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Catarina unterbricht kurz, schiebt ihre Tasse über die rot-weiß karierte Tischdecke in die Mitte des Tisches und fügt nicht ohne Entschiedenheit an: "Leben Sie auch schon länger allein?" ...Damit, daß Catarina diese Frage stellen würde, konnte Schimanski nicht rechnen. Er ist, Hoffmanns wegen, irritiert und bereit, den Satz zurückzunehmen. - Was sollte, könnte Hoffmann auch sagen? Sollte er, in der Situation, Catarina gegenüber, seine andere Art von Einsamkeit, von Alleinsein zugestehen, wenn er, vor sich aufs Blatt starrend, seinen Einbildungen, seinen Geschichten nachhängt, deren Abbilder, deren Originale er nicht oder nur unzureichend kennt? Sollte er sagen, daß er diese ihn allmählich tötende Einsamkeit flieht, indem er, wie Shylock mit dem Messer auf Antonio zugehend, um ihm das Herz aus der Brust zu schneiden, dem Leben der anderen auflauert, sich, bemüht, selbst nichts zu empfinden, was über den Zweck, die Ereignisse beschreibbar werden zu lassen, hinausgehen würde, in ihre Empfindlingen bringt, um sie ihnen zu entreißen? Und doch kann Schimanski es Hoffmann nicht leichter machen, kann er ihn vor dieser simplen und der Begegnung nur allzu entsprechenden Frage nicht in Schutz nehmen. Schimanski fühlt, wie sich die Figuren ohne ihn weiterzubewegen be ginnen, wie sie eine nicht vorhersehbare Selbständigkeit entwickeln, die aus seinem ihm selbst verborgenen Inneren kommt. Schimanski empfindet eine aufsteigende und ihn allmählich unsicher machende Angst, Hoffmann, den er, ihn sich zunehmend selbst überlassend, aufzugeben beginnt, könnte sich gegen ihn zu wenden beginnen, könnte ihn, Schimanski, denunzieren: "Entschuldigen Sie, aber ich möchte nicht darüber reden", sagte Hoff mann, in Verstrickungen gebracht, deren Lösung nur eine Lüge sein kann. Er, Hoffmann, der Spieler, ist in Gefahr, in eine Beziehung zu geraten,