dem Krieg mit Papier versorgte. Es war beim dritten großen Tagesangriff, als fast das ganze Stadtinnere zerbombt wurde. Wir waren, wie andere auch, in den ersten Kriegsjahren in den Hauskeller hinuntergegangen. Dort saßen wir in aus rangierten Gartenmöbeln; eine Tischlampe legte über alles ein wenig Licht. Es gab Bücher und Spiele und große Wasser löschbottiche, in denen wir Kastanienschiffchen schwimmen ließen. In den Nächten schliefen wir Kinder im Keller in Liegestühlen weiter, warm in Decken verpackt. Über uns an den Leitungsrobren hingen Fledermäuse im Winterschlaf. Nach dem ersten Angriff gingen die meisten nicht mehr in den Hauskeller, sondern liefen schon bei Voralarm zu den Flußwiesen. Auch die Eltern mit uns. Sie hatten Koffer mit dem Notwendigsten immer bereit stehen. Großmutter, die sich weigerte, ihr Haus zu verlassen, hatte für uns alle aus weichem Leder flache Täschchen genäht, die wir Kinder mit Namen und «rtwas Geld, die Eltern mit dem Familien schmuck unter der Kleidung, um den Hals gehängt trugen. Aber dann kamen die Tiefflieger und schossen zwischen die Menschen und die Kühe auf den Wiesen, und es gibt einen Tag, über den ich nie im meinem Leben sprechen kann oder erst wenn ich sehr alt bin und meine Enkel, an Frieden gewöhnt, mich fragen werden: Was ist das für eine Marotte, Großmutter, daß dü kein Rindfleisch ißt! Von diesem Tag an gingen wir in den Keller einer Brauerei, der ein paar Straßenzüge weiter unter einem Berg angelegt worden war, sicher und fest gebaut vor hundert Jahren, als niemand von Bombenangriffen eine Vorstellung hatte. Dieser Keller war groß, er roch nach Erde und Gegorenem. Wir saßen in langen Reihen auf lehnenlosen Bänken, viele Familien, viele Kinder. Beim dritten großen Tagesangriff, den wir hier überlebten, gingen scjion nach den ersten fernen Einschlägen die Lampen aus. Im grauen Licht der Neonbeleüchtung sah ich mir gegenüber das Gesicht eines kleinen Mädchens. Seine Nase blutete, 2öpfe und Kleid waren voll dunkler Flecken, sie merkte es nicht, auch nicht