- 8 - Ich merke schon, daß ich, indem ich über das Schreiben schreibe, viel mehr Uber mich selbst schreibe, als ich eigentlich wollte. Aber ich merke auch, daß ich anfange, spielerisch-verlogen traumsicher nur das zu schreiben, was das begrenzte Lesepublikum dieses Aufsatzes, also die Damen und Herren im Leipziger Literaturinstitut, interessieren könnte. Denn wenn ich bloß diesen letzten Satz - Ich brauche das Schreiben, um ehrlich zu sein - ein paar anderen Leutchen, beispielsweise meiner Frau, zeige, so kann ich mir die Wirkung schon von vornherein ausrechnen. Ich mag es aber nicht, wenn meine Frau über mich lacht wie man über einen Idiotenwitz lacht, und deshalb sage ich: Lin wichtiger Antrieb für mein Schrei ben war und ist Existenzangst. Beiepieisweises Ich komme mit 18, als ich, erstaunlich frühklug für mein Alter, aus Gewissensgründen Schluß gemacht habe mit einer kirch lichen Schauapieltruppe und kein Geld mehr habe für die nächsten drei Monate bis zum Beginn meines Studiums, zum Zeitungsredakteur Krecek und bitte um Brot und freie Mit arbeit. Ich erhalte den Auftrag, drei Porträts zu schrei ben. Ich mühe mich, sio so gut zu schreiben, daß ich weitere drei Aufträge erhalte. Dadurch schreibe ich gleich die ersten drei so anständig oder lebendig oder plastisch oder wie immer man mich damals lobte, daß ein festes Sehreibverhältnis mit dem Redakteur Krecek entsteht, das bis zu seinem seligen Aufgang in eine übergeordnete Insti-