- 71 - Der Pförtner wunderte sich nicht, daß Eva noch einmal ins Gericht zurückkam. Er war es bei ihr gewöhnt; sie arbeitete oftmals abends noch. In ihrem Zimmer angekommen, nahm sie sich nicht einmal Zeit, den Mantel abzulegen. Sie rief im Werk an. Eine unbeteiligte Stimme sagte: "Bedaure, wir können Ihnen darüber keine Aus kunft geben.” Sie rief bei Dr. Gräupner an. Es meldete sich niemand. Sie rief in der Untersuchungshaftanstalt an. "Telefonisch erteilen wir keinerlei Auskünfte." Müde legte sie den Hörer zurück auf die Gabel. Es ist ja Un sinn. Sie dürfen mir ja keine Auskunft geben. Das weiß ich doch. Warum rufe ich erst an? Wenn ich nur wüßte, daß ihm nichts geschehen ist, daß er nicht verletzt ist. Warum gibt er mir denn keine Nachricht? Sie wußte, daß er, wie jeder Inhaftierte, die Möglichkeit hatte, seine Angäi örigen zu benachrichtigen. Warum tat er das nicht ? Was war überhaupt geschehen? Und dann reimte sie sich alles zusammen. Wie ein Hilm lief alles vor ihren inneren Augen ab, mit einer Deutlichkeit, die schmerzte. Michael hatte ihr davon erzählt, daß er bald seinen entschei denden Versuch machen wollte und sie war darüber hinweggegangen als handele es sich um irgendeine nebensächliche Angelegenheit. Sie erinnerte sich auch des Abends, als Michael sie im Gericht abholte. Lag in dem Gespräch, das sie damals führten - damals? es war kaum ein paar Tage her und sie erinnerte sich daran, als wäre es schon Monate zurück,- lag in diesem Gespräch nicht der Grund, weshalb Michael jetzt schwieg?