-96- Zweck. Ich will doch gar nichts beschönigen oder ihn etwa$ milder verurteilen. Er soll doch nur begreifen, warum es not wendig ist, daß er und nicht Gräupner ... Es klopfte. Eva öffnete die Tür und ließ die Schöffen ein treten. Eine ältere Genossin war es, gütig und verstehend, und ein junger Monteur, der mehrmals als Aktivist ausge zeichnet worden war. "Nun, haben Sie die Akten genau studiert?" fragte Eva. Frieda Meister setzte sich umständlich, um ihren Rocg nicht zu zerknittern. "Ja, ich habe alles genau gelesen", sagte sie "Gespannt bin ich ja auf diesen Chef, diesen Gräupner." "Warum?" fragte Eva und wunderte sich, wie gut ihr der unbe teiligte Ton gelang. "Das scheint so ein alter Meckerer zu sein, wie wir ihn auch bei uns haben", meinte der Monteur. "Die Sorte schmeckt mir vielleicht." Er deutete auf die Akte. "Aber der Angeklagte ist auch nicht von Pappe. Mann, ist der arrogant." "Woraus schließen Sie das?" fragte Eva und ärgerte sich, daß sie schon Partei nahm für Michael. Der Schöffe nahm die Akte und blätterte darin herum. "Bitte, hier: ...ich kam mir bevormundet vor, ... oder hier: Schreibe Sie doch, was Sie wollen ... Und so geht das ein paarmal." Frieda Meister putzte behutsam ihre Brille. "Daß ihr jungen Leute immer gleich so borstig seid. Gucken wir uns doch den Menschen erst einmal an. Vielleicht ist er gar nicht so." Sie setzte ihre Brille wieder auf. Eva nestelte nervös am Kragen ihrer Bluse. Die Schöffin stand auf und half ihr. "So - jetzt sieht das besser aus, Genossin