21 - Michael wurde blaß. "Du hast gelernt, zurückzuschlagen, bei deinen Genossen. Hätte ich dir gar nicht zugetraut." Er erhob sich. "Dann kann ich wohl jetzt gehen." Sie drückte ihn in einen Sessel zurück. "Nein, bleib, bitte." Mechanisch goß sie Tee in die Tassen und schob ihm die Zucker dose über den Tisch. "Komm, iß erst etwas. Es ist gut, wenn wir uns dann aussprechen. Das darf es nicht geben, daß wir unausge sprochene Dinge zwischen uns haben." Schweigend aßen sie. Ab und zu klirrten die Tassen. Ich muß etwas sagen, dachte Michael, während er sich eine Ziga rette anzündete. Seine Hände zitterten. Wenn sie Gräupner kennen würde, verstünde sie mich. Diesen Gräupner, der mir das Leben zur Hölle macht. Von Anfang an war zwischen Michael Freege und seinem Versuchs gruppenleiter Dr. Franklin Gräupner eine Spannung gewesen. Für diesen Wissenschaftler war ein junger Mensch wie Freege, der gerade von der Universität kam und voller Gedanken steckte, ein Dorn im Auge. Er gab ihm die unbequemsten Arbeiten und wenn Michael sie dennoch meisterte, fand er zum Schluß gewiß noch etwas daran auszusetzen. Bis eines Tages der Forschungsauftrag für den Plast vergeben wurde. Gräupner hatte wahrscheinlich fest damit gerechnet, daß ihm dieser Auftrag zugeteilt würde, aber Zimmermann, der junge Parteisekretär, sagte: "Lassen wir mal die jungen Chemiker zeigen, was sie gelernt haben, Dr. Gräupner. Ihnen bleibt genug Arbeit, als Forschungsgruppenlei ter die Zügel in der Hand zu behalten. Und Sie werden den Freege doch gewiß auch unterstützen?" Wortlos hatte sich Dr. Gräupner erhoben und war gegangen.