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2 ? "ausgedachte" Schule, eie verfaßten erst Manifeste und verlangten dann, daß sich die .dichterischen Erzeugnisse daran halten sollten. Selbst Gumiljow ikäxx deshalb Vorwürfe, dessen Gedichte sich noch vergleichsweise streng säxiükxäx nach den eigenen Prinzipien rich teten. Wieviel weiter erst entfernten sich Achmatowa und llandelstam von ihren Anfängen, ohne aber den Akmeisnus als eine wesentliche Prägung zu verleugnen. In seinem 1913 erschienenen Aufsatz "Das Erbe des Symbolismus und der Akmeismua" stellt Gumiljow die These auf, der Akmeisnus sei nö tig, um die Hinterlassenschaft der symbolistischen Richtung zu übernehmen, deren Höhepunkt überschritten sei. Ihre Ermingenschaften müßten aufgehoben werden, aber ein der Zeit sei "eine männlich feste und klare Lebensanachauung". Er forderte den Akmeismua als: "eine Richtung, die mehr Gleichgewicht der Kräfte verlangt und eine genau ere Kenntnis der Beziehungen zwischen ubjekt und Objekt als das bisher im Symbolismus der Pall gewesen ist." Er verlangte der Lite ratur Diesseitigkeit ab, Realitätsbezogenheit, aber auch Distanz und Selbstkontrolle: "Was Engel, Dämonen, elementare und andere Gei ster betrifft, so gehören sie zum Material des Künstlers und soll ten nicht mehr die anderen von den Künstlern benutzten Bilder an iärdenschwere überwiegen." "Wir empfinden uns ja auch als Erschei nungen unter Erscheinungen." Dies bedeutete, die Literatur habe objektiv zu sein, habe zwar "die Seele in den Momenten darzustellen, wenn sie erregt ist und sich dem anderen nähert" - aber wohl selbst aus sicherer Entfernung. Das scheint eine deui (französischen) Im pressionismus verwandte Haltung zu seifig ürinn^man^die vor angegange nen Kunstrichtungen betrachtet, die eich Welten um der Wertung wil len schufen, folgerichtig gleichzeitig in Bezug auf die Erfordernis se der Zeit (Veränderungen an der Basis). Eroteres sehr bewußt, letz teres setzte sich eher spontan und. elementar durch, wenn auch unab weisbar. Denn obwohl wich sowohl Gumiljow (z. B. in der Organisa tion der Dichterzunft) als auch Mandelstam verschiedentlich auf das Mittelalter - freilich ein sehr hausgemachtes - berufen, steht der Akneismus doch vor den Leser als eine Kunstrichtung der Moderne. Bo klar und nüchtern, wie Gumiljow ihn beschrieb, wertungsfrei und die Objekte vereinzelnd, auch die Beziehungen zwischen den Objekten zu vereinzelten Objekten umfornend und ebenso das Subjekt ("Erschei nung unter Erscheinungen"), so absichtlich in einer Welt der reinen Kunst, fern gesellschaftlicher Entwicklung, verharrend, blieb der Akmeisnus zu seinem Glück nicht, sonst wäre kaum etwas davon Übrig geblieben. Wo die Akmeisten über den enggesteckten tc Rahmen hinaus wuchsen, konnten sie Größe erlangen, die prinzipiellen Beschränkt heiten ihrer Schule in Vorzüge verwandeln, was uns heute als eigent licher Akmeismua erscheint. Gumiljow entfernte sich von der eigenen Theorie in Richtung Exotik und Abenteurertum der Themen, um dadurch Anreize in die Büchternheit einzuschmuggeln. Dr.durchwurseine Konkretheit allzuoft abstrakt, der Akmeismus wird xiamVlxx, zur Freude des Dichters am eigenen Buskelspiel. Anna Achmatowa benutzt den Akmeismus eigentlich nur, um Emotionen und Leidenschaften, die sie ausdrücken will, zu bändigen und in Form zu bringen, sozusagen zur Selbstkontrolle. Sie bringt ihre Gedichte immer wieder auf die alltäglichen Dinge zurück, damit die Empfindung nicht wuchert, die Form und die Bilder werden zum Siegel der Diskretion und halten die Gedichte schwebend. Mandelatarn durchbricht den Akmeismus in alle Richtungen, erweitert ihn für sich sozusagen in konzentrischen Kreisen. (So kommt es z. B. zu der er erstaunlichen Tatsache, daß er später, in den dreißiger Jahren, Pasternak symmetrisch und ver wandt gegenübersteht, der doch aus der Gegenrichtung, vom Futuris mus her, gekommen ist.) Mandelstam verfaßte 1912 ebenfalls ein akmeistisches Manifest, "Der Morgen des ^kraeismus", das aber damals nicht wie das von Gmiljow und eines von Gorodezki in "Apollon" erschien, über ihrer Ausein andersetzung, ob es "Akmeismus” oder "Adoniamus" heißen solle, und was darunter zu verstehen sei, ss die nach Beschreibungen geradezu dogmatisch geworden sein soll, schienen die beiden akraeistischen Wortführer Mandelatams Aufsatz nicht ganz ernst genommen zu haben. Ihm aber geht es nicht um g bloße Begriffe, sondern um ein prakti-