-76- falsch gemacht? Und Gräupner, der wird sich jetzt aufspielen. Das kenne ich ja nun zur Genüge. Hatte der nicht allen Grund da^zu? Michael legte sich wieder hin und starrte erneut ins rötliche Himmelsrechteck. Die Gitterstäbe störten seine Gedanken nicht, die eigenwillig jenseits der vier Wände auf die Reise gingen. Arme Eva, dachte er. Sie wird es jetzt schwer haben. Ich muß versuchen, sie aus dem Schlamassel herauszuhalten. Hoffentlich begriff sie das. Wenn er sich das vorstellte: der Freund einer Richterin sitzt im Gefängnis, weil er ein Menschen leben auf dem Gewissen hat. Aber war er ihr überhaupt noch verbunden? Seit sie auseinandergingen wurde noch kein Wort der Versöhnung gesprochen. Und plötzlich ergriff ihn das Entsetzen, daß das alles ge schehen war, daß er hier eingesperrt wurde und keine Hand rüh ren konnte, nur warten - warten - warten! Warten, was sie auch über ihn beschließen würden. Wer wird darüber befinden, was mit mir geschehen soll? Keiner wird mich verstehen, alle werden in mir den Verbrecher sehen, der gewissenlos handelte. Wer weiß schon, wie ich mich quäle? Sie werden mich nicht verstehen, die Funktionäre, wie sie mich noch nie verstanden... Er sah sich um Jahre zurückversetzt, in eine Zeit, da er mit Mühe und Not sein Abitur nachgeholt und als einer der besten in der Klasse bestanden hatte. Mit Mühe und Not deshalb, weil ihm, dem Elternlosen, nur eine altjüngferliche Tante zur Seite stand, der man in den ersten Nachkriegsjähren das Vaterunser durch die Rippen blasen konnte, so dürr wurde sie. Jeden Bissen sparte sie für den Neffen, under der konnte was verdrücken.