Das Begräbnis Wenn ich hier das Gesicht einer Toten beschreibe, denke ich, daß es eigentlich nichts Außergewöhnliches gäbe an diesem Gesicht, aber ich schreibe nicht, um ein Interesse zu erwecken, daß dem Ungewohnten, Einmaligen schon mit^ge- geben ist, sondern ich schreibe, um mir an meinen Worten über ein bis jetzt unbestimmtes Empfinden klar zu werden, ein Gerüst aus Worten zu bauen, das ich wieder lesend aus füllen kann mit weiteren Gedanken. Ich sah dieses Gesicht das erste Mal im trüben Licht eines von Spinnweben verhangenen Fensters. Hinter einer großen Flügeltür lag es weiß aufgebahrt, sauber, kalt, schon vertraut mit seinem Tod und in ihm mir noch fremder gewor den. Heben dem großen Leberfleck auf der Stirn bewegte sich eine Fliege abwärts die Nase entlang, hielt inne im Lauf, hob die Vorderbeine, rieb sie aneinander, lief weiter. Ich fühlte diese sechs Beine inmeinem Gesicht, ich verjagte sie mit meiner Hand. In dieser Stunde, als in dem Kämmerchen die Januarkälte der weißen Wände an mir hochkroch, ahnte ich, daß nicht dieses Schweigen der Tod der alten Frau war. Ihr Tod war schon lange vorher zu ihr getreten, unbemerkt von denen, die immer in Bewegung sind. Und so wird dieses letzte Bild: Ein gelbes, blutleeres Gesicht von vollem weißen Haar umrahmt, die herrisch große Nase nicht mehr eingefügt in