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Amts- und Anzeigeblatt 18S3 8S «rfchelvt wöchentlich drei Mal und zwar Dienstag, Donners tag und Sonnabend. Jn- strtionSpreiS: die kleinsp. Zeile 10 Pf. Verantwortlicher Redakteur: E. Hannebohn in Eibenstock. 4». Aasr«««,. Dienstag, den 1. August «-»«»ement viertelt. 1M. 20 Pf. (incl. Jllustr. Unterhaltbl.) in der Expedition, bei unfern Bo ten, sowie bei allen RetchS- Postanstalten. Ausgenommen sind die aus hydraulischem Wege zusammen gepreßten, in mit EisenbanL verschnürten Ballen im Großhandel versandten Lumpen, ferner neue Abfälle, die direkt aus Spinnereien, Webereien, Confektions- und Bleichanstalten kommen, Kunstwolle, neue Papierschnitzel, sowie endlich unver dächtiges Reisegepäck. Für den Postpacketverkehr aus Choleraortschaften kann vorgeschrieben werden, daß der Inhalt der Packete aus der Verpackung oder der Begleitadresse bezeichnet sein muß. Einfuhrverbote gegen inländische Choleraorte sind nicht zulässig. Inwieweit die Einfuhr bestimmter Waaren- Gegenstände aus dem Auslande zu untersagen ist, unterliegt der Bestimmung des Ministeriums des Innern. Es kann angebracht sein, gebrauchte Betten, Leib- und Bettwäsche und Kleidungsstücke, welche aus Choleraorten mit gebracht sind, zu dcsinfiziren. Außerdem dürfen nur solche Gegenstände, welche nach ärztlichem Dafürhalten als mit Cho leraentleerungen beschmutzt anzuschen sind, zwangsweise einer Desinfektion unterworfen werden. 8) Im Uebrigen ist eine Beschränkung des Gepäck- und Güterverkehrs, sowie des Verkehrs mit Post- (Brief- u. Packet-) Sendungen nicht zulässig. 9) Für de» Transport der Kranken sind dem öffent lichen Verkehre dienende Fuhrwerke (Droschken u. dergl.) nicht zu benutzen. Hat eine solche Benutzung trotzdem stattgefunden, so ist das Gefährt zu desinfiziren. 10) Die Leichen der an der Cholera Gestorbenen sind in mit einer desinfizirenden Flüssigkeit getränkten Tüchern ge hüllt einzusargen. Der Sarg muß dicht und ani Boden mit einer reichlichen Schicht Sägemehl, Torsmull oder eines anderen aussaugcnden Stoffes bedeckt sein. Die Leichen sind thunlichst bald aus der Behausung zu entfernen, namentlich dann, wenn ein gesonderter Raum für die Ausstellung nicht vorhanden ist. Das Waschen der Leichen ist zu vermeiden. Ihre Ausstellung im Sterbehause oder im offenen Sarge ist zu untersagen, das Leichengesolge möglichst zu beschränken und dessen Eintritt in die Sterbewohnung zu verbieten. Die Beerdigung der Cholera- Leichen ist unter Abkürzung der für gewöhnliche Zeiten vor geschriebenen Fristen thunlichst zu beschleunigen. Die Beförderung von Leichen solcher Personen, welche an der Cholera gestorben sind, nach einem anderen als dem ord nungsmäßigen Beerdigungsorte, ist zu untersagen. 11) In den von Cholera ergriffenen oder bedrohten Ort schaften ist die gesundheitspolizeiliche Beaufsichtigung des Ver kehrs mit Nahrungs- und Genußmitteln besonders sorg fältig zu handhaben. In Ausnahmefällen kann es nöthig werden, Verkaufsräume zu schließen oder Vorräthe zu vernichten. 12) Für reines Trink- und Gebrauchswasser ist bei Zeiten Sorge zu tragen; als solches ist an Choleraorten das Wasser aus Kesselbrunnen von gewöhnlicher Bauart, welche gegen Verunreinigung von oben her nicht genügend geschützt sind, nicht anzusehen und nicht zu benutzen, wenn vorwurfs freies Leitungswasser zur Verfügung steht. Zu empfehlen sind eiserne Röhrenbrunnen, welche direkt in den Erdboden und in nicht zu geringe Tiefe getrieben sind (abessinische Brunnen). Wasserwerke müssen einer beständigen Aussicht unterworfen sein (vergl. Anlage V). Brunnen, welche na» Lage oder Bau art einer gesundheitsgefährlichen Verunreinigung ausgesetzt sind, sind zu schließen. Jede Verunreinigung der Entnahmestellen von Wasser zum Trink- oder Hausgebrauch und ihrer nächsten Umgebung, ins besondere durch Haushaltabfälle, ist zu verbieten, insbesondere ist das Spülen von Gefäßen und Wäsche, welche mit Cholera kranken in Berührung gekommen sind, an den Wasserentnahme stellen oder in deren Nähe strengstens zu untersagen. 18) Für rasche Abführung der Schmutzwässer aus der Nähe der Häuser ist Sorg- zu tragen. In öffentliche Wasser läuse oder sonstige Gewässer dürfen Schmutzwässer au« Cholera orten nur eingeleitet werden, nachdem Desinfektionsmittel (An laße VI) in genügender Menge zugesrtzt worden sind und aus reichend lange eingewirkt haben. 14) Vorhandene Abtrittsgruben sind, so lange die Epidemie noch nicht am Ort- ausaebrochen ist, zu entleeren während der Herrschaft der Epidemie dagegen ist di- Räumung, wenn thunlich, zu unterlassen. Eine Desinsektion von Abtritten und Pissoirs ist der Regel nach nur an den dem öffentlichen Verkehre zugänglichen, nach Lage oder Art des Verkehrs besonders gefährlichen Anlagen dieser Art (Eisenbahnstationen, Gasthäusern u. dergl.) erforder lich. Aus peinliche Sauberkeit ist in allen derartigen öffent lichen Anlagen zu halten. 15) Die Desinfektionen sind nach Maßgabe der An weisung in Anlage VI zu bewirken. In größeren Städten ist auf die Einrichtung öffentlicher Desinfektionsanstalten, in wel- Berorvmmg- Maßregeln gegen die Cholera betreffen-. ohne Verzug und mit Nachdruck den Kamps gegen die Krankheit wieder ausnehmen zu können. . Die unter dem 2. September vorigen Jahres angeordneten, in Nr. 204 des „Dresdner Journals» und Nr. 20o der A'pi'Ser Zeltu'ig» Maßnahmen haben sich im Allgemeinen bewährt, nachdem dieselben aber auf Grund der seitdem gemachten und^ wi^HmbUck a s du Best u gen chen die Anwendung heißen Wasserdampfs als Desinfektions mittel erfolgen kann, hinzuwirken. Die auf polizeiliche An ordnung erfolgenden Desinfektionen haben unentgeltlich zu ge schehen. 16) Eine etwa nach dem Muster der Anlage VII auszu arbeitende Belehrung über das Wesen der Cholera und über das während der Cholerazeit zu beobachtende Verhalten ist in eindringlicher Weise zur Kenntniß des Publikums zu bringen. L Sclon-crc Maßregln, welche an Len einzelnen von Lholcra bedrohten oder ergriffenen Orten zu treffen sind. Wo nicht bereits dauernd Gesundheitskommissionen bestehen oder für den Fall drohender Choleragefahr vorgesehen sind, sind solche einzurichten. Schon vor Ausbruch der Epidemie sind die Zustände des Orts in Bezug ans die im Abschnitt A. Sir. II bis 14 er wähnten Punkte einer genauen Untersuchung zu unterziehen und ist aus Beseitigung der vorgefundenen Mißstände unter besonderer Berücksicktigung der früher vorzugsweise von Cholera betroffenen Oertlichkciten hinzuwirken, sowie das sonst Erforder liche in dir Wege zu leiten. Sobald verdächtige Krankheits- oder Todesfälle Vorkommen, sind geeignete Untersuchungsobjrkte (siehe Anlage VIII) in vor geschriebener Verpackung mit jeder nur thunlichen Beschleunig ung und zwar aus dem Bezirke der Kreishauptmannschast Bautzen an den Bezirksarzt I>r. Hesse in Dresden (Chemisches Laboratorium des Professor I)r. Hempel, Reichsstraße hier), aus dem Bezirke der Kreishauptmannschast Dresden an Medi zinalrath Professor 4>r. Reelsen hier (Bakteriologisches Labo ratorium im Stadtkrankenhause), aus dem Bezirke der Kreis hauptmannschaft Zwickau an den Geheimen Medizinalrath Pro fessor I)r. Birch-Hirschseld in Leipzig (Pathologisch-anatomisches Institut der Universität Leipzig) und aus dem Bezirke der Kreishauptmannschast Leipzig an den Geheimen Medizinalrath Professor vr. Hofmann in Leipzig (Hygienisches Institut der Universität Leipzig) behuss bakteriologischer Feststellung zu senden. Es ist erwünscht, daß in dieser Weise bereits vor Ein treffen des Bezirksarztes voni behandelnden Arzte vorgegangen wird. Ist die Cholera festgestellt, so sind: 1) die Cholerakranken von anderen als den zu ihrer Be handlung und Pflege bestimmten Personen adzusondern. Kranke, deren ungünstige häusliche Verhältnisse eine sachgemäße Pflege und Absonderung nicht gestatten, sind — falls der Be zirksarzt es für unerläßlich und ohne ihre Schädigung für zu lässig erklärt — in ein Krankenhaus oder in einen ande ren geeigneten Unterkunftsraum zu übersühren. Verdächtig Erkrankte sind bis zur Beseitigung des Verdachts wie Cholerakranke zu behandeln. Unter Umständen kann cs sich empfehlen, die Kranken in der Wohnung zu belassen und die Gesunden aus derselben sort- zuschasfen. Eine derartige Evakuation kann nothwendig werden betreffs derjenigen Häuser, welche früher von der Cholera gelitten haben und ungünstige sanitäre Zustände (Uebersüllung, Unreinlichkeit u. dergl.) ausweisen. Zur Unterbringung der Evakuirten eignen sich am besten Gebäude auf frei und höher gelegenen Orten und namentlich an solchen Stellen, welche in früheren Epidemie«» von der Seuche verschont geblieben sind. 2) Besonders wichtig ist es, bei den ersten Fällen in einem Orte eingehende und umsichtige Nachforschungen an zustellen, wo und wie sich die Kranken infizirt haben, um gegen diesen Punkt die Maßregeln in erster Linie zu richten. 3) Die Gesundheitskommissionen haben sich beständig durch sortgesetzte Besuche in den einzelnen Häusern der Ortschaft über den Gesundheitszustand der Bewohner in Kenntniß zu erhalten, den sanitären Zuständen derselben (Reinlichkeit des Hauses im Allgemeinen, Beseitigung der HauS- Haltsabfälle und Schmutzwässer, Abtritte u. s. w.) ihre beson dere Aufmerksamkeit zuzuwenden und aus die Abstellung von Mißständen hinzuwirken, namentlich auch die Schließung ge fährlich erscheinender Brunnen zu veranlassen. 4) In Häusern, wo Cholerasälle vorkommen, hat die Kommission die erforderlichen Maßnahmen wegen Des infektion der Abgänge, sowie der Umgebung des Kranken oder Gestorbenen in die Wege zu leiten und die Ausführung zu überwachen. Ganz besondere Ausmerksamkeit ist der Desinfek tion der Betten und der Leibwäsche des Kranken oder Gestorbe nen zu widmen. 8) Alle Personen, welche vermöge ihrer Beschäftigung mit Cholerakranken, deren Effekte» oder Entleerungen, in Berühr ung kommen (Krankenwärter, Desinsektoren, Wäscherinnen u. s. w.), sind auf die Befolgung der Desinfektion-Vorschriften (Anlage VI) besonders hinzuweisen. ter Dresdner Sanilaiskonvention einer Revision durch die Choierakommission unterzogen worden sind, wird ÄUgkinnnc Maßnahmen seitens der Lehöeden. 1) Die Polizeibehörden (in Städten mit revidirtcr Städte ordnung die Stadträthe, in mittleren und kleinen Städten die Bürgermeister und in den Ortschaften des platten Landes die Gemcindevorftände und Gutsvorsteher) müssen von jedem Erkrankungs- oder Todesfall an Cholera oder cholera verdächtigen Krankheiten sofort in Kenntniß gesetzt werden. Namentlich sind auch die Führer der Flußfahrzeuge zur Anzeige der auf diesen vorkommenden Fälle bei der Be hörde des der Erkrankungsstelle zunächst gelegenen Orts ver pflichtet. Auf Grund der eingegangencn Anmeldungen haben die Polizeibehörden Listen nach anliegendem Muster (Anlage I) fortlaufend zu sichren. Die Polizeibehörde hat, sobald der Ausbruch oder der Verdacht des Austretens von Cholera gemeldet ist, unverzüg liche Ermittelungen durch den Bezirksarzt über Art, Stand und Ursache der Krankheit vornehmen zu lassen. Jeder erste sestgestellte Cholerafall in einer Ortschaft ist alsbald telegraphisch dem Ministerium des Innern und dem Kaiserlichen Gesundheitsamte zu Berlin anzuzeigen; denselben sind ferner täglich gedrängte Uebcrsichten über die weiteren Erkrankungs- und Todesfälle unter Benennung der Ortschaften und Bezirke auf gleichem Wege zu übermitteln. Außerdem ist über den Verlauf der Seuche in den einzel nen Ortschaften wöchentlich dem Ministerium des Innern und dem Kaiserlichen Gesundhcitsamte nach Maßgabe des an liegenden Formulars (Anlage II) Kenntniß zu geben. Die Wochenberichte sind so zeitig abzusenden, daß bis Montag Mittag die Mittheilungen über die in der vorange gangenen Woche bis Sonnabend einschließlich gemeldeten Er krankungen und Todesfälle im Ministerium des Innern und im Gesundheitsamte eingehen. Hat sich an einem Orte ein Choleraherd entwickelt, so ist es nothwendig, daß fortlaufende Nachrichten über den Gang und Stand der Seuche, womöglich täglich, in geeigneter Weise zur öffentlichen Kenntniß gebracht werden. 2) Die zuständigen Behörden haben ihr besonderes Augen merk darauf zu richten, ob etwa Messen, Märkte und an dere Veranstaltungen, welche ein ähnliches gesährliches Zusammenströmen von Menschen zur Folge haben, an oder in der Nähe solcher Orte zu verhindern sind, in welchen die Cholera ausgebrochen ist. 3) Schulkinder, welche außerhalb des Schulortes wohnen, dürfen, so lange in dem letzteren die Cholera herrscht, die Schule nicht besuchen, desgleichen müssen Schulkinder, in deren Wohnort die Cholera herrscht, vom Besuche der Schule in einem noch cholcrasreien Orte ausgeschlossen werden. An Orten, wo die Cholera heftig austritt, sind die Schulen zu schließen. Gleichartige Bestimmungen müssen auch hinsichtlich des Besuchs jedes anderweitigen Unterrichts erlafsen werden. 4) In Betreff des Eisenbahnverkehrs wird die erforderliche Anweisung durch das Finanzministerium ergehen. 5) Die Polizeibehörde eines Orts wird je nach den Um ständen auf solche Personen ein besonderes Augenmerk zu richten haben, welche dort sich aufhalten, nachdem sie kurz zuvor in von der Cholera heimgesuchten Orten gewesen waren. Es empfiehlt sich, die Zugereisten einer, nach ärztlichem Dafürhalten zu bemessenden, aber nicht über 5 Tage vom Tage der Abreise aus dem Choleraorte hinaus gehenden Beobachtung zu unterstellen; jedoch in schonender Korin und so, daß Belästigungen der Personen thunlichst ver mieden werden. Die Kreishauptmannschaften können für den fiir den LeMK des Amtsgerichts Eibenstock und dessen Amgevnng. Die Kreishauptmannschaften können für den Um- fang ihres Bezirks oder für Theile desselben anordnen, daß zureisende Personen, sofern sie sich innerhalb einer Frist von S Tagen von ihrer Ankunft in solchen von der Cholera er griffenen Orten oder Bezirken aufgehalten haben, wo sich «in Seuchenherd gebildet hat, ihre Ankunst der Ortspolizeibehörde schristlich oder mündlich zu melden haben. 8) Besondere Maßregeln, insbesondere Beschränkungen des Aufenthalts oder der Arbeitsstätte können bei Krankheit-- oder Ansteckung-Verdacht erforderlich werden gegen Obdachlose oder einen festen Wohnsitz nicht besitzende oder berufs- oder gewohnheitsmäßig umherziehende Personen (Zigeuner, Landstreicher, fremdländische Auswan derer, die Bevölkerung der Flußsachrzeuge und der di« öffent lichen Gewässer befahrenden Holzstöße). 7) Die Polizeibehörde des von der Cholera ergriffenen Orts hat dafür zu sorgen, daß infizirte oder infektion-ver dächtige Gegenstände vor wirksamer Desinfektion nicht in den Verkehr gelangen. Insbesondere ist dort, wo sich ein Cholera herd entwickelt hat, die Ausfuhr von Milch, von gebrauchter Leibwäsche, gebrauchtem Bettzeug, alten und getragenen Kleid ungsstücken, sowie von Hadern und Lumpen zu verbieten.