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Amts- und Anzeigeblatt für den Bezirk -es Amtsgerichts Eibenstock und dessen Umgebung. Erscheint wöchentlich drei Mal und zwar Dienstag, Donners tag und Sonnabend. Jn- sertionspreis: die kleinsp. Zeile 10 Pf. Abonnement viertelj. 1 M. 20 Pf. (incl. Jllustr. Unterhaltbl.) in der Expedition, bei unfern Bo ten, sowie bei allen ReichS- Postanstalten. LIS Verantwortlicher Redacteur: E. Hannebohn in Eibenstock. »L. Jahrgang. Sonnabend, den 29. September 1888. Bekanntmachung. Nachdem die Königliche Kreishauptmannschaft Zwickau das für die Stadt Eibenstock aufgestellte Regulativ über die Erhebung der Gemeinde- Abgaben bestätigt hat, wird dasselbe in der zur heutigen Nnmmcr gehörigen Beilage zur öffentlichen Kennlniß gebracht. Eibenstock, den 29. September 1888. er Stadtrath. Löscher, Bürgermeister. Rbch. Zur Kaiserreise. Kaiser Wilhelm hat seine zweite große Rundreise angetreten. Nachdem er dem Czaren und den beiden anderen nordischen Höfen seine „Antrittsvisite" ge macht und nachdem er auch schon dem sächsischen Kö nigspaare in Dresden und Pillnitz einen Besuch ab gestattet hat, gilt seine Reise den drei süddeutschen Höfen, die der Monarch mit dem Umwege über Det mold erreicht. Stuttgart, die Insel Mainau und München sind die drei nächsten Reisestationen und überall darf der Kaiser sowohl seitens der Fürsten häuser wie des Volkes einen herzlichen und begeister ten Empfang erwarten. Dieser Empfang gilt sowohl der hohen Würde der kaiserlichen Stellung als auch der sympathischen Persönlichkeit Wilhelms II., der in jungen Jahren auf den Thron seiner Väter berufen, die ihm zuge fallenen hohen Pflichten mit aller Kraft und allem Eifer erfüllt und dadurch an seine Ahnen, den Großen Kurfürsten und Friedrich den Großen erinnert, welche gleichfalls in jugendlichem Alter auf den Thron ge langten und trotzdem durch ein weises Regiment die Grundsteine zu der jetzigen Stellung Preußens in Deutschland, ja damit zu der Weltstellung Deutsch lands selber legten. Beide Ahnen waren zugleich Eroberer. Auch Wilhelm II. ist ein Eroberer und sein gegenwärtiger Zug ist wiederum ein solcher, aus welchem er als Sieger heimzukehren hoffen darf. Er wird die Herzen der Völker erobern, wie er schon die Herzen seiner deutschen fürstlichen Verbündeten erobert hat. Die Veröffentlichung des Tagebuchs Kaiser Friedrichs mag besonders in Süddeutschland manche Enttäusch ung hervorgerufen, sie mag sogar Unwillen erzeugt haben, wegen der Indiskretion, mit welcher der Schleier von den Vorverhandlungen bezüglich der Versailler Kaiserproklamation hinweggezogen wurde. Aber diese Bekanntgabe bat auch zweifellos die gute Folge ge habt, den Süddeutschen klar zu zeigen, in wie zarter und schonender Weise 1870 und 71 Kaiser Wilhelm und BiSmarck verfuhren, wie beide alles vermeiden wollten, was die Selbstständigkeit der süddeutschen Staaten bedrohen, was deren Empfindlichkeit verletzen konnte. ES sollte ein festes HauS errichtet werden, in dem jeder Bewohner sich wohl fühlen könne. Diese Arbeit ist geglückt. Die Ueberzeugung ist bei allen Fürsten und Völkern Deutschlands schnell die herrschende geworden, daß Preußen keine Bedroh ung für die übrigen Staaten, sondern im Gegentbcil der feste Grundpfeiler deutscher Einheit und deutscher Kvast sei und bleiben wolle. Und diese politische Mission Preußens hat Kaiser Wilhelm voll und ganz, ohne jeden Hintergedanken übernommen, wie es dies in seiner Thronrede, mit welcher er die jüngste außer ordentliche Session des Reichstage« eröffnete, klar und deutlich ausgesprochen hat. Alle deutschen Fürsten umstanden bei jener Eröffnungsrede den Kaiser und dieser beginnt jetzt, ihnen Gegenbesuche zu machen, das Band der Freundschaft, das sie mit einander ver bindet, zu festigen und dem deutschen Volke, die feste Gewißheit zu geben: „Das ganze Deutschland soll cs sein." Aus der Zeit deutscher Zerrissenheit und Schwäche steigen Bilder empor, die uns trotzige „Vasallen" zeigen, die sich gegen ihren Kaiser empören und ihn in den Zeiten höchster Gefahr schmählich im Stiche lassen. Achnliches ist nicht mehr zu befürchten. Bei der Gründung des neuen Deutschen Reiches haben alle Fürsten so manche ihrer bis dahin geübten Vor rechte opfern müssen — aber sic haben sich inzwischen überzeugen können, daß diese Opfer nicht umsonst gebracht wurden und daß cS ihnen trotzdem möglich bleibt, die Eigenart ihres Landes zu bewahren und lieb gewordene Gewohnheiten desselben beizuhalten. Deutschland in seiner innigen Bereinigung ist die Bürgschaft des europäischen Friedens, denn es kennt keinen anderen Ehrgeiz, als in freier Entfaltung seiner wirthschaftlichen Kraft theilzunehmen an allen Fortschritten der Kultur, wozu es eben vor allem des Friedens und der inneren und äußeren Ruhe bedarf. Im Kaiser sieht es diesen Wunsch ebensowohl wie seine Erfüllung verkörpert und darum findet der junge Monarch überall, wohin er kommt, das herzlichste Willkommen. Hagesgeschichle. — Deutschland. Wie vorauszusehen war, ist die weitere Veröffentlichung von Mittheilungen aus Kaiser Friedrichs Tagebuch laut kaiser lichem Befehl verboten und das Strafverfahren gegen die Urheber der Publikation cingeleitet worden. Fürst Bismarck äußert sich unterm 23. d. in einem Jmmediat- Bericht an Kaiser Wilhelm wie folgt: Ich halte das „Tagebuch" in der Form, wie es in der „Rundschau" abgedruckt ist, für unecht. Wenn es echt wäre, so würde auf seine Veröffentlichung meiner Ansicht nach der Artikel 92 des Strafgesetzbuchs Anwend ung finden, welcher lautet: „Wer vorsätzlich Saats geheimnisse oder Nachrichten, deren Geheimhaltung für das Wohl des Deutschen Reichs erforderlich ist, öffentlich bekannt macht," u. s. w. Wenn es überhaupt Staatsgeheimnisse giebt, so würde dazu, wenn sie wahr wären, in erster Linie die Thatsache ge hören, daß bei Herstellung des Deutschen Reichs Kaiser Friedrich die Absicht vertreten hätte, den süd deutschen Bundesgenossen die Treue und die Verträge zu brechen und sie zu vergewaltigen. Eine Anzahl anderer Anführungen, wie die angeblichen Urtheile Sr. königl. Hoh. des Kronprinzen über Ihre Maje stäten die Könige von Bayern und Württemberg, die Anführungen über den Brief des Königs von Bayern und dessen Entstehung, die angeblichen Intentionen der preußischen Regierung gegenüber der Jnfallibilität fielen, wenn sie wahr wären, ganz zweifellos in die Kategorie der Staats-Geheimnisse und der Nach richten, deren Veröffentlichung den Bestand und die Zukunft dcö Deutschen Reichs, die auf der Einigkeit seiner Fürsten wesentlich beruhen, gefährdet, also unter Artikel 92 des Strafgesetzes. Wird die Pub likation für echt gehalten, so liegt der Fall des Artikel 921 des Strafgesetzbuchs vor; wenn aber, wie ich annchme, die Veröffentlichung eine Fälschung ist, so tritt vielleicht in erster Linie der Artikel 92II in Wirksamkeit, und wenn über dessen Zutreffen jurist ische Zweifel obwalten sollte», so werden außer Ar tikel 189 wegen Beschimpfung des Andenkens Ver storbener, wie ich glaube auch andere Artikel des Strafgesetzes die Unterlage eines gerichtlichen Ein schreitens bilden können, durch welches wenigstens die Entstehung und die Zwecke dieser strafbaren, für die hochscligcn Kaiser Friedrich und Wilhelm und für Andere verleumderischen Publikation an'S Licht gezogen werden können. Daß dies geschehe, liegt im Interesse der beiden hochseligen Vorgänger Ew. Majestät, deren Andenken ein werthvolles Be- fitzthum des Volkes und der Dynastie bildet, und vor der Entstellung bewahrt werden sollte, mit welcher diese anonyme, im Interesse des Umsturzes und des inneren Unfrieden« erfolgte Veröffentlichung in erster Linie sich gegen den Kaiser Friedrich richtet. In diesem Sinne bitte ich Ew. Majestät ehrfurchts voll, mich huldreich ermächtigen zu wollen, daß ich dem Justizminister allcrhöchstdero Aufforderung zu gehen lasse, die Staatsanwaltschaft zur Einleitung des Strafverfahrens gegen die Publikation der „Deut schen Rundschau" und deren Urheber anzuweisen. — Berlin, 27. September. Die „Nordd. Allg. Ztg." schreibt an der Spitze ihrer heutigen Abend ausgabe: „Angesichts dec abfälligen Urtheile, welche in dem angeblichen Tagebuche des Kai sers Friedrich über den König Ludwig von Bayern gefallt werden, ist es nützlich, daran zu erinnern, daß die entscheidende Kundgebung der nationalen Gesinn ung des bayerischen Monarchen nicht in der Frage der Redaktion seiner formellen Anregung der Kaiser würde — obschon auch diese den Dank Deutschlands für ewige Zeiten verdient —, sondern in der schnellen Entschließung liegt, mit welcher er unmittelbar nach der am 15. Juli erfolgten preußischen Mobilmachung, am 16. Vormittags bereits den Berathungen seiner Minister über die Haltung Bayerns durch den kur zen telegraphischen Befehl, die Armee sofort zu mo- bilisiren, ein Ende machte. Durch diesen hochherzigen Entschluß, den der König aus ganz freier Initiative faßte und der im ganzen bayerischen Lande mit Jubel begrüßt wurde, hat sich König Ludwig ein unzerstör bares Denkmal im Herzen des deutschen Volkes ge setzt, indem er ohne jede Rücksicht auf Eifersucht der Stämme und Dynastien sein Heer und sein Land sofort und energisch für das gemeinsame deutsche Vaterland einsetzte. Keine nachträgliche Kritik wird ihm dieses Verdienst rauben können und ebensowenig das weitere, daß er in voller Konsequenz dieser seiner prompten patriotischen Entschließung nicht nur der Herstellung des Kaiserthums zugestimmt, sondern die Forderung desselben, in einem eigenhändigen Schreiben an den König Wilhelm gestellt hat. — Ebenso un vergessen wird auch die deutsche Gesinnung des bayer ischen Stammes bleiben. Sie hat in der heldenmüth- igcn Tapferkeit der bayerischen Truppen im ganzen Verlaufe des Krieges ihre Bethätigung gefunden." — Der Reichskanzler Fürst Bismarck wohnte am Sonnabend dein Erntefest der Gutsangehörigen seiner vier Güter, welches auf dem Gute Schönau stattfand, bei und hielt etwa folgende Anrede: „Ich sehe mit Vergnügen, daß Ihr Alle heiter nnd ver gnügt seid und sage Allen besten Dank für Eure Thätigkeit. Denn es hieß, die Ernte, welche recht trübe Hoffnungen erwecken mußte, möglichst rasch ein zuschaffen und ist Alles noch besser geworden, als man nach dem langen Winter und dem nassen Som mer erwarten konnte. Der Winter hat uns Allen viel Trübes gebracht. Wir haben unfern alten Kaiser begraben müssen und wenige Monde später seinen Sohn, unser» Kaiser Friedrich. Hier ist auch nach trüben Tagen wieder Sonnenschein geworden, denn mit Stolz können wir Deutschen auf unfern Kaiser Wilhelm II. blicken, der Soldat von Kopf bis zur Sohle ist und sicher tapfer dreinschlagcn würde mit Hilfe seines Heeres, wenn man Deutschland angriffe. Aber der Kaiser Wilhelm II. liebt seine Unterthanen zu sehr und wird alles aufbieten, um ihnen den Frieden zu erhalten. Denn Diejenigen von Euch, welche vor 18 Jahren mit mir in Frankreich waren, die wissen es, was cS heißt, das Erntefest feiern, wenn der Feind im Lande steht. Dann bleibt nicht viel für den Land mann übrig und deshalb wollen wir heute unsers Kaisers gedenken und ihm ein donnerndes Hoch dar bringen. Unser Kaiser lebe hoch!" Bismarck leerte darauf sein Glas und sagte: „Nun geht, Leute und trinkt auch ein GlaS", was gewissenhaft erfüllt wurde. — Der Obcrpräsident von Schleswig-Hol- stein, Herr Steinmann, hatte, wie aus Kopenhagen gemeldet wird, in Friedrichsruhe eine Unterredung mit dem Fürsten Bismarck über dieAuswcis u n g mißliebiger Dänen aus Schleswig-Holsteiu. An läßlich dringender Vorstellungen der dänischen Re-