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— Frankenberg. Von einem plötzlichen Tode wurde im benachbarten. JrberSdorf die Frau des Gutsbesitzers Sachse ereilt. Dieselbe war auf dem Felde mit Krautadblatten beschäftigt, als ihr am Beine eine Krampfader aussprang. Die Frau, welche nicht im Stande war, das hervorströmende Blut zu stillen, hatte sich, bevor ihr Hilfe gebracht werden konnte, bereits so weit verblutet, daß binnen kurzer Zeit der Tod der BedauernSwerthcn einlrat. — Bezüglich der Vorschläge deS preußischen Mi nisters für Handel und Gewerbe, Frhrn. v. Berlepsch, für die Organisation des Handwerks und für die Regelung des Lehrlingswcsens faßte der Vorstand des sächsischen JnnungSverbandeS folgende Resolution: Der Gesammtvorstand des sächsischen JnnungSverbandes (258 Innungen mit über 11,000 Mitgliedern) erklärt, daß er in den Vorschlägen des preußischen Herrn Handelsministers .eine Organi sation des Handwerks" und „eine Regelung des Lehr- lingSwesenS" nicht zu erkennen vermag, weil die zu schaffenden neuen Institutionen den jetzt bestehenden Innungen in vielen Beziehungen weit nachslehcn würden. Er erblickt in diesen Vorschlägen nicht nur eine weitere Förderung der Zersetzung des Handwerks und Kleingewerbes und eine unverhüllte Absage an die Innungen für deren Erhaltung und Ausbau, sondern auch eineu offenbaren Rückschritt bezüglich der Pflege deS LchrlingSwesenS durch den Fortfall der in § 100 e und 8 100 k der R.-G.-O. gedachten Vorrechte, und er verwahrt sich bezüglich de» letzteren entschieden gegen die Annahme, daß die Innungen in Bezug auf das Lehrlingswesen ihre Pflicht nicht ge- than, oder nicht zu lhun im Stande wären. Weiter kann sich der Verbands-Vorstand mit der Erklärung, daß der Befähigungsnachweis „mit der gegenwärtigen Gestaltung des Erwerbslebens unvereinbar sei", nicht einverstanden erklären, weil bisher schon die Ange hörigen anderer Stände den Nachweis zur Befähig ung vor Ausübungen ihres Berufes erbringen müssen. Die Unterordnung der Innungen unter die neu zu errichtenden Fachgenossenschaften und die Betheiligung der Gehilfen an der Verwaltung in dem vorgeschla genen Maße hält der Verbandsvorstand sür die Selbst ständigkeit und den Frieden im Handwerk bedrohend und zwar um so mehr, als die Arbeiter wieder neue Rechte erlangen, aber immer noch nicht zur Legiti mationspflicht verbunden sein sollen. Ebenso erachtet der Verbandsvorstand die Verpflichtung der durch die Arbeiter-Versicherungen schon schwer belasteten Hand werker zu neuen Opfern als hart und ungerecht, weil den für die Fachgenossenschasten erforderlichen Auf wendungen keinerlei Vortheilc gegenüberstehen. Schließ lich erklärt der Verbandsvorsland das Fortbestehen und den Ausbau der Innungen für die Kräftigung und Erhaltung deS Handwerks für unbedingt noth- wendig und Protest!« deshalb im Voraus gegen jeden auf anderer Basis beruhenden Organisationsversuch, denselben sür verfehlt und nutzlos haltend. — Von einem erfahrenen Waid mann erhält das „R. T." Folgendes zur Aufnahme eingesandt: „Die Niederjagd ist in bestem Gange, d. h. die gesetz liche Schonzeit der Hasen und Hühner ist beendet, und wer eine Jagdkarte in der Tasche hat und die Flinte tragen kann, schießt nun lustig darauf los, ohne zu bedenken, daß eine zu frühe Hasenjagd vollständig unw aidmän irisch ist, denn sie verdirbt den Wildstand. Viele junge Jäger namentlich, und Neulinge in der Jagd verfahren nach dem zwar sehr einfachen, aber gänzlich verfehlten Recept, Alles nieder zuschießen, was vor's Rohr kommt. Dabei werden Hasen weggeputzt, die für die Pfanne noch gar nichts taugen und die jeder vernünftige Jäger ruhig laufen läßt. Die Hasen setzen im September und Oktober noch einmal, und es wird mit Recht behauptet, daß gerade diese im Spätjahre gesetzten Hasen weit größere Aussicht haben, durchzukommen, al» die Junghasen des Frühjahres, wo die kahlen Felder jeder doch so nöthigen Deckung entbehren und starke Schneefälle, verbunden mit anhaltendem Froste, den frisch gesetzten Hasen nur zu oft verderblich werden. Wenn aber dennoch, trotz der ungünstigen Witterung, viele Jung hasen im Frühlinge durchkommen und munter in dem manchmal tiefen Märzschnee umher hoppeln, so liegt cS doch für Jedermann klar am Tage, daß die Sep tember- respektive Oktoberhasen bedeutend größere Chancen für die Erhaltung ihre» jungen Leben» haben. Geschützt vor Mensch und Thier durch theilweise noch bedeckte Aecker, genährt mit der reichlichen Milch der Häsin, welche um diese Zeit noch sehr gut bei Leibe ist, führen die Junghasen bei dem oft noch recht warmen und hübschen Herbstwetter ein gesündere» Dasein wie manchmal im Hochsommer, wo sie oft, wie e» in diesem Jahre der Fall war, durch allzu große Hitze eingehen. Hieraus geht hervor, daß jeder Jagdpächter, welcher ein Feldrevier besitz», sich un wiederbringlichen Schaden zusügt durch da« rabiate Hasenschießen zu Anfang Oktober." Rus vergangener Zeit — für unsere Aeil. 11. Oktober. (Nachdruck verböte«) Dies«» Jahr ist das Jubeljahr de» Turnen». Vor 100 Jahren, I7SS, erschien die „Gymnastik für die Jugend" von Gut« Muth», die geradezu bahnbrechend für das Turnen und die Leibesübungen überhaupt gewesen. Der Tag des Erschei nens ist nicht mehr zu ermitteln und um der epochemachenden Wirkung des Werkes überhaupt zu gedenken, müssen wir einen Tag diese» Jahres innerhalb dieser Erinnerungen Guts Muths widmen und nehmen hierzu den N. Oktober, an welchem Tage ohnehin keine sonderlich wichtige Begebenheit in Betracht kommt. Das genannte Buch, das in Turnerkrcisen als geradezu klassisch gilt, bildet die Grundlage für die deutsche Gymnastik. Das Buch athmet ganz und gar den Geist seines Schöpfers, eines Mannes, der ausgerüstet mit vielseitigem Wissen und Können, durchdrungen von der Hohen, von ihm klar erkannten Bedeutung der körperlichen Erziehung, von warmer Liebe sür die Jugend erfüllt war. Das Buch ist mit einer solchen Frische und lieber- zeugungstreue geschrieben, daß man auch jetzt noch dem Zauber, den es ausstrahlt, sich nicht entziehen kann. Jahn kannte und schätzte Guts Muths und erkannte ihn neidlos als seinen Vor gänger an. Auch aus dem Gebiete der Geographie wirkte Guts Muths reformirend und bahnbrechend; zu seinen Schülern gehörte auch der berühmte Geograph Karl Ritter. 12. Oktober. Am 12. Oktober 1793 schloß Polen mit Rußland einen Freundschaft»- und Allianz-Vertrag. Wir haben früher be reits beschrieben, wie es bei der zweiten Theilung Polens her ging und wie man dem Raube einen Schein de« Rechtes zu geben bemüht war, indem man den Reichstag zu Zustimmungen zwang, an die kein Mitglied je gedacht hatte. Den Schluß punkt des ganzen unwürdigen Verfahrens und überhaupt den Schluß der zweiten Theilung Polens bildete jener Vertrag, der aus Antrag eines feilen Deputirten, des Grafen Ankwitz, zustande kam. Durch diesen Vertrag wurde die völlige Ein verleibung des letzten Theilcs Polens bereits vorbereitet. Die Verräther. König Stanislaus an der Spitze, wurden natürlich mit Orden, Ehren, Gütern und Geldsummen belohnt. Bei der zweiten Theilung Polens erhielt Rußland über 4000 Quadrat meilen mit 3 Millionen Einwohner, Preußen 1000 Quadrat meilen mit 3'/. Mill. Einwohner: das polnische Reich schrumpfte dadurch auf ein Dritttheil seine« ehemaligen Bestandes zu sammen. Der Druck im Lande wurde ärger, als zuvor und forderte zu der späteren Insurrektion geradezu heraus. Der Schloßherr von Steinhaufen. Erzählung von Emma Händen. (I. Fortsetzung.) Reginald, der den Namen des Stammvalers der Steinhausen trug, blieb, wie wir ebenfalls gesehen, in der Tagelöhnerfamilie, aber Gräfin Selma blieb ihm, so viel sie es au» der Ferne vermochte, eine liebevolle Mutter. Nach weiteren vier Jahren erhörte Golt den heißen Wunsch der Schloßfrau, er schenkte ihr ein Töchterchen, das Gertrud genannt wurde, nach der Stammmutter der gräflich Steinhausen'schen Familie. Aber da war ihre Körperkraft und Gesund heit gebrochen, der Besitz des lang ersehnten Kinde» vermochte nicht, sie zu entschädigen für all da» Leid und Weh, das ihr der herzlose Gatte täglich bereitete; eine schleichende Brustkrankheit erfaßte sie, die ihr Opfer oft jahrelang quält, bis sie es mitleidslos er drückt in des TodeS kalter Umarmung. Ihr Töchter chen war ihr einzige« Glück, aber es war auch ein Tropfen Wermuth in diesem Glück. Wie würde ihr Gatte das zarte Kind behandeln, der keine Rücksicht und Zartheit gegen sie kannte! O, wenn sie es hätte mitnehmen können in die andere Welt, der sie ent- gegcnging. Und zuletzt konnte sie auch den theuren Knaben nicht mehr aussuchen, sein geliebtes Ebenbild, dem er, wie sie meinte, von Tag zu Tag ähnlicher wurde, und Graf Kunibert blieb bei dem rücksichtslosen Be fehl, mit dem er die Bitte der Gattin abgeschlagen hatte. Noch in der Todesstunde, die doch ihren be sänftigenden Einfluß auf so manches Herz auSübt, trat er ihr kalt und rauh entgegen. Als ihre liebste Jugendfreundin, Ludmilla von Landen, den Regier- ungSrath Karge in der Nachbarschaft Kemden hei- rathete, hatte der Gras seiner Gattin den Umgang mit der nunmehr Bürgerlichen verboten. Als der Todesengel dem Lager SelmaS nahte, bat sie mit letzter Kraft den Gatten um ein Wiedersehen mit der theuren Jugendfreundin. Er schlug die Bitte ab und SelmaS Sterbelager blieb einsam und liebeleer. Jetzt hatte die Dulderin auSgerungen; auf weißem Atlaskissen schlummerte die 28jährige Gräfin, auf dem Todtenantlitz noch die rührende Schönheit weisend, die ihr alle Herzen, nur nicht da» des rauhen gefühl losen Gatten erobert. Die Sonne drang nur in einzelnen Reflexen in diesen Raum, darin die Todte den letzten, ewigen Schlaf schlief; die Kapelle lag nach der Gartenseite und zwei große Buchen standen vor den hohen Bogen fenstern. Hier hatten sie Alle als Leichen gestanden, die vom Geschlecht der Steinhaufen, von jenen ersten Beiden an, die das GrasenhauS als seine Stamm eltern bezeichnete, die ersten, die sie mit Namen zu nennen wußten: Reginald und Gertrud, die in hohem Greisenalter, nach langer, glücklicher Ehe still und friedlich, wenige Stunden nacheinander, hinüberge schlummert waren. Hier war Graf Eugen» Sarg aufgestellt, der aus weiter Ferne geholt, uneröffnet zur Leichenparade aufbewahrt worden, an dem ein greiser Vater und ein tief trauerndes, junges Weib geweint, von dem der Tod de« heiß geliebten Man ne« die schwere Last einer sündigen Liebe nahm. Hier hatte wenige Jahre später der trauernde Vater die ewige Ruhe gefunden; heute stand auch das jugendliche Frauenherz still, das an Graf Eugen« Sarg mit widerstreitenden Gefühlen geschlagen. E« war die Zeit der Rosen und die trauernde Liebe der Untergebenen, die hier da« Leichenzimmer einge richtet, hatte die Tovte unter ihren Lieblingsblumen gebettet. Die Wände der Kapelle waren schwarz auSge- schlagen, zu Häupten de« Sarge« brannten, selbst am sonnenhellen Tage, Wachskerzen in silbernen Armleuchtern, das Haupt der Tobten ruhte auf weißem Atlaskissen, breite Spitzen deckten fast den Sarg, da« war der Leichenprunk, der der Gräfin gebührte. Die Blumenfülle hatte die Liebe hierauf gehäuft, aber nicht die Gattenliebe, die sie im Leben ja nie besessen; noch hatte der Fuß dessen, dem sie auf Erden am nächsten gestanden, diesen Raum nicht betreten. Die linke Hand der Todtcn hielt ein Rosenbou- kett, in die rechte, die sie am Altar dem ungeliebten Gatten einst gereicht, hat man ihr den welken Kranz gedrückt, der damals ihr Haupt geschmückt: jenen sinnigen Kranz, den die Jungfrau ersehnt, den sie getragen am Tag, da ihr da« Erdenglück für immer versank. Ruhig und friedlich waren die Züge der Leiche, verschwunden war auS denselben der bittere SchmerzenSzug, der in der Sterbestunde darauf aus geprägt gewesen, in der sie das Kind, das sie zurück ließ, nicht sorglos in treue, liebende Baterarme legen konnte, in jener herben Scheideslunde, die ihr die Hand der Liebe nicht versüßt. ES öffnete sich die EingangSthür zur Kapelle unv herein traten, in schwarzer Trauerkleidung, die Dorf bewohner — ihnen Allen war sie ja eine Mutter gewesen. Wo e« in niederer Hütte Thränen zu trocknen gab, wo Nvth und Sorge zu lindern war, halte liebevoll und gütig stets die Schloßfrau einge griffen, und so kamen sie Alle, um Abschied zu nehmen von der theuren, vielbeweinten Tobten. Der Graf hatte es gestattet, nicht aus Güte und Freund lichkeit für seine Untergebenen, nein, der gräfliche Leichenprunk mußte gesehen werden. Darum, glaubte er, kommen sie Alle, darum hatte er gewährt. Wieder flössen die Thränen der Steinhäuser, wie an Graf Eugens Grab und wcbl mehr als einem dieser schlichten Leute kam der Gedanke: „wie anders wäre es für uns gewesen, wenn sie als Schloßfrau an Graf Eugens Seite hier geschaltet und Gott unS dies Paar gelassen hätte." Weinend, in tiefster Stille, verließen die Trauern den den stillen Raum, derselbe ward leer; nur Einer ging nicht, ein bildhübscher Knabe von 14 Jahren, er, dem die Schloßsrau mit Mutterliebe zugethan mar, der ihre letzte Sorge gewesen war, neben ihrem verwaisten Töchterchen, er, der in Steinhaufen unter dem Namen Reginald Leithner lebte. War er auch nur in ärmlichem Anzuge, dem Stande seiner Pflege eltern gemäß, so machte er doch nicht den Eindruck, als ob er gewöhnlicher Leute Kind sei; sein Antlitz zeigte edle, aristokratische Züge, die dunkeln Augen blickten feurig unter den schwarzen Augenbrauen, das schwarze Haar umrahmte üppig die hohe Knabenstirn und oft schüttelte er sich dasselbe wie wild aus den Schläfen. Still für sich hatte er immer gelebt, nie mit den Dorskindern gespielt, nie sich brüderlich an den freilich zehn Jahre älteren Pflegebruder ange schlossen. Aber heute vor Allem, blickten diese feurigen Augen tiefsinnig und ernst, und es lag über seinem Blick wie ein Schleier des Schmerzes. Er hatte die Schloßfrau geliebt wie eine Mutter, deren liebevolles und zugleich so aristokratisches, feines Wesen ihn stets angezogen, wie in ahnender Verwandtschaft, in deren Nähe er sich immer Wohler gefühlt, als bei den Menschen, mit denen er aufwuchs. (Fortsetzung folgt.) Vermischte Nachrichten. — Hildesheim. Die Vereinigten Norddeutschen Liedertafeln haben dem Wiener Männergesangverein zu dessen bOjährigem Jubelfest einen Dirigentenstab auS Holz vom Rosenstock am hiesigen Dom über reichen lassen. Auf den silbervergoldeten Zwingen an den beiden Enden des Stabes sind folgende In schriften gravi«: „Dem Wiener Männergesangverein zum 50jährigen Jubelfeste am 6. Oktober 1893 die Vereinigten Norddeutschen Liedertafeln" und „Ge fertigt au« einem Zweige vom tausendjährigen Rosen stock am Dem zu Hildesheim." Auf dem geschmack vollen Etui des Stabes steht in silberner Schrift: „So wie am Dom zu Hildesheim — Der tausend- jähr'ge Stock noch blüht, — So blüh' bei Euch noch tausend Jahr' — Der Rose gleich das deutsche Lied." — Bunzlau. Der berühmte „große Tops", dessen ferneres Schicksal schon seit Wochen das Ge spräch der Bunzlauer bildete, ist am 29. v. M. von seinem alten Standorte auf der Görlitzcr Straße bei der Reinholdschen Töpferei, auf dem er fabrizirt wor den ist und fast anderthalb Jahrhunderte die Be wunderung von Tausenden erregt hat, entfernt werken. Zu diesem Zwecke mußte da« achteckige Häuschen, das ihn in sich schloß, niedergerissen werden. Am frühen Morgen hatte man mit der Niederlegung der Mauern de» Häuschens begonnen und diese bi» auf geringe Ueberreste abgetragen. Die Arbeit war um die Mit tagszeit beendet, und der Topf bot sich nun den Blicken der Vorübergehenden ungehindert dar. Er erschien jetzt fast noch größer bei der Hellen Beleuchtung de« Tages al» im abgcschwächten Lichte de» fast fenster losen Häuschen«. Nachmittags ist er nach seiner neuen Behausung, dem BefestigungS-Thurme beim Stadtgärtner Neuherz, gebracht worden.