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Weiteres glaubhaft; ist doch die politische Taktik der Republik gegen Italien in Wahrheit nur noch eine fortlaufende Kette von Chikanen, Vergewaltigungen und Verhöhnungen. Locale «nv sächsische Nachrichten. — Dresden. Am Sonnabend wurde durch die Aufmerksamkeit eines Packers bei der königl. StaatS- eiscnbahn ein Unglück ans dem Centralbahnhvf in DreSden-Altstadt verhütet. Kurz vor Einfahrt des SondcrzugeS, mit dem Se. königl. Hoheit Prinz Fried rich August und das Schützen-Regiment aus dem Manörcrgebiet heimkehrtcn, entdeckte der Genannte einen Stahlschiencnbruch. Da die Schiene ge rade an dieser Stelle eine Kurve beschreibt, hatten sich die Bruchenden auseinander gebogen, die Loko motive des cinfahrenden Zuges wäre also entgleist, und dies konnte möglicherweise für den ganzen Zug verhängnißvoll werden. Der genannte Bahnbeamte veranlaßte sofort eine andere Bestimmung über die Einfahrt des Zuges. — Leipzig. Ueber die Leipziger Festlichkeiten zum Militärdienstjubiläum Sr. Majestät des Königs berichtet der Preßausschuß: Im ganzen Sachsenlande werden an dem hohen Festtage Feier lichkeiten statlfinden, aber keine von ihnen dürste an Umfang diejenige erreichen, die in Leipzig von den 13,000 Kameraden umfassenden Militärvcreinen des Leipziger Bezirkes vorbereitet wird. Das Fest wird in Leipzig am 22. Oktober mit einem großen Feld- golteSdienst der gesammten Garnison und der alten Krieger eröffnet. An den FeldgotteStienst schließt sich eine große Ovation auf dem Marktplatz, wo vor dem Reiterstandbild Sr. Majestät das Ehrenmitglied des Bezirksausschusses der Militärvereine Kamerad Kaniß, die festliche Ansprache halten wird. Von da aus be geben sich die Festtheilnehmer nach dem Krhstallpalast, woselbst große Aufführungen militärischer Art, daneben Veranstaltungen geselliger und unterhaltender Art den Nachmittag füllen und Di. Willem Smitt die Fest rede halten wird. Die Alberthalle wird in eine RuhmeShalle umgewandelt und circa 80 Militärver- einSfahnen und -Banner aufweisen. Am Abend findet in der Alberthalle die Aufführung des 2 Stunden in Anspruch nehmenden Festspiels von Crome-Schwie- ning statt, das dieser mit 124 Mitgliedern der ver schiedenen Militärvercine und Frauen und Kindern derselben cinstudirt und das eine eigenartige Dar stellung aller Beziehungen unseres Königs zur säch sischen Armee und der Ruhmcsgeschicbte derselben geben soll. Der Gesammtreingewinn des Festes soll der König Albert-Stiftung überwiesen werden. — In Sachen der Leipziger Messe er stattete in der letzten Sitzung der dortigen Handels kammer Herr Herrmann Bericht. Zunächst betont der Referent, daß die umfassende Thätigkeit der Handelskammer lediglich eine freiwillige ist und daß ihr durch das Gesetz eine solche Thätigkeit nicht auseriegt ist. Die Gefahr, daß unsere Messen durch die Ber liner Bestrebungen geschädigt werden können, besteht nach wie vor, wenn von Seilen Leipzigs aus nicht energisch diesen Bestrebungen entgegen gearbeitet wird. Die große Mehrheit der befragten Firmen hat sich für die Festlegung der Messen ausgesprochen. Gegen die Verlegung der Messen auf einen früheren Zeit punkt haben sich, aber doch auch nur bedingt, sodaß sie eigentlich nicht als Gegner der Verlegung be zeichnet werden können, 246 Firmen erklärt. Für Verlegung der Ostermcsse sind 92 Firmen, für Ver legung der Michaelismesse 154, für Verlegung beider Messen 443 Firmen. In Betreff der Oster- messe wünschen die Meisten, daß sie in der zweiten Hälfte des März beginnen möge, und in Bezug auf die Michaelismcsse sind 205 Firmen dafür, daß sie Ende August beginne, während 325 Firmen den Beginn der Michaelismesse in der ersten Hälfte des Monats September wünschen. Schließlich stellt der Referent folgende Anträge: Die Kammer wolle be schließen, im Einvernehmen mit dem Rathe der Stadt Leipzig bei dem Königlichen Ministerium zu beantragen: 1) die Dauer der beiden Hauptmessen in Zukunft auf 22 Tage zu beschränken und zwar in der Weise, daß die Messe mit einem Sonntag beginnt und mit einem solchen schließt; 2) den Klein handel ebenfalls sogleich vom Beginn der Messe an zu gestatten; 3) den Beginn der beiden Hauptmessen in ter Weise fcstzulegen, daß u) die Ostermesse mit dem ersten Sonntag im März, in dem Falle aber, daß Ostern auf einen früheren Tag als den 29. März fällt, mit dem letzten Sonntag im Februar, h) die Michaelismesse mit dem letzten Sonntag im August zu beginnen hak. Die Anträge wurden ein stimmig angenommen. — Von dem französischen Generalkonsulat in Leipzig ist der Handels- und Gewcrbckammer Plauen mitgcihcilt worden, daß die Stadl Lyon am 26. April 1894 eine allgemeine internatio nale und koloniale Ausstellung zu eröffnen beabsichtigt und daß die vom Stadtrath zu Lyon gebildete Ausstellungsbehörde sowie die für die ein zelnen Industriezweige ins Leben gerufenen Komitös mit den im AuSlande für die Beschickung der Aus stellung zu bildenten KcmitöS in Verbindung zu treten wünschen. DaS französische Generalkonsulat in Leipzig knüpft hieran die Hoffnung, daß sich auf diese Weise eine größere Anzahl von Geschäftsleuten für die Ausstellung interessiren werden und daß diese zur Belebung des gegenseitigen WaarenauS- tauscheS beitragen dürste. — Die Handels- und Gewerbekammer Plauen bringt dies dem Wunsche des Generalkonsulat« entsprechend hiermit unter dem Bemerken zur Kenntniß ihrer Bezirks-Angehörigen, daß ein Prospekt der Ausstellung sowie die näheren Bedingungen der Beiheiligung auf dem Bureau der Kammer zur Einsicht ausliegen. — Großenhain. Ein Kanarienvogel war der Lebensretter der Kinder des Malers Beeger. In der Nacht zum Sonntag wachte die Ehefrau des Genannten durch das Gekreisch und Geflatter des in der Kinderstube befindlichen Kanarienvogels aus dem Schlafe auf, ging nach der Kinderstube und fand dieselbe in Rauch gehüllt. Auf unaufgeklärte Weise war daselbst ein Brand entstanden, der nun sofort gelöscht wurde. Der Vogel ist erstickt, die Kinder aber kamen mit dem Leben davon. — Marienberg. Einen guten Fang machte die Gendarmerie am Donnerstag in Pobershau. Vor etwa vier Wochen wurde Nachts das hiesige Pulvermagazin erbrochen und wurden aus dem selben über 3000 Stück Patronen und verschiedenes Andere entwendet. Von ersteren wurden bald darauf etwa 2000 Stück in einem Kornfclre wiedergefunden. Vor einigen Tagen nun fanden Himbeerensucher am Katzenstein in einer Felsenspalte vier alte Infanterie gewehre in einem Kasten versteckt vor, desgleichen ein Futteral zu einem Jagdgewehr, einen alten Rock rc. Da dieser Fund auf Wilddieberei schließen ließ, lenkte sich der Verdacht auf drei thcilweise wiederholt vor bestrafte Einwohner von Pobershau. Am vergange nen Donnerstag wurden infolge dessen durch die Gendarmerie und Forstbeämte umfassende Haus suchungen vorgenommen, welche zu überraschenden Ergebnissen führten. In der Nähe der verdächtigen Wohnungen entdeckte man, in einem Steinrücken ver borgen, ein Lager, welches eine Kiste Dynamit, ver schiedene Brecheisen und DieveShandwerkSzeug, und ein zweites, welches die fehlenden Patronen, eine scharfgeladene Scheibenbüchse und Anderes enthielt, während man in der Wohnung des am meisten verdächtigen und vielfach bestraften Menschen einen geladenen Revolver und Werkzeuge zum Einbrechen fand. Leider entkam dieser Mensch in den ganz dicht am Hause beginnenden Wald. Die beiden Anderen wurden verhaftet und eingeliefert. — Ein gewisses Aussehen erregt, besonders auch in juristischen Kreisen, die bevorstehende Versetzung eines Beamten israelitischer Abstammung als Rath an das OberlandeSgericht. Es ereignet sich hiermit zum ersten Male, daß eine Stelle bei unserem höchsten sächsischen Gerichtshöfe in solcher Weise be setzt wird und man kann wohl sagen, daß das Ver fahren nach den bei der sächsischen Verwaltung be kannten oder doch vcrmutheten Anschauungen über rascht. Von einer Praxis läßt sich in dem gegebenen Falle eigentlich nicht reden. Der hier in Frage stehende Fall bezieht sich auf die Berufung des Herrn LandgerichtSrathS Selig Ortenstcin in Leipzig an das Dresdner Oberlandesgericht. Bemerkt sei, raß Landgerichtsrath Ortenstein in den Kreisen seiner Kollegen und höchsten Vorgesetzten das Ansehen eines ausgezeichneten Beamten geniest und vor ca. 3 Jahren vom Judenthum zum Christcnthum übergetreten ist. — Mit so bedeutenden Schwierigkeiten wie in diesem Sommer hat die Elb schiff fahrt auf so lange Dauer seit langer Zeit nicht zu kämpfen ge habt, da der bisher niedrigste Wasscrstand — 179 Cenlimetcr betrug und Monate lang, mit wenigen Tagen Ausnahme, ein Wasserstand von mehr als 150 Centimeter unter Null zu verzeichnen war. Aller Verkehr war zeitweise unterbrochen, und wenn die Frachtschiffsahrt ihre Fahrten immer wieder aufnahm, so war doch die Ladung eine so geringe, daß von einem Nutzen für die Schiffseigner keine Rede sein konnte; dehnte sich doch die Fahrzeit zwischen Dresden und Hamburg in den letzten Wochen vielfach auf die vierfache Dauer aus — und nur wenige Fahrzeuge kamen ganz frei von Schäden am Zielpunkte an, sodaß auch die Versicherungsanstalten dies Jahr er- hebliche Opfer bringen müssen. Hunderte von Schiffs mannschaften und Hafenarbeitern wurden bereits ent lassen, weil sich keine Beschäftigung bot. — Anläßlich der gegenwärtig erfolgenden Ent lassung der Reservisten und Dispositions urlauber machen wir darauf aufmerksam, daß Mannschaften, welche aus dem aktiven Dienst ent lassen werden, sich spätestens 14 Tage nach ihrer Entlassung bei dem BezirkSfeldwcbcl, zu dessen Kom- pagnicbczirk ter von ihnen gewählte Aufenthaltsort gehört, zu melden haben. Diese Meldung ist auch dann erforderlich, wenn der Entlassene an rem Orte bleibt, in welchem sein bisheriger Truppcntheil in Garnison steht. Die nächsten militärischen Vorge setzten der Mannschaften des BeurlaubtenstandcS sind der Feldwebel des KcmpagniebezirkS, der Bezirk- Osfizier und der Bezirks-Kommandeur de» Landwehr- BalaillonSbezirkS, in welchem ihr Aufenthaltsort lieg», und deren Stellvertreter. Bei Anbringung dienstlicher Gesuche und Beschwerten find die Mannschaften de« BeurlaubtenstandcS verpflichtet, den vorgeschriebenen Dienstweg einzuhaltcn. Jngleichen sind dieselben im dienstlichen Verkehr mit ihren Vorgesetzten oder wenn sie in Militär-Uniform erscheinen (wozu auch der Ent- lassungSanzug gehört), ter militärischen DiSciplin unterworfen. Verändern später die Mannschaften de» BeurlaubtenstandeS ihren Aufenthaltsort oder die Wohnung innerhalb des Kommandobezirk«, so ist die» innerhalb 14 Tagen dem BezirkSsoldwebel zu melden. Wer au« einem Kompagniebezirk in einen anderen verzieht, hat sich vor dem Verziehen bei seinem bis herigen BezirkSfeldwcbcl ab- und bei tem Bezirks feldwebel seines neuen Aufenthaltsortes innerhalb 14 Tagen nach erfolgter Abmeldung anzumelden. (Kingesandt.) Eibenstock. Für den Anfang nächster Woche steht unserer Stadt ein überaus seltener Kunstgenuß in Aussicht. Der Chor der Kreuzschüler au» Dresden, bestehend aus 50 jugendlichen Sängern, wird nächsten Montag unsere Stadt besuchen, um hier zwei Concerte zu geben, ein geistliche« Montag Abend in der Kirche und ein weltliches Dienstag Abend im Saale des Feltschlößchen«. Wer je einmal Gelegen heit gehabt hat, die in Dresden so beliebte jeden Sonnabend um 2 Uhr stattfindende „Motette" zu hören, kennt die künstlerische Leistungsfähigkeit des Kreuzchorcs. Alle Freunde wahrhaft gediegener und edler Musik werden auf die Gelegenheit, Vorzügliches hören zu können, auch hierdurch besonders aufmerksam gemacht. Ans vergangener Zeit — für unsere Zeit. 20. September. (Nachdruck v-rbolnu. Innerhalb des großen geschichtlichen Wirrwarrs, den die französische Revolution und darnach Napoleon l. entfesselte, erscheinen vielfach nicht blos Thatsachen, sondern auch Personen in einem anderen und schiefen Lichte, als sic unter normalen Zeitläufen erschienen wären. Das ist insbesondere bei Fried rich August III. Kurfürst und später König von Sachsen der Fall, der ani 20. Septeniber 1788, also vor 125 Jahren, zur Regierung gelangte. Er führt den Beinamen der „Gerechte" und war thatsächlich von unerschütterlicher Rechtlichkeit, unge- heuchclter Religiosität und tüchtiger Gesinnung für sein Volk, für welches er vieles Gute gethan hat. Seine Rechtlichkeit war cs denn auch, die ihn an Napoleon, nachdem er sich mit diesen: einmal verbündet hatte, kettete und ihn dem Corsen treu bleiben hieß, auch als sich das Kriegsglück gegen diesen ge wendet hatte. Den politischen Fehler, den der König beging, als er überhaupt mit dem französischen Kaiser sich cinlicb, hat er schwer genug gebüßt durch seine Gefangenschaft nach den Ereignissen von 1813 und die ihm zu Theil gewordene Be handlung. Daß das Volk Sachsens die guten Seiten des Herrschers zu schätzen wußte, beweist der jubelnde Empfang, der ihm bei seiner endlichen Rückkehr nach Dresden zu Theil wurde. 21. September. Geradezu kostbar und schier unglaublich ist die Art und Weise, wie vor hundert Jahren die „Zustimmung des polnischen Reichstages zu den Abtretungen Polens an Preußen erlangt wurde; die brutale Einschüchterung der Pariser Nationalver sammlung, die Austreibung der Girondisten aus dem Convent durch Waffengewalt erscheint noch immer als Kleinigkeit neben dem Polen gegenüber augcwendelen Verfahren. Sonderbarer Weise setzte sich derselbe polnische Reichstag, dessen von Ruß land bearbeitete zahme Mitglieder die Abtretungen an Ruß land genehniigt hatten, Preußen gegenüber zur Wehr; augen scheinlich sürchtete man Preußen noch mehr als Rußland, wenn schon sehr mit Unrecht, wie die Zeit lehrte. Rußland aber mußte für die Erfüllung des Preußen Versprochenen einstehen und der russische General Sievers wußte die „Zustimmung" des Reichstages folgendermaßen zu bekommen. Als der Reichs tag die preußischen Forderungen nicht sogleich und unbedingt gewährte, ließ Sievers am 21. September I7S3 einige Abge ordnete wegen ihrer angeblich jakobinischen Grundsätze verhaften, den Reichstag mit russische» Soldaten umgeben, den russischen General Rautcnfeld in dem Sitzungssaale desselben aus einem Sessel Platz nehmen und jedes Mitglied des Reichstages, das nicht im russischen Sinne redete, durch Soldaten wegsührcn. Infolgedessen gab, als abgestimmt werden sollte, kein Deputirter eine Antwort. Jndeß Rautenseld und Sievers halsen sich sehr einfach aus der Verlegenheit: sie erklärten, man werde die Ver sammlung und den König, ein Schwächling ohne Gleichen, so lange im Saale festhalten, bis sie nachgäben. Und als nun trotz aller Drohungen die Aufforderung zum Abstimmen nicht befolgt wurde, erklärte der Reichstagsmarschall das Schweigen der Deputirten sür Bejahung und unterschrieb die Abtretungs urkunde. So geschah die zweite Thcilung Polens auf „gesetz lichem Wege". Der Wunderdoktor. Eine Geschichte aus unseren Tagen von Gustav Höcker. (14. Fortsetzung.) ES ist aber eine ost beobachtete Erfahrung, daß die Tugenden oder Laster, das Gute oder Böse, das wir einer abwesenden Person in unseren Gedanken andichtcn, plötzlich haltlos zusammonsinkt, wenn die Person wieder sichtbar wird und lebensvoll in den ErschcinungSkreiS unseres Dasein« tritt. So erging c« auch Denkhauscn, als Bruno mit Gattin und Schwester wieder zurückgekehrt war und unser Doktor seinem Versprechen getreu, ein häufiger, bald unent behrlicher Gast in der schönen Villa wurde. Schon al« ihm da« majestätische Weib das erstemal ent gegentrat, fing er an, seinen schweren Verdacht zu bereuen. Schon sein Name, von Bruno so unver hofft genannt, hätte einen sichtlichen Eindruck Hervor rufen müssen, wenn jene Briese wirklich von ihr auSgegangen wären. Aber keine noch so leise Zuck ung vcrrieth sich in ihrem schönen Gesicht, keine Be wegung spiegelte sich auch nur flüchtig in ihrem dunkeln Auge, — sie hatte nur ein freundlich höfliche« Lächeln der Bewillkommnung für den neueiugefiihrten Gast.