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Amts- und Anzeigeblatt für den rL'NLLL Bemk des Amtsgerichts Eibenstock LSLLL tag und Sonnabend. In- / ; Expedition, bei unfern Bo- sertionSpreiS: die kleinsp. ten, sowie bei allen ReichS- ZeilelOPf Ed dessen Umgebung. P-stanstalten Verantwortlicher Redakteur: E. Hannebohn in Eibenstock. M 13S. Sonnabend, den 11. November L8S3. Gestohlen wurde am 3. oder 4. November 1893 zu Schönheide eine silberne Cylinder- Taschenuhr mit Sekundenzeiger, guter, weißmetallener, schlangenartig gedrehter Kette und gelber Kapsel im Gesammtwerthe von fünfundzwanzig Mark. Ich ersuche um Mittheilung aller sachdienlichen Wahrnehmungen. Eibenstock, am 8. November 1893. Der Königliche Amtsanwalt. Warneck. Bckanntmachuna. Die nächste Gesammtübnng der städtischen Psnchtfeuerwehr wird Wonlag, den 13. November d. Is., Nachrn. '/.4 Hlyr abgehalten. Die Mannschaften der Spritze VI. stellen hierzu am Königlichen Hauptzollamt, alle Uebrigen am Magazingebäude. Abzeichen sind anzulegen. Unentschuldigtes oder ungerechtfertlgte- AuSbleiben, verspätete« Erscheinen, sowie jeder Ungehorsam gegen die Vorgesetzten, insbesondere da« Rauchen im Dienste, wird unnachsichtlich mit Geldstrafe bis zu 10 Marl oder entsprechender Haft bestraft. Entschuldigungen sind rechtzeitig bei den betreffenden Zugführern anzubringen. Eibenstock, den 8. November 1893. Der Rath der Stadt. »i-. Körner. Han«. Hagesgeschichle. — Deutschland. Schon wiederholt ist davon die Rede gewesen, die unumschränkte Wechselfrei beit gesetzlich cinzudämmen, und zwar aus solche Kreise, die auSscbließlich zu wirthschafilichcn Zwecken einen Kredit auf Wechsel in Anspruch nehmen. Aber die große Schwierigkeit, hierbei die rechte Grenze zu ziehen und in einem Gesetz festzulegen, ließ bisher alle derartigen Versuche scheitern. Jetzt taucht dieser Gedanke im Hinblick auf die durch den Hannoverschen Wucherer- und Spielerprozeß weithin bekannt gewor denen Enthüllungen von Neuem auf. Man möchte namentlich die Wechselfreiheit solcher Kreise beschrän ken, deren geschäftliche Unerfahrenheit es gewerbs mäßigen Ausbeutern ganz besonders leicht macht, sich zu bereichern. Man denkt dabei vorzugsweise an Offiziere, Studenten, Gelehrte, aber auch an die kleinen Handwerker, die sich durch unbedacht eingegangene Wechselverbindlichkeiten so häufig zu Grunde richten. Ob cS gelingen wird, diesem Gedanken diesmal eine geeignete Form zu geben, ist fraglich. Ebenso un gewiß ist eS aber auch, ob eS auf diesem Wege über haupt gelingen würde, den angestrebten Zweck zu er reichen. Diejenigen, die ihre Netze mit Vorliebe nach den geschäftlich unerfahrenen und darum am bequem sten auSzubeutenden Kreisen werfen, haben bisher noch immer verstanden, allen gesetzlichen Vorbeugungs maßregeln ein Schnippchen zu schlagen. Sie werden schließlich auch ohne Wechsel Mittel und Wege'finden, ihre Opfer sicher zu umgarnen und auSzurauben. — Die Voruntersuchung gegen die in Kiel ver hafteten französischen Spione hat, wie einem Berliner Blatte mitgetheilt wird, bereits zu einem positiven Ergebniß geführt. Die Angeschuldigten sollen selbst eingestanden haben, daß sie Offiziere des fran zösischen Generalstabs seien. — Schneidemühl. Die unermüdlichen Ar beiten des BrunnentcchnikerS Beyer an dem Un glücksbrunnen sind bis heute noch nicht von einem günstigen Erfolge gekrönt worden. Herr Beyer scheint auch jetzt keine große Hoffnung mehr zu haben, den Brunnen zu verstopfen. Die Situation scheint sich ernster zu gestalten, denn die Bohrlöcher haben sich seit vergangener Nacht, wo innere Erdrutschungen stattgefunden haben müssen, so erweitert, daß die vor handenen Rohre nicht mehr auSreichcn, da« hervor quellende Wasser damit aufzufangen. Das Hauptrobr ist seit letzter Nacht verstopft. Ebenso wurde auch der Ausbruchskanal eine Zeitlang verstopft, durch welchen sich aber da« Wasser wieder durchgearbeitet hat und weiterfließt. Da das ausströmende Wasser dicken Schlamm enthält, so ist anzunehmcn, daß jetzt auch schon die Thonschicht angegriffen ist. Die ausgewor fenen uugeheuren Sandmassen haben erneut Boden senkungen zur Folge gehabt. Da- dem Schneider meister Sommerfeldt gehörige Eckhau«, Große Kirchen straße 19, hat sich um weitere 6 Zentimeter gesenkt. Von hier scheint der unterirdische Strom in südwest licher Richtung seinen Lauf zu haben, denn da« Portoföesche Hau«, Große Kirchenstraße 8, hat sich um 4 Zentimeter und die daran stoßenden Häuser de« Gastwirlh« Krüger und de« Maler« GraczynSki, Große Kirchenstraße 6 und 7 haben sich um 2 Zenti meter gesenkt. Man befürchtet auch ein plötzliche« Einsinken de» Erdreich« um die Quellen. Da« dem Tischlermeister Hellwig gehörige Hau», Kleine Kirchen straße 10 hat an der Vorderfront größere Risse er halten und ist, um einem plötzlichen Einstürze vorzu beugen, abgesteift worden. Seiten« der Polizeiver waltung ist Vorsorge getroffen worden, daß die nächste Umgebung der Quellen nicht von größeren Menschen mengen betreten werde, wie die« täglich der Fall war. An eine Ausnutzung des Brunnens denkt jetzt kein Mensch mehr. — Der Bund der Landwirthe zählt jetzt bereits 163,256 Mitglieder, hiervon entfallen laut einer Tabelle des BundeSorganS auf die Provinz Ostpreußen 6500, Westpreußen 6210, Pommern 10,690, Posen 6200, Schlesien 23,500, Brandenburg l6,720, Sachsen 18,210, Hannover 5760, Westfalen 1070, Rheinprovinz 320, Hessen-Nassau 5160, Schles wig-Holstein 6000, auf Bayern 1300, Sachsen 28,900, Württemberg 290, Baden 1800, Mecklenburg 7600, Großhcrzogthum Hessen 4800, Thüringen 6540, Braunschweig 2460, Oldenburg 1, Waldeck 760, Lippe 1360, Lübeck 1040, Hamburg 2 und Elsaß-Loth- ringen 3. Locale und sächsisch« Nachrichten. — Eibenstock, 10. Novbr. Unerwartet schnell ist auch in diesem Jahre wieder der Winter an uns heranzetreten, denn heute früh hatten wir — nachdem in den vorhergehenden Nächten das Thermometer schon unter den Gefrierpunkt heruntergegangen war — bereit« 6 Grad Kalte. Hoffentlich bleibt eS vorläufig noch nicht bei dieser frostigen Witterung, denn eS giebt noch mancherlei Arbeiten, welche vor Einbruch de« Winters erledigt sein möchten, andererseits würde anhaltender Frost ohne Schneedecke vielfach wieder da« Absrieren der Leitungswässer im Gefolge haben, wie die« in den letzten Jahren wiederholt der Fall war. — Eibenstock. Die „Leipziger Monatsschrift für Textilindustrie" veröffentlicht einen Bericht aus der Feder des Herrn Prof. Richard Hofmann über die sächsische Textil-Jndustrie in Chicago. Es wird darin über die Eibenstocker Industrie gesagt: „Ihre durchweg kunstgewerblichen Erzeugnisse gereichen der sächsischen Industrie zur Ehre. Was etwa vom künstlerischen Standpunkt noch zu wünschen übrig bleibt, dürfte mit der Zeit durch das außerordentlich frische Streben nach Fortschritt bei vielen der dortigen Fabrikanten noch ausgeglichen werden. Jedenfalls verdient die Eibenstocker Industrie, die ebenfalls durch die Geschicklichkeit und langjährige Ausbildung der erz- gebirgischen Bevölkerung seßhaft und deshalb schwer zu ver schleppen ist, die wohlwollendste Pflege von feiten der sächs ischen Regierung. Die dortige Fabrikation handgestickter Gardinen wird hauptsächlich gefördert durch die dauernde Geschäftsverbindung mit Amerika. Ein Gang durch die fremden Stadtviertel von New-Aork, Chicago und Washington hat für den in der In dustrie bewanderten Sachsen etwas Anheimelnde«: denn überall leuchten aus Fenstern der Reichen die bekannten seinen und zartwirkenden Vorhänge hervor — Produkte der Bevölkerung des heimischen Erzgebirges. Durch geschmackvolle Farbenwahl und oft recht gute Zeich nung ersreuen die Eibenstocker posamentartigen Stickereien, mit welchen auch Schönheide durch die Firma Adam Oschatz sel. Sohn in besonders auffallender Weise betheiligt ist. Derartige Erzeugnisse würden in früheren Jahren ausschließlich für Pariser Artikel gehalten worden sein. Betheiligt an der Gruppe Eibenstock sind di« Firmen: Diersch u. Schmidt, C. G. Dörffel Söhne, Dörffel u. Hertel, Paul Heckel, M. Hirschberg u. Comp., Max Ludwig, Rob. Müller u. Comp., Rudolph u. Georgi, Emil Schubart, Troll u. Uhlmann." Man möchte beinahe versucht sein, in der obigen Beurtheilung bezüglich de» künstlerischen Werthe» der hiesigen Ausstellungsgegenstände einen leisen Tadel herauSzufühlen. Es mag auch von diesem Gesichts punkt aus gerechtfertigt sein, doch ist hierbei jedenfalls Mancher .der hiesigen Aussteller von der Ansicht au«- gegangen, daß die schönsten kunstgewerblichen Erzeug nisse, wenn sie vielleicht auch von Vielen wegen ihre« einseitig künstlerischen Werthes bewundert werden, erst dann einen wirklichen Werlh für die Industrie erlangen, wenn sie dem vielleicht weniger kritischen, für den Fabrikanten aber mehr maßgebenden Geschmack be laufenden Publikums auch Rechnung tragen! Die sämmtlichen obengenannten Aussteller sind, wie ihnen durch den AuSstellungS-AuSschuß der Sächs. Textilindustrie vorläufig mitgelheilt wurde, mit dem bestehenden einzigen Preise ausgezeichnet worden; die officielle Bestätigung ist noch nicht eingegangen; wir hatten deswegen bis jetzt noch keine Mittheilung hier über gebracht. — Eibenstock. In Bezug auf den am nächsten Montag stattfindenden Vortrag des Herrn Prof. l)r. Fritz Schultze liegt uns ein Bericht eine» Chemnitzer Blatte« über den mit dem gewählten Thema erzielten großartigen Erfolg vor; wir wollen uns nur auf einen kurzen Auszug beschränken. Da erwähnte Blatt schreibt: Das war einer der glanzvollsten und zugleich inhalts reichsten Vorträge des ganzen Winterhalbjahrs. Mit zwingen der Logik bannte der berühmte Gelehrte aus der Residenz seine Hörer in den gedankenklarcn, Herz- und gcisterquickenden Strom seiner Ideen, und seine Ausführungen erschienen ebenso zeit gemäß als bedeutungsvoll gerade für die gegenwärtigen Ver hältnisse. Sei es mir deshalb gestattet, etwas näher darauf einzugehen. Krieg und Frieden und Entwickelung der Menschheit sind hochbedeutsame Begriffe, die in engster Wechselwirkung stehen. Kampf und Krieg bezeichnen stets das Ende einer alten und den Anfang einer neuen Zeit; vielfach wird in solchen Tagen der Frieden als eine Last, der Krieg dagegen als eine Lust empsunoen. Wie dumpfe Wetterschwüle liegt es vorher über dem Lande; aber der losbrechende Gewittersturm reinigt die Luft, und wenn auch alte Bäume seiner Wucht erliegen, so grünt dann die Flur wieder uin so schöner und die Sonne scheint um so Heller. Der Krieg zerstört alte Verhältnisse und führt neue heraus. Er verdient mit vollem Recht eine Lob rede, denn er giebt dem einzelnen Krieger eine hohe persönliche Würde; er erfordert und weckt wahrhaft männliche und sitt liche Tugenden: Muth, Selbstverleugnung, Begeisterung und opferwillige Hingabe. Doch nur dann ist der Krieger zu loben, wenn er in einem gerechten Krieg sür Haus und Herd, für Weib und Kind und die höchsten vaterländischen Güter ficht. Dann nimmt das Volk, wie wir 1870 gesehen, einen unge wohnten Aufschwung; jeder kleinliche Ehrgeiz, jeder Hader der Parteien schweigt, und ein hoher Idealismus im Denken und Fühlen wird geweckt, zu Nutz und Frommen für das Aufblühen der Künste und aller guten Bestrebungen. Eine Lobrede aus den Frieden, also gegen den Krieg, ist viel leichter. Weit größer als der Nutzen ist der Schaden des Krieges aus allen Gebieten des menschlichen Lebens. Heute noch sind die materiellen Schäden des dreißigjährigen Krieges bei un« nicht gänzlich gehoben. Schlimmer aber noch ist die sittliche Verwilderung, wie ebensalls der vorerwähnt« Krieg lehrt; ja selbst ein glücklicher Krieg zeigt dies, wie der Mil liardenfigen und die Schwindelperiode nach 1870 beweisen. „Der Krieg macht mehr böse Menschen, als er wegnimmt." Darum verlangt ja unsere christliche Religion, daß Fried« auf Erden werde. Und wenn wir auch heut« weiter al« j« von einem „ewigen Frieden" entfernt zu sein scheinen, so müssen wir doch auf einen solchen hinarbeiten, so muß sich doch die Menschheit dahin entwickeln, trotz alles Spottes und Hohnes der Materialisten. Die Betrachtung d«S Sternen himmels lehrt, daß auch unsere Sonne nicht still steht, sondern sich mit ihren Planeten um einen unbekannten Mittelpunkt dreht; — so steht auch da« Menschengeschlecht nicht still, und wer nur 2000 Jahre zurückschaut, der erkennt deutlich jein« Entwicklung; w:r nicht ganz den Glauben an «ine sittlich« Weltordnung eingebüßt hat, der erkennt auch, daß dies« Ent wicklung vorwärts geht nach einem Ziel.