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Amts- und Anzeigeblatt Erscheint wöchentlich drei Mal und zwar Dienstag, Donners tag und Sonnabend. Jn- scrtionSprciS: die kleinsp. Zeile 10 Pf. .4- L»8. siir dm Bezirk des Amtsgerichts Eibenstock und dessen Amgeöung. Abonnement viertelt. 1M. 20Pf. (incl. Jllnstr. Unterhaltbl.) in der Expedition, bei unfern Bo ten, sowie bei allen ReichS- Postanstalten. Verantwortlicher Redakteur: E. Hannebohn in Eibenstock. 1«. Jahrgang. Dienstag, den 31. Oktober L8S3. Bekanntmachung Bei dem unterzeichneten Hauptzollamie soll ... Irettag, den 3. Hlovemöer d. Is., Wormütags lü altes R«gist-rw-rk - Iheils als Makulatur, theils zum Einstampfen in Papiermühlen unter amtlicher Kontrole - gegen sofortige Baarzahlung meistbietend veräußert werden. § " Eibenstock, am 27. Oktober 1893. KölNgliHes H N 1l P t - Z 0 l l - A M t. Welcker. Der Spieler- und Wuchererprozeß, welcher sich gegenwärtig in Hannover abspiclt, ver dient im vollsten Maße das große Aussehen, das er in den weitesten Kreisen erregt. Er ist in seinen Einzelheiten typisch für die schweren Schäden, an denen der Organismus unseres Gesellschaftskörpers krankt. Der vorliegende Sensationsprozeß wirft grelle Schlag lichter auf die ungesunden Zustände besonders in den „höheren" Schichten unserer Gesellschaft. Er giebt Enthüllungen, die ein furchtbares Mene Sekcl für alle Diejenigen enthalten, welche in ihrer bevorzugten Lebensstellung und bei ihrer höheren Bildung vor Allem berufen sein sollten, ein leuchtendes Beispiel sittlicher und ökonomisch geordneter Lebenshaltung zu geben und als führende Elemente den Kampf gegen die negativen, zerstörenden Mächte unserer Tage auf zunehmen. Der Prozeß ist charakteristisch in den Per sönlichkeiten der Angeklagten wie der Opfer, die als Zeugen ein Bild entrollen müssen von der Korruption, in die sie durch eine organisirte Gaunerbande, freilich nicht ohne eigenes schweres Verschulden, verstrickt worden sind. Auf der -einen Seite haben wir es bei diesem Prozesse mit raffinirtcn jüdischen Falschspielern und Wucherern zu thun, die zum Zwecke der Aus beutung der Unerfahrenheit, des Leichtsinns und der Genußsucht ein ganzes Netz über alle größeren Städte, Badeorte und Rennplätze ausgebreitct haben, in das mit Hilfe eines verlumpten ehemaligen Offiziers An gehörige der „besseren" Kreise gelockt werden. Auf der anderen Seite sehen wir eine lange Reihe von Offizieren, die in schamlosester Weise auSgewuchert und zum Theil zu Grunde gerichtet worden sind. Nicht alle Opfer jener wuchernden Parasitengesellschast sind ermittelt worden; vielmehr lassen die Verhand lungen erkennen, daß die Zahl der Ausgewucherten und Ruinirten weit größer ist, als durch die Vor untersuchung festgestellt werden konnte. Gewaltige Summen sind eS, welche die Gauner durch falsches Spiel und durch Wuchergeschäfte eingeheimst haben. Die Beträge, um welche die Offiziere oft an einem einzigen Spielabend betrogen wurden, waren selten geringer als 10,000 M., sic stiegen bis über 60,000 M. Infolge der Spielschulden sind die meisten der Opfer dann noch obendrein dem frechsten Wucher anheim gefallen. Anßer der Verpflichtung, Wucherzinsen zu bezahlen, mußten die Offiziere, jüngere höhere Beamte und Söhne reicher Großgrundbesitzer auch noch mehr oder weniger werthlose Lotterieloose aller Art zn enor men Preisen übernehmen, noch dazu unter Verzicht auf bestimmte Gewinne und sonstige Rechte. DaS baare Geld, das sie erhielten, pflegte weit geringer zu sein als der Betrag der ihnen aufgezwungenen Loose, der aber als baareS Geld mit in die Wechsel hineingeschrieben wurde. Bei der unvermeidlichen Prolongation mußten die Gerupften dann noch ein weiteres Päckchen von Loosen übernehmen. Welche Zinsen die Opfer des Falschspiel» bezahlen mußten, erhellt u. A. daraus, daß einem Leutnant, der dem re. Seemann aus dem Spiel etwa 2000 M. schuldig geworden war, 60—64 Prozent berechnet wurden. Und wie fnrchtbar die Folgen sind, welche Spiel und Wucher über die Gerupften heraufbeschwören können, zeigt folgende Skizze au« einem der vorliegenden Be richte über die Prozeßverhandlungen: „Zeuge (ein Leutnant a. D.) ist ein blutjunger, schlankgewachsener, hübscher Mann mit sympathischen weichen Gesicht», zügen. Er sieht furchtbar blaß aus, leidet offenbar unter der überaus peinlichen Situation. Als er sich setzt, entringt sich seiner Brust ein schwerer Seufzer. Im Znschauerraume sitzt eine junge Dame mit thräucn- schwerem Blick, die diesem Theil der Verhandlung mit gespanntester Aufmerksamkeit folgt. Der Präsident konstatirt, daß'die jetzigen Aussagen des Zeugen nicht mit den früheren übereinstimmen. Die früheren Aus sagen haben viel belastender gelautet." — So be dauerlich auch die Begaunerten erscheinen mögen, so können sie doch nicht von schwerer Schuld freigesprochen werden. Mit vollem Recht wird insbesondere auf den Luxus hingewiesen, der vielfach unter den Offi zieren herrscht und diese zwingt, über die ihnen ge botenen Mittel hinauszugehen. Die Folge ist das leichtsinnige Schuldenmachen, das sie den Wucherern unfehlbar in die Hände treibt. Neben dem Luxus und der Genußsucht ist es die Lpielwuth, die so viele Existenzen in den Kreisen der Offiziere und unter den Angehörigen verwandter Gesellschaftsklassen zu Grunde richtet. Ein Bemänteln, ein Beschönigen der tiefen moralischen Schaden, wie sie der Prozeß in Hannover enthüllt, kann nur zum Unheil gereichen. Aus diesem Grunde wird auch die aus Berlin kommende Nach richt, daß das kaiserliche Militärkabinet auf Befehl Seiner Majestät des Kaisers bei dem preußischen Justizministerium um Uebersendung der Akten des Hannover'schen Prozesses unmittelbar nach Beendigung desselben nachgesucht habe, allgemein mit Genugthuung ausgenommen werden. Bei der unserem Kaiser eige nen Thatkraft sind davon segensreiche Folgen wohl zu erwarten. Hagesgeschichte. - — Deutschland. Während sich in de» vor« hergegangenen Jahren die Etatsansätze für den Reichs- zuschuß zur Invalidität-- und Altersver sicherung jedc-mal um etwa 3 Millionen erhöht haben, dürfte diesmal die Steigerung bedeutend ge ringer sein. Es sollen in diese Position für den nächstjährigen Etat, 13,960,000 Mark eingestellt wer den. DaS würde gegen den laufenden Etat eine Erhöhung um l,r Millionen bedeuten. Diese ge ringere Steigerung dürfe darauf zurllckzuführen sein, daß die früher ausgeworfenen Summen nicht ganz verbraucht wurden. Von den 13,s Millionen entfallen 10,12b,000 Mark aus den Altersrentenzuschuß, wobei zu den am 1. Januar 1893 vorhanden gewesenen l77,<XX) Bezugsberechtigten ein Zugang von 34,000 und ein Abgang von 17,000 veranschlagt ist. WaS die Inva lidenrente betrifft, so waren bi» Ende 1892: 17,946 bewilligt. Die starke Zunahme der AnspruchSmcldungen von Vierteljahr zu Vierteljahr läßt darauf schließen, daß noch viele anspruchsberechtigte Personen vorhanden sind, die vermuthlich aus Unkenntniß der betreffenden Gesetzesbestimmungen ihre Ansprüche noch nicht gellend gemacht haben. ES dürften nach der bisherigen Zu nahme zu schließen am 1. April 1894 an 46,b00 Personen Invalidenrenten zu zahlen sein. — München. Der Erlaß der vberbayerischen Regierung gegen den Unfug des Haberfeldtreibens hat sich, wie da» jüngste große Haberfeldtreiben in Töl, beweist, al« mehr oder minder unwirksam er wiesen. Jetzt wendet sich auch der Erzbischof von München gegen die Haderer, indem er einen Hirten« brief erläßt, in dem er da« Habern al« verbrecherische« Unwesen bezeichnet und allen Anstiftern und Theil« nehmern die große Exkommunikation und den großen Kirchenbann androht. Dieselbe kirchliche Strafe soll die Anstifter und Theilnehmer auch bei dem bloßen Versuch und selbst wenn da« frevelhafte Unternehmen nicht zur Durchführung gelangt ist, treffen. — Eine große Versammlung von Hand« Werksmeistern und Gewerbetreibenden, die am Freitag Abend in Berlin tagte, beschäftigte sich mit dem Alters- und JnvaliditätS-VersicherungSgesetz. Eine seit Monaten im Fluß befindliche Agitation fand hier ihren Niederschlag in dem nahezu einstimmig ge« faßten Beschlüsse, den Reichstag zu ersuchen: „DaS AlterS- und Invalidität»-Versicherungsgesetz (durch da» sich der Mittelstand, ohnz für sich selbst gesorgt zu jeden, in schwerster Weise belastet fühlt), dahin abzuändern, daß die Beitragszahlungen der Arbeit geber und der Arbeitnehmer ganz aufhören, dafür aber von jedem Staatsangehörigen, je nach der Höhe seine« Einkommens progressiv gesteigert, eine allge meine StaalSrentensteuer zu erheben sei, und jedem bedürftigen Staatsangehörigen da« Recht eingeräumt werde, mit dem 60. Lebensjahre eine StaalSrente von mindestens 1 Mark pro Tag zu beziehe». 2) Eine Verstaatlichung der bestehenden Kranken- und Unfall versicherungskassen mit gleichmäßiger Berechtigung zum Bezüge de« Kranken- und de« UnfallversicherungSbc- trage« durch alle Staatsangehörigen eintreten zu lassen. voeale und sächsische Nachrichten. — Eibenstock, 30. Oktbr. Gestern früh 3 Uhr wurde die Bevölkerung unserer Stadt abermals durch Feuerru f erschreckt. E« brannte da« dem Schlosser Richard Richter in der Winklerstraße gehörige Wohnhaus und wurde vom Feuer auch vollständig zerstört. Durch die rechtzeitig in Thätigkeit gesetzte Schlauchleitung von der Turbine der Unger'scheu Spunddreherei wurde der Wciterverbreitung de» Feuer«, ehe die Spritzen am Platze erschienen, wirksam-Ein halt gethan, so daß nur das eine Gebäude den Flam men zum Opfer fiel. Die Entstehungsursache ist bis her nicht aufgeklärt. — Schönheide. Verschiedene Anzeichen lassen darauf schließen, daß der Winter noch ziemlich ferne sein müsse. So kann man z. B. gegenwärtig an einer sonnigen Anhöhe zwischen Schnarrtanne. und Brunn zahlreiche Erdbeeren blühen sehen. An ein zelnen Stöcken sind Blüthen, halbreife und sogar völlig reife Früchte zugleich vertreten. Auch die Preißel- beeren blühen stellenweise beinahe so schön wie im Frühjahr, und tagtäglich wachsen noch die schönsten Steinpilze, Hachtschwämme u. A. m. — Am 30. Oktober er. wird in Rautenkranz in Verbindung mit der OrtSpostanstalt eine Reichs^ Telegraphenanstalt eröffnet. Die Dienststunden der Telegraphenanstalt sind an Werktagen von 8 bi« 12 Vorm. und 3 di» 7 Nachm.; an Sonn- und Festtagen von 8 bi« 8'/, Vorm. (im Winter bi- 9 Vorm.), 12 bi« 1 Mittag« und 5 bi» 6 Nachm. — Dre-den. Da« .Dresdner Journ." ver öffentlicht nachstehenden Erlaß Sr. Maj.de« König«: Die Feier Meine« 50jährigen MilitärdienstjubiläumS hat sich durch die Kundgebungen der Treue und An hänglichkeit, welche Mir auch au» nicht militärischen Kreisen in großer Zahl und in den mannigfaltigsten Formen au« allen Theilen Meine« Lande« von Ge meinden, Vereinen und Einzelnen in Wort und Schrift, in sinnigen und künstlerisch auSgeschmückken Darbiet ungen zugegangen find, nicht minder durch die reiche Ausschmückung der Gebäude, Straßen und öffentlichen Plätze und durch die glänzende Huldigung der Bürger schaft, der Krieger- und Gesangvereine, zu einem be- sonder« frohen Feste gestaltet. Mit freudiger Beweg- ung bezeige Ich daher Allen, welche Meiner an diesem wichtigen Abschnitte Meine« Leben« liebevoll gedacht haben, daß der Zweck ihrer Aufmerksamkeiten, Meine Festesfreude zu erhöhen, in vollkommener Weise er-