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meine» Worten keine Aufmerksamkeit mehr. Er war wie der Blitz vom Stuhl aufgesprungen. In fliegender Eile raffte er eine Menge auf dem Tisch liegende Papiere zusammen, stürzte durch das Vorderzimmer hinein in den Saal, wo er mit seiner tiefen Stimme eine Reihe mir völlig unverständlicher Befehle ertheilte. Jetzt begriff ich Alles. Es war ein kritischer Moment; eine Schlacht sollte gekämpft, ein gefährlicher, wilder Streit entschieden werden; eine der Parteien mußte unterliegen, ohne Gnade, ohne Rettung — „50 Eriebahn, 83!" hier handelte es sich um eine Minute. Mr. Barker stand abermals vor mir. „Mr. Moore, ich muß sofort auf die Börse. Woodhull und Claflin haben einen bedeutenden Vor sprung gewonnen ; cs kommt jetzt darauf an, sich als gewandten Feldherrn zu zeigen. Sie wünschen mir einige Fragen vorzulegcn. Natürlich werde ich die selben auf das genaueste beantworten. Kommen Sie morgen wieder, Mr. Moore, oder besser, kommen Sie morgen Abend in meine Privatwohnung, dort sind wir ungestörter." Ich verneigte mich zustimmend. „Mr. Barker, ich leiste Ihrer freundlichen Ein ladung gern Folge. Aber bis morgen Abend ist eine lange Zeit, bis dahin hoffe ich viel ausgerichtet zu haben. Sie haben im Laufe des Tages keine Viertel stunde für mich, — vielleicht heute Nachmittag oder gegen Abend?" Er hatte einen Ueberrock angezogen und stand nun, den Hut in der Hand, da. Es war klar, daß er mich gern los sein wollte. Aber ich war fest entschlossen, die Sache sofort zum Abschlüsse zu bringen; Mr. Barker war nur ein Mensch, auch er mußte seinen wunden Punkt haben. „Sie hoffen bis morgen viel auszurichten? Ohne Zweifel werden Sie das thun, ohne Zweifel! Heute Nachmittag — nein, ganz unmöglich. Gegen Abend lassen Sie mich einmal Nachdenken — ja, gegen l) Uhr könnte eS möglich sein. Wenn Sie um diese Zeit hierher kommen wollten —" „Nein, Mr. Barker, vielleicht würden Sie sich dann zu mir hinauf bemühen," und ich nannte ihm meine Adresse. Es war ein ganz plötzlicher Einfall! Air. Barker hatte meinen Stolz verletzt, mich gedemüthigt. Als ich vor einer Stunde in das Zimmer trat, war ich so sicher, so selbstbewußt gewesen, — und jetzt — Percy Barker besaß eine eigcnthümliche Macht, seinem Mitmenschen ihre Schwache, ihre Unvollkommenheit fühlen zu lassen. Jetzt standen wir an der Thür, — wir beiden Geschäftsleute. Er zog langsam den Handschuh über die linke Hand, als zögere er, meine Einladung an zunehmen. Und dann kam die Antwort: „Nun wohl, heute Abend gegen 9 Uhr!" Er streckte seine Hand aus, und ich drückte die selbe. Sie war weich, aber sehnig, und als er die Finger schloß, bemerkte ich, daß der eine steif und unbiegsam war. Man erzählt sich eine Geschichte von diesem steifen Finger des Millionärs, eine Ge schichte, deren ich mich in diesem Augenblicke nur dunkel erinnerte. Ich war allein, abermals überschritt mein Fuß die weichen Teppiche, mit denen die Marmortreppen belegt waren. Abermals hatte ich viel zu bedenken. Wohl hatte Percy Barker recht, wenn er sagte, daß er Geschäftsmann sei — und welch' merkwürdiges Aeußere er doch hatte: das glänzend schwarze Haar stach so eigenthümlich ab gegen den grauen Bart, und dann diese kleine, untersetzte Gestalt, der trotzige Kopf und die scharfen Augen! So verlief meine erste Begegnung mit Percy Barker, Benjamin HoodS Coinpagnon. Ich sehnte mich nach dem Abend. Es war mir fast unmöglich, das Geringste vorzunchmen, bis eS Abend geworden war, bis sich die tiefe Finsterniß über Straßen und Gassen gelagert hatte. Und das ist ganz natürlich, denn die Finsterniß ist der beste Gehilfe des Detektivs. Am Tage ist er ein gewöhn licher Mensch — freilich ein Mensch, der doppelt so viel sieht und hört als Andere, — aber er ist immer hin nur ein Mensch. Dann senkt sich die Nacht herab, und wenn Alles schwarz und undurchdringlich geworden ist, wenn die übrige Menschheit längst in erquickendem Schlummer ruht, dann kennt der De tektiv keine Müdigkeit, keine Schwäche. Er ist nicht länger ein Mensch, er ist ein Mechanismus, den eine innere, unwiderstehliche Macht treibt. Percy Barkers Besuch kam mir nicht so ganz gelegen, wenn ich mir die Sache recht überlegte. Die Zeit war beängstigend kurz. DaS Gelübde, das ich gethan, Ivar gleichbedeutend mit meiner Ehre, ich mußte zeigen, was ich konnte, ich mußte meine Stellung behaupten. Würde ich das Vertrauen meines Chefs täuschen? Ach nein! Mein Besuch bei Mr. Barker hatte mich erregt — weswegen? Ich wußte cs selber nicht! Und mein Plan war ja gemacht — ein so einfacher, sicherer Plan, daß er sein Ziel gar nicht verfehlen konnte. Nur noch wenige Stunden, höchstens einen Tag und eine Nacht, und John Moore wird den verdienten Lohn für seine Mühe genießen! Ich sitze vor meinem Schreibtische. DaS reine, weiße Papier ist bald mit Ouadraten, Triangeln und anderen mathematischen Figuren bedeckt, und die Gedanken arbeiten sich zu größerer Klarheit durch. Ja, die Sache läßt sich von zwei Seiten betrach ten: eine verwickelte, unfaßliche, unmögliche — die Vorderseite der Medaille! Und eine so einfache, sonnenklare, leichtfaßliche — die Kehrseite der Medaille. Mit einem Wort: was wußte ich und was wußte ich nicht? Ich wußte, daß Archibald Forster mit seiner früheren Gattin zusammengetrofsen war. Ohne Zweifel ein verdächtiger Umstand, aber in den Augen des Gesetzes kein Beweis. Am Wawerleh-Place hatte die Zusammenkunft stattgefunden. Ich selbst war Zeuge derselben gewesen. Am Wawerley-Place waren sie schon einmal zusammcngetroffen — an demselben Abend, an dem der Mord begangen worden. Auf meine unschuldige Frage: „Fuhren Sie di rekt nach Hause?" hatte Anny nach einigem Zögern und erröthend geantwortet, daß sie einen Augenblick am Wawerley-Place Halt gemacht, um ihre Freundin Mrs. Montgomery zu begrüßen. Darin lag an und für sich nichts Gefährliches ; aber wenn man lügen will, sollte man sich die Sache vorher wenigstens genau überlegen. Am Wawerley-Place wohnt keine Dame Namens Mrs. Montgomery. Dies war ein verdächtiger Umstand, der sogar auf der Grenze zu einem Beweise stand. Am selben Abend, als der Mord begangen war, nur wenige Stunden vor demselben, waren die Beiden zusammengetroffen, die geschiedene Frau mit ihrem früheren Manne. Das war eine sehr bedenkliche Sache! Und wenn dieser Umstand erörtert wurde, mußte mehr als einer der ehrwürdigen Geschworenen bedenklich den Kopf schütteln und seinem Nachbar ein geheimnißvolles Wort zu flüstern. — Das war nun Alles sehr gut und schön; als ich aber die Sache heute im nüchternen Tageslicht be trachtete, wollte sie mir gar nicht in derselben Be leuchtung erscheinen, wie am vorhergehenden Abend. Dieser Percy Barker! Was in aller Welt hatte der mit der Sache zu thun? In dieser Stunde haßte ich ihn: seine beißende Ironie, seine kalten, ironischen Worte, seine Verschlossenheit! Aber der Beweis, der handgreifliche Beweis, wo war der zu finden? Es war eine verzwickte Geschichte, daß der Neger ermordet worden war. Der einzige Mitschuldige, den der Verbrecher gehabt hatte, war für alle Zeiten vom Schauplatz verschwunden. Vielleicht hatte er seine wohlverdiente Strafe erhalten, aber wenn auch er dem irdischen Richter entgangen war, dem Andern sollte dies nicht glücken! Ich sage der „einzige Mitschuldige"! War eS nicht möglich, daß noch eine dritte Person an dem Verbrechen theilgenommen hatte? Aber wer nur? Thomas? Der alte griesgrämige Thomas? Aber ich habe keine Zeit, mich mit Grübe leien aufzuhalten, die doch nicht direkt ans Ziel führen. Nein, nur um handgreifliche Beweise handelt es sich hier! Und ich hatte nur einen Anhaltspunkt, einen ein zigen; einen kleinen von Menschenhand verfertigten Gegenstand — das Messer. Es sieht so unschuldig und unschädlich aus, das kleine, schwarze, zweiklingige Federmesser. Die rostige Klinge ist aber in eine Menschenbrust gesenkt worden; große, warme Blutstropfen sind daran hinabgelaufen. Im letzten Ausbruch feiner Wuth hat der Mörder das Messer dem Opfer in die Brust gestoßen. Die Wuth legte sich, und der Eigenthümer, der un bekannte Eigenthümer, verlor es dann im Schmutz oder schleuderte es voller Abscheu weit von sich. Und der Detektiv kam und fand ganz zufällig die Mord waffe — das kleine Messer, an das er jetzt so große Hoffnungen knüpft. (Fortsetzung folgt.) Volksheilstätte für Lungenkranke. Vor einiger Zeit trat auf dem Schwanenschlöß chen in Zwickau eine Versammlung von Herren aus allen Theilen Sachsens zusammen zur Begründung eines schönen Werkes der Humanität, einer Volks heilstätte für Lungenkranke in waldiger Höhe des Vogt landes in oder nahe bei Reiboldsgrün. Bereits im Jahre 1879 wies Herr vr. Driver - Reiboldsgrün durch einen Artikel in der Gartenlaube auf die hohe Bedeutung der Lungenschwindsucht als einer der mör derischsten Volksseuchen hin, sowie auf die Nothwen- digkeit der Errichtung spezifischer Lungen-Heilstätten insbesondere für Unbemittelte, und erwarb seinen Be strebungen durch eine im Jahre 1890 persönlich über reichte Denkschrift die lebhafte Sympathie Sr. Maj. des Königs. Herr Or. Wolff, seit Beginn vorigen Jahres Leiter der Heilanstalt Reiboldsgrün, ergriff und verfolgte diese Idee mit Eifer und Zuversicht, und seinem energischen Werben an maßgebenden Stellen und in weiten Kreisen ist cs zu danken, daß zunächst für die Erledigung der Vorarbeiten ein enge res Komitee in Auerbach zusammcntrat, von welchem auch die Einladungen zu der konstituirenden Versamm lung ausginHen. Trotz der Reise- und Badesaison hatten gegen k)0 Herren sich eingefunden, unter ihnen Krcishauptmann Schmiedel, der Leibarzt Sr. Maj. des Königs, Geh. Medizinalrath I)r. Fiedler-DreSden, Geh. Rath Prof. Curschmann-Leipzig, Obermedizinal rath vr. Butter-Freiberg, Oberforftmeister v. Lindenau- Auerbach, die Amtshauptleute v. Löwen-Marienberg, Vr. Ayrer - Oelsnitz und Rumpelt-Glauchau, Graf Vitzthum, Vorsitzender des Landesvereins für innere Mission, RegierungSrath Weger, Vorsitzender der Ver sicherungsanstalt für das Königreich Sachsen, v.Trützsch- ler-Dorfstadt, Mitglied der ersten Kammer, sowie auch Delegirte der Ortskrankenkassen Leipzig, Dresden, Zwickau. Die Versammlung wurde in Vertretung des behinderten Herrn Amtshauptmann vr. Bonitz- Auerbach durch Herrn Bezirksarzt Or. Schröter- Auerbach begrüßt und trat unter einem Bureau, be stehend aus Geh. Rath Fiedler als Vorsitzenden, Or. Schröter als Referenten und Regierungsassessor Or. Roth als Schriftführer, in die Tagesordnung ein. Zunächst sprach Geh. Rath Curschmann-Leipzig über Wesen und Bedeutung der Lungenschwindsucht und über die Mittel und Wege zu ihrer Verhütung und Bekämpfung. Redner führte aus, wie die Tuberku lose die furchtbarste Geißel des Menschengeschlechts sei, die weit mehr Opfer fordere, als irgend eine andere Seuche, für deren Bekämpfung wir mit geistigen und materiellen Opfern eintreten. Die Tuberku lose sei furchtbar durch die Zahl der ihr Erliegen den, wie durch die Verluste an National-Vermögen, welches das lange Siechthum vieler Kranker ver brauchte. Es sei Pflicht, der Unheil verbreiten den Krankheit entgegen zu wirken, ihrer Verbreit ung zu steuern. Den besitzenden Klassen sei seit Jahren die Möglichkeit dazu gegeben, in den bestehen den Heilanstalten Heilung zu finden, die nicht Ver mögenden gingen in den Krankenhäusern langsamem Siechthum entgegen, denn nur Ucberführung in eine Spezial-Heilanstalt in Bergeshöhe und Waldluft unter der beständigen Aufsicht des Arztes lassen den Still stand wie die Heilung des Leidens bei einem Tuber kulosen erwarten. Die in der Anstalt aufgenommenen Lehren würden aber auch in weitere Kreise durch die Verbreitung seitens der Kranken Segen spenden und dadurch die Gefahr der Ansteckung, die für Jedermann bestehe, verringern helfen. Viel sei in England schon für die Heilanstalts-Behandlung unbemittelter Tuber kulöser geschehen, in Deutschland noch kaum etwas. Daher seien die Bestrebungen des zu begründenden Vereins nach jeder Richtung zu stützen und zu fördern. Dem lehrreichen, scharf gezeichneten Vortrage des Professor Curfchmann folgte die Berathung der Satz ungen des neuen „Vereins für Begründung und Unterhaltung von Heilstätten für unbemittelte Lungen kranke" unter äußerst anregender Debatte. Nach der Unterzeichnung der Statuten und damit vollzogener Constituirung des Vereins verkündete Herr Geh. Rath Fiedler im Auftrage Sr. Majestät des Königs der hocherfreuten Versammlung, daß Höch st derselbe das Protektorat über den neuen Verein übernehme. Nach einem begeistert ausgebrachten dreimaligen Hoch ging eine Dank- und ErgebenheitS- depesche nach der königlichen Sommerresidenz Pillnitz ab. Nach erfolgter Wahl des Vorstandes für den neuen Verein, bestehend aus Geh. Kommerzienrath Georgi-Mylau, Vize-Vorsitzenden der II. Kammer, Amtshauptmann vr. Bonitz-Auerbach, Oberforstmeister von Lindenau-Auerbach, Geh. Rath Fiedler-Dresden, Geh. Rath Prof. Curschmann-Leipzig, von Trützschler- Dorfstadt und vr. Wolff-Reiboldsgrün, wurde Herr vr. Driver-Reiboldsgrün zum ständigen Ehrenmit glied des Vorstandes erwählt und hierauf die Ver sammlung nach bald dreistündiger Sitzung geschlossen. Eine Anzahl der erschienenen Herren folgte am anderen Morgen einer Einladung des Herrn Dr. Wolff zur Besichtigung der Anstalt Rewoldsgrün, sowie der für das neue Volkssanatorium in Frage kommenden Plätze. Noch während ihrer Anwesenheit traf ein huldvolles Antwortstelegramm Sr. Majestät ein mit folgendem Wortlaut: „Mit hoher Freude habe ich die Constituirung des Segen versprechenden Vereins erhalten. Möge Gott ihm seinen vollen Segen zuwenden! Albert." Möchten die Wünsche des hohen Protektors voll und ganz in Erfüllung gehen und aus der nun ge streuten Saat reiche Frucht erblühen! Ein Probate» Hausmittel. Jede sorgsame Hausfrau weiß sehr wohl den Werth eines Hausmittel« zu schätzen, das, wie der allbekannte Anker-Bain-Exveller, bei Erkältungen schnell und sicher hilft. Der Anker-Pain-Erpeller ist deshalb auch in fast jeder Haushaltung zu finden, besonders in einer Zeit, wo epidemische Krankheiten, wie Lbolera usw. herrschen. Ein reibungen des Unterleibes mit Pain,Expeller haben sich auch bei Brechdurchfall al« Vortheilhast bewährt. Dies« Einreib, ungen wirken erwärmend und anregend und sind auch bei rheumatischen Beschwerden von bester schmerzstillender Wirk ung. Wir glauben deshalb Denen, die diese« altbewährte Hausmittel noch nicht kennen sollten, den echten Anker>Pain> Expeller empfehlen zu müssen, umsomehr, al« sein Preis (SO Ps. und l Mk. die Flasche) sehr billig ist. Di« Echtheit er- k«nnt man I«icht an d«r Fabrikmarke Anker. Druck un» Verlag von L tz«nn«b»hn in Eibenstock.