- 5 - die sie noch durch die symetrische Ondulation ihres schwar zen Haares zu betonen verstand» Ihre Bewegungen waren kurz und zweckgebunden, die Beine stämmig wie die Mittelteile zweier Säulen» Sie war kürzlich verwitwet, eine Pension wurde ihr nach neuem Gesetz nicht ausgezahlt, sie mußte arbeiten. Sie spielte Klavier« Ihre Schüler konnten bald flotte Wiener Walzer mit kräftigem linkshändigem Schrum-Schrum. Das gefiel» Ein Baby krähte bei Fräulein Mateika lustig im Schatten der Fliederbüsche. Das sprach sich herum» Die Schülerinnen, umsorgte Töchter aus besseren Kreisen, blieben aus. Da wurde das Gehalt des Vaters eingeteilt. Die Mutter schrieb an Herrn Seidelman, er gab seiner Bank einen Dauerauftrag. Fräulein Mateika hatte viel Zeit zum Üben. Wie hatte sie sich früher auf diese Stunden gefreut, noch während des Unterrichts daran gedacht, sich dies oder jenes vorgestellt wie es noch ganz anders deutlich werden müßte. Oft sogar hatte sie sich nicht zurückhalten können und der neben ihr sitzenden Schülerin diese Stellen vorgespielt. Passanten blieben auf der Straße stehen und hörten zu. Das war nicht mehr. Unlust überkam sie schon morgens beim langsamen Wachwerden, wie ein Druck legte es sich auf sie. Müdigkeit erschwerte jede Bewegung. War der Tag trüb draußen und die Laute kamen gedrückt und dumpf ins Zimmer, verschlimmerte sich das. Schien die Sonne hell, war es ihr zu laut, und sie zog die Vorhänge zu. Sie zwang sich zu spielen, aber eine Unruhe, vergeblich suchte sie deren Ursache, machte ihre Hände ner vös und unsicher. Alles schien ihr nicht w^-irklich zu sein, das Kind, das sie geboren hatte und dessen Pflege sie ganz der Mutter überließ, auch ihre eigene Situation, Jahres zeit, Gespräche oder Stadtnachrichten. Alles wurde fremd und wie durch ein Glas von ihr getrennt, Den Menschen, die noch zu ihr hielten, wich sie aus. Auf der Straße hatte sie Angst angesprochen zu werden, dann wurde sie herausgerissen aus ihrer Starrheit, sie mußte freundlich antworten: Ja, dem Kleinen geht es gut, er macht Fortschritte. Ihr Unbeteiligt sein fiel auf, auch die letzten Getreuen zogen sich zurück.