wurde, zum selben auswuchs. Stillstand. So wie Inge plötz lich Stillstand. Verharrte. Dann riß sie sich los. Denn in den Sekunden dieses Stillstandes wollten ihre Füße schon beginnen, sich in die Straße zu wurzeln. Obwohl sie oftmals zu Hause angelangt war, lief sie immer weiter, immer weiter weg. Einmal begegnete ihr in einer Nebenstraße Babette oder wie es hieß, was sie nie sein konnte. . ' ■ -f ; . r ‘ ' r v* - ‘ • ^ i v f Als ihr Haß auf Lodwig so stark wurde, daß sie seine Briefe auffraß, wie ein Wild Salz leckt, so leckte sie die Tinte vom Papier, schlang voller Gier und vernichtete seine küh len Geständnisse, seine Liebe. Und nie hörte es auf. Mitunter schloß sie die Augen, strich Uber die Kacheln des warmen Ofens und meinte, es sei sein Körper. Mitunter brachte ihr Jemand, die Nachbarin oder ein unbekannter Fernfahrer, einen Strauß rosa Federchrysanthemen. Sie preßte die Hände auf die Ohren. Und nie hörte es auf. Schon schwammen die J^öpfe der Blumen im Benzin. Die Menschen wateten mit Gurömistiefeln durch die Straßen. Überall wurden Blumenstände eröffnet, wer wollte, konnte für ein Spottgeld Chrysanthemen kaufen. Und viele wollten es, weil sie die lila, weißen und rostroten Blüten als schön empfanden. Das Benzin stieg langsam, so daß sich kein Bürger aprupt umge wöhnen mußte. Inges Kinder wurden krank. Pseudokrup. Röchelnd lagen sie in ihren Betten. Wenn sie aus dem Fenster schauten, konnten sie auf den Bäumen die Chrysanthemen blühen sehen. Inge lief los, als sie sich Gesicht und Leib an den glühen den Ofenkacheln verbrannt hatte. Es war Lodwig. Sie lief, um ihn wiederzufinden. Längst war der Maischnee getaut, und das kalte Benzin spritzte unter ihren Stiefeln beiseite. Es war widerlich. Auch das Geräusch schien, seitdem sie die Hauptkreuzung überquert hatte, näherzukommen. Vereinzelt begegnete sie Passanten, die ihr aufmerksam hinterherschau ten. Die Stimmen über der Stadt gaben unverständliche Mel-