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Öatarina spricht immer noch, aber Schimanski hört nicht mehr zu. Er ist auf seine Geschichte konzentriert, verknüpft Reales mit fiktiv eingesetzten Details, spürt, wie sich etwas zusammenformt, wie ein Gebilde entsteht, wie sich Konturen abzuzeichnen beginnen. Die Sätze haben keinen Widerstand mehr zu leisten, Schimanski spürt, wie er die Gedanken um Catarina, deren Leben sich in ihnen aufzulösen scheint, zu besitzen beginnt. Schimanski ist glücklich. Catarina, zur Figur, zum Statisten eines Spiels geworden, dessen Regeln er festlegt, ist nur noch dem Anschein nach anwesend. "Ich schreibe an einer Erzählung", sagt Schimanski. "Die Geschichte einer alleinstehenden, alternden Frau, die ihrer Ehe nachtrauert und zugrunde daran geht. Ich schreibe über eine Frau, die eine Heiratsr annonce aufgibt und hofft, durch sie ihr Leben zu verändern." Nein, er sagt das nicht zu Catarina, er sagt das zu sich; er sagt das in den Raum seiner Vorstellungen hinein, in dem er sich befindet und den er mit der Wirklichkeit vertauscht hat. Catarina spürt einen plötzlichen Krampf, einen Schock, einen stummen, wortlosen Haß. Sie bewegt sich nicht, starrt auf Schimanski, ein Blick* der ungerichtet ist und in der Luft sich gläsern verfängt. Dann steht sie auf und geht in die Küche. Zurückgekehrt bleibt sie hinter ihm stehen, bewegungslos, scheinbar zuhörend und doch entschlossen, die letzten Sätze selber zu schreiben, sie Schimanski zu entreißen, der, leicht nach vorn gebeugt, ganz auf den Forgang der Gesch^ihte konzentriert ist und keine Notiz davon nimmt, daß sie hinter ihm steht. Jetzt stößt Catarina zu, zwei Mal, das erste Mal bis zur Hälfte der Klinge, das zweite Mal bis zum Schaft. Schimanski spürt nicht mehr, wie dickes, dunkelrotes Blut die Wunde herabläuft. Catarina sinkt auf die Knie und beginnt, grundlos zu lachen,... schreibt Hoffmann auf, erhebt sich und zieht die Vorhänge zu.