- 103 - Seminargruppe befragte er so ausgiebig wie ihn, Michael Freege. Ohne weiteres hätte Michael nachweisen.können, daß er den Tag hinter seinen Büchern verbrachte, ohne sich um den Tumult zu bekümmern. Aber die Art, wie jener Fragen stellte, brachte ihn in Wut. Und da sagte er zynisch: "Schade, daß ich dich nicht getroffen habe, da hättest du dich überzeugen können, was ich tat!" Erst den vernünftigen Argumenten seiner Studien kameraden gelang es, den verhängnisvollen Ausspruch zu ent schärfen. Von Drohung mit Gewalt war die Rede und von Hetze. Schließlich glätteten sich die Wogen und Michael mußte sich entschuldigen. "Entschuldigten Sie sich freiwillig?" fragte der Staatsanwalt. Michael glaubte, aufmerksames Interesse im Ton, wie der Staats anwalt ihn fragte, wahrzunehmen. Er antwortete freimütig: "Nein, aber ich wollte doch weiterstudieren und da habe ich eben auf die Zähne gebissen. Das war zwar nicht ehrlich, aber ich konnte mir nicht noch einmal die Zukunft verbauen." Hoffentlich verstehst du das, dachte er und schickte einen Blick zum Staatsanwalt, der so viel bedeuten konnte wie: Konnte ich denn anders? Der Staatsanwalt überlegte einen Augenblick. "Sie lieben Ihren Beruf sehr, nicht wahr?" fragte er den Angeklagten. "Ja. " Eva wußte, daß es nicht objektiv war, aber sie lenkte das Ge spräch in eine andere Richtung. "Welchen Organisationen ge hörten Sie an, Angeklagter?" Ihre Augen flehten: Sei vernünf tig, Michael, es will dich doh keiner verdammen. Er sah an ihr vorbei zum Staatsanwalt hinüber« "FDGB, DSF", sagte er knapp.