- 15 Künstler sei kein ursprünglich moralisches (also gesellsohaft liches), sondern ästhetisches Wesen, dessen Grundtrieb das Spiel, nicht aber die Tugend sei: "Unmöglich könnte ich den Künstler schelten, der erklärte, Weltverbesserung im morali schen Sinne sei nicht die Sache von seinesgleichen. Der Kün stler ’verbessert’ die Welt auf eine ganz andere Weise als durch moralische Lehre, nämlich indem er sein Leben - und auf eine stellvertretende Weise das Leben überhaupt - im Wort, im Bild, im Gedanken befestigt, ihm Sinn und Form ver leiht und die Erscheinung durchsichtig macht für das, was Goethe ’ des Lebens Leben’ nannte: den Geist". - Also: Der Künstler, fern jeder Parteilichkeit und richterhaft über dem Leben thronend, Mann einer mysteriös»Sdifferenten ’ Geistig keit’. - Wo, frage ich, sollte also für den ’ Nachfolger’ kon kret der Anlaß für ’ Fortsetzung’ liegen? In solcher Ironie? In solchem 'Geisteskünstlertum’? - Summa summarum: Ich plädiere einmal mehr dafür, das bürgerlich humanistische Erbe in diesem Falle doch in den Büchern und den Archiven zu lassen; vielleicht genügt es auch schon, um in unserem langwierigen Disput zu gültiger Entscheidung zu kommen, wenn wir uns * was wir bisher unterließen - ’ sein’ Altersbekenntnis im Ganzen aus dem Gedächtnis abrufen: "Nicht ungern fühle ich mich als einen Späten und Letzten, einen Abschließenden und einen Vollender. Das ist mein Tra ditionalismus, der sich auf eine für diese Übergangszeit wohl charakteristische Weise mit dem Experimentierenden mischt . . . Zuweilen kommt es mir vor, als sei unsere höhe re Literatur nicht anderes als ein rasches Rekapitulieren des abendländischen Mythus, der abendländischen Kulturüber lieferung: vor Torschluß, vorm Fallen des Vorhangs, der sich gewiß nur zu einem sehr neuen Stück wieder heben kann - zx einem Stück, zu dem wir Künder des Endes, eben als sol che, doch auch schon gewisse Beziehungen haben". - Es grüßt Dich für heute bestens Dein Georg. Lieber Georg, das Essay-Zitat, das Du Deinem letzten ^rief vorangestellt