- 106 - "Oder Ihre Braut oder Freundin?” meinte der Anwalt. "Ich habe keine", erwiderte der Angeklagte und wandte sich ab. Michael versuchte sich vorzustellen, was Eva bewogen haben könnte, diesen Prozeß zu übernehmen. Sicher war es ein Zufall; einer jener tückischen Zufälle, die es im Leben gibt und denen man nicht entgehen kann, obwohl sich später bei klarem Nach denken immer ein Weg gefunden hätte. Aber warum war sie nicht ausgewi^chen? Auf jeden Fall wäre eine Möglichkeit dagewesen. Sie hätte nur einen ihrer Kollegen darum bitten müssen, mit irgendeiner Ausrede. Frauen hatten doch meist eine Ausrede zur Hand. Aber warum, warum? So viel hatte er bemerkt: Es wußte keiner darum, in welchem Verhältnis sie zueinander standen. Das weiß nicht einmal ich, dachte er. Wir sind vor vier Monaten auseinander gegangen und haben uns nicht wieder getroffen. Diese Richterin - das ist nicht Eva. Eva, seine Eva, würde nicht mit dieser Lüge Recht sprechen. Und eine Lüge war es ja wohl, was sie tat. Nein, diese Richterin - das ist nicht Eva! Das ist eine fremde Frau, deren Augen ie/t nicht kenne; sie benutzt nur zufällig die gleiche Seife! Verdammt noch mal! Der Vormittag verlief quälend. Michael beantwortete wortkarg Evas Fragen. Er konnte sich nicht an ihre fremden Augen ge wöhnen. Sie war verzweifelt. Was mache ich nur falsch? Er hat zu mir kein Vertrauen