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BERGWERK IM KOPF "Der Bergmann trägt sein Trauerkleid jeden Tag." so fahre ich, festlich in Schwarz, hinab, wo die Kohle schwarz auf mich wartet, auf ihr Urteil, wie auf ein Unglück ich, das nie geschehen darf, und eines Tages ist es da, mich oder meinen Nachfolger zerschlägt, wie wir es oft hörten in Berichten, die uns die Kohle weitersagt von Berg zu Berg, Erinnerung im Berinnern verwahrt, bis wir sie los brechen. Wir veröden die Adern der Erde für unsere Feuer, kleinliche, tröstliche, wie das vom Feuerzeug, wenn wir nach Schichtschluß auf die Straße treten und Zigaretten anstecken. Den Vormittag unsrer Tages hier unten dröhnt in unsern Köpfen zum Preßluftgehämmer Musik: " ...Cowboy, der im Dunkeln reitet, ist kein Weg zu schmal Später hat der Lärm alles weggerissen, und in der kleinsten Atempause nähert und entfernt sich durch den Stollen Fußballübertragung aus dem Transistor. Auf den tieferen Sohlen nicht einmal das, nur unablässig die Hunte. Wir schweigen, bis wir voneinander nicht mehr wissen, was in des andern Kopf für eine Melodie pocht. Dann, rasch, beginnen wir wieder und bohren uns hinein in die Kohle, die tote lebendige Masse , die uns entgegenrollt. Wenn wir einfahren, der Gitterkorb uns hinabholt, an dunklen Tagen, wenn langsam ein Jahr wächst, hoffen wir, aufzutauchen in einen lauen Abend am Ende, einen anderen Monat, andern Ort, unter andern Himmel, maigrün und leise die unregelmäßigen Vögel, hoffen, daß der Schnee schmölze unter unserm Feuerzeug. So stehe ich täglich der Kohle gegenüber, spreche mit ihr in Gedanken, wenn kein Kumpel mich hört. Die Kohle, sie ist wie ein Meer und immer dieselbe, jedes Mal andre und jedesmal anders. Ich spiegele mich in ihr, sehe mich Schwarzen wieder, schwarz, von ihr völlig geschwärzt,