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- 1 - Als der Dichter Heinrich von Kleist am JO. Januar 1807, unter dem Verdacht ein preußischer Spion zu sein, von französischen Besatzern verhaftet und nach Frankreich transportiert wird, verwendet sich seine Schwester, Ulrike von Kleist, beim zuständigen französischen General, Clarke, für die Freilassung des Bruders. Der einzige, von. ihr erhalten gebliebene Brief, vom OJ. April 1807, beginnt mit folgendem Satz: "Ich komme nicht, um von Eurer Exzellenz eine Gunst zu erbitten, sondern ich komme, um Gerechtigkeit zu fordern." Bereits hier stelle ich mir die Frage, ob der Verhaltens kodex der Adligen jener Zeit eine solche Sprache ohne weiteres zuläßt, in der "Marquise von 0" gehen ehemalige Feinde ganz selbstverständlich miteinander um, doch auch der preußische Kriegsminister, von Angern, verwendet sich für die Freilassung des Gefangenen, und der beginnt einen Brief, ebenfalls an Clarke, indem er sich schon in der Anrede mehrmals verbeugt: "Ich wage von dem Wohlwollen Eurer Exzellenz zu erhoffen, daß sie verzeihen wird, wenn ich noch einmal auf die Angelegenheit...usw." Folgen wir dem Brief von Ulrike von Kleist weiter, heißt es: "Ich kann folglich hoffen, daß sie (Ihre Exzellenz, F.H.) geruhen wird mich anzuhören und mir zu ge währen, was ich fordere; ich erweise Ihr selbst einen Dienst, wenn ich Ihr eine Gelegenheit gebe, Tugenden zu üben, die Ihr teuer sind. Ich begnüge mich damit, einfach die Tatsachen darzulegen, sie sprechen hinreichen für sich selbst." Weniger die "Tatsachen", als die Sprache ist es, die da "hinreichend für" die Verfasserin spricht. Ulrike ändert ihre Sprache nur ein wenig, wenn sie weiter unten fortsetzt: "Ich wiederhole es, ich fordere Gerechtigkeit.