110 - Begleiter auf dem Parkweg. "Natürlich: Noli turbare circulos meos!" erwiderte sie heftig. Der Unsichtbare lachte - zynisch wie es ihr schien. "Ich mag dein amtliches Gesicht nicht", sagte er. "Ja, wärest du Rechtsanwältin geworden..." "Sei still", herrschte sie den Unsichtbaren an. "Ich würde nicht aus Unrecht Recht machen. Als Mensch würde ich dich ebenso verurteilen, dazu brauche ich nicht Richterin zu sein. Denn: Ein Mensch ist tot - durch deine Schuld!" "Aber du bist unehrlich", sagte der Unsichtbare und wich von ihrer Seite... Eva schloß die Augen, eine Sekunde lang. Ja, das war es, was sie quälte. Es war unehrlich, daß sie die Verhandlung unter diesen Umständen führte. Sie hätte zu Angert gehen müssen, ihm alles sagen, oder zu Kramer. Und im Innersten fühlte sie: An dieser Verhandlung versage ich. Jeder andere Richter hätte einen klareren Blick. Und wenn ich mich noch so sehr bemühe - der Angeklagte bleibt Michael! Das kann ich keinen Augenblick vergessen. Sie fühlte, daß Michael ihre Unehrlichkeit nicht guthieß und daß er deshalb das Vertrauen zu ihr verlor. Und sie hatte ge glaubt, sie wäre die Einzige, die ihn verstünde. Der Staats anwalt verstand Michael viel besser, zu ihm hatte Michael mehr Vertrauen als zu ihr. Und der Staatsanwalt war auch ein Genosse eün Funktionär. Wahrscheinlich habe ich Michaels Mißtrauen gegen Funktionäre überbewertet, dachte sie. Wenn einer ehrlich ist, das fühlt man, dem verschloß sich auch Michael nicht. Ich habe hier einen großen Fehler gemacht.