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- 9 - an keine Rettung, kannte Renel schon sechs Jahre, kannte diese Ehe: Renel, Robert, Musiklehrer, Richter, Vera, Ingenieurin, die hatten einander so lieb, sehr lieb, nur lieb, und Arbeit viel und Geld und ein Land wie für ihr Glück geschaffen hatten sie und Kinder wollten sie keine, und ihre Schönheit sollte nur für ihn dasein, für die Gemütlichkeit, Bequemlichkeit, den Kochtopf, seine andere Welt soll te sie sein nach Tagesplagen, und konnten zusammen nicht bleiben, weil kein tiefes Wasser zu durchschwimmen war in dieser Ebene, das Bett ist keine Wärmflasche für die Liebe, auf die Dauer nicht, und eine böse Norae kam, die Norne Zeit, die blies in die leuchtenden Kerzen. "Kinder hin, Kinder her," sagte Renel und malte Strichmännel auf die angelaufene Scheibe, "hast du keine, fehlt der Klebstoff für die Ehe, hast du welche, bröckelts genauso, weil die Träume deiner Frau zerbröckeln unter der Last. Gleichberechtigung ist nicht, in diesem Punkt niemals, futsch die Illusion von zärtlichen Stunden, Autofahrten nach Prag. Hände vor und Fesseln dran. Rolf, spiel mir nichts vor." "Nein," sagte Rößler, "bei uns ist das nicht so, das wird nie so werden, so nicht, und steckt mal der Karren im Dreck, wir haben vier Hände, ihn rauszuziehen, und vor allem zwei Köpfe." "Ja," sagte Renel, "zwei Köpfe, das ist es ja eben." Eine Frau befahl, das Fenster zu schließen. Der Zug fuhr wieder. Ein sächselnder Mann bereitete sich auf die Zollkontrolle vor, seit er in Katowice zugestiegen war, holte immer wieder seinen Koffer vom Netz und verbarg Briefmarken und Zeitschriften unter seinem Hemd. Dies Land sollte vor unseren Touristen gewarnt werden, dach te Rößler, lassen keine Bananenbüchse im Regal, Spargelspitzen, Ölsardinen, und wenn sie Glück haben eine Westzeitung, linksstehend, da können sie lesen, was auf unserem letzten Plenum beschlossen