverstanden und da« war de« alten Stadtmusiku« Sohn Firmian. Dieser junge Mann hatte sich auch ein wenig in der Welt umgesehen, hatte mehr ge lernt, al« ein Stadtmusiku» zur Noch wissen muß, war neben bei eine ganz annehmbare Persönlichkeit und hatte ebensall« ein Auge auf Gertrud geworfen. Da die Liebe bekanntlich von jeher blind macht und auch au« guten Menschen Böse- Wichte zaubern kann, war e« nicht sehr verwunderlich, daß Herr Firmian mit der Zeit aus Abwege kam. Da« sah er bald, daß mit Zank und Streit, mit Rauferei und Händel- suchen dem Maler nicht beizukommcn war; um so mehr aber setzte sich bei ihm der Gedanke fest, daß der Maler Gertrud nun auch nicht haben solle, wenn er selbst sie nicht besitzen dürfe. In der Kirche zu B.... sah e« am Sylvester vor zwei hundert Jahren etwa» sonderbar au«. Die Decke der Kirche war nun schon mit Gemälden, schön und lieblich anzuschauen, geschmückt, nur im Mittelpunkt der Decke war noch die letzte Hand de- Künstler« nöthig. Und daran hatte der Maler Vormittag« wacker gearbeitet; denn am Neujahr«tage sollte das Werk vollendet der Gemeinde übergeben werden. Nicht ganz vollendet; denn genau im Mittelpunkte der Decke befand sich noch ein mittelgroßer leerer Fleck, den der Maler leer gelassen hatte, weil er selbst noch nicht wußte, wa« er dahin bringen solle. Ein sonderbare« Gerüst erhob sich in der Mitte der Kirche. Treppen führten bi« hoch oben hinauf und nur von dem letzten Absatz au« bi« dicht unter die Decke ragte eine Malerleiter, durch ein Querholz gestützt. Leitern hätten e« am Ende auch von unten an gethan; denn wenn der Maler hoch oben in lustiger Höhe schwindelfrei war, so durfte er e« wohl auch beim Erklimmen der Höhe sein. Aber die Treppen hatte der Maler eigen« für seinen Pudel, dem klugen und allgemein beliebten Mohr, — Mohru« nannte ihn da« damals lateinisircnde Geschlecht, — hergerichtet. Da» war aber auch ein Staatskerl, der Herr Mohru«, die Perle aller Pudel und klüger, al« jeder andere Hund vor und nach ihm. Daß Mohru» die erstaunlichsten und mannigfaltigsten Kunststücke zu machen verstand, war wohl nicht» besondere». Daß er jede» Wort verstand, wie sein Herr wenigstens behauptete, läßt sich auch noch denken, zumal jeder Herr von seinem Hunde zu behaupten pflegt, dem Thierc fehlte nur die Sprache. Daß aber der schwarze biedere Geselle seinem Herrn bei der Arbeit half, da« war allerdings mehr, al» je ein Pudel ge leistet. Mohru» trug nämlich seinem Herrn die Farben und Geräthschasten da oben zu nach schwindelnder Höhe, wußte genau Bescheid, wa« sein Herr brauchte und hotte von unten heran, wa« sein Herr eben verlangte. Hatte der Hund nicht» zu thun, so setzte er sich auf dem letzten Absatz oben nieder und betrachtete mit Kennermiene seine« Herrn fortschreitende Arbeit. Bleibt noch zu bemerken, daß Mohru« ein ungewöhn lich starker und stämmiger Geselle war und ein Gebiß hatte, dessen Festigkeit zu preisen sein Herr noch Gelegenheit haben sollte. Der Maler hatte Mittag« die Kirche verlassen und war zur Mahlzeit gegangen, hatte auch sein Feinsliebchen besucht und war mit der beseeligendcn Gewißheit geschieden, daß Abend« beim Sylvestcrtrank Verlobung gefeiert werden sollte. Infolge der für den Pudel vorhandenen Treppen war da« Hinansteigen zur Höhe de« Gerüste« auch für andere Leute nicht gar so gefährlich; indeß hielten e« die guten B....er noch mit der guten alten Sitte, ihre Hände und Füße von Dingen fern zu halten, an denen sie nicht« ver loren hatten. Al» Musiku« Firmian an jenem Sylvester sich in die Kirche schlich, konnte er sicher sein, daselbst Niemand anzutreffen. Hastig eilte er die Treppen hinauf und oben an der Leiter angekommen, gönnte er sich kaum Zeit, Athem zu schöpfen. Eine kleine Handsäge zog er au« seinem Wammse hervor und mit der Energie, wie sie nur dem ent schieden Guten und entschieden Bösen eigen zu sein pflegt, durchsägte er da» Querholz, da« der Leiter zum Stützpunkt diente. Kühn war der Mann bei seiner teuflichen That immerhin; denn an sich selbst probirte er, ob die Leiter, so lange man sie nicht rücke und rühre, fest stehe. Sie stand fest. Aber die geringste Bewegung mit ihr vollzogen, mußte sie zum Zusammensturz bringen und dann Gnade Gott dem jenigen, der auf ihr stand. Und höchst befriedigt von seinem Werke verbarg Firmian die Säge in seinem Wammse und zog von dannen. Auch der Maler war zufrieden mit seinem Werke ; nicht blo« de» Preises wegen, der ihm in Gestalt seiner Herzaller liebsten zufiel, sondern auch weil ihm sein Werk gut gelungen war. Was er noch in die Mitte der Decke setzen werde, wußte er allerdings nicht, aber er würde eS schon noch finden. Wohlgemuth steigt er die Treppen hinaus und ahnungs los aus seine Leiter. Freund Mohru« hat seine Pflicht er füllt, hat Farben und Pinsel gebracht und hält Wache aus dem letzten Treppenabsatz. Der Maler ist nahezu fertig; nur noch ein wenige» wäre nachzubcssern und zu heilen. Stephanus ist ja schwindelfrei; also ein wenig die Leiter mit dem Fuße gerückt, großer Gott, welch ein Krachen und Donnern und Poltern in der stillen Kirche. Einen Moment ist e« dem Maler, al« ob Alles um ihn versinke und al« ob er in« Wesenlose hinau-fliege. Dann greift er instinktiv mit den Händen nach einem Halt. Schwer schlägt sein Kopf auf etwa« harte«, einen Augenblick vergeht ihm die Besinnung, dann gellt sein Ruf: Mohru«, Mohru«! Noch ehe der Ruf erschallt, ist der Hund zur Stelle. Zwar hält sich sein Herr mit den Händen krampfhaft an dem Absatz der Treppe geklammert, auf dem die Leiter gestanden, aber der Körper selbst hängt herab in freier Luft über der furchtbaren Tiefe. Wo bliebest du, armer Stephanus, und wie bald müßtest du kraftlos hinabstürzen in die Tiefe, wenn der treue Mohru« nicht wäre. Mit seinen gewaltigen Zähnen hat der Pudel das WammS seine» Herrn gepackt, mit aller Kraft stemmt sich da« treue Thier fest auf dem Treppenabsatz. Äug' in Äug' hlicken sich Herr und Hund und nur ab und zu ringt e« sich von de« Maler« Mund: Halt fest, Mohru«, c« gilt mein Leben! Wie lange er so schwebend zugebracht, Stephan»« hat c« später nicht zu sagen gewußt. War e« nur ein Zufall, war e« eine Ahnung oder war c« göttlicher Wille, daß Ger trude just in dem Augenblicke in die Kirche trat, da auch de« Hunde» Kräfte nachzulassen begannen? Sie hatte da« Gefühl, da« sie antrieb, die Kirche zu besuchen, damit zu beschönigen gesucht, daß sie ein kurze« Gebet verrichte« wollte; mit dem Liebsten ein paar Worte zu wechseln, hatte sie natürlich nicht beabsichtigt. Schreckensbleich stürzte sic die Treppen hinauf, al« de« Geliebten Ruf um Hilfe erschallte. Sie war aber ein be sonnene« Mädchen und so handelte sie denn genau »ach den Anordnungen des Geliebten. Nach wenigen Minuten war e» ihr und seiner eigene« nunmehr noch einmal erwachenden Kraft gelungen, die gefährliche Situation zu überwinden. Auf dem Treppenabsatz saßen Beide und weinten in Glück und Dankbarkeit für die gelungene Rettung. Und Mohru«, mit Recht hundcmüde, lag zu ihren Füßen und ruhte au». ES giebt nicht viel mehr zu berichten. Am Abend bei der Verlobung saß Mohru« gravitätisch auf einem Stuhl mit am Tisch und manierlich nahm er die guten Bissen entgegen, die ihm zuficlen. Man zerbrach sich den Kopf nur kurze Zeit über den Thäter. Jeder kannte ihn, als Firmian von B.... ver schwand und für immer verschollen blieb. Gleich am Tage nach 'Neujahr wußte Stephanus, womit er den noch leeren Raum im Mittelpunkte der Decke auSzu- füllen habe. Die Leute in B.... sanden e« ganz natürlich, daß da oben hoch der treue Pudel prangte, der den Beschauer stet« ansieht, von welcher Seite auch man ihn betrachtet. Die Geschichte ist wahr und deshalb konnte der Erzähler die Unwahrscheinlichkeiten, die Manchen aufstoßen mögen, nicht ändern. Die Wirklichkeit ist eben ost unwahrscheinlicher, als die Dichtung. Standesamttiche Machrichten von Schönheide von 23. bis mit 29. Dezember 1894. Geboren : 385) Dem Eisenbüttenwerksschmied Albin Gustav Mitten« zwei in Schönheiderbammer 1 S. 386) Dem Eisengießer Franz Louis Tuchscherer hier 1 S. 387) Dem Bürfienfabrikarbeiter Franz Ludwig Heinz hier I S. 388) Dem ans. Bürstenfabrikarbeittr Albert Schädlich hier 1 S. Aufgeboten . Vacat. Eheschließungen: 71) Der Eisenbahnstreckenarbeiter Paul Maximilian Uhlig hier mit der Bürstenpolirerin Auguste Marie Holzel hier. 72) Der Schuhmacher Emil Paul Jähnigen in Chemnitz mit Minna Marie Stephan in Chemnitz. 73) Der Schuhmacher Gustav Albin Schädlich in Wilkau mit der WirthschaftSgehilfin Emma Auguste Schädlich hier. Gestorben: 225) Christiane Friederike verehel. Thielemann geb. Unger hier, 50 I. 226) Des Bürstenfabrikarbeiters Friedrich Hermann Baumann hier T., Hedwig Frieda, 2 I. 227) Des Maschinenstickers Ferdinand Kral hier S. (todtgeb.). 228) Die unverehel. Bürstenein- zieherin Minna Thuß hier, 19 I. Kirchliche Machrichte» aus der Marochie Kibensiock. Am Neujahrstag c. Vorm. Predigttext: Luc. 12, 4—9. Herr Pfarrer Bött- rich. Nachm. 1 Uhr: Bibelstundc. Herr Vicar Tittcl. Die Beichtredc hält Herr Pfarrer Böttrlch. Kirchenmusik: Lobe den Herrn, Motette für Männerchor von Julius Schneider, gesungen vom Gesangverein Stimmgabel. Kircheunachrichteu aus Schönheide. Dienstag, den 1. Januar 1895. Früh 9 Uhr: Gottes dienst mit Predigt. Herr Pfarrer Hartenstein. Kirchenmusik: Caniat« „Jauchzet Gott, alle Lande" von Frankenberger. Da« Wochenamt führt Herr Diaconu« Wolf. Mittwoch, den 2. Januar 1895. Vorm. 10 Uhr: Wochenkommunion. Herr Pfarrer Hartenstein. Ium Jahreswechsel bringen ihrer werthen Kundschaft, Freunden und Bekannten die besten Glück- und Segenwünsch«. Bäckermeister nebst Frau. Allen unfern hochgeehrten Geschäftsfreunden, Verwandten u. Bekannten bringen hierdurch unsere aufrichtigsten Glück- und Segenswünsche. Meicheudach, KibenstoL, Alteisen- und Metall-Handlung. zum Jahres-Wechsel sendet ihren Freunden Familie Oustav OoläLts, Auerbach i. B. Meinen werthen Gästen und Gönnern die herzlichsten Glückwünsche zum JahreS Wechsel. N-huhof Kiöeusto« HvQINANN und Ara«. Seinem verstorbenen Mitglied« Herrn Tischler lkrnat Ia»l»»nv«- H««»« ruft ein „Ruhe sanft" in die Ewigkeit nach per Kaudweriier-Mereiu. Frische Sprotten, Ziegen Käse, Petersilie, Quark empfiehlt A. «»»inan». Rechnungen empfiehlt «. M»»»«d»M». Ihren werthen Gästen, Nachbarn und Bekannten bringen zum Jahreswechsel die besten Glück- und S.gm-nÄnsch« und Frau. Zahlungs-Aufforderung! Alle Diejenigen, welche ihre Rcstbestände bis Ende 1892 bei mir noch nicht berichtigt, werden nunmehr ZUM letzte« Mal ersucht, dies jetzt recht bald zu thun, andernfalls bin ich gezwungen, mit Klage gegen die Säumigen vorzugehen. Shcheßetde, den 28. Dezember 1894. Otto OsolLaar Raolik. Frischen Schellfisch Hasenklein empfiehlt NLX StSMbLCK. 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