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Zeitpunkt gekommen ist, wo ein erneuter Ausbruch der Cholera mehr al« bi-her zu befürchten steht. Die obersten Reichs- und Staatsbehörden haben dieser Sachlage bereit« besondere Aufmerksamkeit gewidmet und veranlaßt, daß die im Vorjahre behuf« Bekämpf ung der Cholera erlassenen Vorschriften, nachdem sie auf Grund der neueren Erfahrungen mehrfache, aber nicht erhebliche Abänderungen erfahren haben, allge mein wiederholt in Erinnerung gebracht werden. Die Thätigkeit der Behörden aus diesem Gebiet kann jedoch nur dann Aussicht auf Erfolg haben, wenn sie von einem vernünftigen Verhalten aller Staatsbürger begleitet und von einer besonderen Unterstützung durch Alle, die sich zu den Einsichtigeren rechnen, gefördert wird. — Die« veranlaßt un«, darauf aufmerksam zu machen, daß die gegenwärtige Sachlage eS bereit« er fordert, der Erhaltung der Gesundheit erhöhte Auf merksamkeit zuzuwenden. So muß namentlich vor jedem unvorsichtigen Genuß rohen oder unreifen Obste«, frischen Gemüse«, besonder« ungekochter Gurken gewarnt werden. Auch wird dem Wasser aller derjenigen Flußläufe, welche, wie die Spree, im vorigen Jahre durch Cholerakeime verunreinigt waren, mit fortgesetztem Mißtrauen zu begegnen sein. Vor Allem aber erfordert jede Erkrankung an Durch fall und ähnlichen Uebeln sofort die sorgfältigste Behandlung. Scbleunige Zuziehung eine« Arzte« gleich beim ersten Auftreten derartiger Krankheitser- scheinungen ist unbedingt geboten; und, wo der Er krankte sich selbst nicht sofort hierzu entschließen kann, ist c« Sache der Familienangehörigen, Hausge nossen und Mitarbeiter, ihn dazu anzuhalten. Da neben ist c« von besonderer Bedeutung für da« All gemeinwohl, daß die rechtzeitige Anmeldung aller verdächtigen Erkrankungen bei der Polizei nie ver säumt wird. Sobald ein Arzt zu Rathe gezogen ist, muß erwartet werden, daß dieser die ihm obliegende Meldepflicht gewissenhaft erfüllt. Aber auch, wo ärztliche Hilfe noch nicht in Anspruch genommen ist, darf die unverzügliche Anmeldung der Erkrankung bei der Polizei nicht unterbleiben. Sie herbeizufüh ren, liegt im wohlverstandenen eigenen Interesse aller Derer, die einen verdächtigen Krankheitsfall wahrnehmen, und wird mit besonderen Schwierig keiten niemals verknüpft sein. — Wenn cS im vorigen Jahre gelungen ist, eine Verschleppung der Cholera von Hamburg nach anderen Theilen Deutschlands fast gänzlich zn verhindern, so ist das im wesentlichen der verständnißvollen Aufnahme zu verdanken, welche die RathschlLgc der Medizinalbehörden bei der großen Mehrheit der Staatsbürger fanden. Es lieht zu hoffen, daß auch in diesem Jahre unser Vaterland von einer weiteren Ausbreitung der Seuche dann verschont bleiben wird, wenn die empfohlenen Vor sichtsmaßregeln überall und von jedem einzelnen ge wissenhaft durchgeführt werden. Daß letztere« geschieht, wird aber unbedingt erforderlich sein zur Ueberwind- ung der Gefahren, die un« in dieser Beziehung drohen. Locale i»«d sächsische Nachrichten. — Eibenstock, 16. August. Gestern Nachmittag wäre unsere Stadt beinahe wieder von einem Schaden feuer betroffen worden, wenn e« nicht gelungen wäre, dasselbe in seinem Entstehen zu unterdrücken. Gegen '/^5 Uhr gewahrte man in einer Boden kammer de« dem Stickmaschinenbesitzer Eduard Schürer in der Rehme gehörigen Wohnhause«, daß das in derselben aufbcwahrtc Heu in Brand gerathen war. Durch energische Thätigkeit der Hausbewohner gelang c«, da« bereits ziemlich stark entwickelte Feuer zu dämpfen und weitere Gefahr abzuwendcn. Dies gelang um so leichter, als da« HauS erst neu erbaut und mit harter Dachung versehen ist. Ueber die EntstehungSart ist man noch vollständig im Unklaren. — Ei den stock, 16. August. Am 8. Juni d. IS. entfernte sich aus seiner Wohnung der Maschinen sticker Wilhelm Anger von hier, ohne daß die be sorgten Angehörigen über den Verbleib desselben bis her Auskunft erhalten konnten. Die Vermuthung, daß der zur Schwermuth geneigte Mann sich ein Leid angethan haben könnte, bestätigte sich insofern, al« am Montag Nachmittag der Vermißte im Walde nahe der alten WolfSgrüncr Straße von hiesigen Einwohnern aufgesunden wurde. Nach RecognoS- cirung der Leiche durch die Angehörigen fand die Aufhebung derselben durch die Königliche Revierver waltung AuerSberg statt. BemerkenSwerth ist, daß bei Auffindung de« Leichnams Rock, Stiefel, Weste und Mütze fehlten und in den Hosentaschen weder Portemonnaie noch Taschenmesser aufgefunden wurden. — Dresden, 15. August. Das amtliche „Dresdner Journal" bringt die offizielle Bestätigung de« schon bekannten freudigen Ereignisse« in unserer KönigSfamilic. Die Mittheilung lautet: „Wir sind zu der Mittheilung ermächtigt, daß am 12. d. M. die Verlobung Sr. königl. Hoheit de« Primen Johann- Georg, Herzog« zu Sachsen, mit Ihrer königl. Hoheit der Herzogin Maria Isabella, Tochter Sr. königl. Hoheit de« Herzog« Philipp von Württemberg, statkgefunden hat. — Leipzig. Der Rath hat beschlossen, da alte Gewanvhau«, in welchem früher die berühmten Gewandhaus-Concerte abgehallen wurden und die Stadtbibliothek sich noch befindet, zu einer Au« stell ung«Halle umzubauen. Den Stadtverordneten ist eine Vorlage zugegangen, die für diesen Umbau 200,000 Mk. fordert. Dieser Beschluß ist hier überall freudig begrüßt worden; denn e« ist zweifellos, daß eine derartige große Ausstellungshalle im Innern der Stadt von außerordentlichem Werthe für weite Kreise ist. — Die Leipziger Handelskammer erläßt eine Bekanntmachung, die sogenannte Berliner Vor messe betreffend, in der sie im Auftrage von etwa 900 namentlich aufgesührten, die Messe regelmäßig besuchenden Fabrikanten, Kaufleuten u. s. w. die Er klärung abgiebt, daß sämmtliche genannte Firmen in ihrem eigenen Interesse, wie auch in dem ihrer Kund schaft sich verpflichtet haben, an der in Berlin für Ende August und Anfang September d. I. von ein zelnen Firmen geplanten sogenannten Vormesse in keiner Weise sich zu bclheiligen. Durch diese Er klärung, zu deren Vermittelung die Handelskammer von einer Anzahl bedeutender Industrieller der kera mischen Branche angeregt worden ist, wird hoffentlich die für Fabrikanten wie Einkäufer gleich verhängniß- volle Entstehung einer Doppelmessc in Leipzig und Berlin im Keime erstickt werden. Die 900 Firmen haben sich zu dieser Erklärung umsomehr veranlaßt gefühlt, al« sie durch die ihnen von der Handels kammer zugegangenen Mittheilungen die Gewißheit erlangt haben, daß der Rath der Stadt Leipzig, sowie die Handelskammer den berechtigten Wünschen und Beschwerden der Meßbesucher bzgl. verschiedener Uebel- stände, die in den letzten Jahren mehr hervorgetrcten sind, das weitgehendste Entgegenkommen zeigen. — Die Handels- und Gewerbekammer Plauen bringt in Erinnerung, daß ihr von ver trauenswürdiger Seite regelmäßig zweifelhafte Firmen im Auslande bekannt gegeben werden und daß neuer dings solche in den Niederlanden, Italien, der Türkei und Oesterreich-Ungarn (Triest) mitgetheilt worden sind. Exportinteressenten können auf dem Bureau der Kammer entsprechende Mittheilungen erhalten. — Zwickau, 15. August. Vorgestern Abend gegen '^10 Uhr, als der Güterzug von Chemnitz den Weißenborn-Pölbitzcr Uebergang passirte, gewahrte der Lokomotivführer einen Ruck, ohne noch weiter etwas zu sehen oder zu hören. Am Bahnhof angc- kommen, bemerkte der Führer an seiner Maschine Blut und Fleischtheile. Auf seine Meldung hin, daß möglicherweise ein Mensch überfahren worden sei, wurde die Strecke abgesucht und fand man auch ohnweit der neuen Kammgarnspinnerei die Leiche eines Mädchens. Die Unglückliche hatte sich bis aufs Hemd entkleidet und hatte sich auf die Schienen ge legt, der Körper war deshalb in der Mitte durch gefahren und lag der Oberkörper außerhalb der Schienen, der Unterkörper aber zwischen den Schienen. AuS einem Zettel in ihren Kleidern ersah man, daß die Selbstmörderin eine Kellnerin Margarethe Reul aus Selb in Badern und 20 Jahre alt war. Die Bedauernswerthe hat, wie e« scheint, den Entschluß länger gefaßt, denn der aufgefundene Zettel gab Aufschluß über ihre Familienverhältnisse. Der Schluß der vorgefundenen Notiz: „Behüt Dich Gott, eS wär so schön gewesen u. s. w." läßt als Motiv der be- dauernSwerthen That unglückliche Liebe vermuthen. Gegenwärtig war das Mädchen dienstlos und hielt sich hier auf. — Oschatz. Ein kleines Sümmchen hatte sich ein Oschatzer Einwohner mit vieler Mühe zusammen gespart und verwahrte es in Form von Papiergeld im Ofen. Seine Frau sollte nichts davon wissen und die Verheimlichung gelang so gut, daß die Frau noch ganz ahnungslos war, als sie jüngst Abends Feuer anbrannte, um für einen spät eingetroffenen Besuch Kaffee zu kochen. DaS Geld ging in Rauch auf. — Sachsens Militärvereine werden da« auf den 24. Oktober d. I. fallende 50jährige Militär- Jubiläum Sr.Majestät des Königs Albert besonders festlich begehen. Die Hauptfeier, für die auch schon die umfassendsten Maßnahmen ins Auge gefaßt sind, wird sich natürlich in der Residenz de« König«, in Dresden, vollziehen, wohin sich Depu tationen aller sächsischen Truppentheile und solche der Bezirksausschüsse von Sachsens MilitärvercinS- bund begeben, um dem hohen Jubilar ihre Glück wünsche darzubringen. Hierbei wird dem Könige von den Vertretern der Militärvereine ein Kapital übergeben werden, da« zum ewigen Andenken an da« Jubiläum die Bezeichnung „König Albert-Stiftung" tragen soll und zur Erziehungsbeihilfe für arme Sol datenkinder bestimmt ist. In den Orten Sachsen«, in denen sich Garnisonen befinden, werden die Mili- tärvereine die Feier gemeinsam mit den Garnisonen begehen. — Gegenwärtig finden wieder die Ermittelungen nach den Mannschaften der Landwehr zweiten Aufgebot« statt. Da diese Leute nicht zur Kontrol- versammlung zu erscheinen brauchend, so glauben sie einfach auch der Verpflichtung enthoben zu sein, der zuständigen Stelle (Hauptmeldeamt, Meldeamt, Be zirksfeldwebel) von einem etwaigen Wohnung-- oder Aufenthaltswechsel eine Meldung zu machen. Diese Ansicht ist falsch, die bezeichnete Verpflichtung besteht vielmehr weiter. Indessen ist e» nicht erforderlich, daß die Meldung persönlich erstattet wird. E« genügt, wenn sie auf schriftlichem Wege oder durch dritte Personen an der zuständigen Stelle erfolgt. Sitzung des Skjirksaiisschussrs der Limigiicheu -mt-haupt- maniischast Achwarzenberg, am 5. Ängust WZ. 1) Der Bezirksausschuß befürwortet die Gesuche von IS Ge meinden deS Bezirks um Gewährung von Staatsbeihilfen zu Bolksbibliotheken auf daS Jahr 1893, 2) erklärt Einverständniß zu den Vorschläge» der Königl. AmtShauptmannschast hinsichtlich der Festsetzung der Durch« schnittswerthe der Naturalbezüge sür Arbeiter und land- wirthschastliche Betriebsbeamte zur Krankenversicherung, 3) erklärt die Wahl des Schmiedepachters Mehlhorn als Ge- meinderathsmitglied in RitterSgrlln für ungültig, 4) genehmigt die Nachträge zu den Anlagen-Regulativen für Oberpsannenstiel und Lauter vorbehältlich der Beachtung der gezogenen Erinnerungen, 5) beanstandet die im Nachtrage zum Ortsstatut für Zelle beschlossene Aenderung der Elasseneintheilung, 6) findet zur Zeit keinen Anlaß, der Frage dem Erlasse eines Statuts, die Lohnempfangnahme der minderjährigen Ar beiter betreffend, näher zu trete», 7) beläßt eS hinsichtlich der von den Handschuhmachern Eska u. Gen. in Brcitenbach gegen ihre Heranziehung zu den Gemeindeanlage» in Johanngeorgenstadt erhobenen Be schwerde bei der früher in der Sache getroffenen Ent scheidung, 8) beschließt den von dem Gießermeister Wilhelm Freunde! in Bieleseld gegen seine Heranziehung zu den Gemeinde anlagen in Niederschlema erhobenen NecurS als unbegründet abzuweisen, 9) hält eine Verlegung des Auerhammer-Neuhörsel-Zschorlauer CommunicationSwegeS sür Wünschenswerth, vermag aber auch aus Bezirksmitteln Beiträge nicht zu gewähren und beschließt Berichterstattung, 10) genehmigt das Gesuch Ottomar Paul Bräutigams in Streit wald um Uebertragung der Max Kätscher daselbst ertheil- ten Erlaubniß zum Gast- und Schankwirthschastsbetriebe, sowie zum Abhalten öffentlicher Tanzmusik aus seine Person, 11) lehnt die Gesuche ». Reinhard Glitzner's in Schönheide um Erlaubniß zum Bier- und Branntweinschank und I>. Friedrich Wilhelm Winklcr's in Zschorlau UNI Er laubniß zum Bierschank im Mangel örtlichen Bedürfnisses ab, 12) ertheilt zn den Grundstücksabtrennungen von u. den Parzellen Fol. 145, 328 und 800 des Grund- und Hppothekenbuchcs für Schönheide, I>. der Parzelle Fol. 121 für Markersbach und v. der Parzelle Fol. 27 sür Zelle Genehmigung und 13) erledigt mehrere die Bczirksanstalt zu Grünhain betreffende Angelegenheiten. -US vergangener Zeil — für unsere Zeit. 16. August. l'Nachdrm! veebotey). Vor hundert nnd fünfzig Jahren, am 16. August 1743, ist A. L. Lavoisier, der Begründer der modernen Chemie, zu Paris geboren. Er war der Entdecker des Sauerstoffs und der Zerlegung des Wassers in Sauer- und Wasserstoff. Auch seine weiteren Entdeckungen waren wichtig und von praktischem Werth; die Chemie brachte er auf Grund seiner Entdeckungen in ein bestimmtes, folgerichtiges System. Er war es auch, der zuerst die Metalle sür Elemente erklärte. Lavoisier wurde ein Opfer der sranzösischen Revolution, deren blutige Aus schreitungen ani besten an diesem Falle Ilar werden; denn die Brutalität der Schreckensherrschaft machte auch nicht Halt vor der Wissenschaft und ihren anerkannten Vertretern. Während er mit wichtigen physiologischen Untersuchungen über Athmung und Transpiration beschäftigt war, wurde er seines Neichthums wegen verhaftet, vor das Revolutionstribunal gestellt, ver- urtheilt und hingcrichtet. Diese Schandthat der Terroristen wiegt schwerer, als die meisten anderen von ihnen begangenen. 17. August. Der erste Erfolg des Befreiungskrieges nach dem abge laufenen Waffenstillstand war das Gefecht bei Lauenburg am 17. August 1813, in welchem das Freicorps des Majors von Llltzow die Franzosen unter Davoust schlug. Wunderbarer weise war es gerade Davoust, bisher der tüchtigste und zuver lässigste der Marschälle Napoleons, der jetzt den an ihn ge stellten Forderungen nicht entsprach; das Kricgsglück schien sich eben auf allen Wegen von Napoleon abzuwenden. In jenen Gegenden, wo Davoust stand, zwischen Lauenburg und Lübeck, kam es in Folge der nahezu unbegreiflichen Unthätigkeit Da- voust's nur zu einigen kleinen Scharmützeln während des gan zen Krieges, bei deren einem aber der junge Freiheits-Kämpfer und Sänger Theodor Körner fiel. Der Wunderdoktor Eine Geschichte aus unseren Tagen von Gustav Höcker. (5. Fortsetzung.) Der Geheimrath bezog ein hohe« Gehalt, aber er besaß kein eigene« Vermögen, und auch seine Frau hatte ihm nichts in die Ehe mitgebracht. Der Auf wand der Verstorbenen und die kostspieligen Neig ungen Bruno« hatten seine Geldverhältnisse gänzlich zerrüttet, und schon seit Jahren halten sich Schulden angehäuft, die immer schwerer und drückender auf ihm lasteten. In seiner Familie und unter den wenigen Personen seine« Hauswesens hatte Niemand eine Ahnung davon; auch die Lieferanten, die sich seiner Kundschaft rühmten, hielten ihn für einen Mann in geordneten Verhältnissen. Nur Einen gab eS in der ganzen großen Residenz, der sein Geheimniß kannte, der gewissermaßen der Beichtvater seiner finanziellen Bedrängniß war, und dieser Eine war Niemand ander- als Güldenberg. Der geneigte Leser begreift aber wohl, daß biese vertraute Verhältniß zwischen dem Geheimrath und dem ehemaligen Gasthofbesitzer nicht der Ausfluß einer intimen Freundschaft war, sondern einzig darauf beruhte, daß der Geheimrath sein zunehmende« De fizit durch Anleihen bei Güldenberg deckte, für welche er demselben Wechsel au-stellte. Dies« Wechsel ver fielen natürlich von Zelt zu Zeit und wurden dann erneuert, und wenn Güldenberg sich hierzu immer wieder bereit finden ließ, so geschah die« nicht nur mit Rücksicht auf die hohe Stellung seine« Schult-