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sirten Menscben, wenn er neue Kunde von den Schandthaten anarchistischer Mordbuben vernimmt. Den blutgetränkten Spuren einer Ravachol unv eines Pallas ist vor wenigen Tagen Vaillant gefolgt, der die mörderische Bombe von der sGalerie^ herab in den Sitzungssaal der Pariser Deputirtenkammer warf. Nur der glückliche Zufall, daß da« entsetzliche Mordwerkzcug, kaum der Hand des Werfers ent schwunden, an einen vorstehenden Pfeiler flog und dort zerschellte, hat ein namenlose«, unabsehbares Blutbad, mindesten« dem von Barcelonas gleich, verhindert; so sind denn wenigsten« keine Men schenleben vernichtet worden, wenn auch durch die Explosion gegen 50 Personen, darunter mehrere Deputirte mehr oder minder schwer verletzt wurden. Da« Bcrbrechen Hal selbstverständlich die ganze zivili- sirte Welt in Erregung versetzt. Die gesetzgebenden Körperschaften Oesterreich«, Ungarn« unv England« haben der französischen Kammer ihre Sympathien au«- gedrückt; dem französischen Kammerpräsidenten Dupuy sind Hunderte von glückwünschenden Telegrammen und Briesen zugegangen. Der Attentäter August Vaillant hat eingestanden, daß er den Kammerpräsi denten treffen wollte, .damit seine Thal eine größere Wirkung habe.' Den 47 durch die Explosion Ver wundeten, die sich in ärztlicher Behandlung befinden, geht e« verhältnißmäßig gut; nur bei einem Abgeord neten wirr eine Schädeltrepanation nöthig, da ihm ein Eisenstück in den Kopf gedrungen ist. Locale und sächsisch, Rachrichte«. — Eibenstock, 13. Dezbr. Morgen Abend 8 Uhr findet in der neuerbautcn Turnhalle die Er öffn» ngSturn stunde seitens de« hiesigen Turn verein« statt, woran sich um 9 Uhr ein Commer« im Schützenhause anschließen wird. Die offizielle Ein- weihungSfeicr wird erst im kommenden Jahre in Verbindung mit derjenigen de« neuen Schulgebäude« begangen werden, wie auch das Turnen der Schul kinder erst mit dem nächsten Jahre beginnen soll. — Dresden. Großes Aussehen erregt hier die Verhaftung de« Wachtmeister« der Reitschule, weil er zur Dockung seiner Schulden die Kaffe angegriffen hatte. In derselben fehlt die ansehnliche Summe von 11,000 Mk. — Adorf. In hiesiger Stadt wird da« Rind fleisch fortwährend billiger. Ein Fleischer verkauft hochfeines Ochsenfleisch bei Entnahme von 10 Pfund für 40 Pf. — Schneeberg. Am Sonntag Asiond kurz nach 11 Uhr war in hiesiger Stadt Feuer auSgcbrochen; durch dasselbe wurde die dem Oekonomen Baumann gehörige, auf der Seminarhöhe gelegene Scheune mit verschiedenen Borräthen eingeäschert. Die angrenzen den Scheunen blieben dank der Thätigkeit der Feuer wehren erhalten. Bei dem Feuer zeigte sich auch deut lich, wie wichtig die über die genannte Höhe geführte Wasserleitung für die dort gelegenen Gebäude ist. Baumann war bereit« vor zwei Jahren sein im An hang gelegenes Gehöfte abgebrannt. — Ein zu erneuter Vorsicht bei Hängelampen mahnender Fall ereignete sich auf der Rungstockstraße in Olbernhau. Der Besitzer des betreffenden Hauses arbeitete an seinem Tische bei einer Setz lampe. Ohne daß es beachtet wurde, stand letztere direkt unter der großen Hängelampe, diese explovirte infolge Erhitzung und verursachte im Fallen auch die Explosion der unteren Lampe. Das Feuer griff na türlich so rasch um sich, daß es alsbald auch das Nebenzimmer erfaßte. Dennoch gelang durch that- kräftige« Eingreifen da« Löschen des Brandes, und so wurde großes Unglück verhütet. Der Besitzer, Herr Hickel, hat aber schwere Brandwunden an den Armen und am Kopfe davongetragen. — Am Freitag Abend wurde im .Hotel zur Vogtländischen Schweiz' in Jock eta von dem in Haselbrunn stationirten Gendarm in Gemeinschaft mit dem Stadtwachtmeister von Plauen ein gewisser Böhm au« Treuen verhaftet. Böhm hatte an einen Bäckermeister au« Reichenbach 1800 M. falsches Papiergeld, bestehend in 50-und lOOMarkscheinen, verkaufen wollen; für 100 M. gute« Geld sollten 500 Mark nachgemachte« verabfolgt werden. Der angeblich als Käufer auftrelende Bäckermeister halte die Polizei rechtzeitig in Kenntniß gesetzt und somit war c« möglich, den Verkäufer bei der Thal festzu nehmen. Böhm ist wegen Wechselfälschung bereits mit einer längeren Freiheitsstrafe vorbestraft und hat noch Helfer, von denen Sonnabend Morgen drei Mann in Treuen verhaftet wurden, al« dieselben im Begriffe waren, nach HerlaSgrün abzusahren. Die falschen Kassenscheine sollen gut nachgemacht sein. (Ki« gesandt.) E« scheint eine Aufklärung bezüglich de« in hiesiger Stadt bestehenden reichstreuen Verein« nöthig zu sein. Derselbe ist kein geselliger Verein, sondern «in politischer. Nach seinen Statuten hat der Verein reich-treu ge sinnter Männer den Zweck, „die Theilnahme de« Volke« an den öffentlichen Angelegenheiten im reich«treuen beziehentlich staat«erhaltenden Sinne anzuregen, fortzubilden und auszu. breiten, in-besondre aber bei den Reichrtag«- und Land tagswahlen zur Geltung zu bringen." Diesen Zweck sucht er zu erreichen nach bestem Können. Daß er, da seine hiesigen Mitglieder Wohl ausnahmslos Bürger von Eibenstock sind, sich auch für die Wahlen zum Stadtver ordneten Collegium interessirt, ist sein Recht und seine Pflicht. Da» Inserat in Nr 144 de« hiesigen „Amt«- und Anzeige blatte«", da» mit den Worten beginnt „Man fragt jetzt . . ." kann hiernach nicht ander» als hämisch genannt werden und legt die Gegenfrage nahe: Wer sind die Männer, di« — vielleicht Gegner der reichs treuen Gesinnung — ihr Gift gegen den reichstreuen Verein verspritzen, unk in wie weit verdienen sie die Be achtung deutscher Männer? Im klebrigen wird sich der reichstreue Verein nicht ab halten lasten, trotz dieser Angriffe in der bisherigen Weise sortzuarbeiten. Au» »ergangener Zeit — für «ufere Jett. Ist. Dezember. tüochdrua »erb->,»> Vor hundert Jahren, am 13. Dezember 17Ü3, starb ein deutscher Schriftsteller und Gelehrter, Kesten Wirken von großem Einfluß auf die AuskILrungSbestrebungen der damaligen Zeit gewesen, nämlich Johann Joachim Christoph Bode. Dieser Mann, ursprünglich Musiker, widmete sich sehr bald der Schrift stellerei und war 1782 Herausgeber des alten Hamburgischen Blattes „Korrespondent". AIS er durch eine Heirath zu Ver mögen gekommen war, gründete er mit Lessing vereint eine „Buchhandlung der Gelehrten" und erschien in seinem Verlage u. A. Lessings „Dramaturgie", Göthes „Götz", Klopfstocks „Oden". Als das Geschäft später nicht prosperirte, siedelte er nach Weimar über, wo er al» Hofrath starb. Bode ahnte die kommende neue Zeit mit ihren Umwälzungen voraus und gehörte der freiheitlichen Richtung an; er soll auch mit der französischen Revolution in irgend welcher Verbindung gestanden haben, indcß ist darüber nichts Sicheres sestgestellt. Von sehr großem Einflüsse waren Bodes Uebersetzungen fremdsprachlicher berühmter Werke in deutsche, so die von Äoriks empfindsamer Reise, GoldsmithS Dorfprediger von Wackefteld u. A. Er zeigte in diesen Uebersetzungen, welch reicher Schatz in der deutschen Sprache ruhe und welcher Veredelung dieselbe fähig sei. 14. Dezember. Vor sechszig Jahren machte eine räthselhaste Geschichte viel von sich reden, die bis heute noch nicht ihre Aufklärung gefunden und Wohl schwerlich jemals finden dürfte. Es war am 14. Dezember 1833, als der räthselhaste Findling Kaspar Hauser von einem Unbekannten im Schloßgarten zu Ansbach meuchlings überfallen und tödtlich verwundet wurde; er ist nach drei Tagen an den schweren Verletzungen gestorben. Im Mai 1828, an einem Hellen Nachmittag war Kaspar Hauser aus dem Markt in Nürnberg in hilflosem und verwahrlostem Zustande plötzlich ausgefunden worden. Er zeigte sich in Sprache und Benehmen gänzlich unwissend und wußte den Ort seiner Herkunst nicht anzugeben. Er war Wohl gewachsen, von zartem Gliederbau, hatte Weiche Hände und Füße, die neue Blutblasen auswiesen und sah gesund aus. Sein Alter schätzte man auf 16 Jahre und nach einem bei ihm vorge fundenen Zettel sollte er im April 1810 geboren sein. Trotz dem der König von Bayern eine bis auf 10,000 Gulden ge steigerte Prämie aus die Entdeckung der wahren Verhältnisse HauserS auSsetzte, blieb seine Herkunft doch ein undurchdring liches Geheimniß, das durch den Meuchelmord nur noch dichter wurde. Man hat den Findling mit verschiedenen hohen Per sönlichkeiten, sogar mit Fürstlichkeiten, in Verbindung gebracht, e» ist sehr viel über den seltsamen Menschen geredet und ge schrieben worden, allein sein „Nam' und Art" ist niemals überzeugend dargcthan worden. Noch in neuester Zeit haben sich Broschüren mit dem dankbaren Stoff beschäftigt. Der Schloßherr von Steinhaufen. Erzählung von Emma Händen. (16. Fortsetzung.) Frau Werner erzählte, daß der Graf zur An legung de« Verbandes zur Komtesse gekommen sei, und raß die Herrschaften allein gewesen seien, ehe der gnädige Herr zur Bauhütte gegangen war. Der schlichte Verstand der einfachen Leute traf das Rich tige: herrisch streng war er gewesen, so lange sie fern war, die unerwartete Milde, die er geübt, war ihr Werk und Steinhaufen athmete auf, man sah in ihr die Bringerin besserer Zeiten. Der Regenbogen des Friedens flammte über Steinhaufen, aber noch spannte er seinen leuchtenden Bogen nicht vom Herrenhaus zum alten Schloß, doch die alte Brücke war gebaut von der Hand des Schick sals über den Strom des Hasse«. Der Hochsommer war herangekommen, wir finden Gertrud noch in Steinhaufen; alle Einladungen ihrer mütterlichen Freundin, nach Kemden zurückzukehren, hatte sie abgelchnt mit dem Bemerken, sie könne sich noch nicht von der Heimath trennen, dieselbe biete ihr neue Reize und fessele sie noch zu sehr, da sie ja jetzt nicht mehr feindlich mit dem Grasen stehe, zum Herbst werde sie kommen. Ja, sie stand freundlicher mit ihm; so lange noch eine Spur von der Wunde an seinem Arm gewesen, war er zu ihr gekommen, dann hatten seine Besuche aufgehört und sie hatten sich nur gesprochen, wenn sie sich im Dorf oder auf dem Schloßplatz begegnet waren, aber c« war noch etwa« Fremde«, Trennen de« zwischen riesen beiden Menschen, sie fühlten eS wohl. Ein zehnjähriger Haß schwindet wohl, wenn da« Unglück versöhnend zwischen die Hassenden tritt, aber e« ist nicht sofort Alle« weggewischt, was die lange Trennung herbeigesührt hat. Noch hatte keine« von Beiden da« Wort gesunden, da« die Schranke nieder riß und doch war, ehe die« Wort gesprochen, keine vollständige Aussöhnung möglich. Zürnen konnte er ihr nickt mehr um deswillen, wa« sie ihm einst ge- than, aber die Bitterkeit au« seiner Seele ganz weg zuwischen, da» vermochlen nur Worte von ihr und sie hatte dieselben noch nicht gesprochen. Die Heimath bol ihr neue Reize, batte sie gesagt, aber e« waren bittere schmerzliche Erinnerungen, die sie fesselten und von denen sic sich nicht loSreißen konnte oder wollte. Da« Schloß, in dem sic al« Kind gespielt, damals, wo sie im Arm der Mutter gelegen, später vom Vaterauge bewacht, in dem die Leichen der Ellern gestanden, sie sah eS nur au« der Ferne. Riesenhast ragten die Mauern empor, die an eine ferne, ferne, längst vergangene Zeit zu mahnen, die Räume, in denen die Kinderschritte »erhallt waren, die Kinderstimme erklungen, in denen die Jungfrau gewandelt war, sie sah sie nur mit den Augen ihre« Geiste». Ader nach einer Stätte zog eS sie magisch mit heißer Sehnsucht, nach dem Park, an den sich die schönsten Erinnerungen au» der Kinderzeit knüpf ten, und doch durfte sie nicht hinein. Einen Platz gab e« freilich, von wo au« sie ihn hätte sehen können, jene Stelle am Gitterthor, wo einst Reginald gestanden, da« kleine Schlvßfräulein suchend, wo jene Scene sich abgespielt, die für lange Zeit über zwei Menschenleben entschieden hatte. Aber die entsetzliche Erinnerung scheuchte sie immer wieder fort, noch ehe ihr Fuß diese Stätte betrat, denn wenn man sie dort gesehen hätte, au-geschlvfsen für immer au« der Heimath der Kindheit! Sie hätte den Blick au« Mensckenaugen nicht ertragen, der sie dort ge schaut. Aber endlich, endlich siegte die Sehnsucht, einmal nur mußte sie den Park sehen, ehe sie der Heimath wieder Lebewohl sagte. Sic wählte die Mittagsstunde, wo sie sicher sein konnte, von den Dorfbewohnern nicht überrascht zu werden. Mit stechender Gluth brannte die Sonne auf der staubigen, schattenlosen Dorsstraße, sie achtete e« nicht. Sie stand vor dem Gitterthor, sie schaute die Stätte, die einst da« achtjährige Kind, mit dem Robinsontraum im kleinen Köpfchen, durchirrt an jenem verhängnißvollen Tage. Diese Erinnerung zog an ihrem Geiste vorüber und ließ sie die Gegenwart für den Augenblick ver gessen. Sie hatte die heiße Stirn an da« kalte Eisen gitter gelegt, der Gedanke an den Schloßherrn war au« ihrer Seele geschwunden, in ihrer Erinnerung lebte er nur al« Kuabe, al« Jüngling. Da streckte ein Reh seinen Kopf au« einem Dickicht zwischen niedrigem Buschwerk heraus. „HanS, HanS, Han»', erklang ihr Lockruf und das Thier, an denselben gewöhnt, erkannte in der Rufenden die einstige Herrin wieder, denn zahme Thiere vergessen nicht so leicht den Menschen. E« sprang auS dem Dickicht heraus, eilte auf da« Gitter werk zu und streckte seinen Kopf durch dasselbe. Sie kniete nieder, streckte die Arme durch da« Eisengitter und legte die verschlungenen Hände auf den Hal« de« Thiere«. E« sah sie an mit den großen klugen, braunen Augen, al« ob e« den tief traurigen Blick der einstigen Herrin verstehe. Da übermannte sie der Schmerz um da« verlorene Glück der Kindheit, sie legte ihren Kopf auf den des Thiere«, heiße Thränen perlten au« ihren Augen und sie rief schmerzlich: „Glückliches Thier, du weilst da drinnen, wo ich weilen möchte und nicht darf." Da« Thier hielt still, al« ob e« ahnte, daß seine Nähe ein Trost für die Weinende sei, aber in dem Moment knackte, von einem Männersuß berührt, ein trockener Zweig am Boden und Gertrud schrak empor. (Fortsetzung folgt.) Vermischte Nachrichten. — Wie warm soll der Stall im Winter sein? Im Allgemeinen werden wir eine Stallwärme von 12 bis 14 Grad Celsiu« zu erhalten trachten, wobei wir die obere Grenze bei Milchvieh, Kälbern und Ferkeln, die untere Grenze bei Zugihieren und Mastschweinen für angezeigt halten. Zugochsen und insbesondere Pferde sollen durch Gewöhnung unem pfindlicher gegen niedere Temperaturgrade gemacht werden, da sie mitunter bei Wind und Naßwetter in« Freie müssen. — Im Sarge erwacht. Die Gattin eine« Major« in Militsch sollte am 30. November begraben werden. Die Leiche war in einem besonderen Zimmer auf dem Paradebette aufgebahrt. Da die Herstellung der Gruft sich verzögerte, so blieb die Leiche länger, al« anfänglich beabsichtigt war, im Zimmer. Al« am Vormittage de« vierten Tage« nach dem Hin scheiden ein Dienstmädchen de« Hause« da« im Blumen- und Kränzeschmuck prangende Trauerzimmer betrat, gewahrte e«, starr vor Schrecken, daß die al« todt betrauerte Herrin sich au« dem Sarge erhob. Die Dame war, trotz vorheriger Untersuchung de« Regiment«arzte« und zweier anderer Aerzte, nicht todt, sondern nur in einen Starrkrampf verfallen und wäre, wenn nicht zufällig die Beisetzung eine Ver zögerung erfahren hätte, in der Gruft erwacht und dort wahrscheinlich elendiglich vor Schreck oder vor Hunger umgekommen. — Tangermünde. Ein Ehrenhandel zwischen zwei hiesigen Aerzten bildet seit einigen Tagen hier da» ausschließliche Tagesgespräch der Bevölkerung. Nach einem Festessen war e« zwischen den beiden Herren zu Verbal- und Realinjurien gekommen, die eine Forderung auf Pistolen zur Folge halten. In einem nahe bei der Stadt gelegenen Wäldchen sollte am Mittwoch früh da« Duell stattstndcn. Durch ein anonyme« Schreiben von Damenhand erhielt am Dienstag Abend unser Herr Magistrat«dirigent Kennt- niß von dem beabsichtigten Zweikampf und von dem Ort de« Stelldichein«, und so konnte durch die Polizei,